IHK-Herbstkonjunkturumfrage 2020:
Die wirtschaftliche Situation in der Industrie im Kreis Herford hat sich etwas entspannt, das Bild bei Handel und Dienstleistung ist zudem äußerst heterogen. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Herbstkonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die am 8. Oktober beim Pressegespräch in Enger vorgestellt wurde.
An der Umfrage von Mitte August bis Mitte September nahmen insgesamt 267 Unternehmen (Industrie: 79, Handel: 94, Dienstleister: 94) mit 17.144 Beschäftigten (Industrie: 14.086, Handel: 1.886, Dienstleister: 1.173) teil. „Bei den Unternehmen im Wittekindkreis herrscht wegen der Corona-Pandemie allerdings immer noch eine hohe Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung“, betonten die beiden IHK-Vizepräsidenten Dr. Klaus Bockermann und Oliver Flaskämper.
Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die momentane Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, ist für die Wirtschaft im Kreis Herford von 58 Punkten im Sommer auf aktuell 109 Punkte angestiegen. Damit liegt der Wert im positiven Bereich und leicht über dem Wert von Ostwestfalen (102 Punkte).
Aktuell sprechen in der Industrie 34 Prozent von einer guten und 18 Prozent von einer schlechten Geschäftslage. „Nach dem Einbruch im Frühjahr und Sommer hat sich die Situation wieder stabilisiert, bleibt aber deutlich hinter den guten Jahren seit Herbst 2016 zurück“, erläuterte Dr. Bockermann. Die Erwartungen seien erfreulicherweise auch wieder positiv, denn 32 Prozent gingen von einer besseren, 22 Prozent von einer schlechteren Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten aus. Die Erträge blieben dagegen deutlich unter Druck:
16 Prozent rechneten mit steigenden, 32 Prozent mit fallenden Erträgen. Auch die Investitionsneigung sei eher verhalten. „Hier zeigt sich die hohe Unsicherheit und das Steuern auf Sicht“, hob der Vizepräsident hervor. Das werde auch durch die erwartetet Beschäftigungsentwicklung bestätigt, denn 23 Prozent der Befragten wollen Personal abbauen, aber nur 16 Prozent aufbauen.
„Das Kurzarbeitergeld, die Soforthilfe und die Überbrückungshilfe waren wichtige Instrumente zur Sicherung der Liquidität. Die Phase des wirtschaftlichen Rückenwindes wurde durch Corona abrupt beendet. Wirtschaftsförderung gehört jetzt wieder stärker auf die Tagesordnung in den Kommunen und im Kreis. Dieses gilt aber gleichermaßen für alle Unternehmen“, berichtete Dr. Bockermann.
„Gewinner in der Pandemie ist der Online-Handel“, hob Flaskämper bei der Vorstellung der Ergebnisse für diesen Sektor hervor. Ansonsten seien einige weitere Teilbranchen wie der Lebensmittel-, Möbel- sowie Elektronikhandel eher glimpflich durch die Krise gekommen, andere wie der Bekleidungshandel kämpften noch stark mit Umsatzausfällen und stockender Nachfrage. Während im Einzelhandel die aktuelle Geschäftslage sogar leicht positiv sei (32 Prozent gut-, 27 Prozent schlecht-Nennungen), sei die Situation im Großhandel angespannt. (14 Prozent gut-, 19 Prozent schlecht-Nennungen).
Die Erwartungen seien in beiden Sparten negativ (Einzelhandel: - 24 im Saldo; Großhandel -7). „Die Stimmung auf ein kaufkräftiges Weihnachtsgeschäft ist eher gedrückt, denn die Konsumenten sind zurückhaltend.“ Auch die Beschäftigtenentwicklung sei negativ: 15 Prozent wollen Personal abbauen und 10 Prozent einstellen.
„Die Beschäftigungserwartung bei den Dienstleistern ist hingegen wieder leicht positiv“, zeigte sich Flaskämper erfreut. 20 Prozent planten Personalauf-, 15 Prozent –abbau (Saldo +5, Sommer 2020: -15). Ansonsten sei die Situation der Dienstleister ebenfalls von großer Unsicherheit geprägt. 22 Prozent sprechen von einer guten, 26 Prozent aber von einer schlechten Geschäftslage.
Die Erwartungen verliefen fast parallel dazu. Die Umsätze seien deutlich rückläufig. Das führe zu einer angespannten Ertragssituation bei den Unternehmen. (Saldo -35). Auch die Erwartungen blieben im Saldo negativ: 25 Prozent rechneten mit steigenden, 41 Prozent mit fallenden Erträgen. 55 Prozent der Befragten sehen in der Entwicklung der Inlandsnachfrage das größte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung.
„Für Handel und Dienstleister waren die Instrumente der Politik zur Liquiditätssicherung ebenfalls wichtig und nützlich“, erläuterte Flaskämper. Vereinzelt werde nun jedoch die Sorge geäußert, dass der Staat nach den voluminösen Hilfspaketen in absehbarer Zeit die Steuern erhöht. „Das wäre eindeutig kontraproduktiv“, unterstrich der IHK-Vizepräsident. Die Mehrwertsteuersenkung sei eher eine psychologische Maßnahme gewesen und habe allenfalls bei höherwertigen Gebrauchsgütern zu Kaufimpulsen geführt.
Als „ausgesprochen ärgerlich“ bezeichnete Flaskämper die Entwicklung der verkaufsoffenen Sonntage. Sie könnten einen Teil des Umsatzausfalles kompensieren, die Klagen dagegen hätten aber diese Hoffnung zunichtegemacht. „Politik und Verwaltung sind gefordert, gemeinsam mit dem Handel, der Gastronomie und weiteren Innenstadtakteuren dem schleichenden Trend der wachsenden Leerstände entgegenzuwirken.“ Hierzu gehörten insbesondere attraktives City-Marketing, gute Erreichbarkeit sowie Parkmöglichkeiten.
„Die Industrieumsätze im Kreis Herford sind von Januar bis Juli 2020 im Vergleich zum Bund, NRW und Ostwestfalen relativ gering gesunken“, berichtete Harald Grefe, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer und Regionalverantwortlicher für den Wittekindkreis. Demnach ist dort der Gesamtumsatz im Verarbeitenden Gewerbe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,2 Prozent auf 3,67 Milliarden Euro gefallen (Ostwestfalen: -5,7 Prozent, NRW: -12,5 Prozent; Bund: -13,4 Prozent). Dabei ging der Auslandsumsatz im Kreis um 6,1 Prozent zurück, der Inlandsumsatz um 4,8 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten sank demnach um 466 auf 26.875 (-1,7 Prozent, Ostwestfalen: -1,5). Die Anzahl der Industriebetriebe mit 50 und mehr Beschäftigten beträgt im Kreis 150.