Die gewerbliche Wirtschaft im Kreis Minden-Lübbecke befindet sich noch im Krisenmodus. Dies ergab die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), an der sich von Mitte August bis Mitte September 334 Minden-Lübbecker Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung mit insgesamt rund 22.000 Beschäftigten beteiligten. „Die konjunkturelle Lage hat sich zwar leicht verbessert, stellt sich aber insgesamt noch als sehr schlecht dar. Die Branchen sind allerdings unterschiedlich stark betroffen“, waren sich das IHK-Vollversammlungsmitglied Dr. Georg Böcker (Christoph Barre) und der Mindener IHK-Zweigstellenleiter Karl-Ernst Hunting bei der Präsentation der Umfrageergebnisse heute (7. Oktober 2020) in der IHK-Zweigstelle in Minden (bei der HANDMADE Interactive® Werbegesellschaft mbH in Lübbecke) einig.
Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, hat sich für den Kreis Minden-Lübbecke von 57 Punkten im Sommer auf aktuell 87 Punkte sehr deutlich verbessert. Er liegt jedoch noch deutlich unter der 100er Linie, die die Grenze zwischen einer positiven und negativen Konjunktur darstellt. Zudem liegt der Wert im Vergleich mit den anderen ostwestfälischen Kreisen und der Stadt Bielefeld auf dem letzten Platz; der Abstand zum ostwestfalenweiten Wert des Konjunkturklimaindikators mit 102 ist deutlich.
Laut Dr. Böcker (Barre) ist es jetzt wichtig, die in den Konjunkturpaketen verabredeten Investitionen zügig umzusetzen, um Forschung, Entwicklung, Digitalisierung und Zukunftstechnologien zu beschleunigen. Als weitere Maßnahme nannte er Steuersenkungen für Unternehmen. Er plädierte dafür, nach den jüngsten Kommunalwahlen die Belange der Unternehmen auch in den Kommunen mehr in den Vordergrund zu rücken, um der Wirtschaft mit guten Standortbedingungen Wachstumsimpulse zu geben, was höhere Steuereinnahmen bedeute. Zugunsten wieder anlaufender Exportgeschäfte forderte er – soweit verantwortbar - Erleichterungen bei den Geschäftsreisen. Für die Brexit-Verhandlungen wünschte er sich den Zusammenhalt des EU-Binnenmarkts, die Vermeidung von Zöllen, die Aufrechterhaltung von Transportwegen und weniger Bürokratie beim Warenaustausch.
Mit wenigen Ausnahmen seien die Umfragewerte in den drei Sektoren Industrie, Handel und Dienstleistungen negativ, wobei die schlechtesten Umfrageergebnisse aus der Industrie kämen und die vergleichsweise besten Umfragewerte aus der Dienstleistungsbranche. Dr. Böcker (Barre): „Die Unternehmen bereiten sich mit gezielten Maßnahmen wie Rationalisierungen und Produktinnovationen auf eine positive zukünftige Entwicklung nach der Pandemie vor.“ Allerdings seien die Zukunftserwartungen für die Erträge in allen drei Branchen noch negativ. Der mit Abstand schlechteste Wert stamme aus der Industrie, wo rund 52 Prozent der befragten Betriebe von sinkenden Erträgen ausgingen. Hunting: „Beim Handel sind es rund 43 Prozent und bei den Dienstleistern rund 29 Prozent.“
Aufgrund der schlechten Lage gingen die Betriebe im Mühlenkreis insgesamt von einem Beschäftigtenabbau aus. Das gelte vor allem für die Industrie. Dort wollen zwar zehn Prozent der Unternehmen Beschäftigung aufbauen, aber rund 28 Prozent abbauen. Werde dieser Wert mit den Beschäftigten in den Unternehmen gewichtet, rechneten rund 44 Prozent der Unternehmen mit einem Personalabbau. „Im Dienstleistungssektor planen rund 17 Prozent Personalaufbau und 10 Prozent Personalabbau. Im Handel wollen 13 Prozent Neueinstellungen vornehmen und 15 Prozent Entlassungen“, erläuterte Hunting. Dr. Böcker (Barre): „Die Unternehmen sehen den Fachkräftemangel zwar nicht mehr als sehr großes wirtschaftliches Risiko an, sollten aber aus strategischen Gesichtspunkten ihre zukünftig benötigten Fachkräfte weiter ausbilden.“