IHK-Konjunkturumfrage Herbst 2019 für den Kreis Gütersloh
Die Wirtschaft im Kreis Gütersloh befindet sich weiterhin auf einem recht hohen Niveau, aber die Unternehmen, insbesondere in der Industrie, stehen angesichts einer abkühlenden Konjunktur zunehmend unter Druck. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Herbstkonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die am 9. September 2019 bei der Miele & Cie. KG in Gütersloh vorgestellt wurde. An der Umfrage von Juli bis Mitte August nahmen aus dem Kreis Gütersloh 413 Unternehmen mit 45.072 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistung teil, davon waren 115 Indus-triebetriebe mit 34.525 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
„Die aktuelle Lageeinschätzung ist zwar weiterhin auf einem ordentlichen Niveau, die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate haben sich hingegen erneut verschlechtert. Die im Frühjahr absehbare Abkühlung der Konjunktur ist leider Realität geworden“, sagte IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele. Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die momentane Lage und die Zukunftserwartungen berücksichtigt, ist von 121 auf 108 Punkte gesunken. Für die Indus-trie liegt der aktuelle Indexwert bei 105 Punkten (Herbst 2018: 134). Die Indexwerte für den Handel und die Dienstleistungsbranchen sind ebenfalls deutlich zurückgegangen, im Handel von 139 auf 115 Punkte. Der Indexwert für die Dienstleistungsbranchen ist von 144 auf 117 Punkte gesunken. Bei den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate sind die Werte für die Industrie erstmals unter die 100er-Linie gerutscht (97 Punkte).
Ihre aktuelle Lage bezeichnen 22 Prozent der befragten Industrieunternehmen als „gut“ (Herbst 2018: 64 Prozent), 70 Prozent als „befriedigend“ (Herbst 2018: 35 Prozent) und neun Prozent als „schlecht“ (Herbst 2018: 1 Prozent). Für die kommenden zwölf Monate rechnen nur noch 14 Prozent mit einer weiter verbesserten Geschäftslage, und 70 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Entwicklung aus. Ihre momentane Ertragslage bewerten nur noch knapp 16 Prozent der befragten Firmenvertreter als gut (Herbst 2018: 59 Prozent).
Und dieser verhaltene Trend setze sich fort: Insgesamt seien die Geschäftsaussichten für die kommenden zwölf Monate aufgrund der unkalkulierbaren Risiken des bevorstehenden Brexits und diverser Handelskonflikte deutlich gedämpft. Dass die Unternehmen zurzeit stark unter Druck stünden, zeige sich auch an den Beschäftigungs- und Investitionsplänen: Mit sinkenden Investitionen rechnen 39 Prozent der Betriebe (Herbst 2018: 9 Prozent). Nur noch drei Prozent der Firmen wollen ihre Auslandsinvestitionen steigern (Herbst 2018: 53 Prozent). Lediglich 20 Prozent der Unternehmen planen, in den kommenden zwölf Monaten neues Personal einzustellen (Herbst 2018: 33 Prozent). Auch bei den Erträgen rechnen nur noch zehn Prozent der Industriebetriebe mit einem weiteren Zuwachs, 41 Prozent gehen von sinkenden Erträgen aus.
Im Handel ist die aktuelle Stimmung immer noch auf einem guten Niveau. So beurteilt die große Mehrheit der Einzel- und Großhändler die aktuelle Lage als gut oder befriedigend. Die gute Arbeitsmarktlage sorgt für eine stabile Nachfrage. Der Optimismus der Großhändler ist im Sog der Industrie zurückgegangen. Nur noch 14 Prozent erwarten eine Besserung der Geschäftslage, im Frühjahr waren dies noch 31 Prozent. Auch im Einzelhandel erwarten 25 Prozent aktuell eine Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten, statt zwölf Prozent im Frühjahr.
Im Dienstleistungssektor beurteilen 42 Prozent der befragten Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, weitere 49 Prozent als befriedigend. Aber auch hier haben sich die Erwartungen abgekühlt: 17 Prozent erwarten eine weitere Verbesserung ihrer Geschäftslage, genauso viel aber auch eine Verschlechterung.
Von der Politik forderte Miele, die Unternehmen zu entlasten: „Die deutsche Politik kann zwar die internationalen Handelskonflikte nicht im Alleingang lösen, aber bei den innerdeutschen Hausaufgaben könnte sie Impulse setzen, beispielsweise bei den Unternehmenssteuern.“ Während der Durchschnitt der Steuerbelastung für Unternehmen in den westlichen Industrieländern bei rund 24 Prozent liege, zahlen Personen- und Kapitalgesellschaften hierzulande rund 30 Prozent Unternehmenssteuern. „Wenn wir hier nicht gegensteuern, wird die deutsche Wirtschaft bei weiter nachlassender Konjunktur regelrecht in die Zange genommen“, mahnte der IHK-Vizepräsident.
Die Gesamtumsätze des Verarbeitenden Gewerbes lagen nach Angaben des Landesbetriebes Information und Technik NRW im ersten Halbjahr bei gut 9,7 Milliarden Euro und damit um 59 Millionen Euro über dem Vorjahreswert (Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten). Im Inland stiegen die Umsätze um 1,3 Prozent auf gut 5,6 Milliarden Euro. Die Auslandsumsätze sind im gleichen Zeitraum um 0,3 Prozent auf 4,1 Milliarden gesunken.
Die Exportquote der Industrie im Kreis beträgt aktuell 42,3 Prozent: „Das ist weiterhin der ostwestfälische Spitzenwert, die Industrie hat sich dabei immer noch besser als NRW und der Bund entwickelt“, sagte IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden. Die Exportquote Ostwestfalens beträgt aktuell 39,0 Prozent. Die heimische Industrie steht auch bei der Beschäftigungsentwicklung besser da als Land und Bund. Im Kreis Gütersloh ist die Zahl der Beschäftigten im Vergleich zum Vorjahr um 4,0 Prozent gestiegen, NRW und Deutschland liegen hier jeweils bei 1,6 Prozent. Im Verarbeitenden Gewerbe des Kreises waren im Durchschnitt des ersten Halbjahres 62.865 Personen beschäftigt.