Mit dem dringenden Appell, von einer Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes bei gleichzeitiger Belastung der Unternehmen über den erhöhten Hebesatz Grundsteuer B abzusehen, wendet sich die Mindener Zweigstelle der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) mit einem Brief an die Spitzen des Stadtrates Petershagen und an Bürgermeister Dirk Breves.
Erhöhte Hebesätze entzögen den Unternehmen Finanzmittel für die Zukunftssicherung. Florierende Unternehmen hingegen zahlten Steuern und sicherten Arbeitsplätze. Das käme den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit ihren Familien zugute und trage zur Finanzierung kommunaler Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger bei.
Wenn der Stadtrat dem Beschluss des Haupt- und Finanzausschuss folge, werde die Gesamtbelastung der Unternehmen durch die Anhebung des Hebesatzes sowohl für die Gewerbesteuer von 423 auf 438 Prozent als auch für die Grundsteuer B von 550 auf 774 Prozent, die ja auch für Gewerbeimmobilien zu zahlen sei, steigen.
Dadurch würden die Unternehmen Steuermindereinnahmen ausgleichen, die durch die vom Ausschuss empfohlene Abweichung gegenüber dem vom Land NRW berechneten Hebesatz von 830 Prozent für die Grundsteuer B entstehen.
Eine endgültige Entscheidung ist in der Ratssitzung am 19. Dezember 2024 vorgesehen.
Eine Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger über die Grundsteuer B sieht die IHK ebenfalls kritisch. Dadurch gehe die Inlandsnachfrage im privaten Konsum zurück.
Geprüft werden sollten hingegen andere Möglichkeiten für den Haushalt wie beispielsweise Einsparungen bei der Bearbeitung von Pflichtaufgaben, durch Digitalisierung/KI oder durch Zusammenarbeit mit anderen Kommunen.
Es gebe kaum einen ungünstigeren Zeitpunkt für zusätzliche Belastungen der Unternehmen und den damit verbundenen Entzug von Finanzmitteln, die für Bestand und Entwicklung der Betriebe dringend benötigt würden. Auch wenn es einzelnen Teilbranchen aktuell noch gut gehe, befinde sich die deutsche und damit die ostwestfälische Wirtschaft in einer Krise.
Die Industriebetriebe im Kreis Minden-Lübbecke mit mindestens 50 Beschäftigten weisen per Ende September einen Umsatzrückgang zum Vorjahr von 6,9 Prozent oder 385 Millionen Euro auf 5,24 Milliarden Euro aus.
Im Unterschied zu der im März 2000 geplatzten Spekulationsblase (Dotcom-Blase), zur Immobilien- und Finanzkrise 2008 / 2009 und zur Corona-Krise im Jahr 2020, in denen sich die Wirtschaft schnell wieder erholte, sei in der aktuellen Krise die erhoffte Erholung ausgeblieben und keine baldige Besserung in Sicht. Das zeigen auch die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage Herbst 2024 für Minden-Lübbecke.
Steigende Arbeitskosten, mangelnde Inlandsnachfrage und hohe Energie- und Rohstoffpreise drücken auf die Erträge, von denen die Vitalität der Unternehmen zentral abhänge. In den kommenden zwölf Monaten würden sich die Inlandsinvestitionen des produzierenden Gewerbes größtenteils auf Ersatzbeschaffung und Rationalisierungen konzentrieren.
Die Entwicklung im produzierenden Gewerbe sei maßgebend für die weitere Entwicklung in anderen Branchen wie Handel und Dienstleistung. Hinsichtlich der Beschäftigtenzahlen in den kommenden zwölf Monaten sei der Konjunkturumfrage zufolge in Minden-Lübbecke insbesondere in der Industrie, aber auch im Handel eine insgesamt rückläufige Arbeitskräftenachfrage zu erwarten. In einzelnen Teilbranchen und für bestimmte Qualifikationen könne sich das anders darstellen.
Die Insolvenzzahlen seien in NRW deutlich gestiegen. Deutliche Auswirkungen auch auf klein- und mittelständische Unternehmen in unserer Region dürften die durchgeführten oder angekündigten Mitarbeiterfreisetzungen von Konzernen in Deutschland haben.