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Das Arbeitsrecht zählt zu den Bereichen, in denen Unternehmer nahezu täglich mit rechtlichen Fragen in Berührung kommen. Von der Begründung eines Arbeitsvertrages über Ansprüche auf Urlaub, Lohnfortzahlung oder Sonderzahlungen bis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ergeben sich zahlreiche Fallstricke. Die IHK Ostwestfalen hilft ihren Mitgliedern durch Rat und Informationen zu arbeitsrechtlichen Fragen.
Informationen über Tarifverträge erhalten Sie hier: www.tarifregister.nrw.de
Umfangreiche Informationen zu Minijobs finden Sie hier: www.minijobzentrale.de
Arbeitsrechtliche Auskünfte der IHK sind nur für unsere Mitgliedsunternehmen, also für Arbeitgeber bestimmt. Dies ergibt sich aus der Funktion der IHK als Interessenvertretung der gewerblichen Wirtschaft. Ansprechpartner der Arbeitnehmer sind Gewerkschaften, Arbeitsgerichte und Rechtsanwälte sowie das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales). Bürgerinnen und Bürger können dort telefonische Fragen zu einzelnen Themenbereichen stellen:
Das Bürgertelefon ist von montags bis donnerstags in der Zeit von 8:00 bis 20:00 Uhr besetzt.
Grundinformationen zum Arbeitsrecht enthalten unsere untenstehenden Merkblätter.
Vor Ausspruch einer Kündigung aus Gründen, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, ist als milderes Mittel grundsätzlich eine Abmahnung auszusprechen. Die Abmahnung ist insoweit als Vorstufe zu einer Kündigung entwickelt worden. Sie hat den Sinn, dem Arbeitnehmer einen Vertragsverstoß vor Augen zu führen (Beanstandungsfunktion) und ihm gleichzeitig aufzuzeigen, dass er im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, insbesondere mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen muss (Warnfunktion), vgl. BAG, Urteil vom 19.04.2012 - 2 AZR 258/11. Wenn aus anderen als verhaltensbedingten Gründen, also z. B. betriebsbedingt oder personenbedingt, eine Kündigung erfolgen soll, so ist eine Abmahnung nicht erforderlich, da diese Kündigungen nicht mit einem schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers begründet werden.
Es gibt jedoch auch so schwerwiegende Verstöße, bei denen eine Abmahnung vor der Kündigung nicht erforderlich ist, weil der Arbeitnehmer von vornherein mit einer Duldung seines Verhaltens nicht rechnen konnte. Hierbei handelt es sich insbesondere um Verstöße, die den Vertrauensbereich betreffen (z. B. Vermögensstraftaten zum Nachteil des Arbeitgebers, Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen, Spesenbetrug, Missbrauch von Kontrolleinrichtungen).
Im Hinblick auf die Beanstandungs- und Warnfunktion der Abmahnung muss der Sachverhalt, der den Gegenstand der Abmahnung bildet, so genau wie möglich beschrieben werden. Der Arbeitnehmer soll daraus klar erkennen können, was an seinem Verhalten beanstandet wird und auch konkret wissen, was er in Zukunft unterlassen bzw. verbessern soll. Diesem inhaltlichen Bestimmtheitserfordernis genügen daher pauschale Behauptungen, wie z. B. schlechte Arbeitsleistungen, nicht hinnehmbares Verhalten oder Unzuverlässigkeit nicht.
Die Einhaltung einer bestimmten Form ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Abmahnung. Auch mündliche Abmahnungen sind wirksam. Aus Beweisgründen sollten Abmahnungen aber schriftlich erteilt werden. Mündliche Abmahnungen sollten entweder unter Zeugen erfolgen oder schriftlich wiederholt werden. Eine Kopie der Abmahnung wird in die Personalakte aufgenommen.
Abmahnungsberechtigt sind nach herrschender Meinung nicht nur kündigungsberechtigte Personen, sondern alle Mitarbeiter, die nach ihrer Aufgabenstellung befugt sind, Anweisungen wegen des Ortes, der Zeit sowie der Art und Weise der zu verrichtenden Tätigkeit zu erteilen.
Eine Abmahnung wird nicht nach dem Ablauf einer bestimmten Regelfrist wirkungslos, vielmehr ist über den Verlust der Abmahnungswirkung durch Zeitablauf anhand der Ein-zelfallumstände zu entscheiden.
Vor Ausspruch der Abmahnung ist der Arbeitnehmer grundsätzlich anzuhören, auch dann, wenn dazu keine besondere Regelung, etwa in einem Tarifvertrag, besteht. Bei Aufnahme einer Abmahnung in die Personalakte steht dem Arbeitnehmer das Recht zur Aufnahme einer Gegendarstellung zu. Darüber hinaus hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entfernung einer unwirksamen Abmahnung aus der Personalakte.
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) regelt die legale Arbeitnehmerüberlassung. Es soll zugleich illegale Formen der Arbeitnehmerüberlassung bekämpfen. Das Gesetz wurde mehrfach geändert.
Von Arbeitnehmerüberlassung wird gesprochen, wenn ein selbständiger Unternehmer (Verleiher) einen Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) vorübergehend an einen anderen Unternehmer (Entleiher) ausleiht. Eine Abordnung des Arbeitnehmers zum Entleiher ist möglich, wenn dies im Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer vorgesehen ist. Dieses Arbeitsverhältnis besteht im Rahmen der Überlassung fort. Der Verleiher haftet also für die Vergütung, Entgeltfortzahlung bei Urlaub und Krankheit usw. Jedoch steht dem Entleiher ein Direktionsrecht zu. Der Leiharbeitnehmer unterliegt also dessen Weisungen. Zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer muss ein Arbeitsverhältnis bestehen (§ 1 Abs. 1 Satz 3 AÜG). Damit ist ein Ketten-, Zwischen- oder Weiterverleih ausgeschlossen.
1. Wirtschaftliche Arbeitnehmerüberlassung
Arbeitnehmerüberlassung erfolgt nach dem Gesetz „im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit“. Darunter fällt jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem konkreten Markt anzubieten. Erfasst wird damit zum Beispiel auch gemeinnützige oder konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung.
2. Vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung
Eine Überlassung von Arbeitnehmern ist nur „vorübergehend“ möglich. Das Gesetz enthält eine Höchstüberlassungsdauer. Der Verleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Entleiher überlassen (§1 Abs. 1b AÜG). Vorherige Tätigkeiten sind aber unschädlich, wenn zwischen den Einsätzen mehr als drei Monate liegen. Dabei ist zu beachten, dass die genannten 18 Monate erst ab dem 1. April 2017 gezählt werden. Das heißt beispielsweise, dass eine zum Zeitpunkt der letzten Reform des AÜG im April 2017 bereits bestehende Arbeitnehmer-Überlassung nur bis Ende September 2018 zulässig war.
Die Überlassungshöchstdauer kann durch Tarifvertrag der Branche, in dem der Leiharbeitnehmer eingesetzt wird, abweichend geregelt werden. Nicht tarifgebundene Entleiher können durch Betriebs- oder Dienstvereinbarung einen bestehenden Tarifvertrag übernehmen. Wenn der Tarifvertrag nicht selbst eine Überlassungshöchstdauer für diese Fälle vorsieht, so ist dies für maximal 24 Monate möglich (§ 1 Abs. 1b Sätze 4 - 6 AÜG). Nicht tarifgebundene Entleiher ohne Betriebs- bzw. Personalrat haben diese Möglichkeit der Verlängerung nicht!
Daher empfiehlt sich eine eindeutige vertragliche Regelung zwischen Entleiher und Verleiher über den Grund und die Dauer des Leiharbeitsverhältnisses.
Die Arbeitnehmerüberlassung ist von anderen Formen des Personaleinsatzes bei Dritten abzugrenzen.
1. Dienst- oder Werkverträge
Um keine Arbeitnehmerüberlassung handelt es sich bei einem Dienst- oder Werkvertrag zwischen einem Unternehmer (Arbeitgeber) und einem Dritten. Organisiert der Unternehmer die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen selbst, bleibt er für die Erfüllung der im Vertrag mit dem Dritten vorgesehenen Dienste oder für die Erstellung des dem Dritten vertraglich geschuldeten Werks verantwortlich. Er bedient sich dabei den ausschließlich seinen Weisungen unterliegenden Arbeitnehmern als Erfüllungsgehilfen.
Entscheidend für einen Dienst- oder Werkvertrag ist das Vorliegen eines echten unternehmerischen Risikos auf Seiten des Auftragnehmers. Dafür spricht v.a. die genaue Beschreibung der geschuldeten Tätigkeit bzw. des herzustellenden Werkes im Vertrag, eine erfolgsabhängige Vergütung (z.B. Bezahlung nach Stück) und die Übernahme von Gewährleistungspflichten. Mit herangezogen werden können weitere Merkmale, etwa die Stellung eigener Dienstkleidung oder Arbeitsmittel.
2. Überlassung von Maschinen mit Bedienpersonal
In der Überlassung von Maschinen mit Bedienpersonal an einen Dritten liegt keine Überlassung von Arbeitnehmern. Nach Sinn und Zweck des Vertrages muss die Überlassung des Gebrauchs der Sache im Vordergrund stehen. Entscheidet nach dem Vertragsinhalt der Dritte, wie und wann er die Arbeitnehmer einsetzt, liegt aber Arbeitnehmerüberlassung vor.
3. Abordnung von Arbeitnehmern (§ 1 Abs. 1 a AÜG)
Die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer zur Herstellung eines Werkes gebildeten Arbeitsgemeinschaft ist keine Arbeitnehmerüberlassung. Voraussetzungen sind, dass der Arbeitgeber Mitglied der Arbeitsgemeinschaft ist, für alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges gelten und alle Mitglieder auf Grund des Arbeitsgemeinschaftsvertrages zur selbständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet sind. Dasselbe gilt unter bestimmten Voraussetzungen auch für einen Arbeitgeber mit Geschäftssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes.
4. Ausnahmsweise nicht erlaubnispflichtige Überlassung (§ 1 Abs. 3 AÜG)
Keiner Erlaubnis nach dem AÜG bedarf es insbesondere
Die Überlassung von Arbeitnehmern ist erlaubnispflichtig (§ 1 Abs. 1 AÜG). Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Anspruch, wenn kein Grund für die Versagung vorliegt (§ 3 AÜG).
Grundsätzlich verboten ist die Arbeitnehmerüberlassung in Betrieben des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden. Dazu gibt es aber Ausnahmen (Details siehe § 1b AÜG).
1. Verfahren der Erlaubniserteilung – Antrag – Zuständige Behörde
Die Erlaubnis wird auf schriftlichen Antrag erteilt. Anträge per E-Mail werden nicht akzeptiert. Die zuständige Behörde richtet sich nach dem Geschäftssitz des Verleihers. Für Nordrhein-Westfalen ist die Agentur für Arbeit Düsseldorf, 40180 Düsseldorf, Tel: 0211 692-4500, Fax: -4501) zuständig.
2. Befristete und unbefristete Erteilung der Erlaubnis
Die Erlaubnis wird in den ersten drei aufeinander folgenden Jahren zunächst jeweils auf ein Jahr befristet erteilt. Im Anschluss daran kann die Erlaubnis unbefristet erteilt werden.
Der Antrag auf Verlängerung der Erlaubnis ist spätestens drei Monate vor Ablauf des Jahres zu stellen. Die Erlaubnis verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn die Behörde die Verlängerung nicht vor Ablauf des Jahres ablehnt. Im Fall der Ablehnung gilt die Erlaubnis für die Abwicklung der erlaubt abgeschlossenen Verträge als fortbestehend, jedoch nicht länger als zwölf Monate.
3. Versagung der Erlaubnis
Die Erlaubnis oder die Verlängerung ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn er Vorschriften des Sozialversicherungs- oder Lohnsteuerrechts, der Arbeitsvermittlung, über die Anwerbung im Ausland oder die Ausländerbeschäftigung, über die Überlassungshöchstdauer, das Arbeitsschutzrecht oder die arbeitsrechtlichen Pflichten nicht einhält (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG).
Daneben sieht das AÜG weitere Versagungsgründe vor, etwa eine unzureichende Betriebsorganisation oder die Nichteinhaltung des Grundsatzes der Gleichstellung von Leiharbeitern und Stammbelegschaft des Entleihers. (s.u. VII.) Die zuständige Behörde fordert zudem eine ausreichende Bonität (in der Regel sind liquide Mittel in Höhe von 2.000 € je Leiharbeitnehmer, mindestens jedoch 10.000 € nachzuweisen).
4. Persönlicher Geltungsbereich der Erlaubnis
Die Erlaubnis ist personen- bzw. rechtsträgergebunden. Das bedeutet, dass die Erlaubnis für die natürliche Person bzw. für die juristische Person erteilt wird. Sie kann – von einigen Fällen des Umwandlungsrechts abgesehen - weder übertragen noch in eine andere Gesellschaft eingebracht werden.
5. Kosten (§ 2 a AÜG)
Für die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung und Verlängerung der Erlaubnis werden gegenüber dem Antragsteller Gebühren und Auslagen erhoben. Derzeit werden für die Erteilung oder Verlängerung einer befristeten Erlaubnis
1.000 €, für die Erteilung einer unbefristeten Erlaubnis 2.500 € erhoben (Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis-Kosten-verordnung).
Außerdem hat der Antragsteller ggf. Auslagen zu tragen.
1. Pflichten des Verleihers gegenüber der Erlaubnisbehörde
Der Verleiher hat der Erlaubnisbehörde nach Erteilung der Erlaubnis unaufgefordert die Verlegung, die Schließung und die Errichtung von Betrieben, die sich auf die Überlassung von Arbeitnehmern beziehen, anzuzeigen. Wenn die Erlaubnis Personengesamtheiten, Personengesellschaften oder juristischen Personen erteilt ist, sind auch Änderungen hinsichtlich der vertretungsberechtigten Personen mitzuteilen (§ 7 Abs. 1 AÜG).
Der Verleiher hat der Erlaubnisbehörde auf Verlangen die zur Durchführung des AÜG erforderlichen Auskünfte zu erteilen Dazu hat er u.a. Geschäftsunterlagen drei Jahre lang aufzubewahren (§ 7 Ab. 2 AÜG).
2. Pflichten des Verleihers gegenüber dem Entleiher
Die Hauptpflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher besteht in der Überlassung arbeitswilliger Arbeitskräfte zur vereinbarten Zeit und am vereinbarten Ort. Der Vertrag zwischen beiden bedarf der Schriftform (§ 12 Abs. 1 AÜG). Verleiher und Entleiher haben die Überlassung im Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen. Im Vertrag hat der Verleiher zu bestätigen, dass er die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung besitzt. Er hat zudem den Entleiher unverzüglich über den Wegfall der Erlaubnis zu informieren. Unmittelbar vor der Überlassung haben Verleiher und Entleiher die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf den geschlossenen Vertrag zu konkretisieren.
3. Pflichten des Verleihers gegenüber dem Leiharbeitnehmer
a) Schriftliche Aushändigung der wesentlichen Vertragsbedingungen
Der Verleiher hat spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen und dem Leiharbeitnehmer auszuhändigen (§ 11 Abs. 1 AÜG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz). Dieser ist vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass er als Leiharbeitnehmer tätig wird. Zu dokumentieren sind außerdem Name und Anschrift des Verleihers, die Erlaubnisbehörde sowie Ort und Datum der Erteilung der Erlaubnis sowie Art und Höhe der Leistungen für Zeiten, in denen der Leiharbeitnehmer nicht verliehen ist.
b) Ausgabe des Merkblatts der Agentur für Arbeit
Der Verleiher ist ferner verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer bei Vertragsschluss ein Merkblatt der Erlaubnisbehörde über den wesentlichen Inhalt des AÜG auszuhändigen. Nichtdeutsche Leiharbeitnehmer erhalten es auf Verlangen in ihrer Muttersprache Die Kosten trägt der Verleiher (§ 11 Abs. 2 AÜG).
c) Unterrichtung über Wegfall der Erlaubnispflicht
Der Verleiher hat den Leiharbeitnehmer unverzüglich über den Zeitpunkt des Wegfalls der Erlaubnis zu unterrichten (§ 11 Abs. 3 AÜG).
d) Gleichstellungsgrundsatz
Für die Dauer der Überlassung hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer grundsätzlich die für vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen im Entleiherbetrieb einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (s. u. VII).
e) Streikbrecherverbot
Der Leiharbeitnehmer ist nicht verpflichtet, bei einem Entleiher tätig zu sein, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. Der Verleiher hat den Leiharbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass er in diesen Fällen das Recht hat, seine Arbeitsleistung zu verweigern.
Der Leiharbeitnehmer darf aber nur dann Tätigkeiten übernehmen, wenn der Entleiher sicherstellt, dass diese nicht zuvor von Arbeitnehmern erledigt wurden, die sich im Arbeitskampf befinden (bzw. diese Arbeitnehmer zuvor Tätigkeiten von anderen Arbeitnehmern übernommen haben, die sich im Arbeitskampf befinden). Ist dies nicht sichergestellt, darf er nicht tätig werden (vgl. § 11 Abs. 5 AÜG)
Pflichten des Entleihers gegenüber dem Leiharbeitnehmer
Der Entleiher hat die Leiharbeitnehmer über offene Stellen im Unternehmen zu unterrichten (§ 13 a AÜG), um deren Übernahme in die Stammbelegschaft des Entleihers zu erleichtern.
1. Faktische Arbeitnehmerüberlassung
Werden Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überlassen und übernimmt der Überlassende nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko, so wird vermutet, dass der Überlassende Arbeitsvermittlung betreibt (§ 1 Abs. 2 AÜG).
2. Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit, Ordnungswidrigkeiten
Die ohne Erlaubnis durchgeführte Überlassung von Arbeitnehmern zieht zunächst ein gewerberechtliches Untersagungsverfahren nach sich. Ordnungswidrig ist insbesondere die Überlassung ohne Erlaubnis, die Überschreitung der zulässigen Höchstüberlassungsdauer sowie die Beschäftigung eines solchen Leiharbeitnehmers. Dafür drohen Geldbußen von bis zu 30.000 € (§§ 16 Absatz 1 Nr.1a bis Nr. 1f, Absatz 2, 1. Alternative AÜG). Die Sanktion trifft also Verleiher und Entleiher gleichermaßen. Entleiher sollten sich daher die Erlaubnis stets vorlegen lassen.
Wer als Entleiher einen ihm überlassenen Ausländer tätig werden lässt, der einen erforderlichen Aufenthaltstitel (nach § 4 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes), eine Aufenthaltsgestattung, eine Duldung, die zur Ausübung der Beschäftigung berechtigen, oder eine Genehmigung (nach § 284 Abs. 1 SGB III) nicht besitzt, kann mit einer Geldbuße bis 500.000 € belegt werden (§§ 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 2. Alternative AÜG).
In besonders schweren Fällen (auffällig schlechtere Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Leiharbeitnehmer, gewerbsmäßige oder aus grobem Eigennutz motivierte Überlassung) drohen sogar Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren (§ 15a Abs. 1 AÜG). Das Gleiche gilt für den Verleiher (§ 15 AÜG).
3. Fingiertes Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher
Zivilrechtlich hat die Überlassung von Arbeitnehmern ohne Erlaubnis zur Folge, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher fingiert wird. Das Gleiche gilt bei der Überschreitung der zulässigen Höchstdauer der Überlassung.
Der Leiharbeitnehmer kann in beiden Fällen dem Übergang des Arbeitsverhältnisses (vom Verleiher auf den Entleiher) widersprechen. Der Leiharbeitnehmer muss erklären, am Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher festhalten zu wollen. Der Widerspruch ist nur unter strengen formellen Voraussetzungen möglich. Damit soll verhindert werden, dass Verleiher sich vorab einen Widerspruch des Leiharbeitnehmers unterschreiben lassen.
Der Widerspruch muss schriftlich bis zum Ablauf eines Monats erklärt werden. Die Frist beginnt bei fehlender Erlaubnis des Verleihers mit dem geplanten Beginn der Überlassung bzw. bei Überschreitung der zulässigen Überlassungshöchstdauer ab dem Zeitpunkt des Überschreitens. Der Leiharbeitnehmer muss seine Erklärung vorab persönlich bei der Agentur für Arbeit vorlegen. Diese hat den Tag der Vorlage und die Identität des Leiharbeitnehmers zu dokumentieren. Schließlich muss die Erklärung spätestens am dritten Tag nach der Vorlage dem Verleiher oder Entleiher zugehen. Werden die formellen Voraussetzungen nicht eingehalten, ist der Widerspruch unwirksam (vgl. § 9 AÜG).
1. Gewährung der gleichen, wesentlichen Arbeitsbedingungen
Für die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer grundsätzlich die für vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen zu gewähren (§ 8 AÜG). Dazu zählt auch das Arbeitsentgelt.
Unter Arbeitsbedingungen sind alle nach dem allgemeinen Arbeitsrecht vereinbarten Bedingungen, wie Dauer der Arbeitszeit oder Urlaub zu verstehen. Unter das Arbeitsentgelt fallen auch Zuschläge (z. B. Prämien, Urlaubs- und Weihnachtsgeld), Ansprüche auf Entgeltfortzahlung und Sozialleistungen sowie andere Lohnbestandteile. Vergleichbar mit dem Leiharbeitnehmer sind solche Arbeitnehmer des Entleihers, die dieselben oder zumindest ähnliche Tätigkeiten wie der Leiharbeitnehmer ausführen.
2. Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen
Leiharbeitnehmer müssen gleichen Zugang wie die Stammbelegschaft zu Gemeinschaftseinrichtungen des Unternehmens haben. Dazu können bspw. betriebseigene Kitas oder Verpflegungsleistungen oder Beförderungsmittel zählen. Nicht erfasst sind Mitarbeiterrabatte und betriebliche Altersversorgung. Ausnahmen sind möglich. Sie müssen aber sachlich gerechtfertigt sein (§ 13b AÜG). Bei Sachbezügen kann ein Wertausgleich in Euro erfolgen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 AÜG).
3. Folgen des Verstoßes gegen Gleichstellungsgrundsatz, Auskunftsanspruch
Vereinbarungen, die gegen den Gleichstellungsgrundsatz verstoßen, sind unwirksam (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 AÜG). Um den Gleichstellungsgrundsatz erfüllen zu können, müssen die Verleiher die Arbeitsbedingungen der beim Entleiher Beschäftigten kennen. Der Verleiher hat daher – wie der Leiharbeitnehmer auch - einen Anspruch auf Auskunft gegen den Entleiher (§§ 12, 13 AÜG).
4. Ausnahme vom Gleichstellungsgrundsatz
Das Gesetz macht eine in der Praxis sehr bedeutende Ausnahme vom Grundsatz der Gleichstellung (§ 8 Abs. 2 AÜG). Danach kann ein Tarifvertrag abweichende Regelungen zulassen. Auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Anwendung der tariflichen Regelung individualrechtlich vereinbaren. Dazu kommt insbesondere eine vertragliche Bezugnahme in Betracht. Der Tarifvertrag darf nicht den in einer Rechtsverordnung (nach § 3 a Abs. 2 AÜG) festgesetzten Mindeststundenlohn unterschreiten.
Eine Abweichung ist nicht möglich für Leiharbeitnehmer, die in den letzten 6 Monaten aus einem Arbeitsverhältnis beim Entleiher (oder einem Arbeitgeber, der mit dem Entleiher einen Konzern i. S. d. § 18 des Aktiengesetzes bildet) ausgeschieden sind (§ 8 Abs. 3 AÜG, sog. Drehtür-Klausel).
Die Abweichung ist zudem grundsätzlich nur für die ersten 9 Monate einer Überlassung möglich. Ausnahmsweise kann diese Frist verlängert werden, wenn dabei spätestens 15 Monate nach der Überlassung mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist. Außerdem muss zusätzlich nach einer Einarbeitungszeit von maximal 6 Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgen (§ 8 Abs. 4 AÜG).
Wurde derselbe Leiharbeitnehmer bereits zuvor beim Entleiher beschäftigt (egal ob von diesem oder einem anderen Verleiher), so ist der Zeitraum der vorherigen Überlassung(en) vollständig anzurechnen, wenn zwischen den Einsätzen jeweils nicht mehr als 3 Monate liegen.
5. Tarifverträge, Mindestlohn und Branchenzuschläge
Bestehende Tarifverträge
Es existieren mehrere Flächentarifverträge in der Zeitarbeitsbranche, die für die Zeitarbeitsunternehmen und ihre Kunden vorteilhafter sind als der gesetzlich vorgesehene Gleichstellungsgrundsatz. Diese haben unter anderem vereinbart:
Anmerkung: Am 21. Juni 2023 haben sich der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) zum Gesamtverband der Personaldienstleister e.V. (GVP) zusammengeschlossen. Mit einem gemeinsamen Auftreten als Gesamtverband der Personaldienstleister e.V. (GVP) ist nach Eintragung im Vereinsregister im vierten Quartal 2023 zu rechnen.
6. Mindestentgelt
In der Zeitarbeitsbranche gilt eine verbindliche Lohnuntergrenze. Das Mindestentgelt ist tarifvertraglich geregelt und zeitlich sowie nach Entgelt-Stufen gestaffelt. Es beträgt in der untersten Entgelt-Gruppe seit April 2023 bundesweit 13,00 Euro.
Diese Untergrenzen dürfen nicht unterschritten werden. Gelten für Branchen höhere Mindestlöhne, sind diese auch den Leiharbeitnehmern zu gewähren. Einen Überblick der Branchen mit Mindestlohn sind beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales verfügbar.
7. Branchenzuschläge
Eine Übersicht über die seit März 2017 geltenden Zuschläge kann z.B. bei der IG Metall abgerufen werden.
Die Entgeltzahlung ist die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers und die Gegenleistung zur Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Die Bestimmung der angemessenen Höhe des Entgelts bereitet manchmal Schwierigkeiten. Oft unterliegt sie der freien Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein konkreter Anspruch auf eine bestimmte Höhe kann sich aber auch aus Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Gesamtzusage, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.
Grundsätzlich gilt seit dem 01.01.2015 für alle Arbeitnehmer in Deutschland ein Mindestlohn. Er beträgt: seit dem 1. Januar 2024 12,41 Euro brutto je Zeitstunde. Zum 1. Januar 2025 soll er auf 12,82 Euro steigen.
Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) bietet für bestimmte im Gesetz genannte Branchen einen Rechtsrahmen, um tarifliche Mindestlöhne durch Allgemeinverbindlichkeitserklärung oder Rechtsverordnung für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einer Branche verbindlich zu machen. Eine Erweiterung auf nicht explizit im AEntG erwähnte Branchen kommt in Betracht, wenn dies nach einem Antrag der Tarifvertragsparteien beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung bestimmt wird.
Gegenwärtig umfasst das AEntG folgende Branchen:
Daneben gibt es branchenspezifische Regelungen im Bereich der Pflege und des grenzüberschreitenden Straßenverkehrs. Bei der Arbeitnehmerüberlassung ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung die im Entleiherbetrieb für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts zu gewähren. Abweichungen sind durch Tarifverträge möglich. Nähere Informationen enthält das Merkblatt „Arbeitnehmerüberlassung“.
Ein verbindlicher Anspruch auf eine bestimmte Entlohnung kann sich aus einem Tarifvertrag ergeben. Dies setzt grundsätzlich voraus, dass beide Parteien tarifgebunden sind. Dafür muss der Tarifvertrag zunächst räumlich, fachlich und persönlich für einen Arbeitsvertrag einschlägig sein. Darüber hinaus müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an dem Tarifvertrag beteiligt sein. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber beim tarifschließenden Arbeitgeberverband und der Arbeitnehmer bei der tarifschließenden Gewerkschaft Mitglieder sind. Der Arbeitgeber kann auch selbst Vertragspartei sein und einen Haus- oder Firmentarifvertrag mit der Gewerkschaft abschließen.
Tarifverträge gelten auch für sonst ungebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wenn das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrages fällt, der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder vom jeweiligen Landesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung führt zu einer unmittelbaren und zwingenden Wirkung des Tarifvertrages zwischen den Parteien. In vielen Branchen sind nicht alle bestehenden Tarifverträge allgemeinverbindlich, sondern oft nur einzelne Tarifverträge mit bestimmten Regelungsinhalten.
Schließlich können Tarifverträge auch durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Individualvertrag einbezogen werden.
Nähere Information zum Thema finden Sie in unserem Merkblatt „Tarifverträge“. Ein Anspruch auf eine bestimmte Entgelthöhe kann sich auch aus einer Betriebsvereinbarung ergeben, sofern kein Tarifvertrag anwendbar ist bzw. ein Tarifvertrag hinsichtlich des Entgelts ausdrücklich eine Regelung durch Betriebsvereinbarung vorsieht.
Beachtet werden muss, dass der gesetzliche Mindestlohn auch durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung nicht mehr unterschritten werden darf.
Sind im konkreten Arbeitsverhältnis ausnahmsweise die gesetzlichen Mindestlöhne nicht anwendbar bzw. sollen diese überschritten werden und besteht auch keine tarifvertragliche Pflicht, einen bestimmten Lohn zu bezahlen, so können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Höhe des Lohnes grundsätzlich frei vereinbaren. Dabei ist eine Orientierung am Tariflohn möglich. Die Vertragsfreiheit kann jedoch dadurch eingeschränkt werden, dass der Arbeitgeber sich durch eigene Zusagen selbst verpflichtet, oder dass von ihm eine gleiche Behandlung von vergleichbaren Arbeitnehmern erwartet werden kann.
Verspricht der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern zum Beispiel durch einen Aushang am „Schwarzen Brett“ bestimmte Leistungen, so begründet diese Gesamtzusage bei jedem einzelnen Arbeitnehmer einen Anspruch. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme des einzelnen Arbeitnehmers kommt es nicht an.
Einen solchen Anspruch kann der Arbeitnehmer auch ohne ausdrückliche Erklärung allein durch die tatsächliche Gewohnheit erhalten, wenn der Arbeitgeber wiederholt bestimmte Leistungen oder Vergünstigungen gewährt und damit eine betriebliche Übung entsteht, auf die der Arbeitnehmer auch künftig vertrauen darf. Um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht, kann der Arbeitgeber z.B. die Gewährung der Zusatzleistung mit dem Hinweis verbinden, dass diese freiwillig erfolgt und dadurch kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird.
Bedeutend für die Höhe des Arbeitsentgelts wie auch für die Zusatzleistungen kann auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sein. Dabei handelt es sich nicht nur um ein allgemeines Gerechtigkeitsprinzip, das dazu dienen soll, den Betriebsfrieden zu gewährleisten, sondern um einen konkreten Anspruch des Arbeitnehmers, nicht schlechter gestellt zu werden als andere Arbeitnehmer in gleicher Situation. Unsachliche und willkürliche Differenzierungen zwischen Arbeitnehmern darf der Arbeitgeber nicht vornehmen, er muss aber auch nicht alle „über einen Kamm scheren“. Voraussetzung ist, dass nur Arbeitnehmer miteinander verglichen werden, die sich in einer im Wesentlichen übereinstimmenden Lage befinden. In der Praxis stellt die Feststellung, ob Arbeitnehmer vergleichbar sind oder nicht, ein Problem dar, dessen Lösung stark vom Einzelfall abhängig ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz berechtigt jedenfalls nicht einen nichtorganisierten Arbeitnehmer zum tarifvertraglich vereinbarten Lohn, da die Gewerkschaftszugehörigkeit nach der Rechtsprechung einen sachlichen Differenzierungsgrund darstellt. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine Frau Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit hat, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert es nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt (Urteil vom 16. Februar 2023, AZ 8 AZR 450/21).
Eine arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung verstößt gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Die Vereinbarung ist dann nichtig. Das tatsächlich zu zahlende Entgelt bemisst sich an der üblichen Höhe. Wird die Unerfahrenheit oder eine Zwangslage des Arbeitnehmers ausgenutzt, so kann ein Fall von § 138 Absatz 2 BGB vorliegen und der strafrechtliche Wuchertatbestand des § 291 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch erfüllt sein. Ein auffälliges Missverhältnis und Lohnwucher sind nach der Rechtsprechung anzunehmen, wenn weniger als 2/3 des tariflichen oder üblichen Lohns gezahlt werden.
Ausgangspunkt zur Festlegung des Wertes der Arbeitsleistung sind die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs, wenn in dem Wirtschaftsgebiet üblicherweise der Tariflohn gezahlt wird. Liegt die verkehrsübliche Vergütung unterhalb des Tariflohns, ist zur Ermittlung des Wertes der Arbeitsleistung von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (Bundesarbeitsgericht 5. Senat, Urteil vom 24. März 2004, Az: 5 AZR 303/03).
Insbesondere muss beachtet werden, dass jegliche Vereinbarungen, die den gesetzlichen Mindestlohn beschränken, unwirksam sind. Gewährt der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn nicht, stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von bis zu 500.000,- € geahndet werden kann.
Vereinbarungen, die gegen das Verbot der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts oder das Entgeltgleichheitsgebot nach dem Entgelttransparenzgesetz verstoßen, sind ebenfalls unwirksam.
Nach dem Entgelttransparenzgesetz sind im Wesentlichen folgende Regelungen zu beachten:
Beschäftigte in Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten haben einen Auskunftsanspruch über die Kriterien und Verfahren für die Entgeltfestlegung. Dieser Anspruch erstreckt sich sowohl auf das eigene Entgelt des Anspruchsstellers als auch auf die Vergütung von Kolleginnen bzw. Kollegen, die eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit ausüben. Zusätzlich kann Auskunft über bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile verlangt werden. Auskunftsberechtigt sind Beschäftigte, die für denselben Arbeitgeber und im selben Betrieb tätig sind und die ihr Auskunftsverlangen in Textform geltend machen.
Die entsprechende Vergleichstätigkeit ist vom Beschäftigten in zumutbarer Weise zu benennen. Die Auskunft erfolgt dann nicht durch die Mitteilung des konkreten Entgelts eines anderen Beschäftigten. Stattdessen ist das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt einer „Vergleichsgruppe“ anzugeben. Die Vergleichsgruppe besteht jeweils aus den Mitarbeitern des anderen Geschlechts mit gleichwertiger Tätigkeit. Wird die Vergleichstätigkeit von weniger als sechs Beschäftigten des anderen Geschlechts ausgeübt, ist das Vergleichsentgelt aus Datenschutzgründen nicht anzugeben. Bei der Berechnung des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts ist neben dem durchschnittlichen Grundlohn auch jede sonstige unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen gewährte Vergütung zu berücksichtigen.
Der Auskunftsanspruch wird grundsätzlich über die Betriebsräte wahrgenommen. Besteht kein Betriebsrat, wenden sich die Beschäftigten für ihr Auskunftsverlagen direkt an den Arbeitgeber.
Der Auskunftsanspruch konnte erstmals sechs Monate nach dem 6. Juli 2017 geltend gemacht werden. Soweit der Auskunftsanspruch dann innerhalb von drei Kalenderjahren geltend gemacht wird, können Beschäftigte erst nach Ablauf von drei Kalenderjahren erneut Auskunft verlangen, es sei denn sie legen dar, dass sich die Voraussetzungen wesentlich geändert haben. Danach ist eine Geltendmachung des Anspruchs grundsätzlich alle zwei Jahre möglich.
Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten sind aufgefordert, durch die Anwendung betrieblicher Prüfverfahren, die aus einer Bestandsaufnahme, einer Analyse und einem Ergebnisbericht bestehen, ihre Entgeltregelungen auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots zu überprüfen. Arbeitgeber mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten, die zur Erstellung eines Lageberichts nach den §§ 264, 289 HGB verpflichtet sind, müssen seit 2018 einen Bericht erstellen, der Auskunft darüber gibt, inwiefern die Gleichstellung und Entgeltgleichheit von Frauen und Männern gefördert wird, und diesen als Anlage mitveröffentlichen. Diese Pflicht besteht grundsätzlich alle drei Jahre, für tarifgebundene und -anwendende Unternehmen alle fünf Jahre.
Im Juni 2023 ist die europäische Entgelttransparenzrichtlinie in Kraft getreten, die bis Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Hierdurch werden sich erneut Änderungen ergeben.
Zusammenfassend lässt sich folgende Checkliste für die Festlegung eines Arbeitsentgelts aufstellen:
Weitere Informationen
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales informiert über den Mindestlohn.Siehe dazu auch unser Merkblatt "Mindestlohn".
Grundlage für ein funktionierendes Beschäftigungssystem ist die Schaffung und der Erhalt sicherer Arbeitsbedingungen. Dem Unternehmer obliegt die generelle Verantwortung durch einen effizienten Arbeitsschutz die Beschäftigten vor Gefahren und gesundheitlichen Schädigungen zu schützen, vor allem auch im Hinblick auf die Herausforderungen einer durch digitalen Wandel immer schnelleren und anspruchsvolleren Arbeitswelt. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Gefährdungsbeurteilung. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen.
Das wichtigste Grundlagengesetz für den betrieblichen Arbeitsschutz ist das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Es verpflichtet den Arbeitgeber, Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz zu beurteilen und über notwendige Schutzmaßnahmen zu entscheiden. Konkretisiert wird das Arbeitsschutzgesetz durch eine Reihe von Arbeitsschutzverordnungen, die z.B. Maßnahmen für eine sichere Arbeitsstätten- und Arbeitsplatzgestaltung, einen sicheren Arbeitsmitteleinsatz, für Lärmschutz, oder zur arbeitsmedizinischen Vorsorge enthalten.
Zur individuellen Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen gibt das Arbeitsschutzgesetz den Unternehmen Gestaltungsspielräume, um den unterschiedlichen Gegebenheiten ei-nes jeden Betriebes gerecht werden zu können. Damit sinnvolle und notwendige Schutzmaßnahmen getroffen werden können, hat der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze vorzunehmen. Die Gefährdungsbeurteilung dient dazu, sich auf der Grundlage eines bestimmten Ablaufschemas über die vorhandenen Gefährdungen bei der Arbeit klar zu werden.
Weitere Informationen und Unterstützung zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung finden Sie auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) unter www.gefaehrdungsbeurteilung.de .
Nach Maßgabe des Arbeitssicherheitsgesetzes und der Unfallverhütungsvorschrift (DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“) hat der Arbeitgeber für sein Unternehmen Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen.
a) Aufgabe und Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit
Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit beraten und unterstützen den Arbeitgeber beim Arbeits- und Gesundheitsschutz und bei der Unfallverhütung. Damit soll erreicht werden, dass
Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind vom Arbeitgeber für die sich aus dem Arbeitssicherheitsgesetz ergebenden Aufgaben schriftlich zu bestellen. Aus der Be-stellungsurkunde muss hervorgehen, für welchen Betrieb bzw. welche Betriebe der Betriebsarzt bzw. die Fachkraft für Arbeitssicherheit zuständig und welche Einsatzzeit pro Jahr für die zu betreuenden Betriebe zu erbringen ist. Gleiches gilt für den Fall, dass ein überbetrieblicher arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Dienst verpflichtet wird. Die Aufgabenübertragung ist Teil der Bestellung. Sie bedarf ebenfalls der Schriftform. Der Betrieb muss bei der Bestellung von Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten darauf achten, dass die notwendige Qualifikation vorhanden ist.
Zudem kann mit der Berufsgenossenschaft abgeklärt werden, ob anstelle einer Regelbetreuung ein alternatives Betreuungsmodell (so genanntes Unternehmermodell) oder die Kleinstbetriebsbetreuung (bis zehn Beschäftigte) Anwendung finden kann. Seit 2011 besteht die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung aus den Komponenten „betriebliche Grundbetreuung“ und dem „betriebsspezifischen Betreuungsanteil“.
Betriebliche Grundbetreuung
Der Aufwand für die Grundbetreuung richtet sich nach dem Gefährdungspotential der Branche (Einteilung in drei Gruppen) und der Anzahl der Beschäftigten im Betrieb und sieht feste Einsatzzeiten für Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit vor. Die Grundbetreuung umfasst u. a. folgende Aufgabenfelder:
Außerdem gehören dazu die regelmäßige Begehung der Arbeitsplätze, Beratung bei der Organisation der ersten Hilfe, Beratung zum Brandschutz und die Unterstützung bei der Erstellung von Betriebsanweisungen sowie die Auswahl und der Umgang mit Betriebsmitteln.
Betriebsspezifischer Betreuungsanteil
Der Bedarf an betriebsspezifischer Betreuung des Unternehmens richtet sich nach den vorliegenden betriebsspezifischen Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie den Erfordernissen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung. Tätigkeiten, Arbeitsplätze und Arbeitsstätten, die besondere Risiken aufweisen, sowie Erfordernisse arbeitsmedizinischer Vorsorge sind zu berücksichtigen. Inhalt und Umfang des betriebsspezifischen Betreuungsanteils müssen abhängig von der individuellen Gefährdungssituation und dem Bedarf von jedem Betrieb auf der Basis der Gefährdungsbeurteilung selbst ermittelt werden.
Um den unterschiedlichen betrieblichen Anforderungen gerecht zu werden, haben die einzelnen Berufsgenossenschaften dies in voneinander abweichenden Fassungen der Unfallverhütungsvorschrift DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ festgelegt.
b) Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Anforderungsprofil
Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind in der Regel Personen mit einer technischen Ausbildung, die über die zur Erfüllung der Aufgaben erforderliche arbeitstechnische Fachkunde verfügen. Voraussetzung ist eine Ausbildung als Ingenieur, Techniker oder Meister mit sicherheitstechnischer Fachkunde sowie eine zweijährige praktische Tätigkeit in diesem Beruf.
Sicherheitsingenieure erfüllen die Anforderungen an die sicherheitstechnische Fachkunde, wenn sie
Die sicherheitstechnische Ausbildung übernimmt in der Regel die Berufsgenossenschaft. Nach der Ausbildung sorgen regelmäßige Fortbildungen dafür, dass die Fachkraft über Neuerungen im betrieblichen Arbeitsschutz umfassend informiert wird.
Weitere Informationen, z. B. die wesentlichen Anforderungen an Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie ein Schaubild zur Struktur der Ausbildung und eine Liste anerkannter Ausbildungsträger, finden Sie auf der Internetseite der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unter "Informationen für die Praxis".
Aufgaben von Fachkräften für Arbeitssicherheit
Fachkräfte für Arbeitssicherheit sollen den Unternehmer beim Arbeitsschutz und der Unfallverhütung unterstützen. Themen sind u. a.:
Ein regelmäßiger Bericht der Fachkraft soll Schwachstellen im Betrieb transparenter machen, um im Bedarfsfall Lösungen schnell erarbeiten zu können (vgl. § 5 DGUV 2). Er dient zudem als Tätigkeitsnachweis der Fachkraft. Im Regelfall sollte einmal jährlich ein Bericht erstellt werden.
Auswahl
Zunächst besteht die Möglichkeit, eigenes geeignetes Personal (Meister, Techniker oder Ingenieure) zur Fachkraft für Arbeitssicherheit weiterzubilden und zu bestellen. Für die Bestellung von externen Fachkräften für Arbeitssicherheit sollten Sie sich an Ihre Berufsgenossenschaft wenden, die geeignete Personen abgestimmt auf Ihre jeweilige Betriebsart benennen kann.
Kontakte und Recherchemöglichkeiten nach externen Fachkräften für Arbeitssicherheit:
- Bundesverband freiberuflicher Sicherheitsingenieure
- Verband Deutscher Sicherheitsingenieure
c) Betriebsärzte
Anforderungsprofil
Betriebsärzte müssen berechtigt sein, den ärztlichen Beruf auszuüben und über die erforderliche arbeitsmedizinische Fachkunde (Facharzt für Arbeitsmedizin oder Arzt mit Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“) verfügen.
Aufgaben von Betriebsärzten
Die Betriebsärzte sollen die Arbeitsgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen des Gesundheitsschutzes unterstützen und die für den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung verantwortlichen Personen beraten. Themen sind u. a.:
Die Betriebsärzte müssen außerdem die Beschäftigten des Unternehmens arbeitsmedizinisch beraten und ggf. untersuchen. Die Ergebnisse der Untersuchungen müssen von ihnen ausgewertet werden. Sie sollen die Beschäftigten auf Gesundheits- und Unfallgefahren hinweisen und sie über Möglichkeiten der Prävention von Gesundheitsgefährdungen informieren.
Betriebsärzte müssen die Ursachen von arbeitsbedingten Erkrankungen untersuchen und Maßnahmen zu deren Verhütung vorschlagen. Hierzu sollen sie die Arbeitsstätten in regelmäßigen Abständen begehen und Mängel dem Arbeitgeber mitteilen. Sie wirken bei der Einsatzplanung und der Schulung von Ersthelfern und des medizinischen Hilfspersonals mit.
Auswahl
Sie haben die Möglichkeit, einen Betriebsarzt im Unternehmen einzustellen oder zwischen einem freiberuflichen Arbeitsmediziner und einem arbeitsmedizinischen Dienst zu wählen. Auskünfte über freiberufliche Arbeitsmediziner und arbeitsmedizinische Dienste können bei folgenden Organisationen erfragt werden:
Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi) e.V.
Bundesverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte e.V. (BsAfB)
Die Bestimmung der jeweils gültigen Arbeitszeit in einem Arbeitsverhältnis unterliegt einer Vielzahl von Grenzen, die ihren Ursprung in Gesetzen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder im individuellen Arbeitsvertrag finden können. Die Beachtung und Umsetzung des Arbeitszeitrechts ist dabei nicht nur eine arbeitsvertragliche Verpflichtung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern unterliegt auch öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Das öffentliche Arbeitszeitrecht hat die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch Begrenzung der höchstzulässigen Arbeitszeit und die Verpflichtung zu Ruhepausen und Ruhezeiten zum Ziel. Grundlage hierfür ist vor allem das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Das private Arbeitsrecht bestimmt die konkrete Dauer und Lage der Arbeitszeit sowie die Vergütung.
Das ArbZG gilt für alle Angestellten, Arbeiter und die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten, nicht aber für Heimarbeitnehmer und leitende Angestellte. Besondere Vorschriften gelten für Arbeitnehmer mit Fahrtätigkeit.
Arbeitszeit ist die Zeit von Beginn bis zum Ende der Arbeit, die Ruhepausen nicht mitgerechnet. Die konkrete Regelung erfolgt durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung und Arbeitsvertrag. Zur Arbeitszeit gehören in der Regel nicht die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Umkleide- und Waschzeiten.
Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft verlangen vom Arbeitnehmer, dass er sich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufhalten muss, um spontan seine volle Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs handelt es sich dabei um Arbeitszeit. Dies gilt nicht nur für den ärztlichen Bereitschaftsdienst wie im entschiedenen Fall, sondern für alle Bereiche. Danach darf diese Zeit nicht als Ruhezeit berücksichtigt werden und ist zu vergüten. Bei Rufbereitschaft muss sich der Arbeitnehmer zwar zur Arbeit bereithalten; er kann dabei aber seinen Aufenthaltsort grundsätzlich frei bestimmen und wechseln. Die Rufbereitschaft ist keine Arbeitszeit. Nur die tatsächlich geleistete Arbeit gilt als Arbeitszeit. Tritt der Bereitschaftsfall ein und wird dadurch die Ruhezeit unterbrochen, so muss unmittelbar nach Beendigung des Falls oder später die volle Ruhezeit eingehalten werden.
Die werktägliche Arbeitszeit darf grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten. Werktage sind die Tage von Montag bis Samstag. Damit gilt als Grundsatz maximal die 48-Stundenwoche. Die werktägliche Arbeitszeit kann, wenn keine tariflichen oder arbeitsvertraglichen Einschränkungen bestehen, auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen acht Stunden werktäglich im Durchschnitt nicht überschritten werden. Saisonschwankungen und Arbeitsspitzen können so ausgeglichen werden. Die wöchentliche Arbeitszeit kann daher bis zu 60 Stunden betragen. Abweichende Regelungen von den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sind möglich, benötigen aber in der Regel einer Ermächtigung durch einen Tarifvertrag oder einer tarifvertraglichen Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen. Besteht kein Betriebsrat, können die tarifvertraglichen Regelungen durch schriftliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer angewendet werden. In besonderen Fällen kann teilweise der Arbeitgeber Ausnahmen veranlassen, teilweise bedarf es einer Ausnahmegenehmigung der Aufsichtsbehörde (siehe unten).
Da die gesetzliche Höchstdauer der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers dient, ist die Arbeitszeit bei mehreren Arbeitgebern zusammenzurechnen. Sonntagsarbeit wird auf die werktägliche Arbeitszeit angerechnet.
Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden bis zu neun Stunden ist die Arbeitszeit durch eine im Voraus feststehende Ruhepause von mindestens 30 Minuten, bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt durch eine von 45 Minuten zu unterbrechen. Die Festlegung von Lage und Dauer obliegt dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats.
Von den Ruhepausen ist die Ruhezeit zu unterscheiden: Nach Ende der Arbeitszeit müssen die Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden einhalten. Die Ruhezeit kann für bestimmte Branchen durch Gesetz auf zehn Stunden verkürzt werden, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums für entsprechenden Ausgleich gesorgt ist. Durch Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarung auf der Grundlage eines Tarifvertrages kann die Ruhezeit auf bis zu neun Stunden gekürzt werden, wenn die Art der Arbeit es erfordert und die Kürzung innerhalb eines bestimmten Zeitraums ausgeglichen wird.
Bei der Festlegung der Arbeitszeit ist das Sonn- und Feiertagsrecht zu berücksichtigen, wonach Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0.00 bis 24.00 Uhr grundsätzlich nicht beschäftigt werden dürfen. Für bestimmte Branchen existieren jedoch Ausnahmebestimmungen. Bei Verkaufsstellen ist für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen zusätzlich das Ladenöffnungsgesetz NRW zu beachten.
Für die Beschäftigung von Kindern (unter 15 Jahre) und Jugendlichen (zwischen 15 und 18 Jahren) gelten nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz besondere Bestimmungen. Auf Jugendliche, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, finden die für Kinder geltenden Vorschriften Anwendung. Die Höchstdauer für die Arbeit von Jugendlichen beträgt grundsätzlich acht Stunden am Tag und 40 Stunden in der Woche. Ruhepausen zählen dabei nicht zur Arbeitszeit. Sie müssen bereits vor Arbeitsbeginn feststehen. Bei einer Arbeitszeit von viereinhalb bis zu sechs Stunden muss die Pause 30 Minuten, bei mehr als sechs Stunden 60 Minuten dauern. Sie muss mindestens 15 Minuten lang sein und darf nicht früher als eine Stunde nach Arbeitsbeginn und nicht später als eine Stunde vor Arbeitsende beginnen. Ein Jugendlicher darf nie länger als viereinhalb Stunden ohne Ruhepause arbeiten. Jugendliche müssen nach Beendigung der Arbeitszeit mindestens zwölf Stunden Freizeit haben. Außerdem dürfen sie grundsätzlich nur in der Zeit von 6 bis 20.00 Uhr arbeiten, wobei für Jugendliche über 16 Jahre für bestimmte Branchen andere Regelungen möglich sind. Es gilt grundsätzlich die Fünftagewoche, wobei die beiden freien Tage möglichst aufeinander folgen sollen. An Samstagen, Sonntagen und Feiertagen dürfen Jugendliche grundsätzlich nicht arbeiten, allerdings gibt es für bestimmte Branchen Ausnahmeregelungen. Jugendliche, die der Berufsschulpflicht unterliegen, haben für die Dauer des Berufsschulunterrichts einen Freistellungsanspruch. Ein Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens 45 Minuten wird auf die Arbeitszeit mit acht Stunden, Berufsschulwochen mit 40 Stunden angerechnet, im Übrigen die Unterrichtszeit einschließlich der Pausen.
Kinder (Personen unter 15 Jahren) dürfen grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Allerdings dürfen Kinder über 13 Jahre mit Einwilligung der Personensorgeberechtigten beschäftigt werden, wenn die Tätigkeit leicht und für Kinder geeignet ist. Die höchstzulässige Arbeitszeit beträgt grundsätzlich zwei Stunden. Die Beschäftigung darf nicht zwischen 18.00 und 8.00 Uhr, vor und während des Schulunterrichts stattfinden. In den Schulferien dürfen vollzeitschulpflichtige Jugendliche bis zu vier Wochen beschäftigt werden, wobei für diese Zeit grundsätzlich die Regelungen über die Beschäftigung nicht mehr vollzeitschulpflichtiger Jugendlicher gelten.
Werdende und stillende Mütter dürfen auf Grund des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) grundsätzlich nicht mehr als achteinhalb Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche (bei Frauen unter 18 Jahren acht Stunden täglich oder 80 Stunden in der Doppelwoche) beschäftigt werden, wobei Sonntage in die Doppelwoche eingerechnet werden. Nachtarbeit ist in der Regel zwischen 20.00 und 6.00 Uhr verboten. Das grundsätzlich geltende Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit kann unter bestimmten Voraussetzungen (§ 6 MuSchG) durchbrochen werden.
Die individuelle Dauer der Arbeitszeit betrifft das Ausmaß der vom Arbeitnehmer geschuldeten Zeit. Sie unterliegt nicht dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, sondern ergibt sich entweder aus der ausdrücklichen Absprache der Parteien, aus kollektiven Regelungen oder aus stillschweigender Akzeptanz der im Betrieb üblichen Handhabung. Der Arbeitgeber kann sich auch nicht vertraglich das Recht vorbehalten, die Arbeitszeitdauer zu bestimmen.
Die Lage der Arbeitszeit betrifft die Verteilung der zur Verfügung stehenden Zeit. Pausen, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit kann der Arbeitgeber vorbehaltlich der Mitbestimmung des Betriebsrates aufgrund seines Weisungsrechtes festlegen, sofern keine individuellen Arbeitszeitvereinbarungen vorliegen. Auch die langjährige unveränderte Beibehaltung der gleichen Lage der Arbeitszeit begründet keinen „Anspruch“ auf Beibehaltung aus betrieblicher Übung. Der Arbeitszeitrahmen kann durch den Arbeitgeber einseitig verändert werden, wenn keine Beschränkung durch Tarif- oder Arbeitsvertrag und Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates vorliegt.
Ein besonderer Fall ist die Arbeit auf Abruf. Diese liegt vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit bezogen auf einen bestimmten Zeitraum im Arbeitsvertrag festgelegt ist und die Lage der Arbeitszeit von der Konkretisierung des Arbeitgebers (entsprechend des Arbeitsanfalls) abhängt. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung muss die (Mindest-)Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festlegen. Der Arbeitgeber muss bei Abruf der Arbeitsleistung jedoch beachten, dass diese bei einer vereinbarten Mindestarbeitszeit höchstens 25% zusätzlich, bei einer vereinbarten Höchstarbeitszeit nur bis zu 20% weniger abrufen darf. Erfolgt keine Festlegung, fingiert das Gesetz eine wöchentliche Arbeitszeit von zwanzig Stunden, es sei denn, aus der tatsächlichen Vertragsabwicklung ergibt sich eine höhere Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit. Wird keine tägliche Arbeitszeit vereinbart, muss der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen. Dies soll den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers sichern. Der Arbeitnehmer ist nur zur Leistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage der Arbeitszeit mindestens vier Tage im Voraus mitteilt. Im Krankheitsfall hat auch der Arbeitnehmer, der seine Arbeitsleistung auf Abruf erbringt, einen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber (allgemeine Informationen zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall finden Sie in unserem Merkblatt zu „Krankheit von Arbeitnehmern“). Die Höhe der Entgeltfortzahlung bei einer Vereinbarung zu Arbeit auf Abruf bemisst sich nach der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Krankheitsbeginn. Zu beachten ist dabei, dass dem Arbeitnehmer, losgelöst von der tatsächlich in diesem Zeitraum vom Arbeitgeber abgerufenen Arbeitszeit, stets ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe der Vergütung für die vereinbarte Mindestarbeitszeit zusteht.
Anstelle starrer Arbeitszeitregeln werden zunehmend flexible Arbeitszeitmodelle vereinbart. Bei der Gleitzeit ist es dem Arbeitnehmer überlassen, Beginn und Ende seiner Arbeitszeit innerhalb eines vorgegebenen Rahmens individuell zu regeln. Er ist lediglich zur Einhaltung einer bestimmten Kernzeit verpflichtet. Die tatsächlich geleisteten Stunden werden auf einem Gleitzeitkonto erfasst. Über- und Unterschreitungen sind innerhalb bestimmter Zeiten auszugleichen. Kann der Ausgleich wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgen, sind die nicht ausgeglichenen Stunden in Geld zu vergüten. Daneben gibt es vor allem im Einzelhandel rollierende Systeme. Dabei werden auf Basis der Arbeitszeit die Arbeitstage für einen bestimmten Bezugszeitraum festgelegt, wobei die Einsatztage „vorwärts“ oder „ rückwärts“ wechseln. Schichtsysteme bieten die Möglichkeit zur Mehrfachbesetzung von Arbeitsplätzen. Schließlich gibt es noch das Modell der Vertrauensarbeitszeit, bei der den Arbeitnehmern nur ein täglicher Zeitrahmen, in dem sie ihre vertragliche Arbeitszeit erfüllen, vorgegeben wird. Zeiterfassung und Zeitkontrollen erfolgten bislang nicht. Der Arbeitgeber kontrolliert lediglich das Arbeitsergebnis. Nach dem Beschluss des BAG aus September 2022 (siehe dazu nächster Abschnitt) ist Vertrauensarbeitszeit im Sinne einer selbstbestimmten Lage der Arbeitszeit zwar weiterhin möglich, es ist aber eine Zeiterfassung erforderlich.
Weitere Informationen stellt das nordrhein-westfälische Arbeitsministerium zur Verfügung.
Der Arbeitgeber muss einen Abdruck des Arbeitszeitgesetzes, der für den Betrieb geltenden Verordnungen sowie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auslegen oder aushängen. Weitergehende Pflichten können sich bei der Beschäftigung bestimmter Personengruppen ergeben (siehe dazu das Merkblatt "Aushangpflichten für Arbeitgeber").
Der Arbeitgeber ist nach § 16 Absatz 2 Arbeitszeitgesetz dazu verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit (regelmäßig acht Stunden) hinausgehende Arbeitszeit und jegliche Arbeitszeit am Wochenende aufzuzeichnen. Die Aufzeichnung muss in Bezug auf einen konkreten Arbeitnehmer stattfinden und darf nicht pauschal erfolgen. Eine Pflicht die konkrete Arbeitszeit (Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit) aufzuzeichnen, besteht nach § 17 Absatz 1 Mindestlohngesetz für den Arbeitgeber von geringfügig Beschäftigten („Mini-Job“), und den Arbeitgeber von Beschäftigten in den Bereichen des § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG). Entsprechendes gilt für einen Entleiher, dem ein Verleiher einen oder mehrere Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung in einer der in § 2a SchwarzArbG aufgeführten Branchen überlässt.
§ 17 Abs. 2 des Mindestlohngesetzes verpflichtet die Arbeitgeber, die die in Abs. 1 genannten Gruppen von Arbeitnehmern beschäftigen, die für den Nachweis der Zahlung des Mindestlohns erforderlichen Unterlagen im Inland für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung im Geltungsbereich dieses Gesetzes, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, in deutscher Sprache bereitzuhalten.
Nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13.09.2022 (Aktenzeichen 1 ABR 22/21) ist höchstrichterlich entschieden, dass eine grundsätzliche Arbeitszeiterfassung in Deutschland verpflichtend ist. Eine solche Pflicht ergibt sich laut BAG aus § 3 Absatz 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes und wurde mit einer europarechtskonformen Auslegung begründet. Der EuGH hatte mit Urteil vom 14.05.2019 (Aktenzeichen C-55/18) entschieden, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein System einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Dies bedeutet, dass nicht nur die über die werktägliche hinausgehende Arbeitszeit aufgezeichnet werden muss, sondern auch Beginn, Ende der Arbeitszeit und Ruhepausen. Darüber hinaus muss auch die wöchentliche Höchstarbeitszeit, beziehungsweise eines Zeitausgleiches bei einem Abweichen der Höchstarbeitszeit ersichtlich sein. Eine Übergangsfrist gibt es nicht. Die Erfassung kann an die Beschäftigten delegiert werden, solange hierdurch die Zielsetzung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes eingehalten werden kann. Bei der näheren Ausgestaltung besteht – ggf. unter Einbeziehung des Betriebsrats – ein Spielraum, die Erfassung muss nicht zwingend elektronisch erfolgen. Wichtig ist, dass es sich nach den Vorgaben des EuGH um ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System handelt, mit dem die von den Beschäftigten geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Auch nach dieser Entscheidung dürfte Vertrauensarbeitszeit im Sinne einer selbstbestimmten Lage der Arbeitszeit weiterhin möglich sein, auch hier ist aber eine Zeiterfassung erforderlich. Für die Konkretisierung der Anforderungen an die Arbeitszeiterfassung oder mögliche Ausnahmen muss nun der Gesetzgeber tätig werden.
Rechte des Betriebsrates
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat bei der Festlegung von Beginn und Ende der allgemeinen täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage ein Mitbestimmungsrecht. Ebenso darf er gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG bei vorübergehender Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit mitbestimmen. Allerdings gilt das Mitbestimmungsrecht nicht für die Konkretisierung der individuellen Arbeitszeit, sondern nur für generelle Fragen, also bei der Einführung, dem Abbau sowie der Ausgestaltung der Arbeitszeitformen (flexible Arbeitszeiten, Gleitzeiten, Ruf- und Bereitschaftsdienst, rollierendes System, Schichtarbeit), bei der Aufstellung von Dienstplänen oder bei der Gestaltung der Teilzeitbeschäftigung. Der Betriebsrat hat darüber hinaus ein Beratungs- und Vorschlagsrecht zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung
Aufsichtsbehörde
Zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bezirksregierung Detmold, Leopoldstr. 13-15, 32756 Detmold, Tel. 05231 71-0.
1. Rechtsgrundlagen
Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ist für Arbeitnehmer § 109 GewO (Gewerbeordnung). Neben den Arbeitnehmern haben grundsätzlich auch arbeitnehmerähnliche Personen wie Heimarbeiter und freie Mitarbeiter einen Zeugnisanspruch. Bei Leiharbeitnehmern richtet sich der Zeugnisanspruch gegen den Verleiher.
Dieser Zeugnisanspruch entsteht, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses; allerdings kann der Arbeitgeber ihn erst erfüllen, wenn der Arbeitnehmer sein Wahlrecht zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis ausgeübt hat (s. unter 2.) In Berufsausbildungsverhältnissen ist ein einfaches Zeugnis auch ohne Verlangen zu erteilen; dies gilt auch für Praktikanten und Volontäre §§ 16, 26 BBiG.
Man unterscheidet zwischen dem einfachen Zeugnis, in dem lediglich die persönlichen Daten des Arbeitnehmers sowie die Art und Dauer der Beschäftigung vollständig und genau angegeben sind, und dem qualifizierten Zeugnis. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält zusätzlich zu den Angaben eines einfachen Zeugnisses Ausführungen über die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers. Während die Aussagen zu Art und Dauer der Tätigkeit lediglich darstellend sind, erfolgt durch die Angaben zu Leistung und Verhalten eine Bewertung des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer kann zwischen der Erteilung eines einfachen und eines qualifizierten Zeugnisses wählen.
Das qualifizierte Arbeitszeugnis soll Aufschluss über die während des Arbeitsverhältnisses unter Beweis gestellten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse geben sowie Angaben über die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers enthalten. Es soll belegen, in welchem Aufgabengebiet der Arbeitnehmer eingesetzt gewesen und mit welchen Tätigkeiten er betraut worden ist, wie er sein erlerntes Wissen in der Praxis umgesetzt und ob er sich in der Position bewährt hat. Der Arbeitgeber hat dabei sowohl die Wahrheitspflicht als auch die Verpflichtung zu beachten, das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig zu erschweren (wohlwollendes Zeugnis). Kein Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, einen schlechten Arbeitnehmer besser zu beurteilen, als er tatsächlich ist. Unwahre Zeugnisse können Schadensersatzansprüche z.B. des neuen Arbeitgebers gegenüber dem Zeugnisersteller auslösen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Formulierungsvorschläge oder -wünsche des Arbeitnehmers zu übernehmen, wenn diese nicht rechtlich geboten sind. Bei berechtigtem Korrekturverlangen ist das neue Zeugnis unter dem Datum des geänderten Zeugnisses zu erteilen. Das Zeugnis ist zeitnah zu erstellen, insoweit sollte ein Zeitrahmen von einem Monat ab Zeugniserteilungswunsch bzw. ab Ausscheiden des Mitarbeiters eingehalten werden. Unter Umständen muss das Zeugnis zum Zweck der Stellensuche auch schon vor Ende des Arbeitsverhältnisses ausgestellt werden; insoweit kann es dann ggf. als „Zwischenzeugnis“ bezeichnet werden.
Die Verpflichtungen sowohl ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen, als auch der Wahrheitspflicht zu genügen, stehen zueinander in einem gewissen Spannungsverhältnis. Daher hat sich eine eigene Zeugnissprache gebildet, die beiden Verpflichtungen gerecht werden soll.
Der Arbeitnehmer hat ein Recht darauf, dass ihm der Arbeitgeber ein in allen seinen Aussagen eindeutiges und klar formuliertes Zeugnis ausstellt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, der ausstellende Arbeitgeber distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärung. Aus diesem Grunde darf ein Zeugnis nicht in sich widersprüchlich sein. Ebenso wenig ist die Verwendung von verschlüsselten oder doppelbödigen Zeugnisformulierungen erlaubt, die wohlwollender klingen, als sie gemeint sind.
Der Arbeitgeber ist zwar bei der Ausstellung des Zeugnisses grundsätzlich in seiner Ausdrucksweise frei, sollte sich aber der in der Praxis allgemein angewandten Zeugnissprache bedienen und bei der Beurteilung des Arbeitnehmers den allgemein üblichen Maßstab anlegen.
Das Zeugnis muss eine zusammenfassende Beurteilung der Leistung enthalten. Diese muss dem gesamten Inhalt des Zeugnisses entsprechen. Für die Beurteilung der Leistung haben sich feste Formulierungen eingebürgert, die einer Notenskala vergleichbar sind.
Beurteilung | Zeugnisformulierung |
sehr gut | ... stets/jederzeit/immer zu unserer vollsten Zufriedenheit ... |
gut | ... zu unserer vollsten Zufriedenheit ... |
| ... stets zu unserer vollen Zufriedenheit ... |
befriedigend | ... zu unserer vollen Zufriedenheit ... |
ausreichend | ... zu unserer Zufriedenheit ... |
mangelhaft | ... insgesamt zu unserer Zufriedenheit ... |
| ... eine im Großen und Ganzen zufriedenstellende Leistung… |
Kommt es zum Streit über die Frage, ob der Arbeitnehmer Anspruch auf ein besseres Zeugnis hat, stellt sich die Frage nach der Beweislast. Diese wird vom Bundesarbeitsgericht wie folgt beantwortet: Streben Arbeitnehmer eine bessere als durchschnittliche Bewertung an, müssen sie die hierfür erforderlichen Tatsachen darlegen und beweisen. Der Arbeitgeber muss demgegenüber eine unterdurchschnittliche Bewertung rechtfertigen. Dabei gilt die Bewertung „zur vollen Zufriedenheit", also befriedigend, als durchschnittliche Note. Meint der Arbeitnehmer, Anspruch auf eine bessere Bewertung zu haben, muss er klagen und im Gerichtsverfahren entsprechende Leistungen darlegen und gegebenenfalls auch beweisen. Dies gilt nach Einschätzung des BAG auch, wenn gute oder sehr gute Bewertungen in einer bestimmten Branche üblich sind (Urteil vom 18.11.2014, AZ 9 AZR 584/13).
Bei der Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses gibt es nicht nur eine Zeugnissprache, sondern auch eine gebräuchliche Gliederung, die sich inzwischen weitgehend standardisiert hat. Ein qualifiziertes Zeugnis enthält üblicherweise die folgenden Elemente:
Überschrift
| (Arbeits-)Zeugnis/Zwischen-, Ausbildungs-, Praktikantenzeugnis |
Eingangsformel | Personalien, Dauer des Arbeitsverhältnisses |
Aufgabenbeschreibung | Tätigkeitsbeschreibung, hierarchische Position, Kompetenzen, Verantwortung |
Leistungsbeurteilung | Arbeitsbereitschaft (Motivation), Arbeitsbefähigung, Arbeitsweise, Arbeitserfolg, Führungsleistung (bei Vorgesetzten) |
Verhaltensbeurteilung | Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen und Dritten (Kunden, Lieferanten usw.) |
Schlussabsatz | Dankes-/Wunschformel (Zukunftswünsche)*, Ausstellungsort, -datum, Unterschrift |
* Das BAG hat mit Urteil vom 11.12.2012 (9 AZR 227/11) entschieden, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Aufnahme einer solchen „Dankes- und Wunschformel“ in das Zeugnis hat, widerspricht die im konkreten Fall gewählte Formel dem sonstigen Zeugnisinhalt, besteht nur ein Anspruch auf vollständige Streichung.
Nach § 109 Absatz 1 GewO ist das Zeugnis schriftlich zu erteilen. Die elektronische Form ist in § 109 Absatz 3 GewO ausdrücklich ausgeschlossen. Das Zeugnis muss auf Geschäftspapier erteilt werden, wenn der Arbeitgeber Geschäftsbögen besitzt und im Geschäftsverkehr verwendet. Das Anschriftenfeld ist freizulassen. Das Zeugnis muss sauber und ordentlich in einheitlicher Maschinenschrift ohne handschriftliche Zusätze, Streichungen usw. geschrieben sein und Ort und Datum der Ausstellung enthalten. Es ist vom Arbeitgeber oder einem Vertreter eigenhändig mit dokumentenechtem Stift zu unterschreiben. Im Falle der Vertretung muss das Vertretungsverhältnis und die Funktion des Vertretenden im Unternehmen angegeben werden; der Unterzeichner muss weisungsbefugt oder ranghöher sein, was sich unmittelbar aus dem Zeugnis ergeben muss. Das Zeugnis darf keine Risse, Flecken oder ähnliches aufweisen, es darf zur Versendung in einem Geschäftsumschlag gefaltet werden; wenn es kopierfähig ist und die Knicke im Zeugnisbogen sich nicht auf den Kopien abzeichnen, z. B. durch Schwärzungen. Entspricht das Zeugnis nicht diesen Grundsätzen, kann der Arbeitnehmer die Ausstellung eines neuen Zeugnisses verlangen.
Der Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers regelmäßig nicht da-durch, dass er den Arbeitnehmer in einer an ein Schulzeugnis angelehnten Darstellungsform beurteilt. Es ist ein Fließtext erforderlich, um die zur Erreichung des Zeugniszwecks erforderlichen individuellen Hervorhebungen und Differenzierungen in der Beurteilung herauszustellen.
Auf die Erteilung des Zeugnisses besteht kein dauerhafter Anspruch. Der Anspruch kann durch arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen begrenzt sein. Die gesetzliche Verjährungsfrist für den Zeugnisanspruch beträgt nach § 195 BGB drei Jahre Da die Verjährungsfrist erst mit dem Schluss des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Arbeitnehmer ausscheidet, verjährt der Anspruch mit Ablauf des dritten vollen Kalenderjahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. In der Regel wird der Zeugnisanspruch jedoch bereits vorher verwirkt sein. Die Verwirkung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seinen Zeugnisanspruch über einen längeren Zeitraum nicht verfolgt. Dies wird häufig schon nach einem Zeitraum von fünf bis zehn Monaten der Fall sein.
Arbeitsverträge können sowohl unbefristet als auch befristet abgeschlossen werden. Während für die Beendigung eines unbefristeten Arbeitsvertrages eine Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag erforderlich ist, endet ein befristeter Arbeitsvertrag grundsätzlich mit Ablauf der Frist.
Befristete Arbeitsverträge können entweder als zeitbefristete Verträge auf einen bestimmten Zeitraum (Beispiel: ein Monat, ein Jahr usw.) oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (Beispiel: bis zum 31.12.20…) oder als zweckbefristete Verträge für einen bestimmten Zweck (z.B. Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, Mitarbeit an einem bestimmten Projekt usw.) abgeschlossen werden. Zeitbefristete Arbeitsverträge enden, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt. Bei zweckbefristeten Verträgen muss eine Auslauffrist von zwei Wochen eingehalten werden. Diese Frist beginnt, sobald der Arbeitnehmer durch schriftlichen Hinweis des Arbeitgebers von der Erreichung des Zwecks erfährt.
Bei einer Zweckbefristung muss der Zweck, bei einer Zeitbefristung muss die Dauer bzw. das Enddatum angegeben werden.
Wichtig ist, dass die Befristung schriftlich vereinbart wird, da sie ansonsten unwirksam ist. Eine unwirksame Befristung führt aber nicht zu einem unwirksamen Arbeitsvertrag, sondern zu einem unbefristeten (siehe dazu im Einzelnen unter 3.)! Es empfiehlt sich ohnehin, den gesamten Arbeitsvertrag schriftlich abzufassen; dabei sollte der Arbeitsvertrag doppelt ausgefertigt und beide Ausfertigungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschrieben werden. Ein Handzeichen oder eine Paraphe reichen zur Wahrung der Schriftform nicht aus; notwendig ist die Zeichnung mit ganzem Namen. Der Arbeitgeber sollte auch die Übergabe eines von beiden Seiten unterschriebenen Exemplars des Arbeitsvertrages vom Arbeitnehmer quittieren lassen oder dies zumindest anderweitig dokumentieren, z.B. Einschreiben mit Rückschein bei Übersendung per Post.
Ein unbefristeter Arbeitsvertrag kommt auch zustande, wenn die Befristungsabrede nicht vor Arbeitsantritt von beiden Vertragsparteien unterschrieben ist, d.h. die Befristungsabrede muss v o r Arbeitsantritt von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschrieben worden sein, um wirksam zu sein (Ausnahme: Der Arbeitgeber hat den wirksamen Abschluss des Vertrages erkennbar unter den Vorbehalt gestellt, dass dieser schriftlich erfolgt).
In einem Tarifvertrag kann eine andere Anzahl an Verlängerungen oder eine andere Höchstdauer der Befristung festgelegt werden, allerdings kann nach der Rechtsprechung des BAG nur eine Befristungsdauer von maximal sechs Jahren und eine höchstens neunmalige Verlängerung der Befristung bis zu dieser Gesamtdauer vereinbart werden. Auch nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und –nehmer können im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages die Anwendung der entsprechenden tariflichen Regelungen vereinbaren.
Eine Befristung kann aus verschiedenen Gründen unwirksam sein. So führt die Verletzung des Schriftformerfordernisses zur Unwirksamkeit der Befristung. Auch eine unzulässige Verlängerung einer sachgrundlosen Befristung führt zur Unwirksamkeit; möglich ist es aber, an eine Befristung ohne Sachgrund ggf. einen befristeten Arbeitsvertrag mit Sachgrund anzuschließen. Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Befristung ist nicht, dass der Arbeitsvertrag insgesamt unwirksam ist; stattdessen gilt der Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen, d.h. als unbefristet. Der Arbeitgeber kann dann frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich kündigen, es sei denn, er hat sich die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt im Arbeitsvertrag vorbehalten (s. unter 8.). Etwas anderes gilt, wenn die Befristung nur wegen Verstoßes gegen die Schriftform unwirksam ist: In diesem Fall kann das Arbeitsverhältnis auch vor dem vereinbarten Ende unter Beachtung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen ordentlich gekündigt werden.
Für die Kündigung gelten im Fall der unwirksamen Befristung die allgemeinen Regeln des Kündigungsschutzrechts, so dass z.B. bei einem Betrieb auf den das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, eine Kündigung nach Ablauf der Wartezeit von sechs Monaten sozial gerechtfertigt sein muss. Auch das Bestehen eines besonderen Kündigungsschutzes – wie z. B. bei Schwerbehinderten oder in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmern – muss beachtet werden. Einzelheiten zur Kündigung entnehmen Sie bitte unserem Merkblatt „Kündigungsgründe und Kündigungsschutz“.
Achtung: Wird das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers über den vereinbarten Beendigungszeitpunkt hinaus oder nach Zweckerreichung ohne entsprechende schriftliche (und zulässige) Vereinbarung fortgesetzt, entsteht ebenfalls ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, wenn der Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht oder die Zweckerreichung unverzüglich mitteilt.
Werden bei der Verlängerung der Befristung die Vertragsbedingungen (auch zum Vorteil des Arbeitsnehmers!) geändert, liegt nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ein Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vor, was bei einer sachgrundlosen Befristung dazu führt, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Etwaige Vertragsänderungen sollten mit ausreichendem zeitlichen Abstand zu einer Verlängerung der Befristung vereinbart werden.
Mit Arbeitnehmern, die bei Beginn der Beschäftigung das 52. Lebensjahr vollendet haben und zuvor mindestens vier Monate beschäftigungslos gewesen sind, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen haben, können ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsverträge bis zu fünf Jahren abgeschlossen werden. Bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch deren mehrfache Verlängerung möglich, wobei eine Vielzahl von Verlängerungen kritisch gesehen wird. Zugelassen ist nur die kalendermäßige Befristung, nicht eine Zweckbefristung. Bisher offengelassen hat das BAG die Frage, ob das Verbot der Vorbeschäftigung gilt (s. unter 7.); es hat allerdings Zweifel an der Zuverlässigkeit einer wiederholten Befristung älterer Arbeitnehmer geäußert, so dass eine erneute sachgrundlose Befristung nach Vertragsende auch nach Ablauf der vier Monaten mit Unsicherheiten behaftet ist.
Um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für diese Art der Befristung eines Arbeitsverhältnisses vorliegen, steht dem Arbeitgeber ein Fragerecht zu
In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Es gilt das Verbot der Vorbeschäftigung (s. unter 7.).
Die Erleichterungen gelten aber nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen (Verschmelzungen, Umwandlungen u.ä.). Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist.
Weitere Befristungsmöglichkeiten für Beschäftigungsverhältnisse aufgrund spezialgesetzlicher Vorschriften sollen hier nur kurz erwähnt werden; für Fragen hierzu wenden Sie sich bitte an Ihre IHK:
An ein unbefristetes oder ein befristetes Arbeitsverhältnis kann ein ohne sachlichen Grund befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber nicht angeschlossen werden (sog. Vorbeschäftigungsverbot, § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG). Da auch bei einem Verstoß gegen das Verbot der Vorbeschäftigung nur die Befristung unwirksam ist, nicht aber der Arbeitsvertrag als solcher, wird in derartigen Fällen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet (s. unter 3.). Zu einer wirksamen Befristung kommt es nur, wenn auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder eine Befristung mit oder ohne Sachgrund ein mit Sachgrund befristeter Arbeitsvertrag folgt.
Das Vorbeschäftigungsverbot, das bis dahin zeitlich unbegrenzt galt, hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 06.04.2011 (AZ 7 AZR 716/09) auf einen Zeitraum von drei Jahren zwischen dem Ende des vorangegangenen und dem Beginn des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses begrenzt.
Diese Auslegung durch das BAG hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einer Entscheidung vom 06.06.2018 für verfassungswidrig gehalten. Das BVerfG geht zwar auch davon aus, dass in bestimmten Fällen der Anwendungsbereich der entsprechenden Regelung in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG durch die Fachgerichte eingeschränkt werden kann und muss, allerdings nur dann, wenn eine Gefahr der Kettenbefristung durch Ausnutzung der Unterlegenheit von Beschäftigten nicht bestehe und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Dies kann nach Auffassung des BVerfG insbesondere der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Als Beispiele nennt das Bundesverfassungsgericht geringfügige Nebenbeschäftigungen während der Schul- oder Studienzeit, Tätigkeiten von Werkstudenten oder die lange zurückliegende Beschäftigung von Arbeitnehmern, die sich später beruflich vollkommen neu orientiert hätten. Mit dieser einschränkenden Auslegung durch das BVerfG ist eine rechtssichere Beantwortung der Frage, ob das Verbot der Vorbeschäftigung für ein bestimmtes Arbeitsverhältnis gilt oder nicht, je nach Sachverhalt derzeit kaum möglich. Diesbezüglich helfen auch die nachfolgenden Entscheidungen des BAG nur sehr beschränkt:
Zu der Frage, wann eine Beschäftigung sehr lange zurückliegt, gibt es zwei neuere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Zunächst hat das BAG entschieden, dass eine erneute sachgrundlose Befristung auch dann gegen das Vorbeschäftigungsverbot verstößt, wenn zwischen dem Ende der Vorbeschäftigung und dem Beginn der neuen Beschäftigung 15 Jahre vergangen sind. In einer weiteren Entscheidung hat es einen Zeitraum von 22 Jahren zwischen zwei Beschäftigungen für ausreichend lang gehalten, damit das Vorbeschäftigungsverbot nicht greift, soweit keine besonderen Umstände für eine abweichende Wertung sprechen.
Schwierigkeiten wirft auch die Frage auf, was unter einer ganz anders gearteten Tätigkeit zu verstehen ist. Für notwendig hält es das BAG, dass die Tätigkeit Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich waren.
Ungesichert ist schließlich, unter welchen Voraussetzungen das BAG eine Beschäftigung für eine von sehr kurzer Dauer hält. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2021 nennt das BAG hier-für einen Zeitraum von längstens drei Monaten.
Um die Frage einer möglichen Vorbeschäftigung zu klären, besteht für den Arbeitgeber ebenfalls ein Fragerecht.
Mehrere Befristungen mit Sachgrund können grundsätzlich aufeinander folgen. Auch ein Wechsel des Sachgrundes ist dabei erlaubt. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) darauf hingewiesen, dass bei der Prüfung, ob die Verlängerung einer Vertretungsbefristung mit Sachgrund sachlich gerechtfertigt ist, alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt werden müssten. Hierzu gehörten auch die Anzahl und die Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsverträge. Dennoch stellt das Gericht klar, dass aus dem bloßen Umstand, dass ein Arbeitgeber gezwungen sei, wiederholt oder dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückzugreifen und dass der Vertretungsbedarf auch durch Abschluss unbefristeter Verträge gedeckt werden könne, weder automatisch folge, dass kein sachlicher Grund für die Befristung gegeben sei, noch dass die Befristung missbräuchlich erfolge. Daher müssen die deutschen Arbeitsgerichte bei Mehrfachbefristungen prüfen, ob ein sog. institutioneller Rechtsmissbrauch vorliegt. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen; vor allem kommt es nach der Rechtsprechung des BAG auf die Gesamtdauer der Beschäftigung und die Anzahl der Befristungen bzw. auf die Kombination dieser beiden Faktoren an. Das BAG hat dazu ein Stufenmodell entwickelt. In der Regel ist in der ersten Stufe davon auszugehen, dass kein Missbrauch vorliegt, in der zweiten Stufe ist eine Missbrauchskontrolle anhand der vom Arbeitnehmer vorzutragenden Umstände durchzuführen, in der dritten Stufe ist ein Missbrauch indiziert und der Arbeitgeber muss ihn entkräften. Eine tabellarische Übersicht hierzu finden Sie am Ende dieses Merkblatts.
Da das befristete Arbeitsverhältnis endet, ohne dass eine Kündigung erforderlich ist, kann es grundsätzlich auch weder durch den Arbeitnehmer noch durch den Arbeitgeber vor Vertragsablauf gekündigt werden. Etwas anderes gilt, wenn das Recht zur ordentlichen Kündigung anderweitig – im anwendbaren Tarifvertrag oder im Einzelarbeitsvertrag – vereinbart worden ist oder ein wichtiger Grund vorliegt, der zu einer außerordentlichen („fristlosen") Kündigung berechtigt. Eine vorzeitige Beendigung ist auch dann möglich, wenn das befristete Arbeitsverhältnis für die Dauer der Lebenszeit der Person oder über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren eingegangen worden ist. In diesen Fällen kann von dem Arbeitnehmer nach fünf Jahren Dauer der Beschäftigung mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.
Bei Vereinbarung einer Probezeit ist die Neuregelung in § 15 Abs. 3 TzbfG zu beachten: Wird eine Probezeit vereinbart, so muss diese in einem angemessenen Verhältnis zur Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Keinen Hinweis gibt es im Gesetz zu der Frage, wann die geforderte Angemessenheit gegeben ist; insbesondere ist unklar welche Rolle die Art der Tätigkeit spielen soll. In der Gesetzesbegründung wird für den Fall eines Verstoßes gegen diese Vorschrift angegeben, dass dann die verkürzte Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB nicht greift.
Die Entbehrlichkeit der Kündigung zum Ablauf der Frist bedeutet auch, dass für den Arbeitnehmer kein besonderer Kündigungsschutz besteht. Das Arbeitsverhältnis endet daher mit Ablauf der Frist auch dann, wenn der Arbeitnehmer z. B. schwerbehindert oder Mitglied des Betriebsrates oder eine Arbeitnehmerin schwanger oder im Mutterschutz ist.
Aufgrund des Fachkräftemangels haben Arbeitgeber häufig ein Interesse daran, das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer über dessen Rentenbeginn hinaus fortzusetzen. Problematisch daran ist, dass Arbeitsverträge in aller Regel auf den Eintritt der Regelaltersgrenze befristet sind. Wird nun das Arbeitsverhältnis einfach fortgesetzt, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (s. unter 3.). Liegt kein sachlicher Grund für eine Befristung vor, könnte das Arbeitsverhältnis auch nicht erneut befristet werden (s unter 7.).
Hier kann § 41 S. 3 SGB VI helfen. Nach dieser Regelung können Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn der Arbeitsvertrag das Ende des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, durch eine schriftliche Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt - ggf. auch mehrfach - hinausschieben. Voraussetzung ist auch hier, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch während der Laufzeit des bisherigen Arbeitsverhältnisses geschlossen wird. Die Frage, ob die sonstigen Vertragsbedingungen unverändert bleiben müssen (s. oben unter 3.), ist umstritten. Sicherheitshalber sollte daher in der Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts der weitere Inhalt des Arbeitsvertrages nicht geändert werden.
Im Anschluss an ein Ausbildungsverhältnis kann ein befristeter Arbeitsvertrag ohne Sachgrund abgeschlossen werden, da das Ausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis darstellt.
Tabelle zur Missbrauchskontrolle
Gesamtdauer der Befristung |
| Anzahl der Verlängerungen | Missbrauchskontrolle |
Bis 8 Jahre | oder | Bis zu 12 Verlängerungen |
nein |
Bis 6 Jahre | und | Bis zu 9 Verlängerungen | |
Mehr als 8 Jahre | oder | Mehr als 12 Verlängerungen |
Ja, Arbeitnehmer muss vortragen
|
Mehr als 6 Jahre | und | Mehr als 9 Verlängerungen | |
Mehr als 10 Jahre | oder | Mehr als 15 Verlängerungen | Missbrauch indiziert, Arbeitgeber muss entkräften |
Mehr als 8 Jahre | und | Mehr als 12 Verlängerungen |
Der Umgang mit personenbezogenen Daten zukünftiger bzw. bereits beschäftigter Mitarbeiter regelt insbesondere die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Im Folgenden soll ein Überblick über die wesentlichen Regelungen verschafft werden.
Beschäftigte
Wer gilt eigentlich als Beschäftigter? Beschäftigte i.S.d. Datenschutzrechts sind zunächst alle privatrechtlich verpflichteten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Darüber hinaus gilt die Beschäftigteneigenschaft von Leiharbeitern auch im Verhältnis zum Entleiher, also nicht nur zum Verleiher. Des Weiteren fallen auch Bewerber, die sich für ein Unternehmen interessieren, unter diese Definition.
Personenbezogene Daten
Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die eindeutig einer bestimmten natürlichen Person zugeordnet sind oder diese Zuordnung zumindest mittelbar erfolgen kann. Die Informationen können sich sowohl auf persönliche als auch auf sachliche Verhältnisse beziehen. Folgende Angaben sind beispielsweise personenbezogene Daten:
Verarbeitung von Beschäftigtendaten
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, soweit dies für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.
Auch die Verarbeitung von Beschäftigtendaten auf der Grundlage von Kollektivvereinbarungen ist zulässig. Dazu gehören Tarifverträge sowie Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Beschäftigtendaten dürfen in diesem Fall ebenso verarbeitet werden, soweit es für die Rechte und Pflichten der Interessenvertretungen der Beschäftigten erforderlich ist.
Beschäftigte können auch freiwillig in eine Datenverarbeitung einwilligen. § 26 Abs. 2 BDSG konkretisiert das Merkmal “freiwillig” dahingehend, dass die Freiwilligkeit im Beschäftigungsverhältnis vom Grad der Abhängigkeit des Beschäftigten sowie den konkreten Umständen der Erteilung abhängig ist. Freiwilligkeit liegt vor, wenn der Beschäftigte einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil erlangt oder der Arbeitgeber und der Beschäftigte gleichgelagerte Interessen verfolgen. Der Beschäftigte muss aber eine echte Wahlmöglichkeit haben, ob er in die Verarbeitung seiner Daten einwilligt. Ihm darf durch Nicht-Erteilung der Einwilligung oder den späteren Widerruf kein Nachteil entstehen.
Die Einwilligung selbst hat schriftlich zu erfolgen und die/der Beschäftigte muss auf die jederzeitige Widerrufbarkeit der Einwilligung hingewiesen werden.
Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten, aus denen etwa die ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse Überzeugungen oder die Gewerkschafts-zugehörigkeit hervorgehen, ist zulässig, wenn sie für die Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht erforderlich ist.
Die zuvor genannten Regelungen gelten auch, wenn die Daten nicht in einem Dateisystem gespeichert werden.
Es dürfen immer nur die Daten erhoben und verarbeitet werden, die tatsächlich für die personalwirtschaftlichen Belange notwendig sind (Datenminimierungspflicht). Verlässt also ein Mitarbeiter das Unternehmen, so sind dessen Daten, sofern sie nicht aufgrund gesetzlicher Vorgaben aufzubewahren sind, nachweisbar zu löschen. Solche gesetzlichen Aufbewahrungsfristen finden sich beispielsweise im:
1. Arbeitsrecht:
Die Daten dürfen auch nur so lange gespeichert werden, bis der Zweck der Verarbeitung erfüllt ist. Beispielsweise sollten Bewerbungsunterlagen von abgelehnten Bewerbern nur maximal sechs Monate aufbewahrt werden. Es sei denn, es liegt eine Einwilligung des Bewerbers vor, diese weiter vorzuhalten.
Eine Verwendung von Daten zu einem anderen als dem ursprünglichen und notwendigen Zweck ist unzulässig. Daher darf ein Unternehmen Mitarbeiterdaten auch nicht einfach an einen Dritten weitergeben, wenn die Weitergabe nicht aufgrund einer gesetzlichen Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO erfolgt. Hierunter fällt auch die Einwilligung. (Zweckbindung).
Informationspflichten gegenüber den Beschäftigten
Die betroffenen Beschäftigten müssen bereits zum Zeitpunkt der Erhebung der Daten über den Zweck, die Dauer der Speicherung und gegebenenfalls über die Empfänger der Daten informiert werden. Den Beschäftigten müssen ferner Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen für die Datenverarbeitung bzw. dessen Vertreter mitgeteilt werden. Wenn ein Datenschutzbeauftragter erforderlich ist, müssen auch diese Kontaktdaten mitgeteilt werden. Daneben müssen die Beschäftigten über folgende Rechte informiert werden:
Wie die Unternehmen den betroffenen Personen die Informationspflichten mitteilen, steht diesen frei. Eine Möglichkeit wäre, auch innerhalb eines Unternehmens für die Beschäftigten eine Datenschutzerklärung aufzusetzen, die die notwendigen Informationen enthält.
Rechenschaftspflicht
Der Arbeitgeber muss gegenüber Anfragenden die Einhaltung der Datenschutzgrundsätze bei der Verarbeitung personenbezogener Daten nachweisen können. Eine entsprechende Datenschutzerklärung, die den Umgang mit personenbezogenen Daten im Unternehmen beschreibt, kann hierbei die Grundlage bilden. Besonderes Augenmerk sollte hierbei auf Datenminimierung und Speicherbegrenzung gelegt werden.
Sicherheit der Datenverarbeitung
Zum Schutz der Daten müssen bei der Verarbeitung geeignete technische und organisatorische Maßnahmen getroffen werden. Beispielsweise passwortgeschützte Zugriffsmöglichkeiten für einen notwendigen Personenkreis oder andere. Pseudonymisierungs-, Anonymisierungs- und Verschlüsselungsverfahren.
Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
Werden personenbezogene Daten verarbeitet, müssen diese in eine geeignete Verzeichnisstruktur eingebettet sein (beschränkte Zugriffsmöglichkeit, Datenportabilität).
Meldung von Datenschutzverstößen
Datenschutzverstöße müssen innerhalb von 72 Stunden der Aufsichtsbehörde gemeldet werden.
Sanktionen
Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Beschäftigtendatenschutzes kann mit einer Geldbuße bis zu 20 Millionen Euro bzw. bis zu 4 % des Jahresumsatzes geahndet werden.
1. Wer unterfällt dem geschützten Personenkreis?
Menschen mit Schwerbehinderung und sogenannte Gleichgestellte genießen im Arbeitsrecht einen besonderen Schutz. Geregelt ist dies in den §§ 151 ff. des Sozialgesetzbuchs IX (SGB IX). Schwerbehindert sind Personen, die wenigstens einen Grad der Behinderung von 50% haben. Die Feststellung der Schwerbehinderung erfolgt in Nordhein-Westfalen durch die Kreise und kreisfreien Städte; diese sind auch für die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises zuständig.
Die behördliche Feststellung der Behinderung ist wichtig, weil der Mensch mit Behinderung seine Behinderteneigenschaft nachweisen muss, falls er besondere Rechte oder Vergünstigungen in Anspruch nehmen möchte und diesen Nachweis in der Regel nur durch den Feststellungsbescheid oder den Schwerbehindertenausweis führen kann. Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 30 % und weniger als 50 % können auf ihren Antrag von der Agentur für Arbeit Schwerbehinderten gleichgestellt werden. Voraussetzung für eine solche Gleichstellung ist, dass der Betreffende infolge der Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten kann. Die Entscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Agentur für Arbeit. Gleichgestellte werden, abgesehen vom Zusatzurlaub, arbeitsrechtlich wie Menschen mit Schwerbehinderung behandelt.
Ferner gilt, dass Jugendliche und junge Erwachsene mit Behinderung während der Zeit einer Berufsausbildung oder beruflichen Orientierung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 % beträgt oder ein Grad der Behinderung (noch) nicht festgestellt ist, kraft Gesetzes Menschen mit Schwerbehinderung gleichgestellt sind. Der Nachweis wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit erbracht. Zwar sind die besonderen Schutzregelungen für Menschen mit Schwerbehinderung nicht anzuwenden, der Arbeitgeber kann aber auch für diesen Personenkreis Leistungen erhalten.
Jeder Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 regelmäßigen Arbeitsplätzen ist verpflichtet, in Abhängigkeit von der exakten Betriebsgröße eine bestimmte Anzahl von Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen (§ 154 SGB IX). So muss zum Beispiel ein Betrieb mit mindestens 20, aber weniger als 40 Arbeitsplätzen einen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen. Betriebe mit 40 bis unter 60 Arbeitsplätzen müssen zwei Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen; noch größere Betriebe müssen mindestens 5% der Arbeitsplätze mit Menschen mit Schwerbehinderung besetzen.
Mehrere Betriebe desselben Arbeitgebers gelten hierbei als Einheit. Ausbildungsplätze zählen nicht als Arbeitsplätze mit. Ergeben sich bei der Berechnung der Pflichtplätze Bruchteile, so ist ab 0,5 aufzurunden; bei Unternehmen mit jahresdurchschnittlich weniger als 60 Beschäftigten ist abzurunden (§ 157 Abs. 2 SGB IX). Die Pflichtquote gilt auch, wenn aufgrund der betrieblichen Struktur Menschen mit Schwerbehinderung gar nicht beschäftigt werden können. Für Menschen mit Schwerbehinderung, die in der Ausbildung sind, werden zwei, nach Entscheidung der Agentur für Arbeit bis zu drei, Pflichtplätze angerechnet.
Arbeitgeber haben eine Ausgleichsabgabe zu entrichten, wenn sie Arbeitsplätze, die sie nach den o. g. Grundsätzen verpflichtend mit Menschen mit Schwerbehinderung besetzen müssten, tatsächlich nicht besetzen. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe hebt die Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Menschen nicht auf.
Für jeden nicht besetzten Pflichtplatz muss der Arbeitgeber nach § 160 SGB IX monatlich eine Ausgleichsabgabe von 140 bis 720 € zahlen. Die Höhe der jeweiligen Ausgleichsabgabe wird bei Betrieben ab 60 Arbeitsplätzen anhand der jahresdurchschnittlichen Beschäftigungsquote der Menschen mit Schwerbehinderung berechnet:
Beschäftigungsquote von 3 % bis weniger als 5 % (Pflichtsatz) | 140 € |
Beschäftigungsquote von 2 % bis weniger als 3 % | 245 € |
Beschäftigungsquote von mehr als 0 % bis weniger als 2 % | 360 € |
Beschäftigungsquote von 0 % | 720 € |
Für Arbeitgeber, die im Jahresmittel weniger als 40 zu berücksichtigende Beschäftigte haben, beträgt die Ausgleichsabgabe 140 €, sofern sie jahresdurchschnittlich weniger als einen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen und 210,- € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von null schwerbehinderten Menschen.
Für Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich weniger als 60 zu berücksichtigenden Beschäftigten und einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als zwei Menschen mit Schwerbehinderung beträgt die Abgabe 140 €, bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von weniger als einem Menschen mit Schwerbehinderung 245 € und 410,- € bei einer jahresdurchschnittlichen Beschäftigung von null schwerbehinderten Menschen. Auch hier gelten die Sätze je unbesetztem Pflichtarbeitsplatz für schwerbehinderte Menschen.
Arbeitgeber haben die zu entrichtende Ausgleichsabgabe selbst zu errechnen und einmal jährlich, spätestens bis zum 31.03. des Folgejahres, an das für ihren Sitz zuständige Integrationsamt abzuführen. Bei verspäteter Zahlung werden in der Regel Säumniszuschläge erhoben. Die Integrationsämter sind in Nordrhein-Westfalen bei den Landschaftsverbänden eingerichtet und werden Inklusionsämter genannt. Ebenfalls bis zum 31.03. des Folgejahres hat der Arbeitgeber der für seinen Sitz zuständigen Agentur für Arbeit die Zahl der im Vorjahr vorhandenen Arbeitsplätze sowie die Zahl der beschäftigten Menschen mit Schwerbehinderung anzuzeigen.
Im Rahmen der betrieblichen und wirtschaftlichen Zumutbarkeit ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betrieb so einzurichten, dass eine möglichst große Zahl von Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigt werden kann. Daraus können auch Ansprüche der Arbeitnehmer erwachsen. So ist der Arbeitgeber verpflichtet, einen Arbeitsplatz behinderungsgerecht zu gestalten und mit den erforderlichen technischen Hilfsmitteln auszustatten; der zuständige Kostenträger kann hierzu Geldleistungen gewähren. Die Agenturen für Arbeit beraten über Fördermöglichkeiten. Ferner hat der Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit der Schwerbehindertenvertretung die Menschen mit Schwerbehinderung in den Betrieb zu integrieren.
Menschen mit Schwerbehinderung haben gemäß § 208 SGB IX unter Zugrundelegung einer 5-Tage-Woche Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr. Verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des gesamten Kalenderjahres, so besteht auch nur ein anteiliger Zusatzurlaubsanspruch (ein Zwölftel für jeden vollen Monat der Schwerbehinderteneigenschaft; Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Urlaubstag ergeben, werden aufgerundet.). Soweit tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen für Menschen mit Schwerbehinderung einen längeren Zusatzurlaub vorsehen, bleiben sie unberührt. Gleichgestellten steht kein gesetzlicher Zusatzurlaub zu.
Das Schwerbehindertenrecht gewährt in den §§ 168 ff. SGB IX einen besonderen Kündigungsschutz, der neben die allgemeinen Kündigungsschutzregeln tritt bzw. diesen vorgeht und einen besonderen Schutz für Menschen mit Schwerbehinderung erzeugen soll. Eine Kündigung darf ihnen gegenüber danach erst ausgesprochen werden, wenn das Integrationsamt zuvor zugestimmt hat. Der Arbeitgeber muss die Zustimmung bei dem für den Sitz des Betriebes zuständigen Integrationsamt schriftlich (in doppelter Ausführung) beantragen. Der Antrag ist ausführlich und unter Darlegung der Kündigungsgründe und Beweismittel zu begründen. Das Integrationsamt holt vor seiner Entscheidung eine Stellungnahme des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung des Betriebes ein und hört den Menschen mit Schwerbehinderung an.
Die Einbindung des Betriebsrates durch das Integrationsamt ersetzt dabei nicht die Anhörung des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz. Diese muss vor jeder Kündigung erfolgen.
Das Integrationsamt trifft seine Entscheidung grundsätzlich nach freiem, pflichtgemäßem Ermessen. Maßgeblich für die Entscheidung des Integrationsamtes ist nicht die arbeitsrechtliche Wirksamkeit der Kündigung. Vielmehr geht es um eine Abwägung des Arbeitgeberinteresses an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Arbeitnehmerinteresse an der Arbeitsplatzerhaltung. Dabei spielt eine wichtige Rolle, ob die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen, behinderungsgerechten Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Das Gesetz sieht bestimmte Situationen vor, in denen das freie Ermessen des Integrationsamtes eingeschränkt ist. Dazu gehören beispielsweise die nicht nur vorübergehende Betriebsschließung und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
In den Fällen der Betriebsstillegung oder -Auflösung sowie der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gilt außerdem die Besonderheit, dass das Integrationsamt binnen eines Monats nach Eingang des Antrags eine Entscheidung treffen muss. Lässt es diese Frist verstreichen, so gilt die Zustimmung als erteilt (Zustimmungsfiktion).
Bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung muss die Zustimmung innerhalb von zwei Wochen seit Kenntnis des Kündigungsgrundes beantragt werden. Die Versendung des Antrags als Einschreiben mit Rückschein ist hierbei aus Beweiszwecken empfehlenswert. Das Integrationsamt hat seine Entscheidung dann binnen zwei Wochen nach Antragseingang zu treffen. Hält die Behörde diese Frist nicht ein, so gilt auch hier die Zustimmung als erteilt. Wenn der Arbeitgeber die Kündigung unverzüglich nach erteilter Zu-stimmung bzw. nach Greifen der Zustimmungsfiktion erklärt, kann die Kündigung auch noch nach Ablauf der Frist des § 626 Absatz 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erfolgen. Auch bei einer ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung muss der Arbeitgeber nach erfolgter Zustimmung des Integrationsamtes zeitnah tätig werden. Die Kündigung kann dann nur innerhalb eines Monats nach Zustellung bzw. nach Greifen der Zustimmungsfiktion erklärt werden.
Bei einer ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber zudem eine Kündigungsfrist von mindestens vier Wochen einhalten. Längere gesetzliche, tarifliche oder einzelvertragliche Kündigungsfristen bleiben unberührt.
Der Sonderkündigungsschutz für Menschen mit Schwerbehinderung greift nicht ein, wenn die Schwerbehinderteneigenschaft des Arbeitnehmers im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht festgestellt war und der Arbeitnehmer auch noch keinen Antrag auf Erteilung eines entsprechenden Bescheides gestellt hatte. Außerdem verliert der Arbeitgeber seinen Sonderkündigungsschutz, wenn der Arbeitgeber bis spätestens drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung keine Kenntnis von der festgestellten bzw. beantragten Schwerbehinderteneigenschaft erhält.
Die genannten Ausnahmen vom Sonderkündigungsschutz greifen wiederum nicht, wenn die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers offenkundig ist.
In zeitlicher Hinsicht ist zu beachten, dass in den ersten sechs Monaten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses noch keine Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung eingeholt werden muss. Diese „Wartezeit“ gilt jedoch nicht für die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (s.u.). Arbeitgeber sind außerdem verpflichtet, die Beendigung von Arbeitsverhältnissen schwerbehinderter Menschen in den ersten sechs Monaten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses innerhalb von vier Tagen dem Integrationsamt anzuzeigen. Dasselbe gilt für Einstellungen auf Probe, worunter auch die Vereinbarung einer Probezeit im unbefristeten Arbeitsverhältnis fällt. Im Falle der Einstellung auf Probe beginnt die Frist mit dem Tag der Arbeitsaufnahme.
Generell kann sich die Schwerbehinderteneigenschaft neben dem besonderen Kündigungsschutz auch auf den allgemeinen Kündigungsschutz und auf den Kündigungsschutz außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes (d.h. im Kleinbetrieb oder während der ersten sechs Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses) auswirken. So sind Menschen mit Schwerbehinderung beispielweise auch im Rahmen von Kündigungen vor Diskriminierungen geschützt. Außerdem handelt es sich um einen Aspekt, der bei der Sozialauswahl im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung zu berücksichtigen ist. Genaueres hierzu enthält das Merkblatt „Kündigungsgründe und Kündigungsschutz“.
Menschen mit Schwerbehinderung können es ablehnen, mehr als acht Stunden täglich zu arbeiten. Außerdem kann der Menschen mit Schwerbehinderung je nach Schwere seiner Behinderung einen Anspruch auf Teilzeitarbeit haben.
Bereits vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses spielt die Schwerbehinderung für Arbeitgeber eine wichtige Rolle. So müssen sie prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen (insbesondere solchen, die bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten sind), besetzt werden können und dazu frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen (vgl. § 164 Abs. 1 SGB IX). Die Behinderung (nicht nur die Schwerbehinderung) ist außerdem eines der Merkmale, die durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz besonders vor Benachteiligungen geschützt sind. Dies führt dazu, dass die Frage nach der bestehenden Schwerbehinderung im Vorstellungsgespräch grundsätzlich unzulässig ist. Der Bewerber muss eine ihm bezüglich der Schwerbehinderung gestellte Frage daher im Regelfall nicht wahrheitsgemäß beantworten und kann zulässigerweise schweigen oder sein „Recht zur Lüge“ ausüben. Stellt der Arbeitgeber trotzdem die Frage und erhält vom Bewerber eine unwahre Antwort, so ist er nicht mehr berechtigt, den Arbeitsvertrag gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anzufechten.
Eine unterschiedliche Behandlung (und als Ausfluss davon auch ein Fragerecht) von Stellenbewerbern mit Behinderung gegenüber Personen ohne Behinderung kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn eine Differenzierung aufgrund der Besonderheit der Anforderungen am konkreten Arbeitsplatz zulässig ist.
Dies ist z.B. dann der Fall, wenn Fragen gestellt werden, die sich auf Behinderungen beziehen, die den betrieblichen Arbeitsablauf konkret beeinträchtigen oder dazu führen, dass der Bewerber die vorgesehenen Arbeitsaufgaben nicht oder nur eingeschränkt ausüben kann.
Wenn ein Bewerber nicht in der Lage ist, die vorgesehene Arbeit zu leisten, ist er dazu verpflichtet, dies von sich aus zu offenbaren. Das gilt auch dann, wenn dies auf einer Behinderung beruht.
Bewirbt sich ein Mensch mit Schwerbehinderung um eine Stelle im Betrieb, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese Bewerbung mit der Schwerbehindertenvertretung zu besprechen und sie mit der Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung an den Betriebsrat weiterzuleiten.
In Betrieben, in denen nicht nur vorübergehend fünf oder mehr Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigt sind, werden von den Beschäftigten mit Schwerbehinderung alle vier Jahre eine Vertrauensperson und ein Stellvertreter gewählt. Der Arbeitgeber hat die Vertrauensperson in allen Angelegenheiten, die eine einzelne Person mit Schwerbehinderung oder die Beschäftigten mit Schwerbehinderung als Gruppe betreffen, rechtzeitig und umfassend zu informieren und vor einer Entscheidung zu hören. Anhörungspflichtig sind also insbesondere Einstellung, Versetzung, Umgruppierung und Kündigung von Menschen mit Schwerbehinderung. Die getroffene Entscheidung ist dem Vertrauensmann unverzüglich mitzuteilen. Unterbleibt die Anhörung, so ist die Durchführung oder Vollziehung der getroffenen Entscheidung auszusetzen; die Anhörung ist innerhalb von sieben Tagen nachzuholen, alsdann ist endgültig zu entscheiden. Bereits durchgeführte oder vollzogene Entscheidungen sind jedoch auch ohne Anhörung wirksam. Die Vertrauensperson darf an allen Sitzungen des Betriebsrats beratend teilnehmen. Die persönliche Rechtsstellung der Vertrauensperson entspricht der eines Betriebsratsmitgliedes; so ist er z.B. zur Wahrnehmung der ihm obliegenden Aufgaben freizustellen und hat absoluten Schutz gegen ordentliche Kündigungen. Schwerbehindertenvertretungen haben das Recht auf Einsicht in die Bewerbungsunterlagen und auf Teilnahme am Vorstellungsgespräch. Der Arbeitgeber trifft mit der Schwerbehindertenvertretung eine Integrationsvereinbarung über die Eingliederung von Menschen mit Schwerbehinderung, insbesondere zur Personalplanung, Arbeitsplatzgestaltung, Gestaltung des Arbeitsumfelds, Arbeitszeit und Arbeitsorganisation. In Betrieben, in denen keine Schwerbehindertenvertretung vorhanden ist, wird eine Inklusionsvereinbarung auf Antrag des Betriebsrates getroffen.
Der Arbeitgeber bestellt einen Schwerbehindertenbeauftragten (Inklusionsbeauftragten), der ihn in Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen verantwortlich vertritt. Nach Möglichkeit soll der Beauftragte selbst ein schwerbehinderter Mensch sein.
Die Arbeitgeber haben, gesondert für jeden Betrieb und jede Dienststelle, ein Verzeichnis der bei ihnen beschäftigten schwerbehinderten Personen zu führen. Dieses muss auf Verlangen der Agentur für Arbeit oder dem Integrationsamt vorgelegt werden. Das Verzeichnis gehört außerdem zu den Informationen, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und zur Berechnung der Ausgleichsabgabe notwendig sind und einmal jährlich (bis spätestens zum 31. März für das vorangegangene Kalenderjahr) der Agentur für Arbeit anzuzeigen sind. Sollten keine Arbeitsplätze für Menschen mit Schwerbehinderung Menschen zur Verfügung gestellt werden müssen, muss eine Anzeige der Daten nur nach Aufforderung durch die Bundesagentur für Arbeit erfolgen.
Die Integrationsämter beauftragen Integrationsfachdienste oder andere geeignete Träger, als Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber tätig zu werden. Diese informieren, beraten und unterstützen die Arbeitgeber bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrations- und Inklusionsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) stellt auf ihrer Homepage eine Suchfunktion zur Verfügung, mit deren Hilfe regional zuständige einheitliche Ansprechstellen ermittelt werden können:
https://www.bih.de/integrationsaemter/aufgaben-und-leistungen/einheitliche-ansprechstellen/
Arbeitgeber können gemäß § 238 SGB IX mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 € belegt werden, wenn sie bestimmte im SGB IX aufgeführte Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig verletzen. Zu nennen sind insbesondere die gesetzlichen Meldepflichten und die Pflichten zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung.
Das zuständige Integrationsamt für den Bezirk der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld ist der:
Landschaftsverband Westfalen-Lippe
LWL-Inklusionsamt Arbeit
Von-Vincke-Straße 23 - 25
48133 Münster
Kinder unter 13 Jahren dürfen grundsätzlich nicht beschäftigt werden.
Dies gilt nicht, sofern die Beschäftigung durch Personensorgeberechtigte im Familienhaushalt erfolgt oder die Kinder lediglich geringfügige Hilfeleistung erbringen, soweit sie gelegentlich aus Gefälligkeit, auf Grund familienrechtlicher Vorschriften, in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Einrichtungen zur Eingliederung Behinderter erbracht werden.
Ausnahmsweise ist die Beschäftigung von Kindern zudem dann erlaubt, wenn dies zum Zwecke der Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, im Rahmen eines Betriebspraktikums während der Vollzeitschulpflicht oder in Erfüllung einer richterlichen Weisung erfolgt.
Eine weitere Ausnahme von diesem Grundsatz gilt schließlich gemäß § 6 JArbSchG für die gestaltende Mitwirkung von Kindern bei bestimmten kulturellen Veranstaltungen, wie zum Beispiel Theatervorstellungen, Musikaufführungen, Werbeveranstaltungen et cetera die jedoch jeweils der behördlichen Bewilligung nach Anhörung des zuständigen Jugendamtes bedarf.
Die Beschäftigung des Kindes darf erst nach Empfang des Bewilligungsbescheides erfolgen! Weitere Informationen zu den kulturellen Ausnahmen finden Sie nachstehend unter 3.
Zur Ausnahme der Beschäftigung von Kindern zwischen 13 und 15 Jahren bei Einwilligung des Personensorgeberechtigten siehe nachstehend unter 2.
Leichte Beschäftigung
Kinder ab dem 13. Geburtstag und Jugendliche zwischen Vollendung des 15. und 18. Lebensjahres, die noch der Vollzeitschulpflicht (in NRW 10 Schuljahre, am Gymnasium mit achtjährigem Bildungsgang 9 Schuljahre) unterliegen, dürfen mit Einwilligung der Eltern stundenweise beschäftigt werden, soweit die Beschäftigung leicht und für sie geeignet ist (vgl. §§ 5 Abs. 3, 2 Abs. 3 JArbSchG). Bei dieser Einwilligung handelt es sich um die vorherige Zustimmung vor Aufnahme der Tätigkeit, die auch mündlich erteilt werden kann.
Tipp: Der Arbeitgeber sollte sich die Einwilligung der Eltern, eine Kopie der Geburtsurkunde sowie eine Schulbescheinigung geben und den Ausweis zeigen lassen!
Die Beschäftigung ist leicht, wenn sie aufgrund ihrer Beschaffenheit und der besonderen Bedingungen, unter denen sie ausgeführt wird, sich weder auf die Sicherheit, die Gesundheit oder die Entwicklung, noch auf den Schulbesuch, die Beteiligung an Maßnahmen zur Berufswahlvorbereitung oder Berufsausbildung und die Fähigkeit, dem Unterricht mit Nutzen zu folgen, nachteilig auswirkt.
Beispiele: Austragen von Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigenblättern, Prospekten und Werbezetteln ohne schweres Tragen, Botengänge, Betreuung von Kindern und Haustieren, Nachhilfeunterricht, Tätigkeiten in Haushalt und Garten, Einkaufstätigkeiten, Handreichungen beim Sport oder der Tierversorgung, Autoreinigungen, Auffüllen von Regalen ohne schweres Heben, einfache Telefondienste et cetera.
Achtung: Nicht erlaubt sind unter anderem Tätigkeiten, die von der KindArbSchV erfasst sind. Hierzu gehören sämtliche Beschäftigungen, die infolge ungünstiger Körperhaltungen physisch belastend oder gefahrengeneigt sind. Erst recht gelten für Kinder und vollzeitschulpflichtige Jugendliche die Verbote von § 22 JArbSchG, die nachstehend unter 5. weiter ausgeführt wer-den. Von dem Beschäftigungsverbot können auch Arbeiten im produzierenden Gewerbe, auf Baustellen, in Tankstellen, oder in Kfz-Werkstätten erfasst sein.
Tipp: Zweifelsfragen vor geplanter Arbeitsaufnahme mit der zuständigen Behörde klären.
Erlaubte Arbeitszeiten
Die Beschäftigung selbst mit leichten und geeigneten Arbeiten darf in ihrer Länge nicht mehr als zwei Stunden täglich, in landwirtschaftlichen Familienbetrieben in ihrer Länge nicht mehr als drei Stunden täglich, betragen. Die Arbeitszeit darf nicht zwischen 18 und 8 Uhr, nicht vor und nicht während des Schulunterrichts liegen. Weiter gelten die Fünf-Tage-Woche und die Samstags-, Sonn- und Feiertagsruhe. Die Nachtruhe ab 18:00 Uhr sowie die Untersagung der Arbeit vor und während der Schulzeit soll die Konzentrationsfähigkeit des Kindes und vollzeitschulpflichtigen Jugendlichen im Hinblick auf den Schulunterricht gewährleisten, gilt jedoch auch, wenn das Kind (temporär) nicht am Schulunterricht teilnimmt. Während der schulfreien Tage ist hingegen nur die Nachtruhe zwischen 18:00 und 08:00 Uhr relevant.
Nicht vollzeitschulpflichtige Kinder dürfen außerhalb eines Berufsausbildungsverhältnisses bis zu sieben Stunden täglich und maximal 35 Stunden wöchentlich mit leichten und für sie geeigneten Tätigkeiten beschäftigt werden.
Ruhepausen sind stets einzuhalten. Bei einer Arbeitszeit von viereinhalb bis sechs Stunden beträgt die Pause 30 Minuten, bei einer längeren Arbeitszeit 60 Minuten. Damit eine Arbeitsunterbrechung als Pause gilt, muss die Arbeit für mindestens 15 Minuten unterbrochen werden. Auch dürfen maximal viereinhalb Stunden am Stück gearbeitet werden, ohne dass eine Pause gewährt wird.
Auf Antrag bei der zuständigen Behörde können auch Kinder ab 3 Jahren bei Musik- und Werbeveranstaltungen oder bei Film- und Fotoaufnahmen gestaltend mitwirken (vgl. § 6 JArbSchG). Bei Theatervorstellungen ist eine Ausnahmebewilligung für Kinder ab 6 Jahren möglich. Die maximale Arbeitszeit richtet sich nach dem Alter.
Jugendliche dürfen bei
von 6 Uhr bis 23 Uhr gestaltend mitwirken. Nach Beendigung einer solchen Tätigkeit dürfen Jugendliche nicht vor Ablauf einer ununterbrochenen Frist von mindestens 14 Stunden beschäftigt werden. Dass eine Tätigkeit Jugendlicher nur bei Vorstellungen, Aufführungen etc. erlaubt ist, bei denen die Anwesenheit Jugendlicher nicht nach den Vorschriften des Jugendschutzgesetzes verboten ist, versteht sich dabei von selbst.
Kinder über drei bis sechs Jahre dürfen nach behördlicher Bewilligung maximal bis zu zwei Stunden täglich in der Zeit zwischen 08:00 und 17:00 Uhr bei Musikaufführungen und anderen Aufführungen, bei Werbeveranstaltungen sowie bei Aufnahmen im Rundfunk (Hörfunk und TV), auf Ton- und Bildträger sowie bei Film- und Fotoaufnahmen mitwirken, Kinder über sechs Jahre dürfen dies bis zu drei Stunden täglich zwischen 08:00 und 22:00 Uhr.
Bei Theatervorstellungen dürfen Kinder über sechs Jahren nach behördlicher Bewilligung maximal bis zu vier Stunden täglich in der Zeit von 10:00 bis 23:00 Uhr mitwirken.
Jobs in den Schulferien
Jugendliche über 15 Jahren dürfen - solange sie der Vollzeitschulpflicht unterliegen - im Kalenderjahr zusätzlich zu den oben aufgezeigten Möglichkeiten einer Beschäftigung in den Schulferien für höchstens vier Wochen in einem Kalenderjahr nachgehen. Das sind mit Blick auf die 5-Tage-Woche höchstens 20 Arbeitstage im Kalenderjahr. Wie diese 20 Tage auf die amtlich festgelegten Ferien verteilt werden, ist nicht vorgeschrieben, so dass mehrere kürzere Ferienjobs oder ein langer Ferienjob in den Sommerferien denkbar sind. Die tägliche Arbeitszeit darf dabei in der Regel nicht mehr als acht Stunden betragen, so dass die wöchentliche Arbeitszeit während der Schulferien auf 40 Stunden beschränkt ist.
Schüler-Betriebspraktika
Kinder und Jugendliche ohne Altersbeschränkung dürfen im Rahmen eines nach Landesschulrecht vorgeschriebenen Praktikums in der Vollzeitschulpflicht bis zu sieben Stunden täglich und 35 Stunden wöchentlich zu leichten, für sie geeigneten Tätigkeiten herangezogen werden, sofern das Praktikum während der Schulzeit stattfindet. Findet es am Nachmittag statt, ist es auf zwei Stunden täglich und zwölf Stunden in der Woche beschränkt.
Auch mit nicht mehr vollzeitschulpflichtigen Jugendlichen können Arbeitsverträge wirksam nur mit Zustimmung von deren gesetzlichen Vertretern geschlossen werden. Ohne Zustimmung geschlossene Arbeitsverträge sind bis zur nachträglichen Genehmigung schwebend unwirksam. Wird die Genehmigung nicht erteilt, ist der Arbeitsvertrag von Anfang an als nichtig zu betrachten mit der Folge, dass der Arbeitgeber grundsätzlich keine Ansprüche gegen den Jugendlichen oder dessen Eltern ableiten kann.
Jugendliche, die nicht vollzeitschulpflichtig sind, dürfen grundsätzlich nicht mehr als acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich arbeiten; in der Spitze ist nach Maßgabe der §§ 8 Abs. 2, Abs. 2a JArbSchG zum Freizeitausgleich eine temporäre tägliche Arbeitszeit von achteinhalb Stunden möglich. Jugendliche dürfen grundsätzlich nur in der Zeit von 6 Uhr bis 20 Uhr beschäftigt werden. Es sind Ausnahmen vorgesehen, wenn die besonderen Bedingungen einzelner Berufe dies erfordern (z.B. Landwirtschaft, Gaststätten).
Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit dürfen Jugendliche nicht vor Ablauf einer ununterbrochenen Freizeit von mindestens 12 Stunden beschäftigt werden. Außerdem besteht ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen, für das es jedoch jeweils Ausnahmen gibt (vgl. §§ 16, 17 JArbSchG). Allerdings müssen auch im Falle einer Ausnahme vom Beschäftigungsverbot jeweils zwei Sonn- und Samstage beschäftigungsfrei bleiben und es ist trotz Wochenendarbeit eine Fünf-Tage-Woche sicherzustellen.
Während Kinder und vollzeitschulpflichtige Kinder grundsätzlich nur leichten Beschäftigungen nachgehen dürfen, sind die möglichen Tätigkeiten für nicht vollzeitschulpflichtige Jugendliche weiter gefasst. Allerdings gibt es auch für sie gemäß § 22 JArbSchG Beschäftigungsverbote für gefährliche Arbeiten, Akkordarbeit und Arbeit unter Tage.
Gefährliche Arbeiten sind solche Tätigkeiten, die entweder die individuelle körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit der Minderjährigen übersteigen, objektiv mit einer sittlichen Gefahr verbunden sind, gefahrengeneigte Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr darstellen, die Min-derjährigen durch außergewöhnliche Hitze oder Kälte gefährden, oder sie schädlichen Erschütterungen, Lärm oder Strahlen aussetzen. Insbesondere zählen hierzu Tätigkeiten auf Gerüsten, Abbrucharbeiten, Arbeiten mit schnell laufenden Geräten, Arbeiten mit explosiven, leicht entzündlichen Stoffen sowie Elektrizität, in Hüttenwerken, medizinischen Einrichtungen, Kühlräumen und Schlachthöfen. Eine Orientierung bezüglich der sittlich gefährdenden Tätigkeiten bieten Vorschriften wie das Jugendschutzgesetz. So ist regelmäßig die Beschäftigung als Bedienung oder Barpersonal in einem Nachtlokal oder die Mitwirkung an der Herstellung pornografischer oder kriegsverherrlichender Inhalte gefährdend und verboten. Als jugendgefährdend dürfte auch die Mitarbeit in einem dem Glückspiel dienenden Lokal einzustufen sein.
Sonderschutz für Minderjährige
Wie ausgeführt, sind ergänzend die Jugendarbeitsschutzvorschriften, wie sie auch bei jugend-lichen Auszubildenden gelten, zu beachten. Diese Vorschriften sind zwingend, eine für den Minderjährigen ungünstigere einzelvertragliche Regelung wäre unwirksam.
Bei der Beschäftigung von nicht schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen muss sowohl vor als auch während der Beschäftigung ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorgelegt werden. Dies gilt jedoch nicht, sofern nur eine geringfügige Beschäftigung oder eine nicht länger als zwei Monate dauernde Tätigkeit ausgeübt wird, von der keine gesundheitlichen Nachteile zu erwarten sind.
Nachtruhe
Ausnahmen von der Nachtruhe für über 16-Jährige:
Diese Ausnahmen für eine längere Beschäftigung am Abend gelten jedoch nicht für den Abend vor einem Berufsschultag, wenn der Unterricht vor 9 Uhr beginnt. In diesem Fall dürfen Jugendliche nach 20 Uhr nicht mehr beschäftigt werden.
In Betrieben, in denen die Beschäftigten in außergewöhnlichem Grade der Einwirkung von Hitze ausgesetzt sind, dürfen Jugendliche in der warmen Jahreszeit ab 5 Uhr beschäftigt werden. Die Jugendlichen sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er diese nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.
Urlaubsansprüche von Minderjährigen
Jugendliche haben einen gegenüber Erwachsenen erhöhten jährlichen Mindesturlaubsanspruch:
Der gesetzliche Mindesturlaub für Kinder beträgt wie bei 15-jährigen 30 Werktage. Die Bestimmung der einschlägigen Altersstufe richtet sich danach, welches Alter der Jugendliche am 01.01. des jeweiligen Kalenderjahres hat.
Ebenso erfolgt eine Reduzierung des Mindesturlaubsanspruchs bei einer Teilzeitbeschäftigung nur an einzelnen Wochentagen. Hierüber informiert ein gesondertes Merkblatt Ihrer IHK.
Abschließender Hinweis:
Verstöße gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz sowie unerlaubte Kinderarbeit sind mindestens bußgeldbewährt und teilweise auch strafbar. Wir regen daher dringend an, im Zweifel vor Aufnahme der geplanten Tätigkeit die rechtlichen Rahmenbedingungen im Einzelfall abschließend zu klären.
Nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW (AWbG NRW) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf Bildungsurlaub. Bildungsurlaub kann nur für Veranstaltungen anerkannter Weiterbildungsträger genommen werden, die die berufliche oder politische Weiterbildung von Arbeitnehmern zum Inhalt haben. Die Veranstaltungen müssen Wissen vermitteln, das im Beruf verwendet werden kann und damit im weitesten Sinne für den Arbeitgeber von Vorteil wird. Sie dienen der politischen Weiterbildung, wenn sie das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessern. Hierzu gehören auch Veranstaltungen über die Stellung des Arbeitnehmers in Staat, Gesellschaft, Familie oder Beruf.
Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber mindestens sechs Wochen vor dem beabsichtigten Termin schriftlich mitteilen, wann und für welche Veranstaltung er Bildungsurlaub nehmen will. Der Bildungsurlaub darf nur aus zwingenden betrieblichen Gründen oder bei Urlaubsanträgen anderer Arbeitnehmer für denselben Zeitpunkt abgelehnt oder verschoben werden. Dies muss dem Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dessen Mitteilung unter Angabe der Gründe schriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber die Gewährung von Bildungsurlaub ablehnen, wenn die Veranstaltung nicht den oben genannten Kriterien entspricht.
Während der Zeit des Bildungsurlaubes muss dem Arbeitnehmer Gehalt/Lohn weitergezahlt werden. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber nach Beendigung des Bildungsurlaubes die Teilnahme an der Weiterbildungsveranstaltung durch eine Bescheinigung des Veranstalters nachweisen. Erkrankt der Arbeitnehmer während des Bildungsurlaubs, werden die durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesenen Krankheitstage nicht auf den Bildungsurlaub angerechnet, so dass für diese Tage weiterhin Anspruch auf Bildungsurlaub besteht. Der Anspruch beträgt fünf Arbeitstage im Kalenderjahr und entsteht erstmals mit sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit. Wird an mehr oder (bei Teilzeitbeschäftigten) weniger als fünf Tagen in der Woche gearbeitet, erhöht bzw. vermindert sich der Anspruch entsprechend. Der Bildungsurlaub kann für zwei Kalenderjahre zusammengefasst werden.
Der Anspruch darf nur zur Teilnahme an einer mindestens fünftägigen, in Ausnahmefällen an einer an mindestens drei aufeinanderfolgenden Tagen stattfindenden Bildungsveranstaltung genutzt werden. Innerhalb zusammenhängender Wochen kann Arbeitnehmerweiterbildung auch für jeweils einen Tag in der Woche in Anspruch genommen werden, sofern bei der Bildungsveranstaltung inhaltliche und organisatorische Kontinuität gegeben ist.
Besucht der Arbeitnehmer eine Bildungsveranstaltung, ohne vorher vom Arbeitgeber zur Teilnahme hieran freigestellt worden zu sein, so hat er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz, auch wenn die Veranstaltung objektiv der beruflichen oder politischen Weiterbildung gedient hat. Lehnt ein Arbeitgeber die Freistellung eines Arbeitnehmers nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz ab und teilt der Arbeitnehmer ihm schriftlich binnen einer Woche seit der Ablehnung mit, dennoch an der angekündigten Schulungsveranstaltung teilzunehmen, darf er an der Veranstaltung auch ohne Freistellung teilnehmen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber eine Gerichtsentscheidung erwirkt, die der Teilnahme entgegensteht.
Hat der Arbeitgeber zu Unrecht die Teilnahme verweigert, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts.
Arbeitnehmer, die in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten tätig sind, haben ohne Einschränkung einen Rechtsanspruch auf Freistellung zum Zweck der Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme ohne Einschränkung. In Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten haben Arbeitnehmer überhaupt keinen Anspruch auf Freistellung. Der Ar-beitgeber muss in diesen Betrieben die Teilnahme ausdrücklich genehmigen. In Betrieben mit zehn bis 50 Beschäftigten besteht ein Rechtsanspruch auf Freistellung solange, bis insgesamt 10 % der Beschäftigten pro Kalenderjahr freigestellt worden sind. Danach besteht für dieses Jahr kein Rechtsanspruch mehr und es verhält sich bis zum Ablauf des Jahres wie in Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten.
Die gesetzliche Unfallversicherung ist eine Haftpflichtversicherung der Arbeitgeber. Sie soll nach Eintritt eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit den Verletzten, seine Angehörigen und seine Hinterbliebenen entschädigen.
Diese Entschädigung erfolgt mit dem Ziel
a) der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit,
b) der Arbeits- und Berufsförderung und
c) der Erleichterung von Verletzungsfolgen.
Entschädigt wird in Form von Sach- und Geldleistungen. Beispiele für Leistungen sind die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen, die Zahlung von Verletztengeld, Übergangsgeld, Renten, Beihilfen und Abfindungen. Der Versicherungsschutz gilt für die Folgen eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit sowie für Unfälle auf dem direkten Weg von und zur Arbeit. Rechtsgrundlage ist das 7. Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII).
Träger der Unfallversicherung im gewerblichen Bereich sind die Berufsgenossenschaften. Sie sind aufgeteilt nach Gewerbezweigen. Welche Berufsgenossenschaften es gibt, können Sie unter www.dguv.de einsehen.
Welche Berufsgenossenschaft für Sie zuständig ist, können Sie bei der BG-Infoline unter der kostenfreien Rufnummer 0800 60 50 40 4 (Mo.-Fr. von 8:00-18:00) oder direkt bei einer Berufsgenossenschaft erfragen. Die Infoline kann auch bei allgemeinen Fragen zu Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten oder Wegeunfällen in Anspruch genommen werden. Soweit eine Berufsgenossenschaft für Ihren Bereich nicht vorhanden ist, tritt die Verwaltungsberufsgenossenschaft ein.
Ihre Berufsgenossenschaft ist binnen einer Woche über Ihre Gewerbeanmeldung zu informieren (Meldepflicht gem. § 192 SGB VII). Gleichwohl ist es oftmals gängige Praxis, dass die Berufsgenossenschaft durch die Gewerbeämter informiert wird und sich mit Ihnen in Verbindung setzt.
Auch wenn Sie sich nicht anmelden, besteht für Ihre Beschäftigten Versicherungsschutz. Wenn Sie mit Ihrem Unternehmen bei Ihrer Berufsgenossenschaft nicht erfasst sind, müssen Sie mit Beitragsnachzahlungen rechnen.
Achtung: Die Ansprüche der Berufsgenossenschaft auf Beiträge verjähren erst vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich nicht gezahlte Beiträge können die Berufsgenossenschaften sogar noch bis zu 30 Jahren nach Fälligkeit einfordern! |
a) Unternehmer
Als selbständiger Unternehmer, der keine Mitarbeiter beschäftigt, sind Sie in den meisten Branchen nicht versicherungspflichtig. Nur wenige Berufsgenossenschaften sehen in solchen Fällen eine Versicherungspflicht für den Inhaber vor. Sie können sich auf Antrag freiwillig versichern. Dies gilt auch für Ihren mitarbeitenden Ehepartner, sofern er kein Gehalt bezieht und daher nicht pflichtversichert ist.
Tipp: Auch wenn Sie nicht versicherungspflichtig sein sollten, kann eine freiwillige Versicherung bei Ihrer Berufsgenossenschaft interessant sein. |
Freiwillig Versicherte haben gegenüber Pflichtversicherten den Vorteil, dass sie im Regelfall die Versicherungssumme bis zum gesetzlichen Höchstrahmen frei wählen können. Ihre Versicherungssumme sollte sich nach Ihrem tatsächlich erzielten Einkommen richten. Sie ist Berechnungsgrundlage für die Höhe der Leistungen, die Sie im Versicherungsfall erhalten.
b) Arbeitnehmer
Zum gesetzlich versicherten Personenkreis gehören grundsätzlich alle Arbeitnehmer, die in einem Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis stehen. Die Höhe des Einkommens ist ohne Bedeutung. Ferner unterliegen Heimarbeiter, Zwischenmeister, Hausgewerbetreibende sowie die im Unternehmen tätigen Ehegatten, die ein Gehalt beziehen, der Versicherung kraft Gesetzes.
Die gesetzliche Unfallversicherung finanziert sich ausschließlich durch die Beiträge, die die Unternehmer zahlen. Die Berufsgenossenschaft schickt Ihnen zum Jahresende einen Beitragsbescheid zu.
a) Beitrag bei Versicherungspflicht
Besteht Versicherungspflicht, bemessen sich Ihre Beiträge nach den Lohnsummen der Versicherten und der Gefahrenklasse (Gefahrtarifstelle), welche Ihrem Unternehmen zugeordnet wird. Diese wiederum ist abhängig von Anzahl und Schwere der in den einzelnen Gewerbezweigen vorkommenden Arbeitsunfälle. Es kann bei unterschiedlichen Tätigkeiten auch zu einer Zuteilung verschiedener Gefahrenklassen für einzelne Unternehmensteile kommen.
Sie müssen Ihrer Berufsgenossenschaft zum Ende des Jahres bzw. am Anfang des Folgejahres einen Entgeltnachweis übermitteln, d.h., nicht jede Neueinstellung oder Entlassung eines Beschäftigten ist anzugeben.
Der Nachweis erfolgt elektronisch über das Entgeltabrechnungsprogramm, hilfsweise über eine Ausfüllhilfe (sv-meldeportal.de).
Der Nachweis enthält folgende Angaben:
• Name der Berufsgenossenschaft
• Mitgliedsnummer bei der Berufsgenossenschaft
• Anzahl der Beschäftigten
• Gefahrtarifstelle(n), in der der Beschäftigte arbeitet.
• Höhe des Arbeitsentgelts, aufgeteilt nach Gefahrtarifstellen
• geleistete Arbeitsstunden
Bei den genannten Angaben kann teilweise auch ein namentlicher Nachweis erforderlich sein.
b) Beitrag bei freiwilliger Versicherung
Sind Sie freiwillig versichert, ergibt sich Ihr Beitrag aus den Faktoren Versicherungssumme, branchenabhängige Gefahrenklasse und Umlagefaktor. Auskünfte zu Gefahrenklasse und Umlagefaktor für das vergangene Versicherungsjahr erteilt Ihnen Ihre Berufsgenossenschaft. Für das laufende Jahr stehen die Beiträge wegen des Umlageverfahrens nicht fest. Größere Abweichungen zu den Werten des Vorjahres sind aber eher die Ausnahme.
Einen Arbeitsunfall müssen Sie Ihrer Berufsgenossenschaft anzeigen, wenn der Unfall für den Versicherten eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod des Versicherten zur Folge hat. Die Unfallanzeige hat binnen drei Tagen zu erfolgen, nachdem Sie von dem Unfall Kenntnis erlangt haben. Dafür gibt es ein gesetzlich vorgeschriebenes Formblatt (Unfallanzeige), das Sie bei Ihrer Berufsgenossenschaft erhalten. Es besteht bei einigen Berufsgenossenschaften auch die Möglichkeit der Online-Anzeige.
Tödliche Unfälle, Massenunfälle (mehr als 3 Personen) und Unfälle mit schwerwiegenden Gesundheitsschäden müssen Sie Ihrer Berufsgenossenschaft sofort melden.
Weitere Informationen zur Unfallanzeige unter: www.dguv.de (Infos für Unternehmen)
Die Prüfzuständigkeit liegt bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV). Folglich benötigen nicht nur die Berufsgenossenschaften detaillierte Angaben des Arbeitgebers, sondern auch die DRV. Die Unternehmen melden das beitragspflichtige Entgelt ihrer Mitarbeiter in der Unfallversicherung daher auch an die Deutsche Rentenversicherung Bund.
Eine Pflicht zur Einführung von Zeiterfassungssystemen ist damit nicht verbunden, es genügt vielmehr, wenn der Arbeitgeber auf die bei ihm vorhandenen Daten zugreift bzw. hilfsweise den Durchschnitt eines vollbeschäftigten Versicherten zugrunde legt.
Eine Gratifikation ist eine Sonderzuwendung, die dem Arbeitnehmer zusätzlich zur normalen Arbeitsvergütung als Anerkennung für geleistete Dienste oder Betriebstreue gewährt wird. Neben diesen Zwecken kann eine zusätzliche Vergütung zu der im Bezugszeitraum geleisteten Arbeit oder ein künftiger Leistungsanreiz gewollt sein. Typische Beispiele sind Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Jubiläumszahlungen.
Es besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine Gratifikation. Ein Anspruch auf eine Gratifikation kann sich aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einem Einzelarbeitsvertrag, aber auch aus einer Betriebsübung oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Nach dreimaliger vorbehaltloser Gewährung der Gratifikation erkennen die Gerichte einen Anspruch des Arbeitnehmers kraft betrieblicher Übung an. Dies gilt dann nicht, wenn der Arbeitgeber seinen Bindungswillen ausgeschlossen hat. Ein Ausschluss kann etwa durch einen sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt erfolgen. Der Arbeitgeber kann sich beispielsweise bei Auszahlung der Gratifikation eine entsprechende Bestätigung von den Arbeitnehmern unterzeichnen lassen.
Grundsätzlich wirkt sich eine bestehende betriebliche Übung auch zugunsten der neu in den Betrieb eintretenden Arbeitnehmer aus (BAG, Urteil vom 15. Mai 2012 – 3 AZR 610/11 –, BAGE 141, 222-258; BAG v. 10.8.1988 - 5 AZR 571/87), es sei denn, der Arbeitgeber hat gegenüber den neu eingetretenen Arbeitnehmern die Leistungen aus der betrieblichen Übung ausdrücklich ausgeschlossen (BAG, Urteil vom 24. Juni 2003 – 9 AZR 302/02).
Bei der Gestaltung von Vertragsklauseln ist seitens des Verwenders unbedingt das Transparenzgebot zu beachten. Klauseln sind gem. § 307 Abs.1 Satz 2 BGB klar, verständlich und eindeutig zu verfassen. Eine missverständliche Formulierung hat Unwirksamkeit zur Folge. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 08.12.2010 (Az.: 10 AZR 671/09) entschieden. In dem dem Urteil zu Grunde liegenden Fall enthielt der Arbeitsvertrag die Klausel, dass Gratifikationen „freiwillig“ und ohne jede rechtliche Verpflichtung erfolgen und daher jederzeit und ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar seien. Das BAG hielt die Verknüpfung von Freiwilligkeit und Widerrufsmöglichkeit für nicht eindeutig. In einer weiteren Entscheidung des BAG vom 14.09.2011 (Az.: 10 AZR 526/10) hat dieses entschieden, dass ein vertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, den Arbeitnehmer regelmäßig unangemessen benachteiligt i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB und deshalb unwirksam ist. Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt bedarf zwar keiner besonderen Form, allerdings ist der einzelne Arbeitnehmer davon in Kenntnis zu setzen.
Für die Praxis bedeutet dies: Bei jeder Leistungsgewährung sollte die Freiwilligkeit der Leistung und der Ausschluss künftiger Wiederholung der Leistung erklärt werden. Ein arbeitsvertraglicher Freiwilligkeitsvorbehalt allein genügt also nicht mehr.
Negativbeispiel einer unwirksamen Klausel:
”Bei Gratifikationen, Prämien und anderen Einmalzahlungen des Arbeitgebers, die nicht Bestandteil des laufenden monatlichen Arbeitsentgelts sind, handelt es sich um freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht. Die Zahlung erfolgt unter dem Vorbehalt des vollständigen oder teilweisen Widerrufs. Die Ausübung des Widerrufs kann bei Vorliegen eines sachlichen Grundes erfolgen, insbesondere bei schlechter wirtschaftlicher Lage sowie Gründen in Verhalten oder Person des Arbeitnehmers. Dabei ist eine Frist von einem Monat einzuhalten.“
Die Höhe der Gratifikation ergibt sich aus der maßgebenden tariflichen, betrieblichen oder einzelvertraglichen Regelung. Ansonsten kann der Arbeitgeber nach freiem Ermessen die Höhe festlegen (BAG, Urt. v. 16.01.2013, Az. 10 AZR 26/12, so auch: BAG, Urteil vom 19.03.2014, 10 AZR 622/13; demnach sind die Höhen der Bonuszahlungen ins Ermessen des Arbeitgebers gestellt, welche ggf. jedoch qualifiziert begründet werden müssen), ist jedoch dabei innerbetrieblich an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Bei Teilzeitarbeitnehmern wird die Gratifikation grundsätzlich anteilig gewährt. Nach der Rechtsprechung ist eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig. Abstufungen nach Betriebszugehörigkeit, Familienstand oder Kinderzahl werden aber anerkannt.
a) Fehlzeiten
Der Arbeitgeber darf eine Jahressonderzahlung für Zeiten ohne Arbeitsleistung (Beispiel: Krankheit, Elternzeit, unentschuldigte Fehltage; nicht jedoch Mutterschutzfristen, da
diese wegen des Geschlechts gelten) im Bezugszeitraum anteilig kürzen, wenn die Kürzungsmöglichkeit zuvor vereinbart wurde oder sich aus einer Betriebsvereinbarung beziehungsweise einem Tarifvertrag ergibt. Fehlt eine solche Kürzungsregelung, ist nach der Art der Gratifikation zu unterscheiden.
Soll die Zahlung ausschließlich Entgeltcharakter haben, ist der Arbeitgeber berechtigt, die Gratifikation anteilig zu kürzen. Dient die Gratifikation hingegen der Belohnung von Betriebstreue, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die volle Zuwendung; dies gilt auch für Teilzeitbeschäftigte (BAG, Urt. v. 22.5.1996, Az. 10 AZR 618/95; LAG Köln, Urt. v. 21.05.2015, AZ. 7 Sa 1206/14).
Muster:
”Gratifikationen werden bei krankheitsbedingten Fehlzeiten gekürzt. Die Kürzung beträgt für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt. Ruht das Arbeitsverhältnis, etwa wegen Arbeitskampf, Wehr-/Ersatzdienst, unbezahltem Urlaub oder Erziehungsurlaub, ist die Gratifikation in gleichem Maße anteilig zu kürzen.“
Kürzungsvereinbarungen sind unzulässig, wenn sie einzelne Arbeitnehmergruppen sachfremd und willkürlich benachteiligen oder zwingende Arbeitnehmerschutzrechte unzulässig beeinträchtigen (wie beispielsweise die Kürzung von Weihnachtsgeld wegen mutterschutzbedingter Fehlzeiten). Der Umfang der Kürzungsmöglichkeit bei Krankheit ist in § 4 a Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgeltFG) gesetzlich geregelt, er darf für jeden Tag der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag fällt, nicht überschreiten.
Soll mit der Zahlung der Gratifikation die Betriebstreue honoriert werden, kommt es allein auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses im Bezugszeitraum an. Das hat zur Folge, dass eine Kürzung der Gratifikation ausscheidet, sofern das Arbeitsverhältnis bestanden hat.
b) Ausscheiden des Arbeitnehmers
Bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag oder Ablauf des Kalenderjahres hängt ein Anspruch auf Zahlung der anteiligen Gratifikation von der getroffenen Regelung ab.
Ist keine Regelung getroffen, kommt es darauf an, ob die Gratifikation als zusätzliche Honorierung geleisteter Dienste gedacht ist. Da der Leistungszweck vor dem Stichtag zumindest teilweise erbracht wurde, besteht in diesem Fall ein anteiliger Zahlungsanspruch (bestätigt durch Urteil BAG v. 13.11.2013, Az. 10 AZR 848/12).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht werden kann und eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich stand hält. Dies gelte auch dann, wenn die Klausel nicht danach differenziere, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat (BAG, Urt. v. 18.01.2012, Az. 10 AZR 667/10). Voraussetzung ist allerdings, dass damit nicht die Vergütung von Arbeitsleistungen bezweckt ist.
Soll mit der Gratifikation hingegen die Betriebstreue honoriert werden, führt die mangelnde Betriebstreue am Stichtag dazu, dass ein Anspruch auf anteilige Zahlung nicht besteht (s. auch: BAG, Urteil vom 22.07.2014, 9 AZR 981/12: Dort entschied das BAG, dass die Zahlung von Urlaubsgeld an das Vorliegen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses geknüpft werden darf).
Handelt es sich bei der Gratifikation um ein Jubiläumsgeld für die Vollendung einer bestimmten Beschäftigungszeit, so hat der Arbeitnehmer hierauf auch dann einen Anspruch, wenn dieser zeitgleich mit der Beschäftigungszeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (BAG, Urteil vom 09.04.2014, 10 AZR 635/13). Dies bedeutet, dass der Beschäftigte am Fälligkeitstag nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis stehen muss, sofern die jeweilige Beschäftigungszeit vorher erreicht wurde.
Liegt Mischcharakter hinsichtlich der Zwecksetzung vor, entsteht mangels der Erfüllung beider Zweckelemente kein anteiliger Anspruch. Ausnahme: die Quotelung wurde vereinbart. Folge: es entsteht der volle Anspruch. (BAG, Urt. V. 13.11.2013, Az. 10 AZR 848/12)
Eine Rückforderung der Gratifikation wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kurz nach Erhalt der Gratifikation scheidet aus, wenn die Sonderzuweisung ausschließlich Entgeltcharakter hat. Hingegen ist der Arbeitgeber zur Rückforderung berechtigt, wenn er diesbezüglich eine eindeutige Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer getroffen hat und mit der Zahlung ausschließlich künftige oder vergangene Betriebstreue entlohnt werden soll. Bei Gratifikation mit Mischcharakter kommt eine Rückforderung in Betracht, wenn der Gratifikationszweck eindeutig überwiegt.
Das Bundesarbeitsgericht hat folgende Regeln für einzelvertraglich vereinbarte Rückzahlungsklauseln bei Weihnachtsgratifikationen aufgestellt:
Dahingegen können Leistungen mit Vergütungscharakter und leistungsabhängige Prämien für bereits geleistete Arbeit keinen Rückzahlungsvorbehalt enthalten. Rückzahlungsvorbehalte sind in diesem Zusammenhang unzulässig, da sie dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit den verdienten Lohn nehmen (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 08. Februar 2005 – 5 Sa 435/04; BAG v. 27.4.1982 - 3 AZR 814/79; BAG v. 13.9.1974 - 5 AZR 48/74).
Ohne eine eindeutig gefasste Rückzahlungsvereinbarung hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Rückzahlung der Gratifikation.
Mit dem Begriff Homeoffice sind regelmäßig sog. Telearbeitsplätze gemeint. Nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sind Telearbeitsplätze vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten.
Abgrenzung des Homeoffice-/Telearbeitsplatzes von andern Vertragsformen
Das Homeoffice bzw. der Telearbeitsplatz sind von der Mobilen Arbeit, der Heimarbeit und der freien Mitarbeit abzugrenzen. Mobiles Arbeiten (Remote Work oder Mobile Office) ist gesetzlich nicht definiert. Beim Mobilen Arbeiten ist der Arbeitnehmer nicht an ein (häusliches) Büro gebunden, sondern kann über mobile Endgeräte wie Notebook, Tablet oder Smartphone an wechselnden Orten arbeiten. Heimarbeiter im Sinne des Heimarbeitergesetzes (HAG) ist, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte allein oder mit Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem Gewerbetreibenden überlässt. Auch ein freier Mitarbeiter ist kein Angestellter. Zwar arbeitet ein freier Mitarbeiter in seinem „Homeoffice“, jedoch ist er in der Auswahl des Arbeitsortes frei. Er unterliegt nicht dem Direktions- bzw. Weisungsrecht des Auftraggebers und arbeitet mit seinen eigenen Betriebsmitteln.
Arbeitsrechtliche Voraussetzungen für den Telearbeitsplatz
Arbeitnehmer haben keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Telearbeitsplatz und umgekehrt trifft sie keine Pflicht zur Arbeit von Zuhause. Ein Telearbeitsplatz ist erst dann eingerichtet, wenn der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer die Bedingungen der Telearbeit in einem Arbeitsvertrag, einer Zusatzvereinbarung, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag festgelegt haben und die erforderliche Ausstattung des Telearbeitsplatzes erfolgt ist. Für die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist zwar keine Schriftform angeordnet, sie ist jedoch aus Beweisgründen dringend zu empfehlen. Folgende Inhalte sollten geregelt werden:
Ein Arbeitnehmer kann entweder vollständig von Zuhause arbeiten und hat dann keinen Arbeitsplatz im Betrieb oder er kann alternierend von Zuhause und im Betrieb arbeiten, d.h. es existieren zwei Arbeitsplätze. Nur im absoluten Notfall, wenn etwa sonst ein völlig unverhältnismäßiger Schaden droht, ist vorstellbar, dass Arbeitnehmer auch ohne eine Vereinbarung zum Homeoffice zu einzelnen Tätigkeiten von zu Hause aus verpflichtet werden könnten. Aufgrund der auch grundgesetzlich geschützten Unversehrtheit der Wohnung wird man eine solche Verpflichtung des Arbeitnehmers aber nur in absoluten Ausnahmefällen annehmen können.
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates
Bereits in der Planungsphase der Telearbeit stehen dem Betriebsrat Mitbestimmungsrechtenach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu. Es handelt sich hierbei zunächst um die Unterrichtungs- und Beratungsrechte nach den §§ 80, 90, 92 BetrVG. Diese Rechte betreffen insbesondere die technische und organisatorische Ausgestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung, z. B. Einführung von EDV-Anlagen, spezieller Software und die Einrichtung von Büroräumen. Neben den Unterrichtungs- und Beratungsrechten sind die echten Mitbestimmungsrechte zu beachten. So z.B.
Kosten des Telearbeitsplatzes
Nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ist der Arbeitgeber für die Ausstattung des Telearbeitsplatzes (Computer, Drucker etc.) verantwortlich und muss somit auch die Kosten tragen. Bringt der Arbeitnehmer die Ausstattung des Telearbeitsplatzes selbst ein, indem er z. B. seinen eigenen Schreibtisch oder Computer nutzt, kann er einen Aufwendungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber haben.
Arbeitsschutz
Beim Telearbeitsplatz gelten generell dieselben Arbeitsschutzvorschriften wie beim Arbeitsplatz im Betrieb. Dies sind insbesondere:
Beim Telearbeitsplatz ergeben sich Schwierigkeiten bei der - nach dem EuGH Urteil vom 14. Mai 2019 erforderlichen - Überwachung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber. Eine Überprüfung der Log-in-Daten des Arbeitnehmers dürfte unproblematisch sein, da dies mit der Kontrolle durch eine analoge Stempeluhr vergleichbar ist. Der Einsatz eines Software-Keyloggers, mit dem alle Tastatureingaben protokolliert und regelmäßig Screenshots gefertigt werden, ist nicht erlaubt.
Im Zusammenhang mit der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ist zu beachten, dass der Arbeitgeber vor der Aufnahme der Telearbeit zwingend eine Gefährdungsbeurteilung durchführen muss. D.h. der Arbeitnehmer muss ihm mindestens einmalig das Betreten seiner Privaträume gestatten. Bei der konkreten Ausgestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes sind insbesondere die Vorgaben des Anhangs Nr. 6 "Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen" zur ArbStättV zu beachten. Dies umfasst u.a.:
Unfallversicherungsschutz
Die gesetzliche Unfallversicherung greift bei der Telearbeit nicht durchgängig. Es stehen nur solche Wege eines Arbeitnehmers während der Arbeitszeit und/oder auf der Arbeitsstätte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, bei denen ein sachlicher Zusammenhang zwischen der nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit und dem Zurücklegen des Weges gegeben ist, weil der Weg durch die Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses oder den Aufenthalt auf der Betriebsstätte bedingt ist. Ein Unfallversicherungsschutz ist beispielsweise denkbar, wenn der Arbeitnehmer in einem separaten Arbeitszimmer seiner Arbeit nachgegangen ist und innerhalb dieses Zimmers auf dem betrieblich notwendigen Weg Schreibtisch zum Aktenschrank verunfallt.
Datenschutz
Der Datenschutz am Telearbeitsplatz unterliegt denselben Anforderungen wie am innerbetrieblichen Arbeitsplatz und bei den innerbetrieblichen Abläufen. Der Arbeitgeber hat die Einhaltung und Durchführung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)durch technische und organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten. Daher sollte mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden, dass das BDSG, die DSGVO und alle innerbetrieblich geltenden Richtlinien, Betriebsvereinbarungen und Verschwiegenheitserklärungen des Arbeitgebers im außerbetrieblichen Arbeitsplatz ebenso anzuwenden sind wie am Arbeitsplatz im Betrieb. Der Arbeitnehmer muss verpflichtet werden, die betrieblich genutzten Arbeitsmittel so aufzubewahren, dass Dritte hierauf keinen Zugriff haben.
Beendigung des Telearbeitsplatzes
Die Vereinbarung über die Tätigkeit am Telearbeitsplatz sollte auch eine Klausel zur möglichen einseitigen Beendigung des Telearbeitsplatzes durch den Arbeitgeber enthalten. Eine vorbehaltslose Widerrufsmöglichkeit des Arbeitgebers kann jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen. Der Telearbeitsplatz kann von Anfang an befristet werden oder eine Neuverhandlung nach einem bestimmten Zeitpunkt vereinbart werden.
Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in Höhe von 100 Prozent bis zur Dauer von sechs Wochen. Die gesetzliche Grundlage bildet das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), das unter anderem die Entgeltfortzahlung im unverschuldeten Krankheitsfall regelt.
Voraussetzung für das Entstehen des Entgeltfortzahlungsanspruches ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Dazu zählen auch ein Berufsausbildungsverhältnis, ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis. Der Entgeltfortzahlungsanspruch in Höhe von 100 Prozent entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses. Eine Erkrankung führt dann zur Arbeitsunfähigkeit, wenn der Arbeitnehmer durch diese daran gehindert ist, die zu erbringende Arbeitsleistung zu erfüllen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer nur unter der Gefahr einer Verschlimmerung seines Zustandes arbeiten kann. Ob eine Krankheit zugleich die Arbeitsunfähigkeit nach sich zieht, hängt von der Art der Erkrankung und der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten Leistung ab. Der Arzt stellt die Arbeitsunfähigkeit fest und bescheinigt sie in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nur, wenn die Krankheit nicht vom Arbeitnehmer verschuldet ist. Ein solches Verschulden ist nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer grob gegen das im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt, zum Beispiel grob fahrlässige Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften, grob verkehrswidriges Verhalten im Straßenverkehr. Sport- und Freizeitunfälle gelten im Allgemeinen als nicht verschuldet.
Wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 Prozent auf Grund seiner regelmäßigen Arbeitszeit im maßgeblichen Zeitraum zustehenden Arbeitsentgelts. Soweit der Arbeitnehmer nach Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber auf Abruf arbeitet, ist zur Berechnung des Anspruchs die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde zu legen. Der Entgeltfortzahlungsanspruch ist ein Bruttoanspruch: Wie bei der normalen Vergütung sind Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Der Anspruch besteht längstens bis zur Dauer von sechs Wochen. Danach bezahlt die Krankenkasse Krankengeld. Erkrankt ein Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Monaten – gerechnet seit dem Beginn der ersten Erkrankung – wiederholt an derselben Krankheit, so werden die Arbeitsunfähigkeitszeiten zusammengerechnet, bis die Anspruchszeit von sechs Wochen verbraucht ist (Fortsetzungserkrankung). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer zwischen den einzelnen Erkrankungen mehr als sechs Monate arbeitsfähig oder nur aufgrund anderer Erkrankungen arbeitsunfähig war. Dann entsteht der sechswöchige Entgeltfortzahlungsanspruch neu.
Arbeitgeber, die in der Regel nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen, können sich von der Krankenkasse 80% des im Wege der Entgeltfortzahlung gezahlten Arbeitsentgelts erstatten lassen.
Hat ein Dritter die Arbeitsunfähigkeit durch eine gegen den Arbeitnehmer gerichtete unerlaubte Handlung schuldhaft verursacht (zum Beispiel Verkehrsunfall), so besteht der Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber unabhängig von etwaigen Schadensersatzansprüchen gegen den Dritten. Der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Ersatzpflichtigen geht kraft Gesetzes (§ 6 Absatz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)) in der Höhe auf den Arbeitgeber über, in der dieser die Entgeltfortzahlung leistet. Der Anspruch des Arbeitgebers gegen den Dritten umfasst also das Bruttoentgelt zuzüglich der Arbeitgeberanteile der Sozialversicherungsbeiträge. Gemäß § 6 Absatz 2 EFZG hat der Arbeitnehmer die Pflicht, dem Arbeitgeber unverzüglich die zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
Wird ein Arbeitnehmer infolge seiner Krankheit arbeitsunfähig, so hat er dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Unverzügliche Mitteilung bedeutet am ersten Tag der Erkrankung zu Arbeitsbeginn beziehungsweise in den ersten Arbeitsstunden. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, so hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens am darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen.
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der ärztlichen Bescheinigung zunächst festgestellt ist, ist eine neue Bescheinigung erforderlich. Bei gesetzlich versicherten erkrankten Beschäftigten ruft der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung elektronisch bei der Krankenversicherung ab. Er kann auch einen Dritten (zum Beispiel einen externen Lohnabrechner) damit beauftragen. Der Abruf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist aber grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt durchzuführen, zu dem der Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine Arbeitsunfähigkeit auch ärztlich feststellen zu lassen. Der versicherte Arbeitnehmer selbst erhält weiterhin eine schriftliche ärztliche Bescheinigung. Dies gilt im Wesentlichen auch für geringfügig Beschäftigte. Bei der Erstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch einen Arzt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (also bei privat versicherten Beschäftigten oder Ärzten im Ausland), bleibt es bei der Vorlagepflicht durch den Beschäftigten.
Allerdings kann der Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unter Umständen zu einem früheren Zeitpunkt verlangen. Dies gilt insbesondere bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.11.2012 (Az 5 AZR 886/11) wird nunmehr lediglich die im Gesetz verankerte Möglichkeit des Arbeitgebers ausgesprochen, bereits für den ersten Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung zu verlangen. Insbesondere führt das BAG in seiner Entscheidung aus, für die Ausübung dieses Rechts sei es nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. Für den Arbeitgeber besteht somit die Möglichkeit, von vornherein eine solche Pflicht in den Arbeitsverträgen zu verankern. Anzumerken bleibt, dass über eine tarifliche Regelung dieses Recht des Arbeitgebers nach wie vor ausgeschlossen werden kann.
Verletzt ein Arbeitnehmer trotz vorheriger Abmahnung wiederholt seine Anzeige- oder Nchweispflicht, kann dies eine ordentliche Kündigung rechtfertigen. Außerdem ist der Arbeitgeber berechtigt, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts vorübergehend zu verweigern, wenn und solange der Arbeitnehmer seiner Anzeige- oder Nachweispflicht schuldhaft nicht nachkommt. Was passiert, wenn eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht abgerufen werden kann, bleibt abzuwarten, möglicherweise bis zur Entscheidung durch die Rechtsprechung.
Bezieht der Arbeitnehmer Krankengeld, kann die Bescheinigung nun auch das genaue Enddatum der Arbeitsunfähigkeit enthalten. Der Arbeitnehmer ist gesetzlich nicht verpflichtet, den Arbeitgeber hierüber zu informieren. Es ist aber eine vertragliche Regelung denkbar.
Jeder Arbeitgeber kann, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bestehen, verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. Der Medizinische Dienst ist eine eigenständige Institution, die mit den Krankenkassen zusammenarbeitet. Durch ein entsprechendes Gutachten des Medizinischen Dienstes kann der Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden. Das Gesetz vermutet das Bestehen von Zweifeln dann, wenn Versicherte auffällig häufig und nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag zu Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit aufgefallen ist.
Hält sich der Arbeitnehmer zu Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit im Ausland auf, so gelten für die Benachrichtigungs- und Bescheinigungspflicht Besonderheiten. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber von seiner Arbeitsunfähigkeit auf dem schnellstmöglichen Weg zu informieren. Ist der Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert, so muss er auch seine Krankenversicherung informieren. Er hat diese auch zu benachrichtigen, wenn die angezeigte Arbeitsunfähigkeit länger dauert als erwartet. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer hat sowohl seinen Arbeitgeber als auch seine Krankenkasse unverzüglich davon zu benachrichtigen, dass er ins Inland zurückgekehrt ist.
Es besteht eine gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Wiedereingliederung arbeitsunfähig erkrankter Mitarbeiter im Rahmen des sogenannten Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). § 167Absatz 2 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber, für Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Ob die Arbeitsunfähigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz steht, spielt dabei keine Rolle. Die Regelung gilt für alle Arbeitnehmer, unabhängig von einer Behinderung. Ziel des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, Arbeitsunfähigkeit möglichst zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist eine Teamaufgabe. Der Arbeitgeber nimmt zunächst Kontakt mit dem Betroffenen auf, klärt mit ihm die Situation und bespricht die Ziele des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Lehnt der Arbeitnehmer die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ab, so ist der Arbeitgeber von seiner Verpflichtung frei. Mit Zustimmung des Betroffenen schaltet der Arbeitgeber den Betriebsrat oder den Personalrat und bei schwerbehinderten oder gleichgestellten behinderten Mitarbeitern die Schwerbehindertenvertretung sowie bei Bedarf den Betriebsarzt ein und klärt mit ihnen, mit welchen Hilfen eine schnelle Rückkehr in den Betrieb oder die Dienststelle möglich ist. Hierunter können verschiedene Maßnahmen wie beispielsweise Arbeitsreduzierung oder Umbau des Arbeitsplatzes, aber auch Versetzung an eine andere Stelle fallen. Das Konzept für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement wird in einem Großbetrieb anders aussehen als in einem mittelständischen Betrieb. In keinem Fall erfüllen jedoch einfache Krankenrückkehrgespräche die Anforderungen. Der Betroffene darf eine Vertrauensperson hinzuziehen. Hierauf ist er vorab hinzuweisen, anderenfalls ist das BEM fehlerhaft. Nach § 167 Absatz 3 SGB IX können die Rehabilitationsträger (z. B. Rentenversicherungsträger und Berufsgenossenschaften) und die Integrationsämter Arbeitgeber, die ein Betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern.
Es gibt kein gesetzliches Verbot, einem kranken Arbeitnehmer zu kündigen. Allerdings muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine Kündigung zulässig ist. Dabei gelten unterschiedliche Regelungen für Kleinbetriebe und solche, bei denen das Kündigungsschutzgesetz greift. Nähere Informationen, auch zu den Auswirkungen eines unterbliebenen BEM, enthält unser Merkblatt "Kündigungsgründe und Kündigungsschutz".
Die Krankheit eines Arbeitnehmers ist auch zu berücksichtigen, wenn das Arbeitsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags beendet werden soll. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 07.02.2019 (Az 6 AZR 75/18) kann ein Aufhebungsvertrag je nach Ausgestaltung des Einzelfalls wegen Verstoßes gegen das Gebot fairen Verhandelns unwirksam sein, wenn sich der Arbeitnehmer bei den Vertragsverhandlungen in einem körperlich geschwächten Zustand befunden hat.
Kann der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch im laufenden Kalenderjahr wegen Krankheit nicht geltend machen, so wird der Urlaub kraft Gesetzes in das erste Kalendervierteljahr des Folgejahres übertragen. Entgegen der bisherigen Ansicht erlischt dieser Anspruch allerdings nicht grundsätzlich, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub weder im laufenden Kalenderjahr noch im Übertragungszeitraum nehmen kann. Ausführliche Informationen hierzu enthält unser Merkblatt „Urlaubsrecht“.
Führt ein Arbeitsverhältnis zu Schwierigkeiten im Betrieb, stellt sich die Frage, wie der Arbeitgeber hierauf reagieren kann. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Kleinbetrieben und solchen, die an das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gebunden sind.
Unternehmen, die vom Geltungsbereich des KSchG erfasst werden, unterliegen bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen strengeren Voraussetzungen als Kleinstunternehmen. Eine Kündigung darf immer nur das letzte Mittel sein (sog. ultima-ratio-Prinzip). Zuvor muss der Arbeitgeber versuchen, die Kündigung durch mögliche und geeignete Maßnahmen zu vermeiden. Es muss stets eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und denjenigen des Arbeitnehmers vorausgehen. Sobald eine Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer – gegebenenfalls auf einem anderen Arbeitsplatz – weiter zu beschäftigen, muss diese wahrgenommen werden.
Diejenigen Arbeitnehmer, für die das KSchG keine Anwendung findet, können sich gegen eine Kündigung nur unter dem Aspekt eines Verstoßes gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben wehren.
Immer zu beachten sind die Kündigungsbestimmungen zugunsten besonders schutzwürdiger Arbeitnehmergruppen (Schwangere, Mütter, Schwerbehinderte und so weiter).
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen, um wirksam zu sein. Die Angabe eines Kündigungsgrundes ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Der Arbeitnehmer hat jedoch einen Anspruch auf Mitteilung eines Kündigungsgrundes, um feststellen zu können, ob die Kündigung rechtmäßig erfolgt ist.
1. Geltungsbereich
Das KSchG gilt, wenn ein Betrieb eine bestimmte Anzahl Arbeitnehmer hat und der zu kündigende Arbeitnehmer länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt war. Bis zum 31. Dezember 2003 war das KSchG auf alle Betriebe anwendbar, die mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigten. Seit dem 1. Januar 2004 gilt das KSchG in Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern nicht für diejenigen Mitarbeiter, die nach dem 1. Januar 2004 eingestellt werden. In diesem Fall greift das Kündigungsschutzgesetz also erst ab 10,25 Mitarbeitern. Für die bereits zuvor beschäftigten Arbeitnehmer verbleibt es beim bisherigen Recht. Allerdings besteht der Kündigungsschutz nur solange, wie die Anzahl der "Altarbeitnehmer" den Schwellenwert von 5 Mitarbeitern noch überschreitet.
Auszubildende bleiben bei der Zahl der Arbeitnehmer unberücksichtigt. Teilzeitbeschäftigte – zu denen auch Minijobber gehören - werden entsprechend ihrer Wochenarbeitszeit in die Berechnung einbezogen: bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5; bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75. Aushilfskräfte werden also nur dann eingerechnet, wenn diese regelmäßig im Betrieb beschäftigt werden; Vertretungsfälle zählen also nicht hinzu.
2. Soziale Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung
Zweck des KSchG ist es, sozial ungerechtfertigte Kündigungen zu verhindern. Eine Kündigung ist in jedem Fall sozial ungerechtfertigt, wenn sie gegen die Auswahlrichtlinie nach § 95 Betriebsverfassungsgesetz verstößt, der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz des Betriebes weiterbeschäftigt werden kann oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat und der Betriebsrat der Kündigung aufgrund des Vorliegens einer dieser Gründe innerhalb einer Woche schriftlich widersprochen hat.
Darüber hinaus ist eine Kündigung nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Gründe oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
Gründe für eine Kündigung können daher nur
Diese Gründe müssen so erheblich sein, dass die Kündigung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips nach einer umfassenden Interessensabwägung im Einzelfall als billigenswert und angemessen erscheint.
a) Personenbedingte Kündigungsgründe
Personenbedingte Kündigungsgründe liegen vor, wenn der Arbeitnehmer objektiv nicht (mehr) in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, wenn er also die Fähigkeit oder Eignung zur Erbringung der Arbeitsleistung verloren hat. Ein Verschulden des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich.
In Betracht kommen beispielsweise eine fehlende Arbeitserlaubnis, fehlende fachliche oder persönliche Eignung (Nichtbestehen von Prüfungen, mangelhafte Kenntnisse), Arbeitsverhinderung wegen Haft, Verlust der erforderlichen Berufsausübungserlaubnis (Führerschein/Flugschein). Auch eine Krankheit kann ein Grund für eine personenbedingte Kündigung sein. Eine Kündigung wegen Krankheit ist aber nur dann sozial gerechtfertigt, wenn eine negative Zukunftsprognose vorliegt und dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, die von der Krankheit ausgehenden Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen (zum Beispiel Störung des Arbeitsablaufs, wirtschaftliche Belastung) noch länger hinzunehmen. Vor einer Kündigung wegen Krankheit ist jedoch immer zu überprüfen, ob die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung, auch nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen, besteht, wenn auch eventuell zu schlechteren Bedingungen ("Änderungskündigung vor Beendigungskündigung"), oder ob der zeitweilige Ausfall des Arbeitnehmers durch andere Maßnahmen, zum Beispiel eine Aushilfskraft, überbrückt werden kann.
Diese Überprüfungspflicht könnte nunmehr durch ein Urteil des EuGH (Urt. v. 10.02.2022; Az: C-485/20) auch bereits während der Probezeit bei Beschäftigten mit Schwerbehinderung Anwendung finden. Der EuGH hat entschieden, dass vor einer Kündigung auch schon in der Probezeit zu überprüfen ist, ob die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht. Wie das Urteil des EuGH letztlich in Deutschland von den Arbeitsgerichten umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.
Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20. Januar 2009 (Az C-350/06) muss vom Arbeitgeber auch beachtet werden, dass im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Krankheit des Arbeitnehmers auch dann ein Abgeltungsanspruch bezüglich des noch offenen Urlaubs für den Arbeitnehmer besteht, wenn dieser während des gesamten Urlaubsjahres sowie des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig krankgeschrieben war bzw. immer noch krankgeschrieben ist. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu noch festgestellt, dass dies ebenfalls für tariflich oder einzelvertraglich gewährten Mehrurlaub gilt, soweit keine Regelung bezüglich einer Differenzierung zwischen gesetzlichem und nicht gesetzlichem Urlaubsanspruch getroffen wurde. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, im Arbeitsvertrag zwischen gesetzlichem und nicht gesetzlichem Urlaubsanspruch zu unterscheiden.
Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof allerdings eine Grenze für das Ansammeln von Urlaub gesetzt (Urteil vom 22.11.2011, Az. C-214/10). Er hat entschieden, dass der Verfall von Mindesturlaubsansprüchen langzeiterkrankter Arbeitnehmer gesetzlich oder tariflich angeordnet werden kann, wenn der entsprechende Übertragungszeitraum hinreichend lang ist, um den Erholungszweck des Urlaubs für den Arbeitnehmer sicherzustellen. Hinreichend lang ist der Übertragungszeitraum bei einer Dauer von 15 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, für das der Mindesturlaub entstanden ist. Vertiefende Informationen hierzu finden Sie im Merkblatt „Urlaubsrecht“.
b) Das betriebliche Eingliederungsmanagement
Es besteht eine gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers zur Wiedereingliederung arbeitsunfähig erkrankter Mitarbeiter im Rahmen des so genannten Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM). Ziel des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, Arbeitsunfähigkeit möglichst zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten.
§ 167 Absatz 2 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber, für Beschäftigte, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Ob die Arbeitsunfähigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz steht, spielt dabei keine Rolle. Die Regelung gilt für alle Arbeitnehmer, unabhängig von einer Behinderung.
Ziel des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ist es, Arbeitsunfähigkeit möglichst zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten.
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist eine Teamaufgabe. Der Arbeitgeber nimmt zunächst Kontakt mit dem Betroffenen auf, klärt mit ihm die Situation und bespricht die Ziele des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Lehnt der Arbeitnehmer die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements ab, so ist der Arbeitgeber von seiner Verpflichtung frei. Mit Zustimmung des Betroffenen schaltet der Arbeitgeber den Betriebsrat oder den Personalrat und bei schwerbehinderten oder gleichgestellten behinderten Mitarbeitern die Schwerbehindertenvertretung sowie bei Bedarf den Betriebsarzt ein und klärt mit ihnen, mit welchen Hilfen eine schnelle Rückkehr in den Betrieb oder die Dienststelle möglich ist. Hierunter können verschiedene Maßnahmen wie beispielsweise Arbeitsreduzierung oder Umbau des Arbeitsplatzes, aber auch Versetzung an eine andere Stelle fallen. Das Konzept für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement wird in einem Großbetrieb anders aussehen als in einem mittelständischen Betrieb. In keinem Fall erfüllen jedoch einfache Krankenrückkehrgespräche die Anforderungen.
Nach § 167 Absatz 3 SGB IX können die Rehabilitationsträger (z.B. Rentenversicherungsträger und Berufsgenossenschaften) und die Integrationsämter Arbeitgeber, die ein Betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern.
Arbeitgeber sollten die Auswirkungen der Vorschrift nicht unterschätzen: Auch wenn das Gesetz keine unmittelbaren Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Vorschrift vorsieht, wurden mit Einführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements die Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung verschärft. Zwar ist die Durchführung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung. Hat der Arbeitgeber jedoch kein Betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt, so muss er in einem etwaigen Kündigungsschutzprozess umfassend vortragen und beweisen, dass es keinen leidensgerechten Arbeitsplatz für den betroffenen Arbeitnehmer gibt. Kann er dies nicht, ist die Kündigung unwirksam. Wichtig ist es daher, eine Ablehnung des Arbeitnehmers, das Betriebliche Eingliederungsmanagement durchzuführen, gut zu dokumentieren.
Keine personenbedingten Kündigungsgründe sind
Eine personenbedingte Kündigung erfordert nur in engen Ausnahmefällen eine vorherige Abmahnung.
c) Verhaltensbedingte Kündigungsgründe
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die ein verständig urteilender Arbeitgeber zum Anlass für eine Kündigung nehmen würde. Erforderlich ist eine erhebliche Verletzung von Vertragspflichten. Durch das Verhalten des Arbeitnehmers müssen beispielsweise konkrete Störungen im Leistungs- beziehungsweise im Vertrauensbereich auftreten.
Dies ist der Fall bei Verletzung von vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten, zum Beispiel Schlechtleistung, ständiges Zuspätkommen, Verletzung von Anzeige- oder Nachweispflichten im Krankheitsfall, Nebentätigkeit trotz Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, eigenmächtiger Urlaubsantritt, private unerlaubte Telefonnutzung für Ferngespräche, Verstöße gegen die betriebliche Ordnung (Alkoholmissbrauch während der Arbeitszeit, Rauchen in gefährdeten Arbeitsbereichen), Verstöße gegen Verschwiegenheitspflicht, rechtswidrige Arbeitsverweigerung, Beleidigungen und Tätlichkeiten gegenüber Arbeitskollegen, sexuelle Belästigung, strafbare Handlungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis (zum Beispiel Diebstahl im Betrieb, Betrug bei der Zeiterfassung) oder vielfache Lohnpfändungen, wenn durch den Arbeitsaufwand die Lohnbuchhaltung gestört wird.
Die verhaltensbedingte Kündigung ist nicht als Sanktion für die vergangene Pflichtverletzung zu verstehen. Vielmehr muss sich die vergangene Pflichtverletzung auch zukünftig negativ auswirken. Die Rechtsprechung verlangt vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung im Regelfall je nach Schwere des Verstoßes mindestens eine, gegebenenfalls auch mehrere vorherige einschlägige Abmahnungen.
Die idealerweise schriftlich erfolgende Abmahnung hat die Funktion, dem Arbeitnehmer die ihm vorgeworfenen Verfehlungen zu benennen und ihm Gelegenheit zu einer Verhaltensänderung zu geben. Dem Arbeitnehmer wird durch die Abmahnung angezeigt, worin sein Fehlverhalten lag, wie er sich korrekt zu verhalten hat und dass er mit einer Kündigung zu rechnen hat, wenn sich sein Verhalten nicht ändern sollte. In jedem Fall muss vor der verhaltensbedingten Kündigung überprüft werden, ob die Möglichkeit der Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz besteht und eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände vorgenommen werden.
Keine verhaltensbedingten Kündigungsgründe sind
c) Betriebsbedingte Gründe
Eine betriebsbedingte Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn dringende betriebliche Gründe der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Grundlage der Kündigung muss eine unternehmerische Entscheidung sein. Dies kann sich auf Grund innerbetrieblicher (zum Beispiel notwendige Rationalisierung, Produktionseinschränkung) oder außerbetrieblicher Umstände (zum Beispiel Absatzrückgang, Ausbleiben von Krediten) ergeben. Diese Umstände müssen zur Folge haben, dass die Erforderlichkeit einer Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer auf lange Sicht entfällt. Gibt es für den Betrieb weniger harte Maßnahmen (zum Beispiel Abbau von Überstunden), fehlt es an der Voraussetzung der dringenden Erforderlichkeit. Kann der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz eingesetzt werden, so ist eine Kündigung ausgeschlossen, auch dann, wenn eine zumutbare Umschulung, Fortbildung oder Änderung der Arbeitsbedingungen erforderlich ist.
Die betriebsbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer ausreichend soziale Gesichtspunkte berücksichtigt wurden ("Sozialauswahl"). Die Sozialauswahl ist auf die folgenden vier Kriterien beschränkt:
Ob das Kriterium des „Lebensalters“ nach der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes noch zulässig ist, ist zweifelhaft. Hier ist eine Entscheidung der Gerichte abzuwarten.
Bei berechtigtem betrieblichem Interesse können Leistungsträger und solche Personen, die für die Erhaltung einer ausgewogenen Sozialstruktur erforderlich sind, von der Sozialauswahl ausgenommen werden.
Der Arbeitnehmer hat bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Wahlrecht zwischen einer Kündigungsschutzklage oder einer Abfindung von einem halben Monatsgehalt je Beschäftigungsjahr, wenn der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung darauf hinweist, dass die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt ist und der Arbeitnehmer im Falle des Verstreichenlassens der Klagefrist eine Abfindung (in Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses) beanspruchen kann.
Bei einer außerordentlichen Kündigung sieht das KSchG keinen Kündigungsschutz vor. Es müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann ("wichtiger Grund"). Die Kündigung muss schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kenntnis von den die Kündigung rechtfertigenden Tatsachen erfolgen. Zwar ist die Angabe des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben gesetzlich nicht zwingend notwendig, dennoch kann es sinnvoll sein, den Kündigungsgrund aufzuführen. Zum einen, damit der Arbeitnehmer nachvollziehen kann, warum die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgte, zum anderen, damit der Arbeitgeber sich wirklich sicher ist, dass auch tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt. Die Arbeitsgerichte stellen hohe Anforderungen an einen "wichtigen Grund". Spätestens auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Kündigungsgrund angegeben werden. Ob eine Abmahnung erforderlich ist, richtet sich nach Art und Schwere des Kündigungsgrundes.
Der Arbeitnehmer, der eine Kündigung für sozial ungerechtfertigt hält, kann binnen einer Woche nach Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen. Zudem kann er die Unwirksamkeit der Kündigung vor dem Arbeitsgericht geltend machen. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung unwirksam ist, muss er innerhalb von drei Wochen ab Zugang der schriftlichen Kündigung Klage erheben.
Bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung sind Kündigungsfristen einzuhalten. Diese können sich aus Tarifvertrag, aus Gesetz oder aus dem individuellen Arbeitsvertrag ergeben. Zunächst ist zu klären, ob auf das Arbeitsverhältnis, welches gekündigt werden soll, ein Tarifvertrag Anwendung findet. Dessen Kündigungsfristen sind vorrangig zu beachten. Nur wenn im Arbeitsvertrag eine für den Arbeitnehmer günstigere Kündigungsfrist vereinbart ist, gilt diese. Wird im Arbeitsvertrag keine Kündigungsfrist genannt, oder wird auf die gesetzliche Kündigungsfrist verwiesen, gilt § 622 BGB.
Die gesetzliche Grundkündigungsfrist nach § 622 BGB beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende. Diese Frist gilt grundsätzlich, wenn der Arbeitnehmer kündigt. Kündigt der Arbeitgeber, kommt es zusätzlich auf die Beschäftigungsdauer an.
Eine Staffelung der Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit verstößt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung (BAG Urteil vom 18.09.2014 - AZ 6 AZR 636/13).
Art der Frist Dauer der Frist
Während der vereinbarten Probezeit 2 Wochen zum Ende des Kalendertages (max. 6 Monate)
Regelfrist 4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende
Beschäftigt seit:
Mindestens 2 Jahren 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 5 Jahren 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 8 Jahren 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 10 Jahren 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 12 Jahren 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 15 Jahren 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Mindestens 20 Jahren 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats
Eine Verlängerung der Kündigungsfristen – auch für den Arbeitnehmer – ist möglich. Die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer darf jedoch nicht länger sein als die für den Arbeitgeber. Eine Verkürzung der Kündigungsfristen ist nur durch Tarifvertrag möglich – oder durch Einzelvertrag, wenn es sich lediglich um eine bis zu dreimonatige Aushilfstätigkeit handelt.
Ferner kann bei Betrieben mit nicht mehr als 20 Arbeitnehmern (beachte: Teilzeitbeschäftigte zählen lediglich anteilig) die Grundkündigungsfrist für die ersten zwei Jahre des Bestehens des Arbeitsverhältnisses einzelvertraglich auf vier Wochen verkürzt werden. Anschließend greifen die gesetzlich gestaffelten Kündigungsfristen (siehe Tabelle).
Arbeitgeber sollen Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über die Notwendigkeit eigener Aktivitäten bei der Suche nach einer anderen Beschäftigung sowie über die Verpflichtung zur Meldung bei der Agentur für Arbeit informieren, sie hierzu freistellen und die Teilnahme an erforderlichen Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ermöglichen. (§ 2 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III).
Wurde für die Beschäftigung ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt, muss der Arbeitgeber innerhalb von vier Wochen ab Kenntnis der zuständigen Ausländerbehörde mitteilen, dass die Beschäftigung vorzeitig beendet wurde. Bei Massenentlassungen ist § 17 des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten.
Das „Gesetz zum Schutz hinweisgebender Personen“, das im Wesentlichen zum 2. Juli 2023 in Kraft getreten ist, hat als Ziel den Schutz hinweisgebender Personen vor Repressalien. Danach wird vermutet, dass eine Benachteiligung (also zum Beispiel eine Abmahnung oder Kündigung) einer hinweisgebenden Person eine Repressalie für die Meldung ist, soweit die hinweisgebende Person dies selbst geltend macht. Unternehmen sollten daher dokumentieren, dass nicht Hinweise zu der jeweiligen arbeitsrechtlichen Maßnahme geführt haben, sondern es dafür andere Gründe gab.
Am 1. Januar 2015 wurde in Deutschland ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von zunächst 8,50 Euro pro Stunde eingeführt. Durch die Mindestlohnkommission erfolgt eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Mindestlohnhöhe. IZuletzt galt ab 1. Oktober 2022 ein Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde. Zum 1. Januar 2024 erfolgt nun die nächste Anhebung auf 12,41 Euro und zum 1. Januar 2025 auf dann 12,82 Euro.
Grundsätzlich gilt der Mindestlohn für alle in Deutschland tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in allen Branchen und Regionen. Auf den Sitz des Arbeitgebers und die Dauer der Beschäftigung kommt es nicht an, d. h. der Mindestlohn ist auch für Minijobber und in Deutschland tätige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausländischer Unternehmen zu zahlen.
- Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz
- Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung,
- Langzeitarbeitslose (zwölf Monate oder länger) können für die ersten sechs Monate abweichend vom Mindestlohn beschäftigt werden
- Personen, die ein Ehrenamt innehaben; Freiwilligendienst
- Praktikanten, wenn sie ein Pflichtpraktikum aufgrund schul- oder hochschulrechtlicher Bestimmungen oder Ausbildungsordnungen absolvieren,
- Freiwillige Praktika während Studium oder Ausbildung für drei Monate, sofern nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat,
- Freiwillige Praktika bis drei Monate, die zur Orientierung bei der Berufs- oder Studienwahl dienen,
- Praktikanten, die an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III oder einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 BBiG teilnehmen.
Sonderregelungen
- Saisonarbeiter
Die Sonderregelungen für Saisonarbeiterinnen und Saisonarbeiter sind ausgelaufen.
- Tarifliche Abweichungen
Eine Übersicht zu den geltenden Mindestlöhnen aufgrund von Tarifverträgen, Rechtsverordnungen nach § 11 Arbeitnehmer-Entsendegesetz für die Pflegebranche und § 3a Ar-beitnehmerüberlassungsgesetz für die Zeitarbeitsbranche finden Sie auf der Homepage des Zolls www.zoll.de unter dem Suchbegriff „Mindestlohn“.
Der Mindestlohn ist zum vereinbarten Zeitpunkt, spätestens aber bis zum letzten Bankentag des auf die Arbeitsleistung folgenden Monats fällig.
Überstunden
Abweichend von der Regelung, dass der Mindestlohn bis zum letzten Bankentag des folgenden Monats zu zahlen ist, darf bei Überstunden ein Ausgleich innerhalb von zwölf Monaten unter folgenden Voraussetzungen erfolgen:
1. Es wird schriftlich – bspw. in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag – vereinbart, ein Arbeitszeitkonto zu bilden,
2. die Überstunden werden auf diesem Arbeitszeitkonto erfasst,
3. es werden maximal 50 % der vereinbarten Arbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto verbucht,
4. der Ausgleich der Überstunden erfolgt spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung und
5. der Ausgleich erfolgt entweder durch bezahlte Freizeitgewährung oder durch Zahlung des Mindestlohns.
Das Mindestlohngesetz enthält keine Regelung, welche Vergütungsbestandteile zum Mindestlohn zählen. Mit den Urteilen vom 25. Mai 2016 (5 AZR 135/16) und 21. Dezember 2016 (5 AZR 374/16) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) Klarheit zu anrechenbaren Bezügen beim Mindestlohn geschaffen. Danach sind grundsätzlich alle im direkten Leistungsaustausch stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet, den Mindestlohnanspruch aus dem Mindestlohngesetz zu erfüllen.
Danach gibt es folgende Voraussetzungen für eine Anrechnung:
- Zahlung in Geld,
- vorbehaltlos und unwiderruflich,
- wegen tatsächlicher Arbeitsleistung,
- keine besondere (gesetzliche) Zweckbestimmung.
Dadurch wird vieles mindestlohnfähig, was bislang den Mindestlohnanspruch nicht erfüllen konnte, z.B. Sonntags- Feiertags- und Schmutzzulagen, Zuschläge für Mehrarbeit, Überstundenzuschläge, Akkordprämien oder Qualitätsprämien.
Nicht anrechenbar sind dagegen Nachtarbeitszulagen, da diese durch § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen.
Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, welche regelmäßig und unwiderruflich gezahlt werden, zählen dazu, wenn der Arbeitgeber sie über das ganze Jahr verteilt und vorbehaltlos und unwiderruflich monatlich jeweils ein Zwölftel zahlt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Mai 2016 – 5 AZR 135/16). Wenn sie hingegen als „Treueprämie“ anderen Zwecken dienen sollen, ist eine Anrechnung nicht möglich.
Sachleistungen wie Kost und Logis sollen nicht in den Mindestlohn eingerechnet werden, da nach dem Gesetzeswortlaut ein Geldbetrag geschuldet wird. Eine Besonderheit gilt nur für den Bereich der Saisonarbeit: Dort lässt der Zoll eine teilweise Anrechnung nach § 107 Absatz 2 Gewerbeordnung bei Vereinbarung durch beide Vertragsparteien zu. Näheres zu den Voraussetzungen finden Sie auf der Homepage des Zolls unter www.zoll.de.
Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als sog. Minijobber nach § 8 Absatz 1 SGB IV oder in den in § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. D. h. betroffen sind folgende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer:
• branchenunabhängig alle sog. Minijobber mit Ausnahme der Beschäftigung in Privathaushalten sowie
• Beschäftigte
- im Baugewerbe,
- im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
- im Personenbeförderungsgewerbe,
- im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
- im Schaustellergewerbe,
- in Unternehmen der Forstwirtschaft,
- im Gebäudereinigungsgewerbe,
- bei Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
- in der Fleischwirtschaft,
- im Prostitutionsgewerbe,
- im Wach- und Sicherheitsgewerbe.
Ausnahme
Die Aufzeichnungspflichten sind dahingehend eingeschränkt, dass sie nicht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt brutto 2958,00 Euro überschreitet. Wenn der Arbeitgeber nachweislich für die letzten vollen zwölf Monate brutto mehr als 2.000,00 Euro gezahlt hat, entfallen sie ebenfalls; Zeiten ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt bleiben bei der Berechnung des Zeitraums von zwölf Monaten unberücksichtigt.
Für im Betrieb des Arbeitgebers arbeitende Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers gelten die Aufzeichnungspflichten ebenfalls nicht.
Auftraggeber haften dafür, dass auch ihre Subunternehmer den Mindestlohn korrekt zahlen (Auftraggeberhaftung). Mit dem Verweis auf § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz und der dort geregelten Haftung kommt es auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht an. Für die Anwendung des § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz müssen nach der Rechtsprechung folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Ein Unternehmer muss
1. eine eigene vertragliche Pflicht zur Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen übernommen haben und
2. zur Erfüllung dieser Pflicht einen weiteren Unternehmer beauftragen.
Betroffen sind auch mehrere nachgeschaltete Unternehmen, sog. Subunternehmerketten. Nicht umfasst sein sollen sonstige Dienst- oder Werkverträge, wenn bspw. ein Einzelhandelsunternehmen einen Gebäudereiniger mit der Reinigung seiner Glasscheiben beauftragt.
Im Rahmen der fortschreitenden Globalisierung gewinnt die Entsendung von Arbeitnehmern in das Ausland immer mehr an Bedeutung. Oftmals kann nur durch eine Entsendung einem Mangel an qualifizierten Arbeitnehmern im Zielland begegnet und eine über die Grenzen hinausgehende einheitliche Unternehmenspolitik verwirklicht werden. Mit einer Entsendung ins Ausland sind darüber hinaus auch für Vorteile für den Arbeitnehmer verbunden. Neben der Förderung des internationalen Erfahrungsaustauschs und der Verbesserung von Sprachkenntnissen, können so auch vielfältige Auslandserfahrungen gesammelt werden. Bei der Vorbereitung der Auslandsentsendung und der Betreuung vor Ort sind eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Aspekte und insbesondere auch steuer- und sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen.
Eine Arbeitnehmerentsendung liegt grundsätzlich dann vor, wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers (entsendendes Unternehmen), im Ausland ei-ne Beschäftigung für ihn ausübt. Ebenso ist eine Entsendung anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer zuvor im Inland für die Ausübung einer Tätigkeit im Ausland eingestellt wird.
Lebt der Arbeitnehmer jedoch bereits im Ausland bzw. ist dort beschäftigt und nimmt von dort aus eine Beschäftigung für einen inländischen Arbeitgeber auf, handelt es sich um eine Ortskraft. Ein Fall der Entsendung liegt nicht vor. Eine Entsendung setzt weiterhin voraus, dass die Ausübung der Tätigkeit im Ausland von vornherein zeitlich begrenzt ist. Diese zeitliche Begrenzung kann sich aus der Art der Beschäftigung, aber auch aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Eine vorgeschriebene Grenze gibt es für die Dauer der Entsendung nicht, der Zeitraum muss allerdings „überschaubar“ sein.
Bevor ein Mitarbeiter ins Ausland entsendet werden kann, bedarf es oftmals einer Anpassung des Arbeitsvertrages. Außerdem muss der Arbeitnehmer seine Zustimmung zur Entsendung erteilen.
1. Regelungen im Arbeitsvertrag
Sollte die Entsendung des Arbeitnehmers zeitlich über die Dauer von vier Wochen hinausgehen, so sind auch auch das Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet werden soll, die Dauer der Auslandstätigkeit, die Währung, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird, zusätzliche Entgeltleistungen sowie die Bedingungen für die Rückkehr des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag zu regeln. Sieht der ursprüngliche Arbeitsvertrag keine die Entsendung ausschließende Regelung ausdrücklich oder konkludent vor oder handelt es sich um eine sehr kurze Entsendung mit Dienstreisecharakter, so ist die Entsendung des Arbeitnehmers ins Ausland laut Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 30.11.2022 – 5 AZR 336/21) vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst – allerdings begrenzt durch eine Billigkeitskontrolle. Anderenfalls muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter vor der Entsendung einen dementsprechend geänderten Arbeitsvertrag aushändigen. Dabei handelt es sich nicht um ein bloßes Aushändigen, sondern um eine Abänderung des Arbeitsvertrages mit beidseitiger Zustimmung (Ergänzungsvereinbarung).
Folgende Punkte sollten bei der vertraglichen Gestaltung zusätzlich geregelt werden:
- Dauer der Entsendung
- Verantwortungsbereich und Beschreibung der Tätigkeit im Ausland
- Arbeitszeit
- Feiertage
- Urlaubsanspruch
- Zulagen wie bspw. Mobilitäts- oder Erschwerniszulagen
- Arbeitsentgelt (Währung und Auszahlung)
- Ausgleich von Mehraufwendungen (wie Reisekosten, Umzugskosten, Unterkunft, Heimreisen)
- Zusatzversicherungen
- Betriebliche Altersvorsorge
- Rückkehrbedingungen
- Geltungsdauer der Zusatzvereinbarung / des Ergänzungsvertrages
- Kostentragung bei vorzeitiger Rückkehr
- Anwendbares Recht
- einen den Anforderungen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 NachwG entsprechenden offiziellen Link
2. Beteiligung des Betriebsrats
Grundsätzlich erstreckt sich der Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVerfG) aufgrund des geltenden Territorialprinzips nur auf in Deutschland gelegene Unternehmen. Da die im Ausland tätigen Arbeitnehmer aber auch weiterhin dem inländischen Betrieb zugeordnet sein können, kann das Betriebsverfassungsgesetz auch die ins Ausland entsandten Mitarbeiter erreichen. Dann muss der Betriebsrat nicht nur bei geplanten Auslandseinsätzen und die Personalauswahl für die entsprechende Stelle, sondern auch bei personellen Maßnahmen während des Auslandseinsatzes (z.B. Umgruppierungen der entsandten Mitarbeiter) beteiligt werden.
3. Ende des Auslandseinsatzes
Normalerweise endet ein Auslandseinsatz nach Ablauf der im Entsendevertrag vereinbarten Aufenthaltsdauer oder wenn der vereinbarte Zweck der Entsendung, wie die Beendigung eines Projektes, erfüllt ist.
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer im Rahmen seines Direktionsrechts jedoch grundsätzlich jederzeit aus dem Ausland zurückrufen. In diesem Fall muss eine Billigkeitskontrolle im Sinne einer Interessenabwägung des ausgeübten Rückrufes erfolgen. Dabei muss der Arbeitgeber auch die Auswirkungen auf die Lebensführung des Arbeitnehmers berücksichtigen. Daher empfiehlt es sich, eine Rückrufklausel im Entsendevertrag zu vereinbaren, die den Arbeitgeber berechtigt, unter Wahrung einer angemessenen Frist, den Arbeitnehmer auch vorzeitig zurückzurufen.
Tritt im Gastland eine Krisensituation auf, sollten im Entsendevertrag zuvor detaillierte Vereinbarungen über eine Ausreise im Krisenfall, eine Wiederbeschäftigung im Stammunternehmen und die Behandlung des Vergütungsanspruchs gemacht werden.
Wurde die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung im Entsendevertrag nicht ausgeschlossen, so sind fristgerechte Kündigungen durch beide Parteien möglich. Die Vorschriften des deutschen Kündigungsrechts kommen grundsätzlich zur Anwendung, wenn nichts anderes vereinbart wird.
4. Anwendbarkeit des deutschen Rechts
In der Regel bleibt das deutsche Recht auf den Arbeitsvertrag anwendbar, wenn es sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrages ergibt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können durch den Grundsatz der freien Rechtswahl auch wählen, welches Recht auf den Arbeitsvertrag anwendbar sein soll. Fehlt eine derartige Vereinbarung, richtet sich das Recht in erster Linie nach dem gewöhnlichen Arbeitsort. Der gewöhnliche Arbeitsort ist bei vorübergehender Entsendung ins Ausland der inländische Arbeitsort.
Dennoch sind auch bei der Rechtswahl Grenzen gesetzt. Zum einen gibt es bestimmte Mindestschutzbestimmungen des deutschen Arbeitsrechts (z.B. bei Kündigungen), die auch nicht durch Rechtswahl umgangen werden können. Zum anderen kann das ausländische Recht des Gastlandes dazu führen, dass das deutsche Recht begrenzt wird. So ist der Ausschluss des Aufenthalts-, Arbeitserlaubnis-, Steuer-, Sozialversicherungs- und Feiertagsrechts in einzelnen Ländern nicht durch die Wahl des deutschen Rechts möglich. Im Zweifelsfall muss ein Vergleich zwischen den betreffenden Vorschriften der verschiedenen Rechtsordnungen wegen des so genannten Günstigkeitsprinzips zeigen, ob der Arbeitnehmer durch die Rechtswahl schlechter gestellt ist.
Bei Entsendungen innerhalb der EU gelten wiederum bestimmte Mindestarbeitsbedingungen, die den nationalen Regelungen vorgehen und daher auch für entsandte deutsche Arbeitnehmer anzuwenden sind. Gem. der EU-Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/ EG) dürfen dem Arbeitnehmer für ihn günstigere Regelungen des Arbeitsortes nicht versagt werden. Dies gilt in den Bereichen Höchstarbeitszeit und Mindestruhezeiten, bezahlter Mindestjahresurlaub, Mindestlohnsätze (einschließlich Überstundensätze), Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz, Schutzmaßnahmen für Schwangere und anderes. Die Auslandshandelskammern sind hierfür im Vorfeld geeignete Ansprechpartner.
Fraglich ist, ob ein Arbeitnehmer, der für seinen Arbeitgeber im Ausland tätig wird, sein Einkommen weiterhin im Inland oder aber im jeweiligen Zielland zu versteuern hat.
1. Maßgeblichkeit des Wohnsitzes
Gem. § 1 EStG sind natürliche Personen in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Maßgeblich ist also der Ort an dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat. Wird daher die Wohnung während der Entsendung ins Ausland beibehalten und ist deren Benutzung regelmäßig möglich, so unterliegt der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitseinkommen der deutschen Steuerpflicht. Gleiches gilt auch dann, wenn die Wohnung während der Abwesenheit für eine Dauer von bis zu sechs Monaten zwischenvermietet wird. Bei einer Kündigung oder einem Verkauf der Wohnung ist jedoch von einer Aufgabe des inländischen Wohnsitzes auszugehen. Darüber hinaus gilt bei Eheleuten, dass ein Ehegatte – sofern die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben – dieser seinen Wohnsitz prinzipiell dort hat, wo seine Familie lebt.
2. Doppelbesteuerungsabkommen
Gemäß dem Grundsatz des „Welteinkommensprinzips“ sind sowohl die inländischen als auch ausländischen Einkünfte in Deutschland zu versteuern. Darüber hinaus ist im Falle einer Tätigkeit im Ausland auch das Zielland einkommensteuerberechtigt. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, hat Deutschland mit einer Vielzahl von Staaten so genannte Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, welche verschiedene Anrechnungsmöglichkeiten vorsehen können.
In Bezug auf die Arbeitnehmereinkünfte wird das Besteuerungsrecht in der Regel dem Staat zugewiesen, in dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt.
Im Rahmen der Freistellungsmethode werden die entsprechenden Einkünfte dann in Deutschland von der Einkommensteuer regelmäßig freigestellt. Allerdings werden diese Einkünfte bspw. bei der Bemessung des Steuersatzes für die Kapitalerträge oder aber für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen kann jedoch auch eine Anrechnungsmethode vorsehen. Hierbei werden die Einkünfte des Arbeitnehmers sowohl durch den Tätigkeits- als auch durch den Wohnsitzstaat besteuert. Die im Ausland abgeführten Steuern werden dann allerdings im Wohnsitzstaat auf die dort zu entrichtende Steuer angerechnet.
Arbeitet ein Mitarbeiter in einem Staat, mit dem kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, kann der Steuerpflichtige die im Ausland festgesetzte, entrichtete und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anrechnen. Die Anrechnung ausländischer Steuern ist nicht im Lohnsteuerabzugsverfahren, sondern nur im Rahmen der Veranlagung des Arbeitnehmers möglich. Der Arbeitnehmer muss gegebenenfalls zur Anrechnung ausländischer Steuern eine Veranlagung beantragen.
3. 183-Tage-Regelung
Eine wichtige Ausnahme zum Grundsatz der Besteuerung durch den Tätigkeitsstaat ergibt sich aus der so genannten 183-Tage-Regelung. Danach werden die Einkünfte davon abweichend im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers besteuert, wenn der Arbeitnehmer sich nicht länger als 183 Tage im Jahr im Tätigkeitsstaat aufhält und der Arbeitgeber, der die Vergütung zahlt, nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist sowie der Arbeitslohn nicht von einer im Tätigkeitsstaat gelegenen Betriebstätte des Arbeitgebers getragen wird. Im Rahmen dieser Regelung sind die 183 Tage grundsätzlich für jedes Steuerjahr (Kalenderjahr) zu ermitteln, wobei nicht die Dauer der Tätigkeit, sondern die körperliche Anwesenheit maßgeblich ist.
Im Hinblick auf die soziale Absicherung sind vier verschiedene Kategorien zu unterscheiden: Ausstrahlung, Pflichtversicherung auf Antrag, Entsendung innerhalb der EU und Sozialversicherungsabkommen.
1. Ausstrahlung
Bei einer vorübergehenden Entsendung, die eine bestimmte Dauer nicht überschreitet, bleibt der Arbeitnehmer weiterhin in Deutschland sozialversicherungspflichtig (so genannte Ausstrahlung). Besteht dagegen das Arbeitsverhältnis zu einer ausländischen Tochtergesellschaft oder liegt eine dauerhafte Auslandstätigkeit vor, so ist der Arbeitnehmer ausschließlich bei der ausländischen Sozialversicherung beitragspflichtig und leistungsberechtigt. Voraussetzungen für die Sozialversicherungspflicht in Deutschland sind das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Inland und eine zeitlich begrenzte Entsendung eines Mitarbeiters in Ausland (siehe I.), sowie keine vorrangigen Regelungen des über- oder zwischen-staatlichen Rechts, z.B. EG-Verordnung Nr. 883/2004 (siehe unten 3.).
2. Pflichtversicherung auf Antrag
Untersteht der Arbeitnehmer nach den o.g. Voraussetzungen nicht der deutschen Sozialversicherungspflicht, bestehen folgende Möglichkeiten, den Versicherungsschutz in Deutschland aufrechtzuerhalten:
- Rentenversicherung
Ist der Auslandsaufenthalt zeitlich begrenzt, kann der Arbeitgeber die so genannte Pflichtversicherung für einen Arbeitnehmer abschließen (§ 4 SGB VI). Hierzu muss er einen Antrag an die Deutsche Rentenversicherung richten.
- Krankenversicherung
Auch hier ist eine freiwillige Versicherung gem. § 9 SGB V möglich.
- Pflegeversicherung
Die Weiterversicherung in der sozialen Pflegeversicherung setzt einen Antrag gem. § 26 SGB XI voraus, der spätestens einen Monat nach dem Ausscheiden aus der Ver-sicherungspflicht zu stellen ist.
- Unfall-/Arbeitslosenversicherung
In beiden Fällen besteht keine Möglichkeit der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Versicherung. Einige Berufsgenossenschaften bieten jedoch einen Auslandsunfallversicherungsschutz an.
3. Entsendung innerhalb der EU
Innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz gibt es die sogenannte A1 Bescheinigung. Die Bescheinigung dient dem Beschäftigten gegenüber dem ausländischen Versicherungsträger als Nachweis darüber, dass ein Sozialversicherungsschutz in Deutschland besteht. Voraussetzungen für den Erhalt der Bescheinigung sind:
- Entsendender Arbeitgeber muss gewöhnlich in Deutschland tätig sein (nicht nur reine Verwaltungstätigkeit)
- EU-Bürger, Geflüchtete oder Staatenloser mit Wohnort in einem Mitgliedsstaat
- Entsendung
- Entsendungsdauer muss von vornherein auf höchstens 24 Monate (bei Entsendung in Staaten der EU, in Staaten des EWR oder in die
Schweiz) begrenzt sein.
- Entsandte Arbeitnehmer dürfen keine andere Person ablösen
Der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer muss sie bei der gesetzlichen Krankenkasse beantragen Weitere Informationen finden Sie hier.
4. Sozialversicherungsabkommen
Darüber hinaus hat Deutschland mit einigen Ländern Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen. Diese Abkommen sehen vor, dass aus Deutschland entsandte Arbeitnehmer nicht der ausländischen, sondern nur der deutschen Sozialversicherung unterliegen. Hier sollte man sich genau informieren, da die Reichweite der Abkommen unterschiedlich ist und zum Teil nur die Renten- oder Krankenversicherung betrifft. Zu beachten ist, dass die EG-Verordnungen zur Koordinierung der nationalen Sozialrechtsordnungen den zwischen den Mitgliedstaaten abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen grundsätzlich vorgehen.
Die einzelnen Abkommen finden Sie auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung.
Die gesetzliche Grundlage für die Behandlung von schwangeren und stillenden Frauen bildet das Mutterschutzgesetz (MuSchG). Das MuSchG schützt alle schwangeren und stillenden Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, also auch Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte und Auszubildende. Daneben werden vom Anwendungsbereich des Gesetzes auch Personen, wie z. B. Praktikantinnen im Sinne von § 26 Berufsausbildungsgesetz sowie unter bestimmten Umständen Studentinnen, Schülerinnen und arbeitnehmerähnliche Personen erfasst.
Mitteilungs- und Benachrichtigungspflichten
Schwangere Frauen sollen dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den mutmaßlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie wissen, dass sie schwanger sind. Ausreichend ist die Mitteilung, dass wahrscheinlich eine Schwangerschaft bestehe. Der Arbeitgeber kann allerdings von der schwangeren Frau die Vorlage eines entsprechenden Attests eines Arztes, einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers verlangen. Dieses Verlangen des Arbeitgebers begründet keine Verpflichtung der Frau zur Vorlage. Unterlässt sie es allerdings, trotz ausdrücklichen Verlangens des Arbeitgebers, eine entsprechende Bescheinigung vorzulegen, scheiden Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber aus oder sind jedenfalls aufgrund Mitverschuldens der Frau zu mindern. Darüber hinaus begründet das MuSchG auch keine Mitteilungspflicht im Sinne einer Rechtspflicht der schwangeren Frau. Eine Rechtspflicht kann sich jedoch aus einer allgemeinen arbeitsvertraglichen Treuepflicht ergeben, wenn ein erhebliches berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer Mitteilung besteht, das dem Interesse der Arbeitnehmerin an der Nicht-Mitteilung überwiegt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig Dispositionen treffen muss (z.B. bei einer Frau in Führungsposition, die eine längere Einarbeitung ihrer Vertretung erfordert). Im Einzelfall können sich aus einer schuldhaft verspäteten Mitteilung oder ihrer völligen Unterlassung Schadensersatzansprüche ergeben. Von dieser Mitteilung der Frau hat der Arbeitgeber unverzüglich die für die Überwachung der Einhaltung der mutterschutzrechtlichen Vorschriften zuständige Aufsichtsbehörde zu benachrichtigen. Dies ist in Nordrhein-Westfalen die jeweilige Bezirksregierung. Ihr gegenüber ist der Arbeitgeber auskunftspflichtig. Bei vorsätzlich oder fahrlässig unterlassener Auskunft drohen dem Arbeitgeber Bußgelder von bis zu 5.000 EUR.
Gesundheitsschutz der schwangeren Frau
Aus der Mitteilung der Schwangerschaft ergeben sich weitreichende Konsequenzen für den vom Arbeitgeber am Arbeitsplatz der schwangeren Frau zu gewährleistenden Gesundheitsschutz. Dieser betrifft zum einen die zulässigen Arbeitszeiten und zum anderen die mutterschutzgerechte Ausgestaltung der konkreten Arbeitsbedingungen.
Das MuSchG zielt grundsätzlich darauf ab, der schwangeren oder stillenden Frau eine Weiterarbeit an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zu ermöglichen. Nur ausnahmsweise, wenn dies nicht mit dem Gesundheitsschutz zu vereinbaren ist und keine milderen Maßnahmen möglich sind, ist ein Beschäftigungsverbot aus betrieblichen Gründen denkbar. Arbeitsplatz und Arbeitsablauf sind so zu gestalten, dass Gefahren für Gesund-heit und Leben der schwangeren (wie auch der stillenden) Frau vermieden und unver-antwortbare Gefährdungen ausgeschlossen werden. Der Begriff der unverantwortbaren Gefährdung ist der zentrale Schlüsselbegriff des Arbeitsschutzrechts. Sie ist anzuneh-men, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Gesundheitsschadens für Frau oder Kind im Verhältnis zur erwarteten Schwere des Schadens nicht hinnehmbar ist. Es ist also abzuwägen zwischen Wahrscheinlichkeit und drohendem Schaden, sodass sich bei einem besonders schweren drohenden Schaden die Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit deutlich verringern. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit kann auch bei der bloß entfernten Möglichkeit eines Schadenseintritts bejaht werden, wenn eine Gefahr besonders großer Schäden für besonders gewichtige Schutzgüter vorliegt.
Beispiel: Auf dem konkreten Arbeitsplatz besteht die Gefahr der Vergiftung des ungeborenen Kindes durch dort vorhandene Gefahrstoffe. Angesichts der Schwere des drohenden Schadens (Tod des Kindes) wären in diesem Fall keine allzu hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer solchen Vergiftung zu stellen; bereits die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts würde genügen.
Für den betrieblichen Gesundheitsschutz schwangerer oder stillender Frauen hat der Arbeitgeber insbesondere folgende Schritte umzusetzen:
1. Der Arbeitgeber muss zunächst für jeden Arbeitsplatz in seinem Betrieb eine soge-nannte Gefährdungsbeurteilung vornehmen, bei der er beurteilt, ob von dem Arbeitsplatz Gefahren für eine schwangere oder stillende Frau beziehungsweise ihr Kind ausgehen. Diese Pflicht besteht unabhängig von der Beschäftigung einer schwangeren oder stillenden Frau.
2. Anschließend ist auf der Grundlage der Beurteilung zu ermitteln, ob Schutzmaßnahmen für eine schwangere oder stillende Frau erforderlich sein werden, welche konkreten Schutzmaßnahmen gegebenenfalls zu ergreifen wären oder ob ausnahmsweise eine Tätigkeit der betroffenen Frau an dem Arbeitsplatz nicht möglich sein wird.
3. Sobald eine Frau dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, hat dieser unverzüglich die nach seiner Gefährdungsbeurteilung erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Außerdem hat er der Frau ein Gespräch über weitere Anpassungen anzubieten und die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu kontrollieren.
Falls es sich um einen Arbeitsplatz handelt, bei dem die Beseitigung der unverantwortbaren Gefährdung nicht möglich ist oder für den Arbeitgeber einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, kann der Arbeitgeber die schwangere oder stillende Frau an einen anderen geeigneten Arbeitsplatz in seinem Betrieb verset-zen, sofern dieser für die Frau zumutbar ist.
Falls kein geeigneter anderer Arbeitsplatz vorhanden ist und alle Möglichkeiten zur Verhinderung einer unverantwortbaren Gefährdung ausgeschöpft sind, darf ausnahmsweise als letztes Mittel ein sogenanntes betriebliches Beschäftigungsverbot verhängt werden. Zuständig und verantwortlich für die Erteilung des Beschäftigungsverbots und seine unmittelbare Durchsetzung ist allein der Arbeitgeber. Er kann die Frau ganz oder teilweise von der Beschäftigung ausschließen.
Diese Schritte sind zwingend vor der Beschäftigung einer schwangeren oder stillenden Frau auf dem konkreten Arbeitsplatz vorzunehmen. Teil der mutterschutzgerechten Arbeitsbedingungen ist auch, dass die Frau die Möglichkeit hat, ihre Tätigkeit kurz zu unterbrechen und sich während dieser Unterbrechungen sowie während ihrer regulären Pausen hinlegen, hinsetzen und ausruhen kann.
Das MuSchG zählt eine Vielzahl von Tätigkeiten sowie Arbeitsbedingungen auf, die eine unverantwortbare Gefährdung darstellen. Diese ist anzunehmen, wenn die Möglichkeit besteht, dass die schwangere Frau im Gesetz (§ 11 MuSchG) näher beschriebenen
1. Gefahrstoffen,
2. Biostoffen,
3. physikalischen Einwirkungen,
4. belastenden Arbeitsumgebung oder
5. körperlichen Belastungen beziehungsweise mechanischen Einwirkungen
in einem gefahrbegründenden Maße ausgesetzt ist. Für stillende Frauen findet sich eine ähnliche Aufzählung in § 12 des MuSchG.
Daneben gibt es ausdrücklich benannte gesetzliche Beschäftigungsverbote bezüglich der Arbeitsbedingungen. Eine schwangere oder stillende Frau darf keine Akkordarbeit oder sonstige Arbeiten, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann, ausüben. Gleiches gilt für Fließarbeit oder getaktete Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo, wenn die Art der Arbeit oder das Arbeitstempo für die schwangere beziehungsweise stillende Frau oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Akkord- oder Fließarbeit ist nur bei Vorliegen einer Ausnahmebewilligung der Bezirksregierung möglich (§ 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 8 MuSchG).
Ebenso wenig darf eine schwangere oder stillende Frau Mehr-, Nacht und Sonntagsarbeit leisten. Von diesen arbeitszeitbezogenen Beschäftigungsverboten sind im Einvernehmen mit der Frau jedoch teilweise Ausnahmen möglich, die in den §§ 3 ff. MuSchG geregelt sind.
Neben dem bereits genannten betrieblichen Beschäftigungsverbot ist auch ein ärztliches Beschäftigungsverbot vor Beginn der gesetzlich vorgesehenen Schutzfrist (beginnt sechs Wochen vor der Entbindung) möglich. Dazu muss nach ärztlichem Zeugnis die Gesundheit der schwangeren Frau oder ihres Kindes bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet sein. Dies kann sich sowohl auf bestimmte Tätigkeiten beziehen als auch generell gelten. Notwendig ist stets die Vorlage eines ärztlichen Attests. Der Lohn ist bis zum Ablauf der Beschäftigungsverbotsfrist fortzuzahlen. Betriebe, unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten, können für die Fehlzeiten der mutterschutzberechtigten Frau infolge eines Beschäftigungsverbotes außerhalb der Schutzfristen einen Erstattungsanspruch in voller Höhe gegen die Krankenkasse der Frau geltend machen.
Schutzfristen
In den letzten sechs Wochen vor der Entbindung darf eine schwangere Frau auch ohne Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses nicht beschäftigt werden, es sei denn, sie erklärt sich in einer jederzeit widerrufbaren Erklärung ausdrücklich mit der Beschäftigung einverstanden. Maßgeblicher Ausgangspunkt für die Berechnung der Schutzfrist ist der voraussichtliche Termin der Entbindung.
Beispiel: Mutmaßlicher Entbindungstag ist Mittwoch, der 17. Mai 2023. Letzter Arbeitstag ist Dienstag, der 4. April 2023. Ab Mittwoch, dem 5. April 2023, besteht ein Beschäftigungsverbot.
Nach dem tatsächlichen Entbindungstag dürfen Frauen grundsätzlich bis zum Ablauf von acht Wochen nicht beschäftigt werden. Bei Früh- oder Mehrlingsgeburten sowie wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB IX ärztlich festgestellt wird, dürfen Frauen bis zum Ablauf von zwölf Wochen nicht beschäftigt werden. Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbindungen verlängert sich die Frist zusätzlich um den Zeitraum, der von der sechswöchigen Schutzfrist vor der Entbindung nicht in Anspruch genommen werden konnte. Bei einer festgestellten Behinderung ist eine solche Fristverlängerung ebenfalls möglich, wenn die Frau dies beantragt.
Auf das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung kann grundsätzlich nicht verzichtet werden. Ausnahmsweise ist dies aber bei einer Frau in schulischer oder hochschulischer Ausbildung möglich, wenn sie die Beschäftigung ausdrücklich gegenüber ihrer Ausbildungsstelle verlangt. Diese Erklärung kann sie jederzeit widerrufen.
Eine Fehlgeburt ist keine Entbindung im Sinne des Gesetzes; die Schutzfristen nach der Entbindung gelten daher nicht. Bei einer Totgeburt sowie bei dem Tode des Kindes nach der Geburt kann die Frau allerdings schon vor Ablauf der Schutzfrist, aber noch nicht in den ersten beiden Wochen nach der Entbindung, wieder beschäftigt werden, wenn sie dies ausdrücklich verlangt und nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegenspricht. Ihre Erklärung ist jederzeit widerrufbar.
Beispiel: Geburtstag des Kindes ist der 12. Juli 2023. Die Schutzfrist beginnt am 13. Juli 2023 und endet am 6. September 2023.
Sonderkündigungsschutz
Nach § 17 MuSchG ist eine Kündigung während der Schwangerschaft, bis zum Ablauf von 4 Monaten nach einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche oder bis zum Ende der Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung, unzulässig.
Dies gilt nicht, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche oder die Entbindung nicht bekannt war und ihm diese auch nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Zwei-Wochen-Frist ist unschädlich, wenn die Fristversäumung nicht auf ein Verschulden der schwangeren Frau zurückzuführen ist und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Der maßgebliche Zeitpunkt ist der Zugang der Kündigung. Das bedeutet, dass eine vor Schwangerschaftsbeginn zugegangene Kündigung wirksam ist, auch wenn die Kündigungsfrist erst während der Schwangerschaft abläuft.
Der Beginn der Schwangerschaft wird durch den ärztlich attestierten voraussichtlichen Entbindungstermin errechnet (280 Tage zurückgerechnet). Die schwangere Frau kann auch nicht im Vorfeld auf ihren Sonderkündigungsschutz verzichten. Ausnahmsweise darf eine Kündigung - schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes - ausgesprochen werden, wenn die Bezirksregierung sie vorher ausdrücklich für zulässig erklärt hat. Dies geschieht jedoch nur in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung in Zusammenhang stehen dürfen (z.B. bei Existenzgefährdung des Arbeitgebers; bei einer Stilllegung des Betriebes oder einzelner Betriebsteile). Der Sonderkündigungsschutz findet keine Anwendung auf sonstige Möglichkeiten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie z.B. eine wirksame Befristung, Anfechtung des Arbeitsvertrages oder den Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Soweit der Arbeitgeber den befristeten Vertrag allerdings wegen der Schwangerschaft nicht verlängert, kann er sich aufgrund eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schadensersatzpflichtig machen. Neben dem Kündigungsschutz nach dem MuSchG kann sich die Frau auf alle sonstigen Kündigungsschutzvorschriften berufen. Die schwangere oder stillende Frau kann während der Schwangerschaft und der Schutzfrist nach der Entbindung das Arbeitsverhältnis nach den gesetzlichen beziehungsweise den vereinbarten Kündigungsfristen kündigen.
Mutterschaftsgeld
Der schwangeren Frau steht für die Zeit der Schutzfristen vor und nach der Entbindung sowie für den Entbindungstag ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld zu. Der Arbeitgeber hat hierzu einen Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenkassen von 13 Euro und dem Nettoarbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung zu leisten.
Berechnungsformel für den durchschnittlichen kalendertäglichen Nettolohn:
Gesamtnettoverdienst im Bezugszeitraum
Kalendertage im Bezugszeitraum
Das Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlungen (AAG) regelt den Ausgleich und die Erstattung bei Krankheit bzw. Schwangerschaft und Mutterschaft.
Am Umlageverfahren zum Mutterschaftsgeld, das sogenannte U2-Verfahren, sind alle Arbeitgeber – unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten – beteiligt. Die Krankenkassen erstatten im Rahmen dessen die Aufwendungen der Arbeitgeber für die in § 1 Abs. 2 AAG genannten Mutterschaftsleistungen.
Die Aufwendungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft werden voll erstattet. Die Erstattung umfasst auch die Arbeitgeberbeitragsanteile zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur Bundesagentur für Arbeit, zur sozialen Pflegeversicherung und zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sowie die Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Zuständig für die Durchführung des Ausgleichsverfahrens ist die Krankenkasse, bei der die Frau Mitglied ist. Die Knappschaft führt das Ausgleichsverfahren für alle Mitglieder der knappschaftlichen Krankenversicherung und alle Minijobber durch, unabhängig davon, bei welcher Krankenkasse ein Minijobber versichert ist.
Erholungsurlaub
Für die Berechnung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub gelten die Ausfallzeiten wegen der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote als Beschäftigungszeiten. Hat die Frau ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten, so kann sie nach Ablauf der Fristen den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.
Das Elterngeld ist eine steuerfinanzierte Transferzahlung für Familien mit kleinen Kindern. Es stellt keine dauerhafte Unterstützung dar, sondern wird nur für einen kurzen Zeitraum von gewöhnlich rund einem bis zu zwei Jahren unmittelbar nach der Geburt des Kindes gewährt. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem Einkommen der Eltern und dient als vorübergehender Lohnersatz.
Elternzeit
Anspruchsberechtigt sind gemäß § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit einem Kind in einem Haushalt leben und dieses selbst betreuen und erziehen. Hierbei kann es sich um ein gemeinsames Kind, aber auch um das alleinige Kind eines Ehegatten/ Lebenspartners, ein Enkelkind (wenn ein Elternteil des Kindes minderjährig ist oder wenn ein Elternteil des Kindes sich in einer Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde und die Arbeitskraft des Elternteils im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt), ein Kind für das die Anerkennung der Vaterschaft erklärt oder die Vaterschaftsfeststellung beantragt wurde sowie ein mit dem Ziel der Adoption in Obhut genommenes Pflegekind handeln. Ferner kann es sich auch um ein Kind handeln, welches in Vollzeitpflege aufgenommen wurde oder dritten Grades mit dem Berechtigten verwandt ist, wenn die Eltern wegen schwerer Krankheit, Schwerbehinderung oder Tod ihr Kind nicht betreuen können.
Einem nicht sorgeberechtigten Elternteil steht ein Elternzeitanspruch für ein leibliches Kind zu, wenn der Sorgeberechtigte zustimmt. Die Elternzeit kann, auch anteilig, von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden, ist jedoch auf bis zu drei Jahre ab Geburt begrenzt.
Wer Elternzeit beanspruchen will, hat dies grundsätzlich spätestens sieben Wochen vorher dem Arbeitgeber schriftlich anzuzeigen. Eine 13-wöchige Frist gilt, wenn Elternzeit für einen Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden soll. Die Eltern sollen gleichzeitig erklären, für welche Zeiträume sie innerhalb von zwei Jahren ab Geburt Elternzeit nehmen werden, sofern Elternzeit für einen Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes verlangt wird. Nimmt die Mutter die Elternzeit unmittelbar im Anschluss an die Mutterschutzfrist, wird die Mutterschutzzeit auf die Elternzeit angerechnet. Nimmt die Mutter die Elternzeit im Anschluss an einen auf die Mutterschutzfrist folgenden Erholungsurlaub, werden die Zeit der Mutterschutzfrist und die Zeit des Erholungsurlaubes auf den Zweijahreszeitraum angerechnet. Die Elternzeit kann auf drei Zeitabschnitte verteilt werden; eine Verteilung auf weitere Zeitabschnitte ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
Der Arbeitgeber hat die Elternzeit zu bescheinigen. Bei einem Arbeitgeberwechsel ist bei der Anmeldung der Elternzeit auf Verlangen des neuen Arbeitgebers eine Bescheinigung des früheren Arbeitgebers über bereits genommene Elternzeit durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer vorzulegen.
Ein Anteil von bis zu 24 Monaten kann zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. Stirbt das Kind während der Elternzeit, so endet diese spätestens drei Wochen nach dem Tod des Kindes. Während der Elternzeit ist eine Erwerbstätigkeit zulässig, wenn die vereinbarte Arbeitszeit für jeden Elternteil, der die Elternzeit in Anspruch nimmt,
32 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt nicht übersteigt. Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber als dem, der die Elternzeit gewährt, oder als Selbständiger bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers. Eine Verweigerung der Zustimmung ist nur innerhalb von vier Wochen schriftlich aus dringenden betrieblichen Gründen zulässig. Möchte der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Erwerbstätigkeit auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz mit verringerter Arbeitszeit fortsetzen, so sollen sie sich hierüber mit ihrem Arbeitgeber innerhalb von vier Wochen nach Beantragung der Teilzeitarbeit einigen. Arbeitnehmer können nach einem Scheitern der Einigung mit dem Arbeitgeber über die Teilzeitregelung grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitverringerung unter folgenden Voraussetzungen geltend machen:
• der Betrieb beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer (ohne Personen in Berufsbildung);
• das Arbeitsverhältnis des Antragstellers besteht in dem Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate;
• angestrebt ist eine Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 32 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt;
• es gibt keine entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe;
• ein schriftlicher Antrag des Arbeitnehmers mit Angaben zu Beginn und Umfang der verringerten Arbeitszeit wurde gestellt;
• der Arbeitgeber wurde rechtzeitig über den Anspruch auf Teilzeit schriftlich informiert. Für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes muss die Mitteilung spätestens sieben Wochen vor Beginn der Teilzeittätigkeit erfolgen. Für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr muss die Mitteilung spätestens 13 Wochen vorher erfolgen.
Beabsichtigt der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit abzulehnen, so muss er dies innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung mit schriftlicher Begründung tun. Lehnt der Arbeitgeber den Teilzeitantrag in einer Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr nicht spätestens vier Wochen nach Zugang des Antrags bzw. bei einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes nicht spätestens acht Wochen nach Zugang des Antrags ab, gilt die Zustimmung des Arbeitsgebers als erteilt.
Elterngeld
Es gibt verschiedene Arten des Elterngeldes, von denen im Übrigen auch die Höhe der Auszahlung abhängig ist. Das klassische Elterngeld (Basiselterngeld) kann in den ersten 14 Lebensmonaten des Kindes in der Regel für 12 Monate bezogen werden. Beziehen beide Elternteile Elterngeld, wird das Elterngeld für sechs Monate gezahlt. Eine Verlängerung des Anspruchs auf das Basiselterngeld um weitere zwei Monate ist möglich, wenn beide Eltern das Elterngeld nutzen und ihnen Erwerbseinkommen wegfällt (sog. Partnermonate).
Entschließt sich der Elterngeldbeziehende während der Elternzeit in Teilzeit wieder in den Beruf einzusteigen, so kann das Elterngeld Plus bezogen werden. Bei dem Elterngeld Plus wird höchstens der hälftige Betrag des Basiselterngeldes pro Monat ausgezahlt. Die Beziehung des Elterngeld Plus verlängert sich daher entsprechend von 12 Monaten (Basiselterngeld) auf 24 Monate (Elterngeld Plus). Nur der auszuzahlende Betrag bleibt gleich. Das Elterngeld Plus kann auch über den 14. Lebensmonat des Kindes hinaus in Anspruch genommen werden. Arbeiten beide Elternteile während der gemeinsam genommenen Elternzeit in Teilzeit (zwischen 24 und 32 Wochenstunden) und kümmern sie sich für mindestens vier aufeinanderfolgende Lebensmonate um das Kind, erhalten sie mit dem sogenannten Partnerschaftsbonus für vier weitere Monate das Elterngeld Plus. Mithin ist eine Verlängerung des Elterngeld Plus auf bis zu 28 Monate möglich.
Elterngeld und Elterngeld Plus können auch kombiniert werden. Hierbei ist das Elterngeld allerdings nur bezugsfähig, wenn es für mindestens zwei Monate in Anspruch genommen wird.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind während der Elternzeit von den beiderseitigen Hauptpflichten, der Lohnzahlung und der Arbeitspflicht, freigestellt. Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr aus dem Arbeitsverhältnis zusteht, für jeden vollen Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer Elternzeit nimmt, um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitnehmer während der Elternzeit bei seinem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet. Hat der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Erholungsurlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, so hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach dem Ende der Elternzeit im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Endet das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit oder setzt der Arbeitnehmer im Anschluss an die Elternzeit das Arbeitsverhältnis nicht fort, so hat der Arbeitgeber den noch nicht gewährten Urlaub abzugelten. Eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit ist möglich, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Er kann seine Zustimmung, für den Fall, dass die vorzeitige Beendigung wegen der Geburt eines weiteren Kindes oder wegen eines besonderen Härtefalls begehrt wird, nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich verweigern.
Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an die Elternzeit verlangt worden ist, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit sowie während deren Dauer nicht kündigen. Bei einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes beginnt der Kündigungsschutz frühestens 14 Wochen vorher. Nur in bestimmten Ausnahmefällen kann die Bezirksregierung eine Kündigung für zulässig erklären (z.B. bei Stilllegung des Betriebes oder einzelner Betriebsteile sowie bei Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Betriebes durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses). Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zum Ende der Elternzeit ist nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zulässig.
Die gesetzlichen Regelungen über die "Scheinselbstständigkeit" und die Rentenversicherungspflicht bestimmter Selbstständiger haben unter anderem zum Ziel, nur zum Schein als Selbstständige tätige Arbeitnehmer für die Sozialversicherung besser zu erfassen und bestimmte Selbstständige als Pflichtversicherte in die Rentenversicherung aufzunehmen.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen der soziale Schutz der Betroffenen dauerhaft sichergestellt und die Finanzgrundlagen der Sozialversicherung vor Erosion bewahrt werden.
Als „scheinselbstständig“ gelten solche Erwerbstätige, die zwar den Status eines selbstständigen Unternehmers (freiwillig, auf Wunsch ihres „Auftraggebers“ oder aus Unkenntnis) beanspruchen, deren Tätigkeit in Wirklichkeit aber der eines Arbeitnehmers entspricht.
Bei der Beurteilung des Status wird auf die Gesamtsituation im Einzelfall abgestellt. Erkennbares unternehmerisches Handeln und die freie Entscheidung des Unternehmers stehen dabei bei der selbständigen Tätigkeit im Vordergrund.
Als deutliche Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung werden eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers angesehen.
Für die rechtliche Einordnung ist die tatsächliche Durchführung ausschlaggebend.
Um das Risiko einer Fehleinschätzung auszuschließen, können die Beteiligten einen Antrag bei der Deutsche Rentenversicherung Bund stellen, damit der Status verbindlich festgestellt wird (Statusfeststellungsverfahren/Anfrageverfahren).
Ab dem 1. April 2022 wird durch die Deutsche Rentenversicherung nicht mehr geprüft, ob es sich um eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit handelt. Vielmehr wird der Erwerbsstatus verbindlich festgestellt. Es obliegt dann dem Arbeitgeber zu ermitteln ob auf Grund des festgestellten Erwerbsstatus eine mögliche Versicherungspflicht besteht.
Der Antrag kann auch schon vor Aufnahme der neuen Tätigkeit gestellt werden. Hierfür müssen der Deutschen Rentenversicherung die vertragliche Vereinbarung sowie die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung mitgeteilt werden. Zu beachten ist hierbei, das gegenüber der Deutschen Rentenversicherung eine Mitteilungspflicht besteht, sofern sich innerhalb eines Monats nach der Aufnahme der Tätigkeit wesentliche Umstände für die Vertragsdurchführung ändern. Die Prognoseentscheidung kann dann durch die Deutsche Rentenversicherung aufgehoben werden.
Neu sind zudem die Möglichkeit von Gruppenfeststellungsverfahren sowie die Feststellung des Erwerbsstatus im Dreiecksverhältnis.
Bei dem Gruppenfeststellungsverfahren entfällt die Notwendigkeit bei mehreren Auftragsverhältnissen auf Grund einheitlicher Vereinbarungen einzelne Anfrageverfahren durchzuführen. Bei dem Gruppenfeststellungsverfahren handelt es sich allerdings nur um eine gutachterliche Äußerung. Dies bedeutet, dass weder die Deutsche Rentenversicherung noch Andere an das Ergebnis gebunden sind. Innerhalb eines Dreiecksverhältnisses erfolgt eine umfassende Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses inklusive der Feststellung zu wem das Beschäftigungsverhältnis besteht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet über den Erwerbsstatus aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles. Widerspruch und Klage haben aufschiebende Wirkung. Innerhalb des Widerspruches gibt es nun mehr auch die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung, sofern der Widerspruch bereits begründet ist.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet dann aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles. Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte zustimmt und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt.
a) Sozialversicherungsrechtliche Folgen
Wird in einem weiteren Verfahren auch sozialversicherungsrechtlich der Arbeitnehmerstatus festgestellt, hat der bisherige Auftraggeber als Arbeitgeber die üblichen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung an die gesetzlichen Krankenkassen abzuführen und den Arbeitnehmer dort als solchen anzumelden. Die Kranken- und Pflegeversicherungspflicht richtet sich nach der jeweiligen Versicherungssituation (unter anderem Höhe des Einkommens, aktuelle Beitragsbemessungsgrenze). Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber unter Umständen die Sozialversicherungsbeiträge für die letzten vier Jahre nachzahlen muss, er im Regelfall von dem Arbeitnehmer aber nur drei Monate lang einen Teil des Gehaltes einbehalten darf. Abweichende Regressregelungen zwischen den Parteien sind unwirksam!
b) Arbeitsrechtliche Folgen
Wird ein Erwerbsstatus festgestellt, so kann der "Scheinselbstständige" seine Arbeitnehmerrechte wie Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall geltend machen.
c) Steuerrechtliche Folgen
Die Veränderung der Verhältnisse kann auch steuerrechtliche Konsequenzen haben. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer haben dann die neue Situation gegebenenfalls steuerrechtlich nachzuvollziehen und haften für die Nachzahlungen als Gesamtschuldner, sie können also beide zur Zahlung der Außenstände in voller Höhe aufgefordert werden. Da dies Einzelfallbetrachtungen sind, empfiehlt es sich, einen Steuerberater hinzuzuziehen und sich mit dem zuständigen Finanzamt abzustimmen. Finanzämter können eine eigene Prüfung vornehmen und sind nicht an die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung gebunden. Demnach besteht die Gefahr, dass die Finanzämter im Rahmen der Einzelfallbetrachtung zu einem anderen Ergebnis kommen. Es besteht jedoch nach § 42 e EStG die Möglichkeit ein Anrufungsauskunftsverfahren durchzuführen. Danach hat das Finanzamt auf Anfrage Auskunft über die steuerrechtliche Bewertung zu erteilen. "Scheinselbstständige" müssen beachten, dass sie als Arbeitnehmer den lohn-/einkommensteuerrechtlichen Regelungen unterliegen und durch diese Tätigkeit fortan keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb mehr erzielen. Darüber hinaus schuldet der vermeintliche Auftragnehmer gegebenenfalls die auf seinen bisherigen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 Umsatzsteuergesetz, während ein Vorsteuerabzug für den Auftraggeber (der in diesem Fall wie ein Arbeitgeber zu behandeln ist) nicht in Betracht kommen würde. Die Berichtigung der Rechnung ist möglich, soweit der Aussteller der Rechnung den unberechtigten Steuerausweis gegenüber dem Empfänger für ungültig erklärt und die Gefährdung beseitigt wurde. Eine derartige Beseitigung liegt vor, wenn der Vorsteuerabzug nicht durchgeführt wurde oder die geltend gemachte Vorsteuer an das Finanzamt zurückgezahlt wurde.
d) Gewerberechtliche Folgen
Spätestens mit Feststellung des Erwerbsstatus endet auch die unternehmerische Tätigkeit für das betriebene Gewerbe. Dies heißt, das Gewerbe muss abgemeldet werden. Auch die gesetzliche Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer und die gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft enden zu diesem Zeitpunkt. Rentenversicherungspflichtige Selbstständige Ist ein Unternehmer echter Selbstständiger, beschäftigt aber regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer und hat er im Wesentlichen nur einen Auftraggeber, ist er auch als Selbstständiger rentenversicherungspflichtig, so die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI. Er hat seine Beiträge in vollem Umfang selbst zu zahlen und sich sofort beim zuständigen Rentenversicherungsträger anzumelden. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (B 12 RA 15/04 R vom 23.11.2005) reicht es aus, wenn statt eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers mehrere geringfügig Beschäftigte angestellt sind, wenn die Arbeitsentgelte zusammengerechnet die Geringfügigkeitsgrenze (derzeit 450 Euro im Monat bzw. 5.400 Euro im Jahr) überschreiten. "Im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber" ist nach der Faustregel gegeben, wenn 5/6 der Betriebseinnahmen über einen Auftraggeber generiert werden.
Es gibt nur wenige Möglichkeiten, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen:
Auch selbstständig tätige geschäftsführende Gesellschafter einer juristischen Person können nach der oben beschriebenen Regelung rentenversicherungspflichtige Selbstständige sein. Für die Beurteilung der Versicherungspflicht kommt es darauf an, ob die Gesellschaft (und nicht der Gesellschafter) im Wesentlichen nur einen Auftraggeber hat beziehungsweise ob die Gesellschaft sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigt. Nachdem das Bundessozialgericht dies zur früheren Gesetzeslage anders entschieden hatte, ist eine entsprechende Klarstellung im Gesetz erfolgt.
Mit dem Wegfall der Vermutungskriterien ist auch die Ausnahmeregelung für Handelsvertreter hinfällig geworden. Entscheidend für die Frage ihrer Selbstständigkeit ist damit, ob sie ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und über ihre Arbeitszeit bestimmen können (§ 84 Abs. 1 S. 2 Handelsgesetzbuch). Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, können auch Handelsvertreter "scheinselbstständig" sein. Indizien dafür sind beispielsweise Umsatzvorgaben, eng angelegte Kontrollen des Auftraggebers, Pflichtanwesenheit, vorgegebene Pflichttermine bei Kunden, Tourenpläne, Urlaubsabstimmung mit dem Auftraggeber sowie das Verbot, Angestellte einzustellen. Auch ein Handelsvertreter kann ein "rentenversicherungspflichtiger Selbständiger" sein (zu den Voraussetzungen siehe oben).
Die Abgrenzung zwischen Selbstständigen, rentenversicherungspflichtigen Selbstständigen und "Scheinselbstständigen" bleibt schwierig. Viele Einzelfälle und strittige Punkte werden weiterhin von der Rechtsprechung anhand der bisherigen Kriterien zu klären sein. Dabei kann das Ergebnis der arbeitsrechtlichen Prüfung die Auftragnehmerstellung sein, während die sozialversicherungsrechtliche Prüfung derselben Person den Arbeitnehmerstatus zuspricht, verbunden mit der entsprechenden Sozialversicherungspflicht. Insbesondere Existenzgründer sollten sich innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme der Geschäftstätigkeit an die Deutsche Rentenversicherung Bund wenden und schriftlich einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht stellen, wenn dies gewünscht ist.
Ist eine verbindliche Klärung bezüglich des Erwerbsstatus gewollt, sollte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung ein Antrag auf Feststellung gestellt werden.
Deutsche Rentenversicherung Bund
10704 Berlin
Service-Telefon: 0800/1000 480 70
Antragsvordrucke und Infomaterial: www.deutsche-rentenversicherung.
de/SharedDocs/Formulare/DE/Formularpakete/01_versicherte/
01_vor_der_rente/_DRV_Paket_Versicherung_Statusfeststellung.html
Vergütungen und die sonstigen Arbeitsbedingungen werden daher vielfach in Tarifverträgen bestimmt. Ein Tarifvertrag kann auf Arbeitnehmerseite nur von den Gewerkschaften, auf Arbeitgeberseite dagegen sowohl von Arbeitgeberverbänden (Verbandstarifvertrag) als auch von jedem einzelnen Arbeitgeber (Firmen-, Werk- oder Haustarifvertrag) abgeschlossen werden. Rechtsgrundlage für das Tarifrecht ist das Tarifvertragsgesetz (TVG).
Der Tarifvertrag regelt die Pflichten und Rechte der Tarifvertragsparteien. Er trifft außerdem Regelungen, insbesondere über den Abschluss, den Inhalt und die Beendigung der erfassten Arbeitsverhältnisse. Er kann auch betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen regeln.
Tarifverträge können grob unterschieden werden in
Daneben gibt es Sondertarifverträge, z.B. für vermögenswirksame Leistungen oder Zusatzversorgungen. Natürlich gibt es auch Tarifverträge, die mehrere der genannten Punkte in einem Vertrag regeln. Ob und welche Arten von Tarifverträgen es gibt, variiert je nach Branche.
a) Mitgliedschaft in tarifvertragschließenden Parteien (Tarifgebundenheit)
Die in Tarifverträgen vereinbarten Arbeitsbedingungen gelten grundsätzlich nur für die Arbeitsverhältnisse der tarifgebundenen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, d.h. wenn sowohl der Arbeitnehmer Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft und der Arbeitgeber Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes oder beim Firmentarifvertrag selbst Tarifvertragspartner ist.
b) Bezugnahmeklausel im Individualarbeitsvertrag
Die Anwendung von tarifvertraglichen Regelungen in ihrer Gesamtheit oder nur in ein-
zelnen Punkten kann auch einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden; dem steht es gleich, wenn die Anwendung von tarifvertraglichen Regeln betriebsüblich ist.
Wichtig ist zu überlegen, ob nur einzelne Punkte eines Tarifvertrags für ein Arbeitsverhältnis anwendbar sein sollen oder der Tarifvertrag insgesamt und dies im Arbeitsvertrag entsprechend deutlich zu regeln.
Eine Verweisung auf einen Tarifvertrag kann unterschiedlich weit reichen. Möglich sind z.B. sog. dynamische Verweisungen, die verschiedene Reichweiten haben können, etwa auf den in Bezug genommenen Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung (sog. kleine dynamische Verweisung) oder auf die jeweilige Fassung des einschlägigen Tarifvertrages (sog. große dynamische Verweisung) oder statische Verweisungen, d.h. auf den Tarifvertrag in der Fassung, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages gilt. Es ist wichtig, auf eine entsprechende Formulierung im Arbeitsvertrag zu achten.
c) Allgemeinverbindliche Tarifverträge
Tarifverträge gelten daneben auch für sonst nicht tarifgebundene Arbeitnehmer und Arbeitgeber, wenn das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrages fällt, der für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung führt zu einer unmittelbaren und zwingenden Wirkung des Tarifvertrages (§ 5 TVG). Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfolgt auf Antrag der Tarifvertragsparteien durch das Bundesarbeitsministerium. In vielen Branchen mit allgemeinverbindlichen Tarifverträgen sind nicht alle bestehenden Tarifverträge auch allgemeinverbindlich, sondern oft nur einzelne Tarifverträge, z.B. der Entgelttarifvertrag, teilweise auch nur bestimmte Regelungen einzelner Tarifverträge. Erfasst werden von einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag alle Arbeitsverhältnisse, die unter dessen Geltungsbereich fallen (s. unter 4.).
Für allgemeinverbindlich erklärt werden kann ein Tarifvertrag, wenn die Allgemeinverbindlichkeitserklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung erscheint in der Regel im öffentlichen Interesse geboten, wenn
Sonderregeln zur Allgemeinverbindlichkeitserklärung gelten für sog. gemeinsame Einrichtungen, wie z.B. die Sozial- und Urlaubskassen des Baugewerbes.
Häufig stellt sich die Frage, welcher von mehreren in Frage kommenden Tarifverträgen gilt.
a) Geltungsbereich
Ob ein Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrages fällt, hängt neben der Tarifgebundenheit von dessen räumlichem, betrieblichem, zeitlichem und persönlichem Anwendungsbereich ab, den die Tarifvertragsparteien festlegen können. Mit dem betrieblichen Anwendungsbereich wird bestimmt, für welche Betriebe ein Tarifvertrag gelten soll. Regelmäßig wird dabei vom Zweck des jeweiligen Betriebes ausgegangen. Maßgeblich ist der arbeitstechnische Zweck der betrieblichen Tätigkeit, der durch die überwiegend im Betrieb geleistete Arbeit oder die Merkmale, die dem Betrieb das „Gepräge geben“, festgelegt wird, nicht aber durch den wirtschaftlichen Zweck des Betriebes.
b) Zusammentreffen mehrerer Tarifverträge
Es besteht die Möglichkeit, dass in einem Betrieb mehrere Tarifverträge aufeinandertreffen. Verursacht werden kann ein solches Aufeinandertreffen z.B. durch ein Nebeneinander von einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag und einem Haustarifvertrag oder wenn es nach Berufsgruppen organisierte Gewerkschaften gibt. Die Frage, welcher Tarifvertrag in einem solchen Fall gilt, kann in einem Merkblatt nicht dargestellt werden. Auch das im Jahr 2015 in Kraft getretene Tarifeinheitsgesetz, dessen zentrale Regelung § 4a TVG ist, enthält nicht für alle Fälle des Zusammentreffens mehrerer Tarifverträge eine Regelung zu der Frage, welcher Tarifvertrag anwendbar ist. In derartigen Fällen ist eine detaillierte rechtliche Beratung notwendig.
Die Arbeitsverhältnisse werden bei Tarifbindung durch den Tarifvertrag unmittelbar und zwingend gestaltet, unabhängig davon, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die einzelnen Regelungen kennen. Von den Bestimmungen des Tarifvertrages kann zum Nachteil des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden. Der Arbeitnehmer hat bei bestehender tariflicher Bindung daher z. B. Anspruch auf den tariflichen Lohn, auch wenn er ausdrücklich mit dem Arbeitgeber eine niedrigere Vergütung vereinbart hat. Eine Abweichung von dem Tarifvertrag zugunsten des Arbeitnehmers ist jedoch jederzeit möglich (z. B. übertarifliche Vergütung). Es gilt die Regel: Treffen arbeits- und abweichende tarifvertragliche Regelung aufeinander, gilt die für den Arbeitnehmer günstigere (Günstigkeitsprinzip).
Zahlt der Arbeitgeber „unter Tarif“, obwohl er dazu verpflichtet wäre, nach Tarifvertrag zu zahlen, muss er ggf. nicht nur den Lohn, sondern auch die hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.
Darüber hinaus muss ein Arbeitgeber die in seinem Unternehmen geltenden Tarifverträge für jeden Arbeitnehmer einsehbar im Betrieb auslegen.
Die Regelungen eines Tarifvertrages können auch nach dessen Ablauf weiter gelten (sog. Nachwirkung). Sofern eine Nachwirkung durch den Tarifvertrag selbst oder die Allgemeinverbindlichkeitserklärung nicht ausgeschlossen wurde, gilt Folgendes: Nur für Arbeitsverhältnisse, die während der Laufzeit des Tarifvertrages bestanden haben, gelten nach der Rechtsprechung die Rechtsnormen des Tarifvertrages nach seinem Ablauf weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden (§ 4 Abs. 5 TVG). Eine „andere Abmachung“ braucht kein Tarifvertrag zu sein; es kann sich dabei auch um eine Betriebsvereinbarung oder einen Einzelarbeitsvertrag handeln. Für die Nachwirkung der allgemeinverbindlichen Tarifverträge gelten diese Regeln entsprechend. Die Nachwirkung allgemeinverbindlicher Tarifverträge besteht für nicht Organisierte auch dann weiter, wenn für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die durch Mitgliedschaft bei den Tarifvertragsparteien tarifgebundenen sind, bereits ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen wurde, dieser aber nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde.
Abschluss, Änderung, Beendigung und Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen sind in einem bei dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales geführten Tarifregister einzutragen. Auch von den Landesarbeitsministerien wird ein derartiges Tarifregister geführt. Das Tarifregister informiert über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen sowie über Inhalte von Tarifverträgen oder Einzelbestimmungen aus Tarifverträgen. Das Tarifregister erteilt nur Tarifauskünfte, keine anderen arbeitsrechtlichen Auskünfte. Auf der Homepage des Tarifregisters http://www.tarifregister.nrw.de sind neben der Übersicht über das Tarifgefüge in derzeit über 100 Branchen viele weitere Informationen erhältlich.
Teilzeitbeschäftigt ist ein Arbeitnehmer, wenn seine regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die betriebliche Regelarbeitszeit für Vollzeitkräfte. Zu den Teilzeitbeschäftigten gehören auch geringfügig Beschäftigte, für die einige Sonderregelungen gelten (s.u. 3.). Auf Teilzeitarbeit sind grundsätzlich dieselben arbeitsrechtlichen Vorschriften anzuwenden wie bei einem Vollzeitarbeitsverhältnis, da sich die beiden Beschäftigungsverhältnisse nur durch die Dauer der Arbeitszeit unterscheiden. Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, dass dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten entspricht.
Falls ein Unternehmen einen Arbeitsplatz ausschreibt, so muss es ihn auch als Teilzeitarbeitsplatz ausschreiben, wenn sich der Arbeitsplatz hierfür eignet.
Leistungen
Teilzeitbeschäftigte haben grundsätzlich Anspruch auf dieselben Leistungen wie Vollzeitbeschäftigte. Fällt infolge eines Feiertags die Arbeit aus, ist Feiertagsvergütung zu zahlen; ausgefallene Arbeitszeit ist weder vor- noch nachzuarbeiten. Im Falle einer Erkrankung ist Vergütung nach dem Entgeltausfallprinzip zu zahlen.
Da der Mindestlohn unabhängig von der Arbeitszeit und dem Umfang der Arbeit gewährt wird, fallen Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte, sog. Minijobber, auch unter die Mindestlohnregelung. Weiterführende Informationen zum Thema Mindestlohn finden Sie ebenfalls auf dieser Seite unserer Homepage.
Urlaub/Kündigung
Alle Teilzeitarbeitnehmer, einschließlich der geringfügig Beschäftigten, haben Anspruch auf Jahresurlaub wie Vollzeitarbeitskräfte. Arbeitet ein Teilzeitbeschäftigter an genauso vielen Arbeitstagen wie eine Vollzeitkraft, umfasst der Urlaub gleich viele Tage. Bei Teilzeitkräften, die nicht an jedem Arbeitstag/Woche arbeiten, sind zur Ermittlung der Urlaubsdauer die Arbeitstage rechnerisch in Beziehung zum Vollzeitarbeitsverhältnis zu setzen.
Beispiel: 20 Urlaubstage für Vollzeitkräfte, Vollzeit 5 Tage, Teilzeit 2 Tage:
20 Arbeitstage : 5 Tage x 2 Tage = 8 Urlaubstage, bezogen auf die Arbeitstage der Teilzeitkraft.
Auch bei den Kündigungsfristen wird nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten differenziert.
Ein Arbeitnehmer kann grundsätzlich verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird (zu den Voraussetzungen s. unter a)). Dies legt das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) fest. Arbeitnehmer haben auch die Möglichkeit, nicht nur unbefristet, sondern auch befristet die Arbeitszeit zu verringern (s. unter b).
Es gibt im Gesetz keine Vorgaben zum zeitlichen Umfang der Arbeitszeitreduzierung, so dass theoretisch eine Verkürzung um eine Stunde ebenso möglich wäre wie eine Verkürzung auf eine Stunde Wochenarbeitszeit. Es bedarf auch keines besonderen Grundes für die Arbeitszeitverkürzung wie etwa Pflege von Familienangehörigen oder Kinderbetreuung.
Soweit Teilzeitarbeitnehmer ihre Arbeitszeit verlängern wollen, sind sie unter bestimmten Voraussetzungen bevorzugt zu berücksichtigen (s. unter a).
Das TzBfG legt dem Arbeitgeber Erörterungs- und Informationspflichten auf: Arbeitgeber müssen mit einem Arbeitnehmer, der über einen Wunsch nach Veränderung von Lage und/oder Dauer der Arbeitszeit informiert hat, diesen Wunsch erörtern und den Arbeitnehmer auch über entsprechende Arbeitsplätze informieren, die besetzt werden sollen, § 7 Abs. 2 TzBfG.
Arbeitgeber sind gem. § 7 Abs. 3 TzBfG ebenfalls verpflichtet, Arbeitnehmern, die länger als sechs Monate beschäftigt sind und die in Textform (z.B. per E-Mail oder schriftlich) den Wunsch nach einer Änderung von Lage und/oder Dauer der Arbeitszeit angezeigt haben, innerhalb eines Monats eine begründete Antwort, ebenfalls in Textform, zu erteilen. Eine mündliche Erörterung reicht aus, wenn in den letzten zwölf Monaten vor Zugang der Anzeige bereits einmal auf einen in Textform geäußerten Wunsch in Textform begründet geantwortet worden ist.
a) Regelungen zur unbefristeten Verringerung und Verlängerung der Arbeitszeit, §§ 8 und 9 TzBfG
Arbeitnehmer haben nur dann einen Anspruch auf unbefristete Verringerung der Wochenarbeitszeit, wenn der Arbeitgeber - unabhängig von der Zahl der Auszubildenden - in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Dabei werden Teilzeitbeschäftigte nicht nur anteilig, sondern voll gezählt. Das Recht auf Verringerung der Arbeitszeit gilt auch für geringfügig Beschäftigte sowie für Mitarbeiter in befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Das TzBfG enthält folgende Vorgaben:
Das Arbeitsverhältnis muss vor erstmaliger Inanspruchnahme der Verringerung der Arbeitszeit bereits seit mehr als sechs Monaten bestehen, d.h. ein entsprechendes Verlangen („Antrag“) ist erst möglich, wenn das Arbeitsverhältnis bereits sechs Monate bestanden hat.
Der Arbeitnehmer muss der Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform (z.B. schriftlich oder per E-Mail) geltend machen. Zu diesem Zeitpunkt soll er auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben, er kann dies aber auch dem Direktionsrecht des Arbeitgebers überlassen.
Der Arbeitgeber soll den Teilzeitwunsch mit dem Arbeitnehmer mit dem Ziel erörtern, zu einer Einigung zu gelangen (Erörterungs- und Verhandlungspflicht).
Der Arbeitgeber muss der Verringerung der Arbeitszeit und der Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers zustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.
Ein solcher betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Die "Messlatte" für das Vorliegen betrieblicher Gründe liegt damit sehr hoch, denn es reicht nicht aus, dass Kosten entstehen; vielmehr müssen diese „unverhältnismäßig“ sein. Oder aber der betriebliche Ablauf muss „wesentlich“ beeinträchtigt werden. Die Frage, ob betriebliche Gründe vorliegen, ist eine Einzelfallentscheidung, was eine große Rechtsunsicherheit für die Unternehmen zur Folge hat. Sie können häufig zunächst nicht wissen, ob ihre Ablehnung eines Teilzeitwunsches ggf. vor Gericht Bestand hat. Macht der Arbeitgeber geltend, dass Fachkräftemangel einer Teilzeitbeschäftigung entgegensteht, muss er ggf. im arbeitsgerichtlichen Verfahren nachweisen, dass eine zusätzliche Arbeitskraft mit dem entsprechenden Berufsbild auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht.
Die Verringerung der Arbeitszeit tritt zunächst nicht in Kraft, wenn der Arbeitgeber die gewünschte Reduzierung der Arbeitszeit und/oder die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit bis spätestens einen Monat vor Beginn der gewünschten Veränderung schriftlich (also durch ein mit Unterschrift versehenes Schreiben) ablehnt. Im Fall einer solchen Ablehnung bleibt dem Arbeitnehmer dann der Gang zum Arbeitsgericht.
Lehnt der Arbeitgeber die gewünschte Arbeitszeitreduzierung nicht, nicht bis spätestens einen Monat vor dem gewünschten Termin oder nicht in Textform ab, gilt die Arbeitszeitreduzierung entsprechend des Wunsches des Arbeitnehmers als festgelegt, entsprechendes gilt für die Verteilung der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann die - im Rahmen einer Arbeitszeitreduzierung - vereinbarte Verteilung der Arbeitszeit (nicht die Dauer der Arbeitszeit) wieder ändern, wenn das betriebliche Interesse daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich überwiegt und der Arbeitgeber die Änderung spätestens einen Monat vorher ankündigt.
Der Arbeitnehmer kann eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen (Sperrfrist). Das gilt sowohl, wenn der Arbeitgeber dem erstmaligen Wunsch entsprochen hat, als auch, wenn er den vorhergehenden Antrag berechtigt abgelehnt hat.
Das Gesetz enthält in § 9 auch eine Regelung für den Fall, dass ein Arbeitnehmer, der unbefristet in Teilzeit arbeitet, seine Arbeitszeit verlängern will. Diese Regelung gilt unabhängig von einer Mindestbeschäftigungsdauer und Anzahl der Mitarbeiter. Zeigt ein Teilzeitbeschäftigter seinem Arbeitgeber in Textform (z.B. schriftlich oder per E-Mail) an, dass er seine Arbeitszeit verlängern will, so muss dieser Arbeitnehmer bei Besetzung eines Arbeitsplatzes bevorzugt berücksichtigt werden, es sei denn, dass
- es sich nicht um einen entsprechenden freien Arbeitsplatz handelt. Ein entsprechender Arbeitsplatz ist vorhanden, wenn auf diesem die gleiche oder eine zumindest vergleichbare Tätigkeit auszuüben ist, wie sie die oder der Teilzeitbeschäftigte schuldet. Beide Tätigkeiten müssen in der Regel dieselben Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung des Arbeitnehmers stellen. Der Arbeitsplatz muss auch den Arbeitszeitwünschen des Arbeitnehmers entsprechen,
- der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht mindestens gleich geeignet ist, wie ein anderer vom Arbeitgeber bevorzugter Arbeitnehmer,
- Arbeitszeitwünsche anderer bevorrechtiger teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer oder
- dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Die betrieblichen Gründe müssen hier noch mehr Gewicht haben („dringend“), als bei der Ablehnung eines Teilzeitwunsches. Das Bundesarbeitsgericht bejaht das Vorliegen dringender betrieblicher Gründe nur, wenn diese zwingend oder von ganz besonderem Gewicht sind.
In einem arbeitsgerichtlichen Verfahren trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass
- ein entsprechender freier Arbeitsplatz fehlt,
- der Arbeitnehmer für die Besetzung nicht gleich geeignet ist, wie der bevorzugte Arbeitnehmer,
- entgegenstehende Arbeitszeitwünsche anderer Arbeitnehmer oder
- dringende betriebliche Gründe vorliegen,
und nicht nur für das Vorliegen entgegenstehender dringender betrieblicher Gründe bzw. die Ermessensgründe bei Auswahl der Arbeitszeitwünsche mehrerer Arbeitnehmer.
b. Regelungen zur zeitlich begrenzten Verringerung der Arbeitszeit („Brückenteilzeit“), § 9a i.V.m. § 8 TzBfG
Außerdem haben Arbeitnehmer gem. § 9a TzBfG die Möglichkeit, befristet in Teilzeit zu arbeiten.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist auch hier, dass das Arbeitsverhältnis seit mehr als sechs Monaten besteht, erst dann ist ein entsprechender Antrag möglich. Verlangen kann ein Arbeitnehmer Brückenteilzeit nur dann, wenn der Arbeitgeber (nicht der Betrieb!) in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt. Maßgeblich ist hier die Kopfzahl, sodass Teilzeitkräfte voll berücksichtigt werden, Auszubildende zählen nicht.
Das Verlangen des Arbeitnehmers, befristet die Arbeitszeit zu reduzieren, ist spätestens drei Monate vor Beginn der geplanten Arbeitszeitreduzierung in Textform (z.B. schriftlich oder per E-Mail) geltend zu machen. Der Arbeitnehmer muss dabei auch den Zeitraum der Verringerung angeben; er soll auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben, kann dies aber auch dem Direktionsrecht des Arbeitgebers überlassen.
Zur Dauer der Befristung sieht das Gesetz vor, dass die Arbeitszeit für mindestens ein Jahr reduziert werden muss und höchstens für fünf Jahre reduziert werden kann.
Ebenso wie bei der unbefristeten Teilzeit hat der Arbeitgeber eine Erörterungs- und Verhandlungspflicht, die sich hier auf die Arbeitszeitreduzierung als solche, deren Dauer und die Lage der Arbeitszeit erstreckt.
Während der Brückenteilzeit kann der Arbeitnehmer keine weitere Reduzierung oder Verlängerung seiner Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz verlangen, wohl aber aufgrund anderer gesetzlicher Regelungen, wie z.B. Elternteilzeit nach dem BEEG.
Wie bei der unbefristeten Arbeitszeitreduzierung hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, das Verlangen des Arbeitnehmers abzulehnen und zwar hinsichtlich der Verringerung der Arbeitszeit an sich, des Zeitraums der Verringerung oder der Lage der Arbeitszeit. Dazu kann er sich auf betriebliche Gründe stützen (s. dazu unter a.).
Bei der befristeten Teilzeit hat der Gesetzgeber daneben eine sog. Zumutbarkeitsgrenze vorgesehen, die von der Anzahl der Arbeitnehmer insgesamt und der Anzahl der Arbeitnehmer, die bereits befristet die Arbeitszeit reduziert haben, abhängt. Ein Arbeitgeber, der in der Regel mehr als 45, aber nicht mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt, kann den Antrag auch ablehnen, wenn zum Zeitpunkt des begehrten Beginns der Arbeitszeitreduzierung bei einer Arbeitnehmerzahl von
- mehr als 45 bis 60 bereits mindestens vier,
- mehr als 60 bis 75 bereits mindestens fünf,
- mehr als 75 bis 90 bereits mindestens sechs,
- mehr als 90 bis 105 bereits mindestens sieben,
- mehr als 105 bis 120 bereits mindestens acht,
- mehr als 120 bis 135 bereits mindestens neun,
- mehr als 135 bis 150 bereits mindestens zehn,
- mehr als 150 bis 165 bereits mindestens elf,
- mehr als 165 bis 180 bereits mindestens zwölf,
- mehr als 180 bis 195 bereits mindestens dreizehn,
- mehr als 195 bis 200 bereits mindestens vierzehn
andere Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit gem. § 9a TzBfG befristet verringert haben. Unerheblich sind bereits bestehende Arbeitsreduzierungen auf anderer Rechtsgrundlage.
Da es auf den Tag des Beginns der begehrten Arbeitszeitreduzierung ankommt und der Antrag drei Monate zuvor zu stellen ist, muss der Arbeitgeber ggf. eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Zumutbarkeitsregel treffen.
Will der Arbeitgeber das Teilzeitverlangen zurückweisen, so muss er dies in Textform tun (s. oben). Zwischen dem Zugang des entsprechenden Schreibens beim Arbeitnehmer und dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitreduzierung muss auch hier ein voller Monat liegen. Lehnt der Arbeitgeber nicht, nicht in Textform oder zu spät ab, verringert sich die Arbeitszeit entsprechend dem Verlangen des Arbeitnehmers.
Wie bei der unbefristeten Teilzeit gibt es auch bei der Brückenteilzeit Sperrfristen für einen neuen Antrag auf Teilzeit:
- Kehrt ein Arbeitnehmer aus einer Brückenteilzeit zurück, kann er einen neuen Antrag auf befristete oder unbefristete Teilzeit erst ein Jahr nach dem Datum der Rückkehr stellen. Hinzu kommt die Ankündigungsfrist von drei Monaten, so dass eine neue Arbeitszeitreduzierung erst nach 15 Monaten wirksam werden kann.
- Lehnt der Arbeitgeber einen Antrag auf befristete Reduzierung der Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen ab, kann ein neuer Antrag erst nach zwei Jahren nach der Ablehnung gestellt werden.
- Nach einer Ablehnung aufgrund der Zumutbarkeitsregel (Verhältnis von Arbeitnehmerzahl und bereits in Brückenteilzeit Beschäftigte) ist ein neuer Antrag ein Jahr nach der Ablehnung zulässig.
c. Elternteilzeit
Sonderregeln gelten für die sog. Elternteilzeit. Informationen hierzu finden Sie in unserem Merkblatt "Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld".
Geringfügige Beschäftigung (sog. Minijobs)
Geringfügige Beschäftigung kann in der Form der sog. Zeitgeringfügigkeit (s. dazu unten) oder in der Form der sog. Entgeltgeringfügigkeit vorkommen. Im Falle der wesentlich häufiger vorkommenden Entgeltgeringfügigkeit dürfen Arbeitnehmer nicht mehr als 520,- € monatlich bzw. 6.240,- € jährlich verdienen.
Bei einer geringfügigen Beschäftigung müssen die Arbeitgeber pauschale Beiträge/ Steuern an die sog. Minijobzentrale abführen.
Zuständig für den Einzug aller pauschalen Abgaben ist die:
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See („Minijobzentrale“)
Hauptverwaltung Pieperstr. 14-28
44789 Bochum
www.minijob-zentrale.de
Abzuführen sind bei Entgeltgeringfügigkeit Rentenversicherungsabgaben, Abgaben für die gesetzliche Krankenversicherung des geringfügig Beschäftigten sowie eine Pauschalsteuer (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Hinzu treten ggf. die U-1-Umlage, die U-2-Umlage sowie eine Insolvenzgeldumlage und ein Beitrag an den Träger der jeweiligen gesetzlichen Unfallversicherung. Der einheitliche Pauschsteuersatz von 2 % ist auch anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer keiner erhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft angehört.
Die aktuellen Abgabensätze und Fälligkeitstermine finden Sie unter www.minijobzentrale.de/DE/00_home/node.html.
Die Minijobzentrale verteilt die eingezogenen Beträge auf die verschiedenen Krankenkassen, Rentenversicherungsträger, Finanzbehörden und Kirchen. Neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung darf eine geringfügige Nebenbeschäftigung (nicht beim gleichen Arbeitgeber!) ausgeübt werden, ohne dass eine Zusammenrechnung der Tätigkeiten erfolgt. Eine Addition der Tätigkeiten für die Sozialversicherung fängt erst bei der zweiten geringfügigen Nebenbeschäftigung an mit der Folge einer Sozialversicherungspflicht zu den üblichen Beitragssätzen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen dann ihren Anteil an den Versicherungsbeiträgen, die Arbeitgeber führen die Beträge an die Sozialversicherungsträger ab. Dies gilt auch, wenn ein Arbeitnehmer aus mehreren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen ein Einkommen von zusammen mehr als 520,00 € erzielt. Der Arbeitgeber hat insoweit ein Fragerecht; sinnvoll ist es, sich von einem Minijobber seine Angaben zu etwaigen weiteren Beschäftigungen schriftlich bestätigen zu lassen, z.B. in einem Personalfragebogen oder im Arbeitsvertrag.
Bei der Berechnung des Lohnes ist zu beachten, dass bei Tarifbindung der tariflich geschuldete Betrag zugrunde zu legen ist, auch wenn (widerrechtlich) tatsächlich ein geringerer Lohn vereinbart worden sein sollte. Außerdem sind gegebenenfalls Urlaubs- und Weihnachtsgeld (verteilt auf die einzelnen Monate) einzubeziehen. Personen, die nach dem 1. Januar 2013 ein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis aufnehmen bzw. aufgenommen haben, unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Da der Arbeitgeber für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung bereits den Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung zahlt, ist von den Arbeitnehmern nur die geringe Differenz zum jeweils geltenden allgemeinen Beitragssatz auszugleichen.
Alternativ zur vollen Rentenversicherungspflicht können sich Minijobber von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung befreien lassen. Hierfür muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen, dass er die Befreiung von der Versicherungspflicht wünscht und der Arbeitgeber die Minijobzentrale innerhalb von sechs Wochen darüber informieren. Detaillierte Informationen zu dem Verfahren finden Sie unter www.minijobzentrale. de. Dann entfällt der Eigenanteil des Minijobbers, nur der Arbeitgeber zahlt den Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung. Hierdurch verlieren Minijobber, die nicht anderweitig der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegen, die Ansprüche auf einen Großteil der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Wer sich hingegen nicht befreien lässt, erwirbt durch die Beschäftigung vollwertige Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung. Die Rentenversicherungsträger berücksichtigen diese Zeiten in vollem Umfang bei den erforderlichen Mindestversicherungszeiten (Wartezeiten) für alle Leistungen der Rentenversicherung.
Wichtig für Arbeitgeber
Auf der Internetseite www.minijob-zentrale.de finden Sie weitere Informationen zu diesem Thema.
Zeitgeringfügigkeit (kurzfristige Beschäftigung) § 8 Abs. 1, Nr. 2 SGB IV:
Hierunter fallen Tätigkeiten von bis zu drei Monaten bzw. 70 Tage in einem Kalenderjahr, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 520,00 € im Monat überseigt. Es muss sich hierbei um von vornherein befristete Tätigkeiten handeln, die nicht regelmäßig sein dürfen (zum Beispiel: Saisonarbeit, Urlaubsvertretung, Inventurhelfer). Auch diese Tätigkeiten sind dem Sozialversicherungsträger zu melden.
Zeitgeringfügige Tätigkeiten sind sozialversicherungsfrei, aber steuerpflichtig (Lohnsteuerkarte oder pauschale Lohnsteuer von 25 %). Zu entrichten sind an die Minijobzentrale ggf. die U-1-Umlage, die U-2-Umlage sowie eine Insolvenzgeldumlage und ein Beitrag an den Träger der jeweiligen gesetzlichen Unfallversicherung. Die aktuellen Abgabensätze und Fälligkeitstermine finden Sie ebenfalls unter https://www.minijob-zentrale.de/DE/00_home/node.html.
Übergangsbereich von über 520,01 € bis 2.000,00 €
Beschäftigungsverhältnisse zwischen 520,01 € und 2.000,00 € bilden den sog. Übergangsbereich (früher: Einkommensgleitzone). Oberhalb von Arbeitsentgelten von 520,- € besteht Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Der Arbeitnehmer hat im Übergangsbereich den gesamten Schutz aller Sozialversicherungszweige.
Dennoch sind die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer bei geringem Lohn relativ niedrig und steigen auf den vollen Beitrag bei 2.000,00 € an. Arbeitgeber müssen bei Arbeitsentgelten am unteren Rand des Übergangsbereichs dagegen deutlich mehr an Sozialversicherungsbeiträgen leisten. Bei 520,01 € sind dies (mit Umlagen) derzeit ca. 30%. Die prozentuale Beitragsbelastung des Arbeitgebers sinkt dann mit zunehmender Entgelthöhe langsam ab, bis sie bei Erreichen des oberen Grenzbetrages von 2.000 € den Betrag der Hälfte des Gesamtsozialversicherungsbeitrags erreicht. Die Errechnung des Arbeitnehmerbeitrags zur Sozialversicherung erschließt sich mittels einer Formel nur mit erheblichen Schwierigkeiten. Für die Berechnung gibt es verschiedenste Softwaremodelle, auch auf den Internetseiten der gesetzlichen Krankenkassen.
Als Einzugsstelle wird die Krankenkasse des Arbeitnehmers tätig; die Steuern sind vom Arbeitgeber an das zuständige Finanzamt abzuführen.
Arbeitnehmer haben grundsätzlich in jedem Kalenderjahr einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt nach Bundesurlaubsgesetz 24 Werktage. Allerdings ergibt sich aus Tarifverträgen oder Einzelvereinbarungen häufig ein höherer Urlaubsanspruch.
Für den Arbeitnehmer günstigere tarifliche oder einzelvertragliche Regelungen haben Vorrang gegenüber den gesetzlichen Bestimmungen. Sonderregelungen gibt es unter anderem auch im Jugendarbeitsschutzgesetz und dem Schwerbehindertengesetz.
Voraussetzung für den Urlaubsanspruch ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Dazu gehören auch Berufsausbildungsverhältnisse sowie Teilzeit- und geringfügige Beschäftigungen. Den vollen Urlaubsanspruch erwirbt der Arbeitnehmer nach einer Wartezeit von sechs Monaten. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat. Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer für Zeiträume, für die er
Scheidet der Arbeitnehmer nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis aus, wird nicht gequotelt; es entsteht also der volle Urlaubsanspruch. Für übergesetzliche Ansprüche ist eine Quotelung möglich, wenn dies im Arbeitsvertrag so transparent geregelt ist.
Wechselt der Arbeitnehmer im laufenden Jahr den Arbeitgeber und hat er in seinem früheren Arbeitsverhältnis weder Urlaub noch Urlaubs-Abgeltung erhalten, entsteht der Anspruch im neuen Arbeitsverhältnis ungekürzt. Der neue Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer nicht darauf verweisen, sich an den früheren Arbeitgeber zu wenden.
Der gesetzliche Mindesturlaub für Arbeitnehmer beträgt grundsätzlich 24 Werktage pro Jahr, wobei der Samstag als Werktag gilt. Ist die Arbeitszeit nicht auf alle Werktage der Woche (6 Tage) verteilt, muss der Urlaubsanspruch bezogen auf die Anzahl der Arbeitstage umgerechnet werden. Gleiches gilt für geringfügig Beschäftigte.
1. Regelmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf 5 oder weniger Arbeitstage je Woche.
Beispiel für eine 5-Tage-Woche:
Gesamtdauer des gesetzlichen Urlaubs (24 Tage) multipliziert mit der Anzahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage pro Woche (5) dividiert durch 6 Werktage = 20.
Beispiel für eine 3-Tage-Woche:
Gesamtdauer des gesetzlichen Urlaubs (24 Tage) multipliziert mit der Anzahl der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Arbeitstage pro Woche (3) dividiert durch 6 Werktage = 12.
2. Unregelmäßige Verteilung der Arbeitstage pro Woche
Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nicht regelmäßig auf eine bestimmte Anzahl von Wochentagen verteilt, sondern beispielsweise mal auf vier, mal auf fünf Tage in der Woche, ist die Berechnung auf das Jahr zu beziehen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht in diesem Fall von einer Arbeitsverpflichtung an 260 Tagen in der 5-Tage-Woche (52 x 5) und von 312 Werktagen in der 6-Tage-Woche aus, sofern ein Tarifvertrag keine andere Regelung enthält.
Die Berechnungsformel lautet dann:
Gesetzliche oder tarifliche Urlaubsdauer oder vertraglicher Urlaub bei Vollzeitbeschäftigung multipliziert mit der Anzahl der Tage, an denen der Arbeitnehmer im Jahr zur Arbeit verpflichtet ist dividiert durch die Anzahl der Jahreswerktage oder Jahresarbeitstage (je nach betrieblicher Grundlage)
Beispiel: Ein Arbeitnehmer arbeitet in 28 Wochen im Jahr an 5 Tagen, in 18 Wochen an 4 Tagen und in 6 Wochen an 3 Tagen in der Woche. Im Betrieb besteht ein Urlaubsanspruch von 28 Arbeitstagen bei einer 5-Tage-Woche. Der Urlaubsanspruch berechnet sich wie folgt:
28 Arbeitstage (betriebliche Urlaubsdauer) multipliziert mit 230 Arbeitstagen (28 Wochen x 5 Arbeitstage + 18 Wochen x 4 Arbeitstage + 6 Wochen x 3 Arbeitstage) dividiert durch 260 (Jahresarbeitstage) = 24,67.
Daraus ergibt sich eine Urlaubsdauer von 24,67 Arbeitstagen. Eine Aufrundung nach § 5 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz findet dabei nicht statt.
Für Teilzeitbeschäftigte gelten bei einer ungleichmäßigen Verteilung Berechnungsgrundsätze wie für Vollzeitbeschäftigte.
Die Gewährung zusätzlicher Urlaubstage (nur) für ältere Arbeitnehmer ist nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts möglich (Urteil vom 21. Oktober 2014, Az: 9 AZR 956/12). Dabei muss der Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzung durchführen.
Die Festlegung des Urlaubszeitpunkts erfolgt nicht einseitig durch den Arbeitnehmer; er hat kein Recht zur Selbstbeurlaubung. Macht der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch geltend, legt der Arbeitgeber den Urlaubszeitpunkt unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers fest. Der Arbeitgeber muss die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers dann nicht berücksichtigen, wenn dringende betriebliche Belange oder unter sozialen Gesichtspunkten vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen. Stellt der Arbeitgeber einen Urlaubsplan auf, so hat der Betriebsrat mitzubestimmen.
3. Umfang des Urlaubsanspruchs bei Änderung der Anzahl der Arbeitstage
Verringert sich im Laufe eines Jahres die Anzahl der Arbeitstage des Arbeitnehmers (z.B. durch Reduzierung der Arbeitszeit), ist es nicht zulässig, die Zahl der während einer vorherigen Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage zu kürzen (EuGH, Beschluss vom 13.06.2013, AZ C-415/12, BAG, Urteil vom 10.02.2015, AZ 9 AZR 53/14). Die Anzahl der dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubstage ist daher abschnittsweise zu berechnen. Dies dürfte auch für den umgekehrten Fall der Erhöhung der Anzahl der Arbeitstage gelten.
4. Übertragung
Grundsätzlich muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr ist möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Dann muss der Urlaub grundsätzlich in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Wird der Urlaub bis Jahresende oder bei möglicher Übertragung bis Ende des Übertragungszeitraums nicht genommen, verfällt er nicht automatisch. Vielmehr trifft den Arbeitgeber eine Mitwirkungsobliegenheit in Form einer Aufforderungs- und Hinweispflicht. Er muss den Arbeitnehmer klar und rechtzeitig darauf hinweisen, dass der Urlaub bis zum Jahresende beziehungsweise bis zum Ende des Übertragungszeitraums genommen werden muss und ansonsten erlischt. Außerdem muss er den Arbeitnehmer auffordern, Urlaub zu nehmen. Kommt der Arbeitgeber seiner Aufforderungs- und Hinweispflicht nicht nach, erlischt der Urlaubsanspruch nicht, so dass sich Urlaubsansprüche aus den Vorjahren ansammeln können. Diese können verjähren, aber nur, wenn der Arbeitgeber zuvor rechtzeitig auf den noch offenen Urlaub und den drohenden Verfall hingewiesen hat. Dann beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit Ende des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Hinweis erteilt hat.
Besonderheiten bestehen, wenn der Arbeitnehmer wegen längerer Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraums nehmen kann. Die Rechtsprechung hat entschieden, dass der Urlaubsanspruch in diesem Fall spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt. Aber auch hier besteht grundsätzlich eine Hinweispflicht des Arbeitgebers vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Hat der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr noch gearbeitet, erkrankt dann und wird bis zum Ablauf der 15 Monate nicht wieder arbeitsfähig, erlischt der Anspruch nur, wenn der Arbeitgeber ihn rechtzeitig in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub zu nehmen. Hat der Arbeitnehmer vor der Erkrankung im Urlaubsjahr nicht gearbeitet, erlischt der Anspruch unabhängig von einem Hinweis. Wann der Hinweis erfolgen muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, normalerweise ist nach der Rechtsprechung eine Woche nach Entstehung des Urlaubsanspruchs ausreichend.
Dies gilt für den gesetzlichen Mindesturlaub. Für den übergesetzlichen Urlaub können andere Regelungen vereinbart werden. Dafür ist eine deutliche Trennung erforderlich.
5. Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld und Urlaubsabgeltung
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung während des Urlaubes (Urlaubsentgelt). Die Höhe des Urlaubsentgelts richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Überstundenvergütungen werden nicht berücksichtigt. Ein gesetzlicher Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld (Gratifikation) besteht nicht. Häufig wird jedoch aufgrund tarifvertraglicher oder arbeitsvertraglicher Regelung oder entsprechender betrieblicher Übung ein zusätzliches Urlaubsgeld gewährt.
Es ist grundsätzlich unzulässig, nicht genommenen Urlaub in Geld abzugelten. Dies ergibt sich aus dem Grundgedanken des Urlaubs, nämlich der Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Erholung. Die Urlaubsabgeltung ist nur zulässig, wenn der Urlaubsanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllt werden kann, wobei gekündigte Arbeitnehmer ihren noch ausstehenden Urlaub nicht mehr bis Jahresende beziehungsweise bis zum Ende des Übertragungszeitraums geltend machen müssen (BAG, Urteil vom 19.06.2012, Az: 9 AZR 652/10). Für die Berechnung ist das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers maßgebend.
Tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen können zum Verfall des Abgeltungsanspruches führen.
Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub geht auch dann nicht unter, wenn ein Arbeitnehmer verstirbt. Für diesen Fall hat der Europäische Gerichtshof am 6. November 2018 (Az C-569/16 und C-570/16) entschieden, dass den Erben ein Abgeltungsanspruch für die nicht genommenen Urlaubstage zustehen kann.
6. Erkrankung oder Quarantäne während des Urlaubes
Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub angerechnet. Auch bei längerer Krankheit bleibt der Urlaubsanspruch unberührt. Er besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer das ganze Jahr krank war. Der Urlaubsanspruch erlischt auch dann nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums fortgedauert hat und der Urlaub deshalb nicht genommen werden konnte (siehe oben).
Quarantänezeiten nach dem Infektionsschutzgesetz werden seit September 2022 nicht mehr auf den Urlaub angerechnet. Für Quarantänezeiten vor diesem Zeitpunkt hat der EuGH allerdings entschieden, dass es keinen Anspruch darauf gibt, diese Urlaubstage nachzuholen (Urt. v. 14.12.2023, AZ C-206/22).
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit einzelvertraglich zu regeln. Da im Gesetz lediglich die Obergrenze für die maximal zulässige Mehrarbeit festgelegt ist, sind einzelvertragliche Vereinbarungen umso wichtiger.
Von Mehrarbeit (im arbeitsrechtlichen Sinn) spricht man, wenn die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.
Überstunden hingegen sind vom Arbeitgeber angeordnete Überschreitungen der für den Arbeitnehmer (aufgrund Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag) geltenden regelmäßigen Arbeitszeit.
Mehrarbeitsverbote und -grenzen
Die Anordnung von Überstunden findet ihre Grenze in den zwingenden Bestimmungen des ArbZG. Dieses geht von einer maximalen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden aus. Die Arbeitszeit darf auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden täglich nicht überschritten werden. Da der Samstag nach wie vor normaler Werktag ist, liegt dem Gesetz also eine 48 –Stunden-Woche zu Grunde.
Die Einhaltung des Arbeitszeitrechtes durch den Arbeitgeber wird durch Bußgeldandrohung bis zu 30.000 € und die Möglichkeit der Einziehung des wirtschaftlichen Vorteils gesichert.
Anordnung von Überstunden
Überstunden müssen grundsätzlich nur dann geleistet werden, wenn diese zuvor vereinbart worden sind. Alleine aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers lässt sich keine Befugnis zur Anordnung von Überstunden ableiten.
Ausnahme: In Notfällen, wenn die Überstunden im Interesse des Betriebes dringend erforderlich sind. Ein Notfall liegt nur dann vor, wenn es sich um ein ungewöhnliches, nicht vorhersehbares Ereignis handelt. Kapazitätsengpässe oder vermehrter Arbeitsanfall reichen als Begründung nicht aus und gehen als Organisationsverschulden zu Lasten des Arbeitgebers.
Zulässig ist es, eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag einzubauen, wonach sich die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers auch auf die (mündliche) Anordnung von Überstunden erstrecken soll.
Mustertext:
"Der Arbeitgeber behält sich vor, monatlich bis zu... Überstunden anzuordnen. Bei der Anordnung der Überstunden berücksichtigt der Arbeitgeber die betriebliche Notwendigkeit und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers".
Eine Anordnung kann trotz tariflicher Verpflichtung unzulässig sein, wenn im Einzelvertrag ein Ausschluss vereinbart wurde (Günstigkeitsprinzip).
Die einseitige Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber kann auch konkludent erfolgen, indem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Arbeit zuweist, die nur unter Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet werden kann und die Erwartung ihrer baldigen Erledigung zum Ausdruck bringt. Hat die Anordnung nach tariflichen Vereinbarungen zu erfolgen, so besteht der Anspruch auch dann, wenn keine arbeitsvertragliche Regelung getroffen wurde.
Wird ein Arbeitnehmer verpflichtet, über die gesetzlich zulässige Arbeitszeit (mehr als die verlängerte Höchstarbeitszeit von 10 Stunden) hinaus Mehrarbeit zu leisten, so ist insoweit die Verpflichtung unwirksam. Der Arbeitgeber handelt ordnungswidrig.
In gesetzlichen Vorschriften finden sich keine Vergütungsregelungen für geleistete Überstunden. Auch das ArbZG regelt nur die Frage, bis zu welcher Obergrenze Mehrarbeit zulässig ist, nicht jedoch, ob und in welchem Umfang diese zu vergüten ist.
Eine Ausnahme macht das Berufsbildungsgesetz (BBiG) für zu ihrer Berufsausbildung beschäftigte Personen (§17 Abs. 7 BBiG). Darin wird festgelegt, dass eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen ist. Der Auszubildende hat dabei grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen Vergütung und Freizeitausgleich. Die Höhe der Mehrarbeitsvergütung muss angemessen sein. Das ist sie aber auch dann, wenn sie nur in Höhe des normalen Stundensatzes, das heißt ohne besonderen Zuschlag, erfolgt.
Beachte: Zum 1. Januar 2015 wurde in Deutschland mit dem Mindestlohngesetz der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn pro Stunde eingeführt. Dieser beläuft sich seit dem 1. Oktober 2022 auf einen Betrag in Höhe von 12,00 Euro pro geleistete Arbeitsstunde. Abweichungen von diesem gesetzlichen Mindestlohn sind nur zulässig, soweit sie im Gesetz zugelassen sind.
Gezahlte Vergütungszuschläge können dabei als Bestandteil des Mindestlohns angerechnet werden, wenn der Arbeitnehmer sie als vertraglichen Ausgleich für die geleitstete Arbeit erhält. Das betrifft Überstundenzuschläge ebenso wie Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit und Schichtarbeit. Nicht anrechenbar sind die gesetzlich vorgeschriebenen Zuschläge für Nachtarbeit.
Grundvergütung
Die Vergütung ist in der Regel Gegenstand freier Vereinbarung im Einzelarbeitsvertrag, Betriebsvereibarungen oder Tarifverträgen. Dabei ist zwischen der anfallenden Grundvergütung und eventuellen Vergütungszuschlägen zu unterscheiden.
Vereinbarungen im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung
Bei tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen enthalten die Tarifverträge im Allgemeinen detaillierte Bestimmungen über die Bezahlung von Überstunden bzw. Mehrarbeit. Neben der Grundvergütung wird dabei oft ein besonderer Zuschlag gezahlt, der häufig nach der Zahl der geleisteten Überstunden gestaffelt wird.
In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung kann zugelassen sein, dass abweichend von § 3 ArbZG die Höchstarbeitszeit überschritten wird. Sind derartige Arbeitszeiten geregelt, so werden sich auch die Vergütungsverpflichtungen aus den kollektivrechtlichen Regelungen ergeben.
Tarifverträge sehen gelegentlich auch vor, dass Überstunden durch Freizeit auszugleichen sind. In diesen Fällen besteht ein Vergütungsanspruch nur in besonderen Fällen. Die Anordnung des Freizeitausgleichs erfolgt nach billigem Ermessen des Arbeitgebers.
Erkrankt der Arbeitnehmer am Tag des Freizeitausgleiches, gilt sein Anspruch auf Freizeitausgleich dennoch als erfüllt, wenn die Freistellung schon vor der Erkrankung bindend festgelegt war. Der Arbeitnehmer hat nur dann Anspruch auf Nachgewährung, wenn ausdrücklich vereinbart wurde, dass der Ausgleich nicht nur „bewilligt, sondern auch gewährt werden muss“.
Vereinbarungen im Einzelvertrag
Fehlt eine kollektivrechtliche Regelung der Vergütung von Mehrarbeit oder Überstunden oder ist diese mangels Tarifbindung nicht anzuwenden, so bedarf es einer einzelvertraglichen Regelung.
Vorformulierte Vertragsgestaltungen, die den Anspruch auf Mehrarbeits- oder Überstundenvergütung einseitig beschneiden, können zu einer unangemessenen und sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung des Arbeitnehmers führen. Deshalb ist eine Inhaltsprüfung immer erforderlich.
Einzelvertragliche Klauseln, wonach Überstunden mit dem Grundgehalt als abgegolten gelten, sind nur wirksam, wenn sie transparent und verständlich formuliert sind. Aus der Formulierung muss insbesondere klar hervorgehen, wie viele Überstunden mit dem Grundgehalt abgedeckt sein sollen.
Zulässig ist eine solche Klausel, soweit eine zumindest durchschnittlich nur geringfügige - unter der gesetzlichen Höchstarbeitszeit liegende - Überschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit mit dem vereinbarten Gehalt abgegolten ist. Mit einer Überstundenabgeltung von 10 % der Arbeitszeit dürfte eine angemessene Regelung vorliegen (vgl. LAG Hamm vom 16.11.2004, AZ: 19 Sa 1424/05; bestätigt durch BAG vom 16.05.2012, AZ: 5 AZR 331/11).
Mustertext:
"Mit dem vereinbarten Gehalt sind bis zu vier Überstunden pro Woche abgegolten. Darüber hinaus gehende Überstunden werden nach Wahl des Arbeitgebers in Freizeit ausgeglichen oder bezahlt".
Bei leitenden Angestellten wird im Hinblick auf die gesteigerte Interessenwahrungspflicht und das regelmäßig hohe Gehalt allgemein eine Verpflichtung zur Ableistung betriebsnotwendiger Überstunden ohne zusätzlichen Arbeitsentgeltanspruch angenommen.
Ist im Einzelarbeitsvertrag keine Regelung vorgesehen, ist unter Berücksichtigung betrieblicher Handhabung und Branchenüblichkeit im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob für Überstunden der Grundlohn zuzüglich eines Zuschlags zu zahlen ist.
Überstunden unter Überschreitung der Höchstarbeitszeitgrenzen des ArbZG sind auch bei entgegenstehender Vertragsgestaltung nach § 612 BGB zu vergüten. Bei Arbeiten im Stundenlohn erfolgt die Vergütung der Überstunde mit dem Grundlohn.
Bei Vereinbarung eines Monatslohns bei gleichzeitiger Festlegung der Höhe der Arbeitszeit sind Überstunden mit dem auf eine Arbeitsstunde entfallenden Anteil des Monatsentgelts zu vergüten.
Zu vergüten sind Überstunden allerdings nur, wenn sie entweder angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit objektiv erforderlich waren.
Vergütungszuschlag
In gesetzlichen Vorschriften finden sich keine Regelungen bezüglich der Zuschläge für geleistete Überstunden. Eine Ausnahme macht das ArbZG für Nachtarbeit. Ein besonderer Zuschlag ist grundsätzlich nur dann zu zahlen, wenn dieser nach Grund und Höhe vertraglich (insbesondere durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung und Arbeitsvertrag) vereinbart, oder wenn er betriebs- bzw. branchenüblich ist.
Tarifverträge enthalten zumeist Regelungen zur Berechnung von Überstundenvergütungen einschließlich der Zuschläge. Oft finden sich Vereinbarungen, welche an üblichen Arbeitstagen einen Zuschlag von 25 Prozent und an Sonn- und Feiertagen von 50 Prozent oder eine entsprechende Staffelung vorsehen.
Auch im Einzelvertrag können Zuschläge zur Grundvergütung für geleistete Überstunden vereinbart werden. Fehlt es allerdings an einer solchen Regelung, sind zusätzliche Zuschläge nur dann zu bezahlen, wenn sie betriebs- oder branchenüblich sind (§ 612 BGB).
Gesetzliche Regelungen für Nachtarbeit
Der Arbeitgeber hat dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (§ 6 Abs. 5 ArbZG), soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen. Das Gesetz macht außer den Worten "Ausgleichsregelung" und "angemessen" keine weiteren Vorgaben zum Umfang des Ausgleichs. Die Höhe des Nachtzuschlags wird als angemessen erachtet, wenn sie der besonderen Belastung durch die ungünstige Arbeitszeit Rechnung trägt. Dabei wird u. a. berücksichtigt, ob in der Nachtarbeit Arbeitsbereitschaft, also Zeiten der Entspannung, anfällt oder die Arbeit aufgrund der jeweiligen Umstände erschwert ist. Regelmäßig wird sowohl für den Nachtzuschlag als auch für den Freizeitausgleich ein Zuschlag von 25 % als angemessen angesehen (BAG vom 01.02.2006, AZ: 5 AZR 422/04).
Sonn- und Feiertagsarbeit
Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Die Grenzen und Ausnahmen von diesem Beschäftigungsverbot sind in §§ 9, 10 ArbZG geregelt.
Für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen haben Arbeitnehmer prinzipiell keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Lohnzuschlag. Etwas anderes gilt nur, wenn an Sonn- und Feiertagen Nachtarbeit geleistet wird (vgl. oben). Zuschläge werden nur bei entsprechender Vereinbarung gewährt.
Teilzeitbeschäftigte
Ohne eine besondere Vereinbarung hat auch ein Teilzeitbeschäftigter keinen Anspruch auf Überstundenzuschlag, wenn er über die für ihn geltende Teilzeit hinaus Überstunden leistet. Gibt es für den Betrieb eine Regelung, wonach ein Anspruch auf Zuschläge für Mehrarbeit bei Vollzeitbeschäftigten besteht, ist bisher nicht abschließend durch die Arbeitsgerichte geklärt, ob Teilzeitbeschäftigte bereits bei Überschreiten der individuell vereinbarten Arbeitszeit oder bei Überschreiten der Regelarbeitszeit einen Anspruch auf Zuschläge haben. Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2020 diese Fragestellung dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Eine Entscheidung steht noch aus
Geltendmachung
Für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen gilt die dreijährige Verjährungsfrist. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch fällig geworden ist. Tarifverträge sehen oftmals kürzere Fristen vor. Wesentlich hilfreicher sind arbeitsvertraglich vereinbarte Verfall-/Ausschlussfristen, die schneller für Rechtssicherheit sorgen.
Mustertext für Verfall-/Ausschlussfristen:
"Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit gegenüber dem Vertragspartner in Textform geltend gemacht werden. Falls der Vertragspartner die Ansprüche ablehnt oder sich nicht innerhalb eines Monats nach Geltendmachung erklärt, verfallen diese, wenn sie nichtinnerhalb von weiteren drei Monaten nach der Ablehnung bzw. Ablauf der Monatsfrist eingeklagt werden. Hiervon unberührt bleiben Ansprüche, die auf Handlungen wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen sowie bei einer Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit. Ebenfalls nicht erfasst werden unverzichtbare Ansprüche des Arbeitnehmers, wie den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn und gesetzliche Urlaubsansprüche."
Im Streitfall muss der Arbeitnehmer darlegen und beweisen, dass er
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass ein Arbeitgeber, der widerrechtlich den Anspruch auf Abrechnung und Auszahlung einer dem Arbeitnehmer zustehenden Vergütung unterlässt, nicht nur seine Leistungspflichten gegenüber dem Arbeitnehmer (Nachzahlungsanspruch!) verletzt, sondern auch seinen Abgabepflichten gegenüber dem Sozialversicherungsträger nicht in voller Höhe nachkommt und sich nach § 266 a Strafgesetzbuch strafbar machen kann. Unterlässt der Arbeitgeber zudem vorsätzlich die Einbehaltung und Abführung von entsprechenden Lohnsteuern, so macht er sich auch wegen Steuerhinterziehung strafbar.
Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung von der Arbeitspflicht kann sich entweder aus einzelnen gesetzlichen Vorschriften oder aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie dem arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung bzw. allgemeinen Rechtsinstituten wie der betrieblichen Übung ergeben. Daneben existieren häufig tarifliche Regelungen, einschlägige Betriebsvereinbarungen oder entsprechende Vereinbarungen in den einzelnen Arbeitsverträgen.
Ein Arbeitnehmer hat bei einer persönlichen Arbeitsverhinderung Anspruch auf bezahlte Freistellung, wenn er unverschuldet für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist (§ 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)). Die Frage, wann ein solcher persönlicher Grund vorliegt, lässt sich anhand des Gesetzestextes nicht klären; dabei ist auf die Rechtsprechung zurückzugreifen. Erfasst werden auch nicht nur die Fülle, in denen dem Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich unmöglich ist, ausreichend ist vielmehr, dass sie ihm im konkreten Fall unzumutbar ist.
a) Verhinderungsdauer
Zunächst darf die Verhinderungsdauer des Arbeitnehmers nur eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit betragen. Zur Bestimmung der angemessenen Zeit sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Folgende Faktoren sollten in die Abwägung einbezogen werden:
Sollte die Verhinderungsdauer die im konkreten Fall angemessene Zeit überschreiten, liegt kein Anspruch auf Freistellung nach § 616 BGB vor.
b) Schuldlosigkeit
Den Arbeitnehmer darf in Bezug auf den Verhinderungsgrund kein Verschulden treffen. Ein Verschulden des Arbeitnehmers in diesem Sinne ist aber nur zu bejahen bei einem leichtsinnigen, unverantwortlichen Verhalten oder bei einem groben Verstoß gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Arbeitgeber.
In der Rechtsprechung zu § 616 BGB wurde der Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers in den letzten Jahren konkretisiert. Im Rahmen dieses Merkblattes soll nun aufgezeigt werden, wann von einem Anspruch des Arbeitnehmers auf Freistellung ausgegangen werden kann und wann ein solcher nicht besteht.
c) Anspruch besteht bei:
Während die Rechtsprechung regelmäßig einen Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlte Freistellung pauschal für die Dauer von 1 – 2 Tagen gewährt, regeln zahlreiche Tarifverträge die Dauer abhängig vom einzelnen Anlass sehr detailliert. Diese tarifver-traglichen Regelungen bieten eine gute Orientierung, sind jedoch verpflichtend nur anzuwenden, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber Mitglied in der jeweiligen Tarifpartei sind oder der Tarifvertrag allgemeinverbindlich erklärt wurde. Der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel NRW legt beispielsweise folgende Freistellungsansprüche fest:
1. Sonderfall: Erkrankung des Kindes
Grundsätzlich haben Eltern bei Erkrankung ihrer Kinder einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Freistellung. Dieser Anspruch kann jedoch durch vertragliche Regelung zwischen den Parteien ausgeschlossen werden. In diesem Fall kommt die Regelung des § 45 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zur Anwendung. Demnach hat jeder Elternteil Anspruch auf unbezahlte Freistellung vom Arbeitgeber und Krankengeldleistung der zuständigen Krankenkasse, wenn ein Kind unter 12 Jahren erkrankt ist und nicht durch andere versorgt werden kann. Der Anspruch ist pro Kind auf 10 Arbeitstage im Jahr bzw. 20 Arbeitstage im Jahr bei Alleinerziehenden beschränkt. Der Freistellungsanspruch nach § 45 SGB V ist immer unbezahlt, es sei denn eine anderweitige vertragliche Regelung sieht eine entsprechende Vergütung vor.
Nähere Informationen zu dieser komplexen Thematik halten die zuständigen Krankenkassen bereit.
Sofern der Anspruch nicht vertraglich ausgeschlossen wurde, hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf bezahlte Freistellung, wobei die Begrenzung auf die ersten zwölf Lebensjahre des Kindes nicht relevant ist. Ein Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Pflege von Kindern oder anderer naher Angehöriger nach § 616 BGB wird bejaht, sofern nur eine anderweitige Versorgung nicht angebracht oder nicht realisierbar ist.
Allerdings ist die Entgeltfortzahlung dann im Sinne des § 616 BGB zeitlich beschränkt. D. h. der Vergütungsanspruch besteht nur bei einer Verhinderung für einen unerheblichen Zeitraum. Die Länge dieses Zeitraumes ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach den Verhältnissen im Bereich des Arbeitnehmers zu bestimmen. Dabei kommt es auf die Dauer, Art und Schwere des Verhinderungsgrundes an (z. B. auch auf die Möglichkeit der anderweitigen Pflege nach einer Übergangszeit) sowie auf die Persönlichkeit des zu Betreuenden. Bei Erkrankung von Kindern unter 12 Jahren kann angelehnt an § 45 SGB V ein Zeitraum von bis zu 5 Arbeitstagen in aller Regel als verhältnismäßig nicht erheblich im Sinne des § 616 BGB angesehen werden. Insbesondere bei der Erkrankung älterer Kinder verkürzt sich die Bezugsdauer der bezahlten Freistellung auf Grund der mit dem Alter abnehmenden Betreuungsbedürftigkeit.
Beachte: Dauert die Verhinderung nicht nur einen unerheblichen Zeitraum an, so entfällt der Vergütungsanspruch insgesamt, d. h. der Arbeitnehmer erhält auch für den als unerheblich anzusehenden Teil der Verhinderungszeit keinen Lohn. Können beide Elternteile die Pflege übernehmen, haben sie das Wahlrecht nach ihren Bedürfnissen. Auf die Belange des oder der Arbeitgeber müssen sie keine Rücksicht nehmen. Der Arbeitgeber hat in jedem Fall die Möglichkeit, die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung zu verlangen, welche die Notwendigkeit der Betreuung oder Pflege des erkrankten Kindes bestätigt.
2. Sonderfall: Arztbesuch
Will der Arbeitnehmer einen Arzttermin während der Arbeitszeit wahrnehmen, so ist zu differenzieren. Ist der Arbeitnehmer bereits während des Arztbesuches arbeitsunfähig erkrankt, so hat er ohnehin einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) (siehe unten).
Ist der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig krank, so kommt ein Anspruch auf bezahlte Freistellung nur in Betracht, wenn der Arztbesuch zu dem jeweiligen Zeitpunkt medizinisch notwendig ist. Das ist stets bei akuten Beschwerden der Fall. Ein persönlicher Verhinderungsgrund zur Begründung des Freistellungsanspruches liegt aber auch dann vor, wenn die ärztliche Versorgung zur Arbeitszeit erforderlich ist, wie bei zwingend festgelegten Besuchsterminen, z. B. Blutabnahme im nüchternen Zustand oder Röntgen. Voraussetzung ist stets, dass der Arbeitnehmer auf die Termingestaltung des Arztes keinen Einfluss nehmen kann.
Ein Verhinderungsgrund des Arbeitnehmers ist auch anzunehmen, wenn der aufgesuchte Arzt Sprechstunden nur in der Arbeitszeit des Arbeitsnehmers hat. Hat der Arzt allerdings Sprechstunden außerhalb der Arbeitszeit, muss der Arbeitnehmer zunächst um einen Termin in dieser Zeit nachsuchen. Eine Verpflichtung, auf einen solchen Termin besonders zu drängen, besteht jedoch nicht. In Betrieben mit gleitender Arbeitszeit wird der Arztbesuch während der Dienstzeit meist die Ausnahme sein. Hier können die Beschäftigten Beginn und Ende ihrer Tätigkeit in recht weitem Rahmen selbst bestimmen und folglich private Termine auch außerhalb ihrer Kernzeit wahrnehmen.
Allerdings sollte hier zwischen den unterschiedlichen Gleitzeitmodellen differenziert werden. Je freier der Arbeitnehmer in seiner Arbeitszeitgestaltung ist, umso mehr kann von ihm erwartet werden, dass anderweitige Verpflichtungen nicht auf die Dienstpflicht einwirken. Bei fester Kernzeitbindung ist aber durchaus ein Freistellungsanspruch im Rahmen der oben genannten Grundsätze denkbar.
Der Arbeitgeber hat in jedem Fall die Möglichkeit, sich über die Sprechstunden eines Arztes zu informieren und sich gegebenenfalls die Notwendigkeit des Arzttermins durch Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung bestätigen zu lassen. Der Arbeitgeber kann aber nicht von dem Arbeitnehmer verlangen, dass dieser den Arzt wechselt und künftig einen Arzt aufsucht, der z. B. auch Sprechstunde außerhalb der Arbeitszeit anbietet.
d) weitere gesetzliche Ansprüche:
Neben dem Anspruch aus § 616 BGB existieren noch weitere gesetzliche Ansprüche auf Freistellung:
Tipp: Dem Arbeitgeber ist das weitergewährte Arbeitsentgelt einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit sowie zur betrieblichen Altersversorgung von dem Aufgabenträger zu erstatten. Der Antrag muss innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Freistellung gestellt werden.
Beachte: Landesrechtliche Spezialvorschriften verdrängen § 616 BGB.
e) Kein Anspruch auf Freistellung
Ein Anspruch auf Freistellung besteht nicht, wenn der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers objektive Hindernisse entgegenstehen, wie z. B.:
Besteht kein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, so besteht grundsätzlich die Möglichkeit, den Arbeitnehmer unbezahlt freizustellen. Der Arbeitgeber kann aber auch verlangen, dass der Arbeitnehmer für den entsprechenden Zeitraum Urlaub einreicht.
f) Unterrichtungspflicht des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer hat seine Arbeitsverhinderung dem Arbeitgeber rechtzeitig vorher anzuzeigen, das heißt unverzüglich ab eigener Kenntnis. Zwar führt das Unterlassen nicht zum Verlust des Zahlungsanspruches, es stellt jedoch die Verletzung einer arbeitsrechtlichen Nebenpflicht dar, die im Wiederholungsfalle und nach Abmahnung unter Umständen zur Kündigung berechtigen kann.
g) Ausschluss des Anspruches auf Freistellung
Grundsätzlich ist der Anspruch auf Freistellung nach § 616 BGB durch entsprechende vertragliche Regelung abdingbar. Ebenso besteht die Möglichkeit, den Anspruch durch Aufnahme eines abschließenden Kataloges von Tatbeständen zu konkretisieren und zu beschränken.
Aber auch hier ist Vorsicht geboten:
Eine beispielhafte Aufzählung von Fällen führt weder zur Beschränkung noch zum Ausschluss des Freistellungsanspruches. Ob jedoch der Anspruch vertraglich auch für den Fall des Arztbesuches völlig ausgeschlossen werden kann, hat das Bundesarbeitsgericht noch nicht entschieden, sondern bisher ausdrücklich offen gelassen. Allerdings wird in neuen arbeitsrechtlichen Entscheidungen die Tendenz deutlich, dass, zumindest im Rahmen flexibler Gleitzeitsysteme mit geringer Kernarbeitszeit, auch ein völliger Ausschluss zulässig sein soll.
Arbeitnehmer haben grundsätzlich einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zu einer Dauer von sechs Wochen nach § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetztes (EFZG).
a) Unverschuldete Arbeitsunfähigkeit
Der Arbeitnehmer ist arbeitsunfähig erkrankt, wenn er nicht oder nur mit der Gefahr seinen Zustand zu verschlechtern, fähig ist, seiner Arbeit nachzukommen. In der Regel stellt der Arzt die Arbeitsunfähigkeit fest und bescheinigt sie durch die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nur, wenn die Krankheit nicht vom Arbeitnehmer verschuldet ist. Ein Verschulden des Arbeitsnehmers ist jedoch nur anzunehmen bei groben Verstößen des Arbeitnehmers, wie z. B. bei einem Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften (z. B. Trunkenheit, Wenden auf der Autobahn). Bei leichter Fahrlässigkeit, wie sie erfahrungsgemäß jedem einmal unterlaufen kann – z. B. ein Sport- oder Verkehrsunfall - entfällt die Lohnfortzahlungspflicht nicht.
b) Entgeltfortzahlung
Ist der Arbeitnehmer also arbeitsunfähig erkrankt, so ist bis zu einer Dauer von sechs Wochen das Arbeitsentgelt fortzuzahlen, das dem Arbeitnehmer bei Ableistung der regelmäßigen Arbeitszeit zusteht. Der Entgeltfortzahlungsanspruch ist ein Bruttoanspruch, das heißt, wie bei der normalen Vergütung sind Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht jedoch erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses, wobei bereits die Zeit ab der vereinbarten Arbeitsaufnahme zu berücksichtigen ist.
c) Beachte: Fortsetzungskrankheit
Erkrankt ein Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Monaten wiederholt an derselben Krankheit und liegen zwischen diesen Erkrankungen keine sechs Monate der Arbeitsfähigkeit, werden die Arbeitsunfähigkeitszeiten zusammengerechnet, bis die Anspruchszeit von sechs Wochen verbraucht ist. Sind seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge der derselben Erkrankung jedoch bereits zwölf Monate abgelaufen, so hat der Arbeitnehmer erneut einen Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung.
d) Anzeige und Nachweispflichten
Wird ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, hat er dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Unverzügliche Mitteilung bedeutet am ersten Tag der Erkrankung zu Beginn der betrieblichen Arbeitszeit. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, so hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens am darauf folgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitnehmer kann nach einer entsprechenden Anweisung die Vorlage auch zu einem früheren Zeitpunkt verlangen. Verletzt der Arbeitnehmer seine Anzeige- oder Nachweispflicht, so rechtfertigt dies die Erteilung einer Abmahnung und kann bei wiederholtem Verstoß zum Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung führen.
e) Überbetriebliches Ausgleichsverfahren
Arbeitgeber von kleineren Betrieben, die in der Regel nicht mehr als 30 Mitarbeiter – ohne die zur Berufsausbildung Beschäftigten sowie Schwerbehinderte – haben, können von den Krankenkassen unter besonderen Voraussetzungen die teilweise Erstattung der Entgeltfortzahlungskosten aus einem Sondervermögen verlangen. Dieses Sondervermögen wird bei den gesetzlichen Krankenkassen als Umlage gebildet.
Zu näheren Einzelheiten sind Informationen bei den zuständigen Krankenkassen erhältlich.
f) Lohnfortzahlung bei Kuren und Heilverfahren
Bei Kuren und Heilverfahren zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung für sechs Wochen. Dieser Anspruch kann arbeitsvertraglich nicht ausgeschlossen werden.
Arbeitnehmer haben für diejenige Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, einen Vergütungsanspruch nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Die gesetzlichen Feiertage in NRW sind:
Heiligabend und Silvester sind keine gesetzlichen Feiertage, sondern arbeitsrechtlich „normale“ Werktage. Damit besteht grundsätzlich kein Vergütungsanspruch, wenn an diesen Tagen nicht gearbeitet wird, es sei denn:
Gesetzliche Ansprüche auf unbezahlte Freistellung ergeben sich aus folgenden Regelungen:
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