Die große Mehrheit der ostwestfälischen Unternehmen beklagt mangelnde Unterstützung durch die aktuelle Wirtschaftspolitik, ergab eine Sonderumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), an der sich von Ende Juli bis Mitte August 1.528 Unternehmen beteiligten. Drei von vier Betrieben beurteilen die Wirtschaftspolitik als „eher schädlich“ (46 Prozent) oder „sehr schädlich“ (29 Prozent) für ihre eigene Geschäftstätigkeit.
„Das ist eine leider verheerende Bilanz. Gerade im jetzigen unruhigen konjunkturellen Fahrwasser wären Impulse und gute Rahmenbedingungen für die Unternehmen wichtig. Insofern ist zu begrüßen, dass sich die Bundesregierung in ihrer Kabinettsklausur in Meseberg zumindest auf den Weg gemacht hat“, sagt IHK-Präsident Jörn Wahl-Schwentker. „Auch wenn die sich deutlich abkühlende Konjunktur ein solches Stimmungsbild beeinflusst, ist das Ergebnis besorgniserregend“, so Wahl-Schwentker weiter. Nicht mal ein Prozent bezeichnen die Wirtschaftspolitik als „sehr hilfreich“, auch nur zehn Prozent als zumindest „eher hilfreich“.
Besonders kritisch werden branchenübergreifend die Themen Steuern, Bürokratie, Energieversorgung und Fachkräfte gesehen. Die Komplexität des deutschen Steuersystems und die Höhe der Steuerbelastung erachten 43 Prozent „eher als Wettbewerbsnachteil“ und fast genauso viele sogar als „großen Wettbewerbsnachteil“. Deutsche Unternehmen liegen im internationalen Vergleich mit ihrer durchschnittlichen Steuerbelastung laut OECD-Statistik ganz weit oben.
Das Thema Behördeneffizienz und Bürokratie kommt im Urteil der Unternehmen ebenfalls nicht gut weg. 30 Prozent sehen hierin „eher einen Wettbewerbsnachteil“ und sogar 48 Prozent einen „großen Wettbewerbsnachteil“. „Wir müssen aufpassen, dass wir die Unternehmen aber auch die öffentlichen Verwaltungen nicht überfordern. Das geplante Bürokratieentlastungsgesetz kann da nur ein Anfang sein“, bemängelt der IHK-Präsident zu viele und oft zu kleinteilige Regulierungen auf allen erdenklichen Ebenen, die die Unternehmen belasten und die größtenteils von Behörden bearbeitet werden müssen.
Zudem hat die Energiekrise viele aktuelle Probleme unserer Energieversorgung zu Tage gefördert. So sehen in der Energieversorgung im internationalen Vergleich 34 Prozent „eher einen Wettbewerbsnachteil“ und 38 Prozent sogar einen „großen Wettbewerbsnachteil“ Deutschlands.
Auch die Verfügbarkeit von Fachkräften entwickelt sich eher zu einem Standortnachteil Deutschlands. Ein gutes Drittel der Betriebe sehen hierin „eher einen Wettbewerbsnachteil“ und fast genauso viele sogar einen „großen Wettbewerbsnachteil“ im internationalen Vergleich.
Auf der Positivseite des Standortes Deutschland stehen Rechtssicherheit (eher Wettbewerbsvorteil: 45 Prozent, großer Wettbewerbsvorteil: 14 Prozent), sozialer Frieden (eher Wettbewerbsvorteil: 39 Prozent, großer Wettbewerbsvorteil: zwölf Prozent), die Verfügbarkeit von Zulieferern und Dienstleistern (eher Wettbewerbsvorteil: 39 Prozent, großer Wettbewerbsvorteil: sieben Prozent) sowie die Verkehrsinfrastruktur (eher Wettbewerbsvorteil: 37 Prozent, großer Wettbewerbsvorteil: vier Prozent).