Mit dem dringenden Appell, von einer Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes bei gleichzeitiger Belastung der Unternehmen über den erhöhten Hebesatz Grundsteuer B abzusehen, wenden sich Bad Oeynhausener Wirtschaftsorganisationen in einem gemeinsamen Brief an die Spitzen des Stadtrates und an Bürgermeister Lars Bökenkröger.
Erhöhte Hebesätze entzögen den Unternehmen Finanzmittel für die Zukunftssicherung. Florierende Unternehmen hingegen zahlten Steuern und sicherten Arbeitsplätze. Das käme den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit ihren Familien zugute und trage zur Finanzierung kommunaler Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger bei.
Wenn der Stadtrat dem Beschluss des Bad Oeynhausener Finanzausschusses folge, werde die Gesamtbelastung der Unternehmen durch die Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes von 432 auf 450 Prozent bei gleichzeitiger Erhöhung des Hebesatzes für die Grundsteuer B von 552 auf 724 Prozent, die ja auch für Gewerbeimmobilien zu zahlen sei, steigen.
Dadurch würden die Unternehmen Steuermindereinnahmen ausgleichen, die durch die vom Finanzausschuss empfohlene Abweichung vom Verwaltungsvorschlag beim Hebesatz der Grundsteuer B entstehen. Der ursprüngliche Vorschlag der Stadt war, den Gewerbesteuerhebesatz unverändert zu lassen und die Grundsteuer B auf 824 Prozent zu erhöhen, womit die Einnahmenhöhe im Jahr 2025 etwa den Einnahmen im Jahr 2024 entspricht (Aufkommensneutralität).
Eine endgültige Entscheidung ist in der morgigen Ratssitzung am 18. Dezember 2024 vorgesehen.
Eine Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger über die Grundsteuer B sehen die Wirtschaftsorganisationen ebenfalls kritisch. Dadurch gehe die Inlandsnachfrage im privaten Konsum zurück.
Geprüft werden sollten hingegen andere Möglichkeiten für den Haushalt wie beispielsweise Einsparungen bei der Bearbeitung von Pflichtaufgaben, durch Digitalisierung/KI oder durch Zusammenarbeit mit anderen Kommunen.
Es gebe kaum einen ungünstigeren Zeitpunkt für zusätzliche Belastungen der Unternehmen und den damit verbundenen Entzug von Finanzmitteln, die für Bestand und Entwicklung der Betriebe dringend benötigt würden. Auch wenn es einzelnen Teilbranchen aktuell noch gut gehe, befinde sich die deutsche und damit die ostwestfälische Wirtschaft in einer Krise. Die Industriebetriebe im Kreis Minden-Lübbecke mit mindestens 50 Beschäftigten weisen per Ende September einen Umsatzrückgang zum Vorjahr von 6,9 Prozent oder 385 Millionen Euro auf 5,24 Milli-arden Euro aus.
Im Unterschied zu der im März 2000 geplatzten Spekulationsblase (Dotcom-Blase), zur Immobilien- und Finanzkrise 2008 / 2009 und zur Corona-Krise im Jahr 2020, in denen sich die Wirtschaft schnell wieder erholte, sei in der aktuellen Krise die erhoffte Erholung ausgeblieben und keine baldige Besserung in Sicht. Das zeigen auch die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage Herbst 2024 für Minden-Lübbecke.
Die Unternehmen bräuchten jedoch Zukunftshoffnung für ihre weitere Entwicklung. Steigende Arbeitskosten, mangelnde Inlandsnachfrage, hohe Energie- und Rohstoffpreise und schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen drücken auf die Erträge, von denen die Vitalität der Unternehmen zentral abhänge.
In den kommenden zwölf Monaten würden sich die Inlandsinvestitionen des produzierenden Gewerbes größtenteils auf Ersatzbeschaffung und Rationalisierungen konzentrieren, während die Investitionen in Kapazitätsausweitungen deutlich nachlassen.
Die Entwicklung im produzierenden Gewerbe sei maßgebend für die weitere Entwicklung in anderen Branchen wie Handel und Dienstleistung. Hinsichtlich der Beschäftigtenzahlen in den kommenden zwölf Monaten sei der Konjunkturumfrage zufolge in Minden-Lübbecke insbesondere in der Industrie, aber auch im Handel eine insgesamt rückläufige Arbeitskräftenachfrage zu erwarten. In einzelnen Teilbranchen und für bestimmte Qualifikationen könne sich das anders darstellen.
Die Insolvenzzahlen seien in NRW deutlich gestiegen. Unter Verweis auf Informationen von ITNRW sei generell die Zahl der Genehmigungen von Nichtwohngebäuden seit 2022 abnehmend. Die Bauwirtschaft kämpfe mit deutlich zurückgegangenen Fertigstellungen und Baugenehmigungen, was Folgewirkung für die Möbelindustrie oder auch Hausgerätehersteller habe.
Deutliche Auswirkungen dürfte auch die Umsetzung durchgeführter oder angekündigter Mitarbeiterfreisetzungen von Konzernen in Deutschland haben. Das gemeinsame Schreiben enthält eine Liste von Unternehmen mit der jeweiligen Anzahl von möglichen Stellenstreichungen.
Diese Mitarbeiterfreisetzungen hätten direkte und indirekte Folgen für klein- und mittelständische Unternehmen auch in unserer Region.
Abschließend wird den Adressaten des gemeinsamen Schreibens ein Gespräch vor der Ratssitzung angeboten.
Getragen wird das gemeinsame Schreiben von der Initiative #KurstadtUnternehmen, dem WirtschaftsClub Bad Oeynhausen e. V. und der Zweigstelle Minden der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld.