IHK-Herbstumfrage 2021
Die konjunkturelle Lage im Handel und in den meisten Dienstleistungsbranchen stabilisiert sich wieder. Zu diesem Ergebnis kommt die Herbstkonjunkturumfrage der IHK, die am 4. Oktober vor der Presse vorgestellt wurde. „Nach dem Lockdown profitierte der von Schließungen betroffene Handel von der gesteigerten Konsumlaune. Die Unsicherheit gegenüber dem bevorstehenden Herbst und der noch nicht ausreichenden Impfquote schlägt sich aber negativ in den Erwartungen nieder“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke.
„Die meisten Dienstleister sind gut durch die Krise gekommen, aber nicht alle. Speziell in den Betrieben im Gast- und Reisegewerbe, die besonders vom Lockdown betroffen waren, sind auch die Erwartungen noch eher verhalten.“ Die Befragung fand von Mitte August bis Mitte September statt. An ihr beteiligten sich 1.559 Unternehmen mit insgesamt 61.688 Beschäftigten.
Im Handel stieg der IHK-Klimaindex, der die Einschätzungen der momentanen Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, um 20 Punkte von 106 im Frühjahr auf aktuell 126. Auch der Klimaindex der Dienstleister legte deutlich zu: um 27 Punkte von 105 im Frühjahr auf nunmehr 132.
„Damit haben beide Indizes die 100er-Marke, die für eine ausgeglichene Konjunkturlage steht, deutlich überschritten“, erläuterte Pigerl-Radtke, die die Ergebnisse gemeinsam mit IHK-Vizepräsident Oliver Flaskämper, dem IHK-Handelsausschussvorsitzenden Rainer Döring und dem stellvertretenden IHK-Tourismusausschussvorsitzenden Burkhard Schmidt-Schönefeldt präsentierte.
„Die Geschäftslage im Handel hat sich - mit Ausnahme des Kfz-Handels, in dem die Stimmung gedrückt bleibt - deutlich entspannt“, betonte Döring. 41 Prozent beurteilten die aktuell Geschäftslage als gut, 12 Prozent als schlecht (Saldo + 29, Frühjahr 2021 - 3). Der IHK-Handelsausschussvorsitzende: „Die Beendigung des Lockdowns wurde in den betroffenen Handelszweigen herbeigesehnt und hat im Sommer zu einem erhöhten Konsum geführt.“
Die Erwartungen für die kommenden zwölf Monaten blieben aber gedämpft: 23 Prozent rechneten mit einer besseren Geschäftslage, 19 Prozent mit einer Schlechteren. Die Inflation, steigende Rohstoffpreise und die Entwicklung der Arbeitskosten drückten auf die Erträge.
„Der Fachkräftemangel ist für den Handel ein großes Risiko für die zukünftige Entwicklung“, betonte Döring. Die berufliche Bildung müsse unbedingt gestärkt werden, um dem entgegenzuwirken. Die Bedeutung des Handels für die Stadtentwicklung sei mittlerweile in der Politik und Verwaltung angekommen.
Der IHK-Handelsausschussvorsitzende: „Positiv ist, dass erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um die Innenstädte mit Leben zu füllen. Und die Erreichbarkeit der Innenstädte ist dabei in ganz Ostwestfalen von entscheidender Bedeutung.“
Auch die Geschäftslage der Dienstleister habe sich insgesamt entspannt und „deutlich aufgehellt“, hob Flaskämper hervor. 36 Prozent sprächen aktuell von einer guten, 17 Prozent von einer schlechten aktuellen Geschäftslage. „Der Saldo ist mit plus 19 erstmals seit Frühjahr 2020 wieder positiv“, erläuterte der IHK-Vizepräsident. Die Erwartungen an die kommenden zwölf Monate seien im Saldo (+ 12) ebenfalls wieder positiv: 27 Prozent der Dienstleister erwarteten eine bessere, 15 Prozent eine schlechtere zukünftige Geschäftslage.
Einige Branchen wie die IT-Dienstleister und Unternehmensberater seien besser durch die Corona-Krise gekommen als andere, etwa das Kreditgewerbe sowie insbesondere die Gastronomie und Reisebranche. Dort überwiege die Unsicherheit.
Die Politik müsse die Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung im Auge behalten und angehen. Die neue Bundesregierung sei bei den Themen Senkung der Unternehmenssteuern, dem Abbau von Bürokratie und beispielsweise der Bekämpfung des Fachkräftemangels gefordert. „Gleichzeitig erwarten die Dienstleister von der neuen Regierung wichtige Impulse beim Ausbau der Infrastruktur für die Digitalisierung und maßvolle Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele“, forderte Flaskämper.
„Fest steht, dass die Corona-Pandemie die Tourismuswirtschaft in Ostwestfalen weiterhin belastet“, ergänzte Schmidt-Schönefeldt. Eine erste konjunkturelle Belebung sei zwar feststellbar und daher liege die Vermutung nahe, dass die konjunkturelle Talsohle durchschritten sei, berichtete der stellvertretende Vorsitzende des IHK-Tourismusausschusses, allerdings könne im Gastgewerbe momentan ein Großteil offener Stellen aufgrund fehlender Fachkräfte nicht besetzt werden. Das gefährde den sich abzeichnenden leichten Aufschwung gleich wieder.
Auch in der Reisebranche stelle sich aufgrund der unsicheren Corona-Lage in vielen Zielländern nur ein verhaltener Optimismus ein. Eine hohe Impfquote und die damit verbundene Konsequenz, dass mögliche Res-triktionen nicht erforderlich würden, könnten erheblich zur Regeneration der Tourismusbranche beitragen. „Aktuell ist die finanzielle Situation in vielen Unternehmen der Tourismuswirtschaft noch angespannt“, sagte Schmidt-Schönefeldt. Erfreulich sei aber, dass das Insolvenzrisiko im Vergleich zum Frühjahr deutlich geringer ausgeprägt sei.