In Ostwestfalen-Lippe ist die Zahl der Einzelhandelsbetriebe ab 500 Quadratmeter sowie die Verkaufsfläche trotz Corona-Pandemie leicht gestiegen, und eine Schließungswelle ist bislang ausgeblieben. Zu diesen zentralen Ergebnissen kommt der „Handelsreport Ostwestfalen-Lippe 2022/23“, den die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwestfalen zu Bielefeld, die IHK Lippe zu Detmold und der Handelsverband Ostwestfalen-Lippe e. V. heute (24. Februar 2023) bei einer Pressekonferenz in der IHK in Bielefeld vorgestellt haben. Es ist nach 2014 und 2017 der dritte Report dieser Art. Die aktuelle Erhebung beleuchtet den Status quo nach der Corona-Pandemie. So hat sich die Zahl der stationären Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche ab 500 Quadratmeter von 1.509 im Jahr 2017 auf 1.558 im Jahr 2022 erhöht. Im gleichen Zeitraum stieg die Verkaufsfläche von rund 2,61 Millionen Quadratmeter auf etwa 2,65 Millionen Quadratmeter an.
„Der stationäre Einzelhandel ist und bleibt einer der maßgeblichen Treiber für eine attraktive und vitale Innenstadt. In der Symbiose mit Gastronomie und den innerstädtischen Dienstleistern ist er ein Frequenzbringer für innerstädtisches Leben und Urbanität. Neben der Innenstadt gehören aber auch die Nebenzentren und Stadtteile sowie der großflächige Einzelhandel dazu. Dies gilt es nicht aus dem Auge zu verlieren“, sagt Petra Pigerl-Radtke, Hauptgeschäftsführerin der IHK Ostwestfalen.
Diese Rolle spiele der Einzelhandel weiterhin, obwohl die Corona-Pandemie den stationären Einzelhandel durch Lockdowns, Zugangsbeschränkungen und eine Maskenpflicht in den Geschäften in ein schwieriges wirtschaftliches Fahrwasser geführt habe. Durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine, steigende Energiepreise und Inflation konnte der stationäre Handel beim Umsatz noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreichen. „Diese Situation hat den Online-Handel deutlich befeuert und zu einem Umsatzwachstum geführt“, sagt Thomas Kunz, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Ostwestfalen-Lippe. Im Jahr 2021 erzielte der Online-Handel bundesweit einen Umsatz in Höhe von 86,7 Milliarden Euro (+ 19,2 Prozent gegenüber 2020). Für 2022 ist ein Online-Umsatz von rund 85 Milliarden Euro prognostiziert. Insbesondere die Bereiche Wohnen und Einrichten, Lebensmittel und Drogeriebedarf sowie Bekleidung hätten hiervon profitiert. „Ein positiver Nebeneffekt der Corona-Pandemie ist, dass sich viele stationäre Händler digitaler aufgestellt haben und nun ebenfalls davon profitieren“, so Kunz weiter. Um die Attraktivität der Einzelhandelsstandorte weiter zu erhöhen, sei es erforderlich, dass die Politik die Rahmenbedingungen für einen guten Handelsplatz bereitstelle: Neben der Erreichbarkeit zählen auch Sicherheit, Sauberkeit und eine hohe Aufenthaltsqualität dazu.
Ein Blick in die einzelnen Branchen zeigt, dass die Anzahl der Betriebe im Nahrungs- und Genussmittelbereich nahezu konstant geblieben ist (2017: 719; aktuell: 715). Mit über 900.000 Quadratmetern Fläche nehmen diese Betriebe über ein Drittel der gesamten Verkaufsfläche ein. „Die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels, speziell die Lebensmitteldiscounter, setzen dabei auf den Erhalt ihres Filialnetzes. Insbesondere die Nahversorgung im ländlichen Raum steht hierbei im Fokus. Als Wachstumstreiber haben sich außerdem die Fachmärkte, speziell die Nonfood-Discounter und die Drogeriemärkte, erwiesen. Auch Bau- und Gartenmärkte haben im Vergleich zu 2017 bei der Fläche wieder zugelegt. Als Ergebnis lässt sich sagen, dass größere Flächen weiterhin nachgefragt werden und die Dynamik der Lebensmitteldiscounter ungebrochen ist. Das sorgt weiterhin für eine planerische Herausforderung vor dem Hintergrund der Nahversorgung der Region“, ordnet Pigerl-Radtke die Entwicklung ein.
„Für das Gesicht unserer Städte und Gemeinden ist der Einzelhandel ein prägendes Element. Um dieses Gesicht zu erhalten, gehört auch weiterhin die aktive planerische Steuerung dazu“, unterstreicht Stefan Sievers, Hauptgeschäftsführer der IHK Lippe zu Detmold. Seit 2017 hätten zehn Kommunen ihr Einzelhandels- und Zentrenkonzept aktualisiert. Allerdings gebe es immer noch elf von insgesamt 70 Kommunen in Ostwestfalen-Lippe, die über kein entsprechendes Planwerk verfügten. „Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, über diese Konzepte den großflächigen Einzelhandel zu steuern, um Fehlentwicklungen vorzubeugen und den Marktteilnehmenden vor Ort Planungs- und Investitionssicherheit zu bieten“, so Sievers weiter: „Wir können den Verantwortlichen nur empfehlen, das Instrument der Einzelhandelskonzepte zum Wohl ihrer Kommunen zu nutzen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei deren Aktualität und kontinuierliche Fortschreibung. Nur dann können die Veränderungen im Handel und in den Kommunen berücksichtigt werden und die Konzepte wirken. Auch hängt der Erfolg solcher Konzepte maßgeblich von einer konsequenten Umsetzung in der Stadtplanung ab. Die Entwicklung und Steuerung des Handels sind wichtiger geworden denn je.“
Den Handelsreport finden Sie hier.