Angesichts der Infektionszahlen und der Diskussionen der vergangenen Tage kommt die gestern Abend nach dem Bund/Länder-Spitzengespräch in Sachen Corona beschlossene Verlängerung des Lockdowns für die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) nicht überraschend. Trotzdem sei das für die betroffenen Unternehmen hart.
„Jeder weitere Tag des staatlich verordneten Stillstands belastet die Firmen massiv und lässt das Insolvenzrisiko steigen“, äußert sich IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke besorgt. Die finanziellen Reserven in vielen Betrieben seien aufgezehrt, Gastronomie und Hotellerie gingen damit schon in den vierten Monat des Lockdowns. Ohne massive staatliche Stützung könne das kaum ein Unternehmen überstehen.
Insofern begrüßt die IHK die aktuellen Ankündigungen der Politik, dass die Bundeshilfen für Unternehmen deutlich verbessert werden sollen, indem mehr Gelder und ein einfacherer Zugang in Aussicht gestellt würden. Allerdings müssten diese zügig und von den Förderbedingungen verlässlich an die Betriebe ausgezahlt werden. „Das hat bisher nicht funktioniert, wie uns viele Betriebe berichtet haben“, erläutert Pigerl-Radtke. „In aller Deutlichkeit: Viele Unternehmen haben Existenzängste, denn ihnen fehlt die notwendige Liquidität auf dem Konto.“
Je länger die wirtschaftlichen Einschränkungen dauerten und je mehr Förderprogramme beantragt würden, desto größer sei zudem die Gefahr, dass die Firmen an die Höchstgrenzen staatlicher Beihilfen von derzeit maximal vier Millionen Euro gerieten und damit weitere Gelder verwehrt blieben. Insbesondere größere und verbundene Unternehmen würden hiervon zunehmend betroffen sein. Deshalb begrüßt die IHK den beim Spitzengespräch getroffenen Beschluss, dass sich die Bundesregierung bei der Europäischen Kommission mit Nachdruck für die Anhebung der beihilferechtlichen Höchstsätze einsetzen will. Eine schnelle Lösung sei dringend notwendig.
Den Appell der Politik nach mehr Homeoffice-Angeboten angesichts der Pandemie unterstützt die IHK. Viele Unternehmen in Ostwestfalen ermöglichten ihren Beschäftigten bereits das Arbeiten von zu Hause. Einer gesetzlichen Regelung dazu bedürfe es nicht.
Außerdem beklagt die IHK die fehlenden Perspektiven insbesondere für Einzelhandel und Gastronomie. Bund und Länder sollten schon jetzt in die konkrete Planung einer differenzierten und verantwortbaren moderaten Öffnung dieser Branchen einsteigen, denn sie hätten im ersten Lockdown funktionierende Hygienekonzepte angewandt. Modifizierte Abstandsregeln, verbindliche FFP2 Masken und etwa der Einsatz von Schnelltests könnten diese Maßnahmen ergänzen.
Daneben stelle sich auch immer mehr die Frage, wie unsere Innenstädte nach Corona aussehen werden. Sofern Handel und Gastronomie keine Perspektiven geboten würden, laufe es auf einen deutlichen Anstieg der Leerstände hinaus. „Wenn wir nach der Pandemie wieder lebenswerte Innenstädte haben möchten, braucht der Einzelhandel so schnell wie möglich und vertretbar wieder Umsatz“, hebt die IHK-Hauptgeschäftsführerin hervor.