IHK-Konjunkturumfrage:
Industrie, Handel und Dienstleister im Kreis Gütersloh verharren weiterhin im Stimmungstief. Das geht aus den Ergebnissen der Frühjahrskonjunkturumfrage der IHK hervor, an der sich im Kreis Gütersloh 409 Unternehmen mit fast 35.500 Beschäftigten beteiligten. Darunter waren 92 Industriebetriebe mit 24.246 Beschäftigten, 166 Dienstleister mit 4.964 Mitarbeitenden sowie 151 Handelsunternehmen mit 6.164 Beschäftigten.
„Nach zwei Jahren mit schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt drohen auch für 2025 Stagnation oder sogar Rezession. Eine nachhaltige Trendumkehr ist auf Basis der Umfrageergebnisse auch im Kreis Gütersloh nicht in Sicht. Immerhin scheint der Abwärtstrend bei den Industrieumsätzen aber zu Ende zu gehen“, sagte IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele am 26. März bei der Vorstellung der Ergebnisse in Gütersloh.
Mit Blick auf den Wirtschaftsstandort fügte er hinzu: „Wir brauchen ein Sofortprogramm für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Eine neue Bundesregierung muss Wirtschaftspolitik zum Top-Thema machen und dringend Impulse setzen. Anreize für mehr Investitionen und eine Entlastung des Faktors Arbeit sind aus unserer Sicht wichtige Stellschrauben, um wieder mehr Wachstum zu generieren.“
Dies sei auch wichtig zur dauerhaften Finanzierung des vom Bundestag beschlossenen 500 Milliarden Euro schweren Investitionspakets für Infrastruktur und Nachhaltigkeit sowie für höhere Verteidigungsausgaben. „Der Handlungsbedarf ist unbestritten. Das Sonderpaket darf eine neue Bundesregierung aber nicht dazu verleiten, Haushaltsdisziplin sowie die dringend notwendigen strukturellen Reformen aufzuschieben“, betont Miele.
„Inwieweit und wie schnell von diesem Paket wirtschaftliche Impulse ausgehen, bleibt abzuwarten.“ Das Sonderpaket müsse von wirtschaftspolitischen Weichenstellungen flankiert werden. Vor allem der Abbau von Bürokratie ist von den Unternehmen auch in der Konjunkturumfrage gefordert worden – und müsse nun konsequent betrieben werden. Als wichtiges Signal begrüßt Miele die von Union und SPD geplante Senkung der Stromsteuer und Netzentgelte, um die Stromkosten auf ein wettbewerbsfähigeres Niveau zu bringen. Eine weitere Stellschraube sei auch eine Unternehmenssteuerreform.
Der IHK-Klimakonjunkturindex für die gesamte Wirtschaft im Kreis Gütersloh liegt gegenüber der Herbstumfrage 2024 unverändert bei 97 Punkten. Damit bleibt er weiterhin unter der 100er-Marke, die für eine ausgeglichene Stimmung steht, bei der Optimisten und Pessimisten sich die Waage halten. Immerhin wird die konjunkturelle Lage und Erwartung im Kreis Gütersloh damit etwas besser eingeschätzt als in Ostwestfalen insgesamt mit einem Indexwert von 94.
In der Industrie im Kreis Gütersloh bleibt die Situation angespannt. „Die Geschäftslage hat sich seit Herbst leider kaum verbessert“, ordnet Miele ein. Aktuell bezeichnen nur 17 Prozent der Industriebetriebe ihre Geschäftslage als „gut“ (Herbst: 16 Prozent), die „schlecht“-Bewertungen haben sich von 42 auf nun 46 Prozent erhöht, die weiteren 37 Prozent bewerten die Lage als befriedigend.
Eine schwache Konjunktur gepaart mit gestiegenen Kosten drücke auf die Marge. 44 Prozent der Firmen bezeichnen ihre Ertragslage als „schlecht“, nur 17 Prozent als „gut“. Leicht verbessert auf niedrigem Niveau hat sich die Auslastung: 14 Prozent (Herbst: 10 Prozent) der Industriebetriebe im Kreis berichten von einer Produktionsauslastung von mehr als 95 Prozent, gut jedes vierte Unternehmen – nach 32 Prozent im Herbst – ist allerdings noch zu weniger als 80 Prozent ausgelastet.
Der Blick auf die erwartete Geschäftslage für die kommenden zwölf Monate zeigt, wie schon im Herbst, eine gewisse Zuversicht. Fast jedes dritte Industrieunternehmen (31 Prozent) erwartet eine Verbesserung, jedes neunte (11 Prozent) eine Verschlechterung. Das Gros der Betriebe (58 Prozent) rechnet mit keiner nennenswerten Veränderung.
Umsatzzuwächse werden vor allem im Ausland erwartet. Verunsicherung und Zurückhaltung zeigt sich derweil nochmals verstärkt bei geplanten Investitionen im Inland. Nur noch 12 Prozent wollen mehr investieren als zuletzt, 26 Prozent weniger. Dabei sind Ersatzbeschaffungen (85 Prozent) das beherrschende Investitionsmotiv. Und nur 8 Prozent der Betriebe wollen ihre Belegschaft aufstocken, 39 Prozent erwarten indes eine sinkende Mitarbeitendenzahl.
Die Gesamtumsätze der Industriebetriebe mit mindestens 50 Beschäftigten beliefen sich 2024 im Kreis Gütersloh auf 20,1 Milliarden Euro – ein deutlicher Rückgang um 13,3 Prozent zum Vorjahr. In Ostwestfalen insgesamt betrug das Minus 9,1 Prozent. „In der Langfristbetrachtung haben sich die Industrieumsätze im Kreis Gütersloh aber deutlich besser entwickelt als in Ostwestfalen, auf Landes- oder auch Bundesebene.
Der Kreis Gütersloh bleibt mit deutlichem Abstand das industrielle Schwergewicht in Ostwestfalen“, erklärt Arne Potthoff, IHK-Referatsleiter Industrie und Wirtschaftspolitik. Die Inlandsumsätze sanken 2024 um 12,3 Prozent auf 11,7 Milliarden Euro. Die Auslandsumsätze fielen um 14,7 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro, die Exportquote lag damit bei 41,9 Prozent (Ostwestfalen: 40,6 Prozent).
Trotz des Umsatzeinbruches ist die Zahl der Industriebeschäftigten in den größeren Unternehmen mit rund 65.000 konstant geblieben. Für die kleineren Betriebe, für die noch keine finalen Zahlen vorliegen, scheint das nicht zu gelten. Denn die Gesamtzahl aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Kreis Gütersloh lag zum Stichtag 30. Juni 2024 mit 183.228 um 3.660 niedriger als zwei Jahre zuvor. Besonders stark waren die Rückgänge dabei im Verarbeitenden Gewerbe und der damit eng verknüpften Arbeitnehmerüberlassung.
Im Handel ist die Lage der Unternehmen im Kreis Gütersloh ebenfalls angespannt. 23 Prozent der Handelsunternehmen sprechen von einer aktuell guten, ebenso viele aber von einer schlechten Lage. „Im Einzelhandel sind die Konsumzurückhaltung und im Großhandel die mäßige Industriekonjunktur Gründe dafür“, sagt Miele.
Bei den Erwartungen für die Entwicklung der Geschäftslage und Beschäftigtenzahl in den kommenden 12 Monate gibt es jeweils rund doppelt so viele Pessimisten wie Optimisten. Deutlich eingetrübt hat sich das Bild in den vergangenen Monaten bei den Dienstleistern: Nur noch 21 Prozent beurteilen ihre gegenwärtige Geschäftslage als gut, 26 Prozent als schlecht.
Für die kommenden 12 Monate gehen 19 Prozent von einer Verbesserung und 27 Prozent von einer Verschlechterung aus. Ausgeglichen ist die Bewertung bei der erwarteten Beschäftigungsentwicklung.