IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage 2021 im Kreis Herford:
Die Industrie im Kreis Herford ist auf dem Weg zurück zu alter Stärke, dagegen gestaltet sich die Lage im Handel und bei den Dienstleistern als äußerst heterogen. Das sind die Ergebnisse der Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die heute (24. März) beim Online-Pressegespräch vorgestellt wurden. An der Umfrage, die von Anfang Januar bis Mitte März stattfand, nahmen 285 Unternehmen (Industrie: 71, Handel: 87, Dienstleister: 127) mit 14.552 Beschäftigten (Industrie: 9.782, Handel: 1.700, Dienstleister: 3.070) im Kreis Herford teil. „Die Industrie ist dabei eindeutig ein stabilisierender Faktor in der gegenwärtigen Krise“, erläuterte IHK-Vizepräsident Dr. Klaus Bockermann fürs Verarbeitende Gewerbe. „Im Vergleich zur Industrie ist die wirtschaftliche Lage im Handel und bei den Dienstleistern höchst heterogen; es gibt etliche Gewinner, aber deutlich mehr Verlierer“, verdeutlichte IHK-Vizepräsident Oliver Flaskämper für die Sektoren Dienstleistung und Handel.
Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die momentane Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, blieb für den Wittekindkreis im Vergleich zur Herbstumfrage (109 Punkte) mit 107 Punkten auf ähnlichem Niveau. Damit liegt der Wert über der 100er-Linie, die für eine ausgeglichene Wirtschaftslage steht, jedoch unter dem Wert von 114 Punkten für Ostwestfalen.
Die aktuelle Geschäftslage habe sich im Verarbeitenden Gewerbe erfreulicherweise wieder deutlich erholt, 50 Prozent der befragten Unternehmen sprechen von einer guten, nur sieben Prozent von einer schlechten Geschäftslage. Auch die Produktionsauslastungen der Betriebe nehmen wieder zu, aktuell berichteten ein Viertel von einer Auslastung der Kapazitäten über 95 Prozent. Damit sei das Niveau der letzten drei Jahre vor Corona von 2017 bis 2019 zwar noch nicht wieder erreicht, die Unternehmen seien jedoch auf einem guten Weg. Gleichwohl läge bei 13 Prozent der Betriebe die Auslastung noch unter 80 Prozent. Erfreulicherweise steige auch die Investitionsbereitschaft wieder an: „Diese hat das Niveau aus dem Frühjahr 2020 erreicht, der letzten Umfrage, die ohne Corona stattgefunden hat. Nach der Zurückhaltung im Sommer und Herbst 2020 werden die Unternehmen wieder mutiger und glauben an den Aufschwung nach der Pandemie“, zeigte sich IHK-Vizepräsident Dr. Bockermann darüber erfreut. 35 Prozent wollten ihre Investitionen ausweiten. Zudem planten elf Prozent der Industriebetriebe, in den kommenden Monaten Beschäftigung aufzubauen, nur sechs Prozent rechneten mit einem Personalabbau. Grundsätzlich blieben die Erwartungen an die kommenden Monate jedoch von einer gewissen Unsicherheit geprägt: 17 Prozent rechnen mit einer besseren, 16 Prozent mit einer schlechteren Geschäftslage. „Vieles steht und fällt mit der Einschätzung, wann die Corona-Pandemie vorüber ist“, erklärte er.
Bei den einzelnen Handelsstufen seien deutliche Unterschiede erkennbar, berichtete Flaskämper. Profitiert habe in der Zeit des Lockdowns der Lebensmitteleinzelhandel, der geöffnet bleib und auch durch das Angebot von Non-Food-Artikeln gute Umsätze erzielte. Dagegen mussten insbesondere die Fachhändler mit Bekleidung und Schuhen große Einbußen hinnehmen. Insgesamt hätten 25 Prozent der befragten Unternehmen von einer guten, 21 Prozent von einer schlechten Geschäftslage gesprochen. Auch die Erwartungslage bleibe gedämpft, 34 Prozent rechneten mit einer Verschlechterung der Situation, nur 13 Prozent erwarteten eine verbesserte Geschäftslage. „Es bleibt zu hoffen, dass die Unternehmen mit einem blauen Auge durch die Krise kommen, die staatlichen Finanzhilfen die Liquidität ausreichend sichern und die die Umsatzverluste zumindest wieder teilweise kompensiert werden können“, so IHK-Vizepräsident Flaskämper. Wichtig bleibe für den stationären Einzelhandel insbesondere die Bedeutung der Innenstädte. „Diese müssen für die Nach-Corona-Zeit fit gemacht und stabilisiert werden. Die Aufgabe kann nur gesamtgesellschaftlich angegangen werden. Dabei sind insbesondere Lokalpolitik und Verwaltung in der Pflicht, aber auch Immobilienbesitzer, Gastronomie, Dienstleister und Kultur sind gefordert“, betonte er.
Bei den Dienstleistern bleibe die Geschäftslage im Saldo negativ: 26 Prozent sprechen von einer guten, 34 Prozent von einer schlechten gegenwärtigen Situation. Das spiegele sich auch in den Erwartungen wider, hier rechneten 22 Prozent mit einer Verbesserung, 32 Prozent mit einer Verschlechterung der Lage. Erfreulich sei, dass zumindest bei den IT-Dienstleistern und in der Arbeitnehmerüberlassung wieder vermehrt mit Personalaufbau gerechnet werde. „Im am meisten durch Corona gebeutelten Gast- und Reisegewerbe ist mit weiteren Beschäftigungsrückgängen zu rechnen“, blickte Flaskämper für diese Branchen eher düster voraus.
„Bei den Industrieumsätzen gab es im Vergleich zu den anderen Kreisen im Kreis Herford den geringsten Umsatzrückgang“, berichtete Harald Grefe, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer. Mit 6,527 Millionen Euro Gesamtumsatz sei der Wert von 2020 im Vergleich zum Vorjahr 2019 um zwei Prozent gesunken. Die Beschäftigtenzahl sei in der Industrie von 27.325 auf 26.722 (-2,2 Prozent) zurückgegangen. Mit insgesamt 40,9 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz im Verarbeitenden Gewerbe haben, bleibe der Kreis Herford neben dem Kreis Gütersloh starker Industriestandort der Region. „Das erweist sich in der jetzigen Krise als Glücksfall. Diese Struktur zu fördern, im Sinne einer zukunftsgerichteten Industriepolitik, ist vorrangige Aufgabe der regionalen und lokalen Wirtschaftsförderung“, stellte Grefe fest.