IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage 2021
Die Corona-Pandemie dominiert weiterhin die Lage der gewerblichen Wirtschaft in Ostwestfalen und die Folgen des Lockdowns sind je nach Branchen sehr unterschiedlich, sogar von Betrieb zu Betrieb. Zu diesem Ergebnis kommt die Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die am 9. März beim virtuellen Pressegespräch vorgestellt wurde. „Das Gesamtbild setzt sich aus sehr differenzierten Puzzleteilen zusammen“, betonte IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven und erläuterte: „Insgesamt stellen wir fest, dass sich die ostwestfälische Wirtschaft - besonders getragen durch die Industrie - wieder auf einem Erholungskurs befindet.“
Die Umfrage fand von Anfang Januar bis Mitte Februar statt. Daran beteiligten sich insgesamt 2.078 Unternehmen mit 147.123 Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung, darunter 340 Industriebetriebe mit 81.359 Beschäftigten. Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Einschätzungen der momentanen Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, ist für die gesamte ostwestfälische Wirtschaft seit Herbst von 102 auf aktuell 114 Punkte gestiegen. Die 100er-Linie steht für eine ausgeglichene Stimmung, wenn sich Optimisten und Pessimisten im Saldo die Waage halten. „Die Industrie wirkt dabei als stabilisierender Faktor in der regionalen Wirtschaft“, erklärte Meier-Scheuven.
Für die ostwestfälische Industrie liegt der aktuelle Indexwert bei 122 Punkten, er hat sich sogar noch stärker verbessert, denn er lag zuvor ebenfalls bei 102 Punkten. „Für einzelne Handels- oder Dienstleistungsbranchen sieht das Bild, das die Umfrage zeichnet, allerdings ganz anders aus.“ Das spiegele sich in den Werten wider: Bei den Dienstleistern ist der Wert von 106 auf 105 Punkte gefallen, im Handel zwar von 93 auf 106 Punkte gestiegen, er liegt damit aber deutlich hinter dem Industrieindex.
Die Einschätzungen zur momentanen Geschäftslage der Industrie haben sich gegenüber der Herbstumfrage verbessert. Die Zahl derjenigen, die ihre aktuelle Geschäftslage mit „gut“ bewerten, ist deutlich auf 38 Prozent gestiegen (Herbst: 17 Prozent) und die „schlecht“-Bewertungen sind auf aktuell 20 Prozent gesunken (Herbst: 25 Prozent). Weiterhin schwach sind laut IHK-Umfrage das Investitionsniveau und die Produktionsauslastung. Die Ertragslage habe sich dagegen wieder etwas verbessert: Ihre Ertragslage mit „gut“ bewerten 39 Prozent (Herbst: 19 Prozent), mit „schlecht“ 16 Prozent (Herbst: 26 Prozent). Hier zeige sich, dass gegen Jahresende die Industrieumsätze wieder angestiegen seien, so der IHK-Präsident. Zudem hätten die immensen staatlichen Hilfsprogramme bei den Unternehmen für Entlastung gesorgt, wie die Corona-Hilfen und das Kurzarbeitergeld.
Die Erwartungen der Industrie haben sich der Befragung nach aufgehellt: Zum Frühjahr gehen 37 Prozent der Industrieunternehmen von einer günstigeren Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten aus (Herbst: 36 Prozent), eine Verschlechterung erwarten nur noch 12 Prozent (Herbst: 22 Prozent). Noch keine nachhaltige Trendwende, aber zumindest Besserung sei auch bei der Beschäftigungsentwicklung zu erwarten, so dass laut der IHK-Befragung insgesamt von einer gleichbleibenden Beschäftigtenzahl ausgegangen werden könne.
Größte Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Industrie bleiben demnach die Inlands- und Auslandsnachfrage: 57 Prozent der befragten Betriebe gaben das für die Binnennachfrage an, 52 Prozent für die Auslandsnachfrage (Herbst: jeweils 75 Prozent). „Letzten Endes helfen uns nur Öffnungsperspektiven, in Deutschland und auch international“, konstatierte Meier-Scheuven.
„Bisher ist die Industrie zwar ein stabilisierender Faktor in der Krise, mit zunehmender Dauer der Schließung im Handel sind aber auch speziell für die Konsumgüterindustrie die Vertriebswege blockiert“. Der IHK-Präsident nannte exemplarisch die Küchenmöbel- und Bekleidungsindustrie. Die Unternehmen bräuchten schnellstmöglich eine Öffnungsperspektive nicht nur für die Zeit nach Corona, sondern auch für die Zeit mit Corona. „Wir können leider nicht ausschließen, dass die Pandemie die Wirtschaft und Gesellschaft über das Jahr 2021 hinaus deutlich prägen wird“, blickte der IHK-Präsident realistisch voraus.
„Trotz der positiveren Erwartungen ist auch die ostwestfälische Industrie nicht spurlos durch die Corona-Krise gekommen“, berichtete IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke bei der Vorstellung der Zahlen zum Verarbeitenden Gewerbe. Demnach betrugen die Gesamtumsätze der Industrie in Ostwestfalen in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten im vorigen Jahr 42,6 Milliarden Euro (-4,4 Prozent). Die Umsätze seien dabei sowohl im Inland (-4,5 Prozent) rückläufig gewesen als auch im Ausland (-4,2 Prozent).
Ostwestfalens Industrie habe sich dabei immerhin noch besser entwickelt als das Verarbeitende Gewerbe in NRW (-9,0 Prozent) und im Bund (-8,8 Prozent). Im Jahresdurchschnitt 2020 waren in Ostwestfalens Industrie 169.556 Frauen und Männer beschäftigt. „Das sind 1,5 Prozent weniger als im Vorjahresvergleichszeitraum und damit liegt Ostwestfalen auch hier zumindest etwas besser als NRW mit einem Minus von 2,1 Prozent und der Bund mit -2,2 Prozent,“, erläuterte Pigerl-Radtke.