IHK-Umfrage:
„Wir befinden uns aktuell in einer schwierigen konjunkturellen Lage und müssen aufpassen, dass den Unternehmen in dieser Phase nicht komplett die Luft zum Atmen genommen wird“, sagt Alexandra Altmann, Vizepräsidentin der Indus-trie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), bei der Vorstellung der IHK-Herbstkonjunkturumfrage 2023 am 12. September für den Kreis Herford.
An der Erhebung haben sich insgesamt 239 Unternehmen mit 14.245 Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung beteiligt. Darunter waren 66 Industriebetriebe mit gut 11.000 Beschäftigten.
Der IHK-Klimaindex für die Industrie im Kreis Herford ist vom Frühjahr zum Herbst von 98 auf 74 Punkte gefallen. Die 100er-Linie steht dabei für eine ausgeglichene Stimmung, bei der sich Optimisten und Pessimisten die Waage halten.
Die Zahl der Industriebetriebe, die ihre aktuelle Geschäftslage mit „gut“ bewerten, liegt nur noch bei zehn Prozent (IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage: rund 27 Prozent). Die „schlecht“-Bewertungen haben sich auf 44 Prozent erhöht (Frühjahr: rund zehn Prozent). In den kommenden zwölf Monaten gehen nur drei Prozent der Industrieunternehmen von einer günstigeren Geschäftslage aus, 31 Prozent von einer schlechteren.
„Das ist seit 20 Jahren das schlechteste Ergebnis bei der erwarteten Entwicklung“, so Altmann. Bei der Produktionsauslastung berichten lediglich 16 Prozent von einer Auslastung von über 95 Prozent (Frühjahr: knapp 61 Prozent).
Die schwache Nachfrage auf der einen Seite und die gestiegenen Kosten auf der anderen Seite drücken auf die Erträge. Nur noch sieben Prozent der befragten Unternehmen rechnen mit einem Plus, 36 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus.
Auch die Investitionsplanungen sind verhalten: Nur zehn Prozent der Betriebe wollen mehr investieren, dem stehen 27 Prozent gegenüber, die im kommenden Jahr ihre Investitionen senken wollen. Immerhin wollen 64 Prozent der Unternehmen ihre Investitionen konstant halten. Hauptmotive für Investitionen sind Rationalisierungen (gut 68 Prozent) und Ersatzbeschaffungen (rund 65 Prozent). Der Wert für Kapazitätserweiterungen ist deutlich zurückgegangen, auf 39 Prozent nach 69 Prozent im Herbst 2022.
„Die aktuelle Geschäftslage und die Erwartungen sind im Handel massiv eingebrochen, der Blick auf die kommenden zwölf Monate ist von Pessimismus geprägt. Auch die aktuelle Geschäftslage sowie die Erwartungen bei den Dienstleistern haben sich verschlechtert“, fasst Tanja Maaß, IHK-Vollversammlungsmitglied und stellvertretende Vorsitzende des IHK-Dienstleisterausschusses, die Ergebnisse für diese Branchen zusammen.
Aus dem Handel haben sich 72 Unternehmen mit 1.296 Beschäftigten an der Umfrage beteiligt, 101 Dienstleister mit 1.911 Beschäftigten haben ihre Einschätzung abgegeben. „Die aktuelle Geschäftslage im Handel hat, nach einem zufriedenstellenden Wert im Frühjahr, einen Dämpfer bekommen. Hohe Inflation, allgemeine Kaufzurückhaltung und gestiegene Energiepreise bremsen den Geschäftsverlauf“, so Maaß.
19 Prozent der Unternehmen sprechen von einer aktuell guten Geschäftslage, 28 Prozent von einer schlechten. In den kommenden Monaten erwarten 18 Prozent eine bessere, 42 Prozent eine schlechtere Geschäftslage. Entsprechend der Geschäftslage ist auch die Ertragslage im gesamten Handel angespannt. Für 17 Prozent hat sie sich verbessert, für 52 Prozent verschlechtert.
Bei den Dienstleistern sprechen 26 Prozent von einer guten, 31 Prozent von einer schlechten Geschäftslage. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der erwarteten Entwicklung: 20 Prozent gehen von einer besseren Geschäftslage aus, 25 von einer schlechteren. Die aktuelle Ertragslage hat sich für 21 Prozent der Betriebe verbessert, in 48 Prozent verschlechtert.
In einer Sonderumfrage, die die IHK Anfang September veröffentlicht hat, beklagte die große Mehrheit der Unternehmen im Kreis Herford die mangelnde Unterstützung durch die aktuelle Wirtschaftspolitik. So beurteilen nur knapp zehn Prozent die Wirtschaftspolitik als „sehr hilfreich“ oder „eher hilfreich“. 48 Prozent empfinden die Wirtschaftspolitik als „eher schädlich“, 27 Prozent sogar als „sehr schädlich“.
Die Gesamtumsätze des Verarbeitenden Gewerbes im Kreis Herford in Betrieben ab 50 Beschäftigte sind im ersten Halbjahr dieses Jahres um vier Prozent auf 4,06 Milliarden Euro gestiegen.
„Im Vergleich zu den Kreisen in Ostwestfalen und der Stadt Bielefeld liegt der Kreis Herford damit auf Platz drei – hinter dem Kreis Gütersloh und dem Kreis Paderborn“, ordnet Götz Dörmann, IHK-Geschäftsführer und Regionalbetreuer für den Kreis Herford, die Zahlen ein.
Der Inlandsumsatz beträgt 2,58 Milliarden Euro (+4,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum), der Auslandsumsatz beläuft sich auf 1,48 Milliarden Euro (+3,1 Prozent). Die Exportquote erreicht damit 36,4 Prozent.
Bei der Beschäftigungsentwicklung fällt die Industrie im Kreis mit 25.720 Beschäftigten im ersten Halbjahr 2023 (- 2,1 Prozent) gegenüber Ostwestfalen (+ ein Prozent), aber auch dem Land NRW (+1,2 Prozent) und dem Bund (+1,4 Prozent) ab. In Ostwestfalen ist die Zahl der Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigen gestiegen (+ vier Betriebe auf 761), während die Zahl im Kreis Herford von 143 auf 140 zurückgegangen ist.
Der Kreis Herford ist nach dem Kreis Gütersloh der industriestärkste Standort in Ostwestfalen. „Gerade in der aktuell unsicheren und krisengeschüttelten Zeit ist es unerlässlich, diese Kraft zu sichern“, so Dörmann.