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Neue Regeln bei Gewährleistungsfrist, Verschärfung der Beweislast und eine neue Update-Pflicht für digitale Produkte
Beim Verkauf von Waren an Verbraucher treffen Verkäufer ab dem 01. Januar 2022 zahlreiche neue Pflichten. Im Zentrum steht unter anderem eine Update-Verpflichtung für Verkäufer bei Waren mit digitalen Elementen wie etwa Smart-Watches, aber auch ein verschärftes Gewährleistungsrecht. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Änderungen.
Auf Verkäufer von Produkten mit digitalen Komponenten wie etwa Tablets, E-Bikes, Autos, intelligente Armbanduhren, Navigationssystemen, Saugroboter oder Waschmaschinen kommt eine völlig neue Verpflichtung zu: Sie müssen Kunden über neue Updates zu diesen digitalen Komponenten informieren. Diese so genannte Aktualisierungspflicht soll sicherstellen, dass die Technik auch dann noch funktioniert, wenn sich das digitale Umfeld - z. B. die Cloud-Infrastruktur - ändert. Neben der Funktionsfähigkeit geht es dabei auch um die Sicherheit von smarten Geräten, die durch entsprechende Sicherheitsupdates vor einem unberechtigten Zugriff Dritter auf Daten oder Funktionen geschützt werden sollen.
Dabei schuldet der Verkäufer alle Aktualisierungen, die erforderlich sind, damit der erworbene Gegenstand so funktioniert, wie es im Kaufvertrag vereinbart wurde. Er muss den Verbraucher auch über die anstehende Neuerung informieren. Jenseits von funktionserhaltenden Aktualisierungen ist der Unternehmer aber nicht dazu verpflichtet, verbesserte Versionen der digitalen Elemente zur Verfügung zu stellen.
Dauer der Aktualisierungspflicht nicht festgelegt
Die konkrete Dauer der Update-Verpflichtung ist unbestimmt. Es kommt darauf an, was der Verbraucher erwartet: Je nach den Umständen des Einzelfalls kann die Dauer der Aktualisierungspflicht länger oder kürzer sein. Anhaltspunkte dafür, wie lange der Verkäufer Updates für die digitalen Komponente zur Verfügung stellen und hierüber informieren muss, können sich zum Beispiel aus Webeaussagen, aber auch aus dem Preis oder die zur Herstellung der Kaufsache verwendeten Materialien ergeben. Auch die übliche Nutzungs- und Verwendungsdauer („life-cycle“) können ein Indiz für die Dauer der Aktualisierungspflicht sein.
„Die neue Aktualisierungspflicht wird den Handel vor Herausforderungen stellen, da er Up-dates und Upgrades in der Regel nicht unmittelbar vorhalten kann und er in den meisten Fällen auf die Mitwirkung der Hersteller angewiesen ist“, sagt Christian Groß, Jurist beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Der Experte ergänzt: „Die Aktualisierungspflicht sollte nach Ansicht des DIHK daher sinnvoller Weise durch vertragliche Regelungen auf den Lieferanten des Händlers oder den Hersteller delegiert werden. In jedem Fall wird der Handel sich verstärkt auf Kundenbeschwerden in Bezug auf tatsächlich oder vermeintlich fehlende Aktualisierungen einstellen müssen.“
Verschärfte Beweislast
Verkäufer müssen beim Verkauf zwischen Unternehmen und privatem Endverbraucher künftig nicht – wie bisher – nur in den ersten sechs Monaten, sondern zwölf Monate nach Übergabe der Kaufsache beweisen, dass die Kaufsache mangelfrei war. Christian Groß: „Die Beweislastverlängerung im B2C-Geschäft hat damit eine empfindliche Verschärfung zulasten des Verkäufers erfahren. Die gesetzliche Vermutung kann zwar – wie bisher – widerlegt werden, etwa wenn der Verkäufer nachweisen kann, dass der Mangel durch unsachgemäße Behandlung oder durch Verschleiß entstanden ist. Eine solche Beweisführung kann aber aufwendig und schwierig sein. Die Verdoppelung der Vermutungsfrist auf ein Jahr wird den Handel deshalb aller Voraussicht nach mit mehr Streitfällen und höheren Kosten belasten.“
Mehr Sorgfalt bei der Beschreibung von Mängeln
Beim Verkauf von B-Ware, Vorführgeräten, Ausstellungsstücken oder gebrauchter Ware kann die negative Beschaffenheiten z. B. im Hinblick auf Gebrauchsspuren nicht mehr wie bisher über die Produktbeschreibung oder die Ausschilderung der Ware vereinbart werden.
Negative Beschaffenheitsvereinbarungen sind künftig nur noch möglich, wenn der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung „eigens" davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht. Außerdem muss die Abweichung ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Die Abweichung kann daher auch nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder im Formularvertrag geregelt wird. Im Online-Handel genügt auch ein vorangekreuztes Kästchen nicht, das der Verbraucher deaktivieren kann.
Neue Regeln bei der Gewährleistungsfrist
Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beim Warenkauf beträgt nach wie vor zwei Jahre ab Ablieferung der Sache. Neu sind aber zwei sogenannte Ablaufhemmungen: Bei einem Mangel, der sich innerhalb der regulären Gewährleistungsfrist gezeigt hat, tritt die Verjährung erst vier Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Wenn sich also bei einem gekauften PC erst im dreiundzwanzigsten Monat der Mangel zeigt, kann der Käufer seine Ansprüche z. B. noch bis zum siebenundzwanzigsten Monat nach Lieferung geltend machen. Das Problem: Für den Verkäufer ist kaum nachprüfbar, wann der Mangel sich tatsächlich gezeigt hat.
Darüber hinaus sieht das Gesetz eine Ablaufhemmung vor, wenn der Unternehmer während der Verjährungsfrist einem geltend gemachten Mangel durch Nacherfüllung abhilft. In diesem Fall tritt die Verjährung von Ansprüchen wegen des geltend gemachten Mangels erst nach Ablauf von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die nachgebesserte oder ersetzte Ware dem Verbraucher übergeben wurde. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass der Käufer nach Rückerhalt der Sache prüfen kann, ob durch die Nacherfüllung dem geltend gemachten Mangel abgeholfen wurde. Sichergestellt wird zudem, dass die Verjährung nicht abläuft, während sich die Kaufsache zur Nacherfüllung beim Verkäufer befindet.
Erleichterte Rücktrittsmöglichkeiten für Käufer
Das Gewährleistungsrecht geht wie bisher davon aus, dass der Verkäufer bei einem Sachmangel die Möglichkeit haben soll, den Mangel zu korrigieren. Der Käufer hat deshalb zunächst nur einen Anspruch auf Nacherfüllung. Er kann hiernach die Reparatur der mangelhaften Sache oder die Lieferung einer neuen, mangelfreien Sache verlangen. Rücktritt, Minderung und Schadensersatz sind dagegen nur möglich, wenn der Käufer dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und diese ergebnislos verstrichen ist.
Während es im unternehmerischen Geschäftsverkehr bei dieser Regel bleibt, entfällt das Erfordernis der Fristsetzung bei Verbrauchergeschäften. Ausreichend ist hier der bloße Ablauf einer angemessenen Frist. Hat der Unternehmer in diesem Sinne nicht rechtzeitig nacherfüllt, ist der Verbraucher zum Rücktritt berechtigt. Die Auswirkungen dieser vielleicht auf den ersten Blick eher unscheinbar wirkenden Verschärfung des Gewährleistungsrecht können erheblich sein: Ein Kfz-Händler zum Beispiel, der sich mit der Bearbeitung der Reklamation wegen eines überschaubaren Sachmangels zu lange Zeit lässt, läuft nunmehr Gefahr, dass er den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des gebrauchten PKW zurückzahlen muss.
Zeit nutzen bis zum Jahreswechsel
Diese zum Teil sehr weitgehenden Änderungen gehen auf die sogenannte EU-Warenkaufrichtlinie zurück, die ins deutsche Recht umzusetzen war.
Handelsunternehmen sind nun gefordert, die zahlreichen neuen gesetzlichen Regelungen in der Praxis umzusetzen. Das betrifft nicht nur die vorgenannten Neuerungen. Auch bei der Garantie, dem Verkauf von gebrauchten Waren, Unternehmerrückgriff sowie in verschiedener anderer Hinsicht sind neue gesetzlichen Vorgaben zu beachten. Allgemeine Geschäftsbedingungen sollten deshalb überprüft, das Verkaufspersonal geschult, das Beschwerdemanagement angepasst und die Vertragsverhältnisse in Bezug auf Hersteller und/oder Lieferanten mit Blick auf die Neuregelungen angepasst werden. Um Rechtsnachteile zu vermeiden, sollten die notwendigen Maßnahmen möglichst bis zum Inkrafttreten des neuen Kaufrechts am 1. Januar2022 umgesetzt werden.
Christian Groß und Daphne Grathwohl (beide DIHK)
Tipp:
Praxisratgeber mit Tipps für den Handel
Erläuterungen zum neuen Kaufrecht und E-Commerce mit einer Vielzahl von Beispielen und Tipps sowie Hinweisen zum Umgang mit den neuen rechtlichen Herausforderungen gibt der Praxisratgeber „Kaufrecht für den Handel - Neue Regeln zum 01.01.2022“. Er wird zusammen mit den relevanten Gesetzestexten herausgegeben von der DIHK-Bildung-gGmbH und ist gedruckt oder als Ebook bestellbar.
Ob und inwiefern der Verkäufer verpflichtet ist, Ware auf Wunsch des Käufers zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten oder gegen einen anderen Artikel aus dem Sortiment zu tauschen, ist häufig streitig. Seit 01.01.2022 gelten neue Regelungen: Der Mangel wird anders definiert und die Beweislastumkehr wurde auf ein Jahr verlängert. Unternehmer müssen Ihre Geschäftsprozesse, AGB und Verträge anpassen.
Viele Kunden meinen, sie könnten gekaufte Gegenstände ohne Angabe von Gründen innerhalb eines bestimmten Zeitraums an den Händler zurückgeben oder umtauschen. Ein solches Umtauschrecht kennt das Gesetz jedoch nicht. Vielmehr lautet der Grundsatz, dass einmal geschlossene Verträge einzuhalten sind. Reut den Käufer seine Entscheidung, so geht das zu seinen Lasten.
Nur ausnahmsweise räumt das Gesetz dem Kunden ein Widerrufsrecht von 14 Tagen ein. Dies ist bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, Fernabsatz- und Verbraucherkreditgeschäften der Fall, da hier der Kunde vor Überrumpelung und vor übereilten Schuldverpflichtungen geschützt werden soll.
Darüber hinaus hat der Kunde nur dann ein Recht auf Rückgabe der Kaufsache bei Nichtgefallen, wenn der Verkäufer ein solches - freiwillig - zugesagt hat. Dies kann im Verkaufsgespräch erfolgen oder sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers ergeben. Wird dem Kunden ein Rückgabe- oder Umtauschrecht bei Nichtgefallen eingeräumt, ist dies bindend. Die Verpflichtung des Verkäufers richtet sich in diesem Fall nach dem Inhalt der Abrede. Anders als bei der Gewährleistung ist der Verkäufer aber nicht in jedem Fall verpflichtet, den Kaufpreis zurück zu erstatten. Er kann das Umtauschrecht (im Vorhinein) auch dahingehend einschränken, dass die Kaufsache gegen einen anderen Artikel im Sortiment eingetauscht beziehungsweise ein Warengutschein ausgestellt wird.
Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer die Sache frei von Rechts- und Sachmängeln zu verschaffen (§ 433 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch = BGB). Ist die Kaufsache mit einem Mangel behaftet, finden die gesetzlichen Gewährleistungsregeln Anwendung. Übergibt der Verkäufer dem Käufer eine fehlerhafte Ware, so ist nicht ordnungsgemäß geleistet worden.
1. Was ist ein Mangel?
Die Definition eines Mangels hat sich zum 01.01.2022 geändert.
a) Seit 01.01.2022 abgeschlossene Kaufverträge
Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Sache den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen oder den Montageanforderungen nicht entspricht. Eine Sache kann also auch mangelhaft sein, obwohl sie den subjektiven Anforderungen entspricht.
Bei Verbrauchsgüterverträgen (Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher [B2C], im Gegensatz zu Verträgen zwischen zwei Unternehmern [B2B]) kann von den objektiven Anforderungen nur abgewichen werden, wenn der Verbraucher vor Abgabe seiner Willenserklärung eigens darüber in Kenntnis gesetzt wurde und die Abweichung ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. Eine solche Abweichung kann also nicht im Rahmen von AGB/des „Kleingedruckten“ stattfinden.
b) Bis 31.12.2021 abgeschlossene Kaufverträge
Ein Sachmangel liegt vor, wenn der tatsächliche Zustand der Ware von dem Zustand abweicht, den die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages vereinbart haben („Abweichung der Soll-Beschaffenheit von der Ist-Beschaffenheit“). Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, so muss die Sache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendungsart geeignet sein beziehungsweise die für eine entsprechende Sache übliche Beschaffenheit aufweisen. Mängel sind beispielsweise technische Defekte oder die Eigenschaft als Unfallfahrzeug bei einem ohne entsprechenden Hinweis verkauften Gebrauchtwagen. War beiden Seiten klar, dass die Sache nicht oder nur eingeschränkt funktionstüchtig ist, so stellt dies hingegen keinen Mangel dar.
c) Weitere Fälle
Einem Mangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere als die geschuldete Sache oder eine zu geringe Menge liefert.
Zu der maßgeblichen Beschaffenheit zählen auch Eigenschaften, die der Kunde nach öffentlichen Werbeaussagen erwarten durfte. Wird also eine Jacke als „extrem wettertauglich“ angepriesen, so muss sie tatsächlich eine besonders hohe Wetterfestigkeit aufweisen. Dies gilt nur in wenigen Ausnahmefällen nicht, etwa dann, wenn der Verkäufer die Äußerung weder kannte noch kennen musste oder wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Die Beweislast hierfür liegt jeweils beim Verkäufer. Dass Werbeversprechen oder Verpackungsaussagen meist vom Hersteller und nicht vom Verkäufer getroffen werden, ist für den Anspruch des Käufers gegenüber dem Verkäufer irrelevant.
Aufgrund der Tatsache, dass auch der Verkäufer von der Werbung des Herstellers profitiert, muss er sich die Werbeaussagen gegenüber dem Kunden zurechnen lassen. Er kann den Mangel an der Kaufsache nichtsdestotrotz selbst gegenüber dem Hersteller geltend machen. Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn eine vereinbarte Montage unsachgemäß durchgeführt worden ist.
Die Gewährleistung erfasst daher beispielsweise auch den Fall, dass der Verkäufer einzeln verkaufte Hängeschränke in einer Küche unsachgemäß anbringt, obwohl die Schränke als solche ohne weiteres genutzt werden könnten. Ein Sachmangel liegt bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden.
2. Welche Rolle spielt der so genannte Gefahrübergang?
Ein Mangel kann nur berücksichtigt werden, wenn er bereits im Zeitpunkt des so genannten Gefahrübergangs vorlag. Dies ist in der Regel der Zeitpunkt, zu dem die Sache an den Käufer übergeben wird. Es reicht aus, wenn der Mangel bei Gefahrübergang bereits begründet ist, aber erst später erkennbar wird (Beispiel: eine Schuhsohle ist von Anfang an schlecht verklebt und reißt nach einiger Zeit ab). Eine Besonderheit besteht, wenn die Sache von einem Endverbraucher erworben wurde, der sie nicht für eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit nutzt. Zeigt sich innerhalb eines Jahres (Kaufverträge vor dem 31.12.2021: sechs Monate) ab Gefahrübergang eine Mangelerscheinung, muss der Verbraucher- Käufer nicht beweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, sondern es wird vermutet, dass sie in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Außerdem wird vermutet, dass der mangelhafte Zustand zumindest schon im Ansatz bereits bei Gefahrübergang vorgelegen hat, außer dies ist mit der Art des Mangels oder der Ware nicht vereinbar. Der Verkäufer kann versuchen, diese Vermutungen zu widerlegen. Bei Verbraucherverträgen über lebende Tiere greift die Vermutung für den Zeitraum von sechs Monaten ab Gefahrübergang, bei Verbraucherverträgen über Waren mit digitalen Inhalten greift die Vermutung bezogen auf die digitalen Elemente ab Gefahrübergang zwei Jahre lang.
3. Welche Rechte können bei einer mangelhaften Kaufsache geltend gemacht werden?
a) Nacherfüllung:
Ist die Ware mit einem Mangel behaftet, hat der Käufer zunächst nur einen Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB). Er kann damit zwischen Nachbesserung („Beseitigung des Mangels“) und Ersatzlieferung („Lieferung einer mangelfreien Sache“) wählen. Unter Nachbesserung fällt zum Beispiel die Reparatur eines Toasters, während die Ersatzlieferung die Lieferung eines neuen Toasters der gleichen Serie gegen Rückgabe des fehlerhaften Toasters wäre. Der Verkäufer darf die gewählte Art der Nacherfüllung nur verweigern, wenn sie unmöglich ist (wie zum Beispiel die Nachlieferung eines Unikates) oder
wenn sie für ihn mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte.
Der Käufer muss dem Verkäufer die Sache zum Zwecke der Nacherfüllung zur Verfügung stellen. Bei Nachlieferung einer mangelfreien Sache hat der Verkäufer gegen den Käufer einen Anspruch auf Herausgabe der fehlerhaften Sache und der Verkäufer muss die Sache auf seine Kosten zurücknehmen.
b) Aus- und Einbaukosten bei Ersatzlieferung:
Ist die fehlerhafte Sache bereits eingebaut worden, bevor der Mangel entdeckt wurde, ist die Ersatzlieferung häufig mit hohen Kosten für den Ausbau der fehlerhaften und Einbau der nachgelieferten Sache verbunden.
aa) Vor dem 01.01.18 geschlossene Verträge:
(1) Bei B2B-Verträgen hat der Käufer weder einen Anspruch auf Ausbau, neuen Einbau noch auf Ersatz der dafür erforderlichen Kosten. Er kann diese Kosten vom Verkäufer (nur dann) als Schadensersatz ersetzt verlangen, wenn dem Verkäufer ein Verschulden vorzuwerfen ist.
(2) Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Käufer jedoch grundsätzlich verlangen, dass der Verkäufer den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der nachgelieferten Sache übernimmt. Ein Recht zur Selbstvornahme hat der Käufer nicht, es sei denn, der Verkäufer erfüllt seine Pflicht nicht. Sind die Kosten des Aus- und Einbaus unverhältnismäßig hoch, kann der Verkäufer die Ersatzlieferung verweigern. Er muss dafür dem Käufer jedoch einen angemessenen Teil der erforderlichen Kosten erstatten.
Ob und in welchen Fällen der Letztverkäufer sich bei seinem Verkäufer schadlos halten kann, ist umstritten.
bb) Ab dem 01.01.2018 bis 31.12.2021 geschlossene Verträge:
Seit dem 01.01.2018 gelten hierzu gesetzliche Regelungen: Der Verkäufer ist im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder neu gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen, wenn die Sache ihrer Art und ihrem Verwendungszweck nach eingebaut oder angebracht worden ist. Ein Recht des Verkäufers, den Ausbau der mangelhaften und den Einbau bzw. das Anbringen der mangelfreien Sache selbst vorzunehmen, sieht das Gesetz nicht vor. Der Verkäufer muss allerdings die
Kosten nur dann tragen, wenn der Käufer die mangelhafte Kaufsache gutgläubig eingebaut oder verarbeitet hat. Dies gilt sowohl für den Verbrauchsgüterkauf als auch für Verkäufe zwischen Unternehmern. Sind die Kosten des Aus- und Einbaus unverhältnismäßig hoch, kann der Verkäufer die Ersatzlieferung verweigern. Beim Verbrauchgüterkauf muss er dem Käufer jedoch einen angemessenen Teil der erforderlichen Kosten erstatten. Zum Rückgriff beim Lieferanten siehe unten.
cc) Ab dem 01.01.2022 geschlossene Verträge:
Für ab dem 01.01.2022 geschlossene Verträge kommt es nicht mehr auf die Gutgläubigkeit an, sondern darauf, dass der Einbau stattgefunden hat „bevor der Mangel offenbar wurde“. Damit wurde ein neuer Rechtsbegriff eingeführt und es ist unklar, was damit gemeint ist. Möglicherweise kommt es weder auf ein Erkennen noch die Erkennbarkeit für den individuellen Käufer an, sondern auf eine objektive Erkennbarkeit durch einen Durchschnittskunden. Sind die Kosten unverhältnismäßig hoch und darf der Verkäufer deshalb die Nacherfüllung verweigern, hat auch der Verbraucher keinen Anspruch mehr auf einen angemessenen Teil der Kosten. Es kommen dann bei unerheblichen Mängeln Minderung, bei erheblichen Mängeln auch Rücktritt und bei Verschulden des Verkäufers jeweils Schadensersatz in Betracht.
d) Weitere Gewährleistungsansprüche:
Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung oder schlägt sie fehl (eine Nachbesserung galt früher im Regelfall nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, für ab 01.01.22 geschlossene Kaufverträge zumindest im B2C-Verhältnis bereits nach einem erfolgslosen Versuch), stehen dem Käufer Ansprüche auf Rücktritt vom Vertrag, Minderung und/oder Schadensersatz zu. Gleiches gilt bei Altverträgen, wenn er dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung eingeräumt hat und diese erfolglos verstrichen ist. Seit 1. Januar 2022 ist es bei Verbraucherverträgen ausreichend, wenn der Verkäufer vom Käufer über den Mangel unterrichtet wird, es muss keine konkrete Frist zur Nacherfüllung mehr gesetzt werden. Vielmehr beginnt automatisch ab Mitteilung des Mangels eine angemessene Frist zu laufen, in welcher der Unternehmer die Nacherfüllung ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher zu erbringen hat (§ 475 Abs. 5 BGB). Beim Verbrauchsgüterkauf ist seit 01.01.22 der sofortige Rücktritt zulässig, wenn “der Mangel derart schwerwiegend ist, dass der sofortige Rücktritt gerechtfertigt ist.” (§ 475d BGB).
aa) Rücktritt bedeutet die Rückabwicklung des Kaufvertrages; Ware und Geld werden also jeweils an die andere Partei zurückgegeben und gezogene Nutzungen sind herauszugeben. Bei Verbrauchsgüterkäufen trägt der Unternehmer die Kosten der Rückgabe der Sache. Kann der Käufer die mangelhafte Ware nicht mehr oder nur noch in verschlechtertem Zustand zurückgeben, kann der Verkäufer Wertersatz verlangen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Verschlechterung der Ware auf einer bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme beruht.
bb) Minderung nennt man die Herabsetzung des Kaufpreises. Die Berechnung erfolgt nach der Formel: Geminderter Preis ist gleich Wert der mangelhaften Sache multipliziert mit vereinbartem Preis dividiert durch Wert ohne Mangel.
cc) Schadensersatz kann etwa in folgenden Fällen verlangt werden: Ersatz des Schadens, der unmittelbar im Zusammenhang mit der mangelhaften Sache entsteht (zum Beispiel Reparaturkosten) und Schadensersatz wegen Mangelfolgeschäden, die an anderen Gütern eintreten (zum Beispiel verdorbene Speisen in einer defekten Gefriertruhe). Im zweiten Fall ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ausnahmsweise nicht erforderlich, das heißt der Anspruch kann unmittelbar geltend gemacht werden. Schadensersatzforderungen setzen voraus, dass der Verkäufer die Lieferung einer mangelhaften Sache zu vertreten hat. Dies wird nach dem Gesetz vermutet; der Verkäufer kann sich jedoch entlasten, wenn er den Mangel nicht kannte und nicht hätte erkennen müssen. Eine Pflicht, die Ware zu untersuchen, wird dem Verkäufer im Allgemeinen nicht auferlegt.
4. Wann scheiden Gewährleistungsansprüche trotz eines Mangels aus?
Die Gewährleistung entfällt nach dem Gesetz, wenn der Kunde den Fehler bei Abschluss des Vertrages kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Beruht die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit, haftet der Verkäufer jedoch, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Seit Januar 2022 entfällt bei Verbraucherverträgen die Gewährleistung auch dann nicht, wenn der Verbraucher den Mangel bei Vertragsschluss kannte.
5. Verjährung und Ausschluss der Gewährleistung/Haftung
Die Frist für die Verjährung von Ansprüchen aufgrund von Mängeln an der Kaufsache beträgt 2 Jahre (§ 438 Absatz 1 Nummer 3 BGB), im Baugewerbe sogar fünf Jahre. Sie beginnt regelmäßig mit der Übergabe der Kaufsache. Nach einem Jahr bzw. bei Altverträgen sechs Monaten tritt jedoch bei Verträgen mit Endverbrauchern eine Beweislastumkehr ein (siehe 2).
Ein Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung hinsichtlich der Mängelhaftung zu Ungunsten des Käufers durch Vertrag oder Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nur eingeschränkt möglich. Hierbei ist zwischen dem Verbrauchsgüterkauf, also dem Verkauf durch einen Unternehmer an einen Verbraucher, und dem Verkauf an einen Unternehmer sowie zwischen neuen und gebrauchten Sachen zu unterscheiden:
Beim Verbrauchsgüterkauf sind von der gesetzlichen Verjährungsregelung abweichende Abreden zum Nachteil des Verbrauchers unwirksam. Daher sind Vereinbarungen, die zu einer Verjährungsfrist von weniger als zwei Jahren für neu hergestellte Sachen führen, nicht zulässig. Seit 1. Januar 2022 ist es gesetzlich geregelt, dass bei gebrauchten Sachen die Verjährungsfrist auf mindestens ein Jahr ab Ablieferung der Sache gekürzt werden kann. Eine Verkürzung der Verjährungsfrist der Mängelansprüche kann seit Januar 2022 nur noch ausdrücklich und gesondert vereinbart werden und der Verbraucher muss darüber in Kenntnis gesetzt werden. Eine Verkürzung der Frist im Rahmen von AGB/“Kleingedrucktem“ ist nicht möglich.
Bei dem Verkauf an einen Unternehmer – egal ob durch einen Unternehmer oder einen Verbraucher – kann die Verjährung bei neuen Sachen durch AGB auf ein Jahr verkürzt werden. Bei gebrauchten Sachen kann die Verjährung noch weiter verkürzt werden. Eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf unter ein Jahr ist im Verkehr zwischen Unternehmern bei neuen Sachen nur über eine individuelle Vereinbarung - nicht AGB - möglich. An das Vorliegen einer Individualabrede werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Allerdings ist zu beachten, dass ein vollständiger Haftungsausschluss (zum Beispiel für vorsätzliche Schädigung) niemals zulässig ist, weder in AGB noch per Individualabrede. Nähere Informationen finden Sie in unserem Merkblatt „Allgemeine Geschäftsbedingungen“.
Sollten Sie - egal ob in AGB oder in individuellen Verträgen - eine Verjährungsverkürzung oder einen Haftungsausschluss vereinbaren wollen, lassen Sie sich von einem Rechtsanwalt bezüglich der konkreten Wortwahl beraten. Es kommt auf jedes einzelne Wort an!
6. Rückgriff in der Lieferkette
a) Gewährleistung
Wird der Verkäufer einer Sache aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit in Anspruch genommen, kann er seinerseits bei seinem Lieferanten Gewährleistungsansprüche geltend machen (§ 445a BGB) (sofern sie noch nicht verjährt sind).
b) Rückgriff
Der Verkäufer einer neu hergestellten Sache kann sich bei seinem Verkäufer (Lieferanten) bezüglich der gegenüber seinem Käufer angefallenen Gewährleistungskosten schadlos halten, wenn der entsprechende Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf ihn vorhanden war. Der Lieferant wiederum kann sich bei seinem Lieferanten schadlos halten usw., vorausgesetzt, die weiteren Verkäufer sind Unternehmer. Der Verkäufer braucht dem Lieferanten keine Frist zu setzen, wenn er selbst die verkaufte neu hergestellte Sache infolge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat. Der Anspruch des Verkäufers gegen den Lieferanten verjährt in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache. Die Verjährung tritt aber frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem der Verkäufer die Ansprüche des Käufers erfüllt hat. Spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Sache dem Verkäufer abgeliefert hat, endet auch diese Ablaufhemmung. Diese Obergrenze ist mit der Neuregelung vom 01.01.2022 entfallen. Die Lieferkette endet beim Hersteller der neu hergestellten Sache. Seine Zulieferer sind davon nicht umfasst.
7. Welche Besonderheiten gelten für Kaufleute?
Bei Kaufverträgen zwischen Kaufleuten ist die Rügeobliegenheit gemäß § 377 Handelsgesetzbuch – HGB zu beachten. Demnach muss der Käufer die gelieferte Ware unverzüglich überprüfen und etwaige Mängel anzeigen. Die unverzügliche Rügeobliegenheit gilt auch, wenn sich ein Mangel erst später zeigt, und auch beim Streckengeschäft. Unterlässt der Käufer die Mangelanzeige, verliert er seine Gewährleistungsrechte (auch im Falle des Rückgriffs in der Lieferkette!).
Zur Frage, was ein „Kaufmann“ im Sinne des Handelsgesetzbuchs ist, können Sie sich in unserem Merkblatt „Kaufmann im Handelsrecht“ informieren.
Die Garantie wird oftmals mit der Gewährleistung verwechselt beziehungsweise mit dieser gleichgesetzt. Im rechtlichen Sinne ist die Garantie jedoch etwas anderes. Unter der Garantie versteht man, dass der Garantiegeber einem Begünstigten einen Anspruch einräumt, der über die gesetzlichen Verpflichtungen hinausgeht oder neben sie treten kann (§ 443 BGB). Die Garantie ist also eine freiwillige Erklärung, meist des Herstellers (Herstellergarantie), oder des Händlers (Händlergarantie). Dabei wird durch den Hersteller oder den Händler die Haftung übernommen, dass die Sache eine bestimmte Beschaffenheit hat (Beschaffenheitsgarantie) oder dass diese Beschaffenheit über einen bestimmten Zeitraum besteht, also nicht durch Verschleiß oder Abnutzung beeinträchtig wird (Haltbarkeitsgarantie).
Die sich aus der Garantieerklärung ergebene Garantieverpflichtung ist unabhängig von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Sachmangels bei Gefahrübergang und damit unabhängig von der gesetzlichen Gewährleistung. Dem Käufer können also unter Umständen Ansprüche aus gesetzlicher Sachmängelhaftung sowie Ansprüche aus der Garantie nebeneinander zustehen. Der Käufer kann sich also im Falle einer Herstellergarantie aussuchen, ob er sich im Rahmen der Garantie an den Hersteller oder im Rahmen der Gewährleistung an den Verkäufer wenden möchte. Wofür der Garantiegeber einstehen und welche Ansprüche er dem Kunden gewähren möchte, ergibt sich aus der Garantieerklärung. Die gesetzlichen Gewährleistungsregeln legen also eine Mindesthaftung fest. Die freiwillige Garantie kann darüber hinausgehen. Gesetzlich geregelt ist lediglich die Beweislastumkehr für die Haltbarkeitsgarantie. Diesbezüglich besteht eine gesetzliche Vermutung für den Garantiefall, wenn ein Mangel innerhalb der Geltungsdauer auftritt.
Für die Garantie haftet nur derjenige, der sie eingeräumt hat. Der Käufer hat also keinen Anspruch aus der Garantiezusage gegen den Verkäufer, wenn die Garantie vom Hersteller zugesagt wurde.
Die Garantieerklärung kann schriftlich oder mündlich abgegeben werden, also sowohl im Vertrag, auf der Verpackung oder in der Produktbeschreibung als auch im Verkaufsgespräch. Der Käufer kann sich wie bei der Sachmängelhaftung ebenso auf die Werbung berufen. Im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs kann der Verbraucher eine schriftliche oder auf einem Datenträger fixierte Ausfertigung der Garantieerklärung verlangen. Diese muss einfach und verständlich abgefasst sein. Zudem hat sie einen Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers zu beinhalten sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden. Ferner sind der Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und der räumliche Geltungsbereich des Garantieschutzes wie auch Namen und Anschrift des Garantiegebers, mitzuteilen. Seit dem 01.01.2022 ist die Garantieerklärung dem Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung der Ware auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.
Aufgrund der Änderungen zum 01.01.2022 müssen Geschäftsprozesse, AGB und Verträge angepasst werden. Beachten Sie bitte auch, dass Altverträge noch nach altem Recht abgewickelt werden.
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