„Der Teil-Lockdown im November stellt die ostwestfälische Wirtschaft auf eine harte Probe“, fasst Petra Pigerl-Radtke, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die Ergebnisse einer aktuellen IHK-Blitzumfrage zusammen. Lediglich ein Drittel der mehr als 500 teilnehmenden Unternehmen aller Branchen gibt an, nicht von Umsatzrückgängen betroffen zu sein (12 Prozent) oder bis zum Jahresende eine Umsatzsteigerung (21 Prozent) erreichen zu können. Demgegenüber müssen über 60 Prozent einen Umsatzrückgang verkraften, 20 Prozent sogar um mehr als 25 Prozent.
Dabei sind Nachfrageprobleme (55 Prozent), ausfallende Mitarbeiter (34 Prozent) und die Stornierung von Aufträgen (26 Prozent) die derzeit häufigsten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die ostwestfälischen Unternehmen. Besonders betroffen von einer weiterhin geringen Nachfrage (80 Prozent) sind die Reisewirtschaft, das Gastgewerbe und die Kultur- und Kreativwirtschaft. Hier sind Stornierungen an der Tagesordnung.
Aber auch die Industrie (58 Prozent) und der Einzelhandel (45 Prozent) beklagen überdurchschnittlich häufig Nachfrageprobleme. Mitarbeiterausfälle wirken sich vor allem bei Industrieunternehmen (49 Prozent) und im Baugewerbe (50 Prozent) aus. Mit logistischen Engpässen bei ihren Zulieferprodukten kämpfen insgesamt 13 Prozent der Unternehmen, in der Industrie sind es 18 Prozent.
Unter den über 500 Betrieben sehen sich knapp drei Prozent von Insolvenz bedroht. Von einem Eigenkapitalrückgang berichten 31 Prozent, von Liquiditätsengpässen 20 Prozent. Jedes zweite Unternehmen gibt an, dass die Pandemie auf die eigene Finanzlage noch keine Auswirkungen habe.
„Signale für eine schnelle Erholung liefert uns die Umfrage leider nicht, da viele Unternehmen überwiegend auf Sicht fahren“, führt Pigerl-Radtke weiter aus. So haben über 40 Prozent der Unternehmen geplante Investitionen verschoben oder gestrichen oder sie setzen auf Rationalisierungen und nutzen Einsparpotenziale. Jedes fünfte Unternehmen baut Personal ab. Der Schwerpunkt der betrieblichen Maßnahmen liegt auf der Digitalisierung, die jeder zweite Betrieb forciert. Dazu gehört auch der Ausbau der Online-Präsenz.
Mit Blick auf die Politik sieht die Mehrheit der Unternehmen branchenübergreifend beim Bürokratieabbau dringenden Handlungsbedarf (64 Prozent). Am zweithäufigsten wird das Vorantreiben der Digitalisierung durch Ausbau der Infrastruktur oder e-Government genannt (42 Prozent). Vor allem Industriebetriebe sehen hier die Politik am Zug (53 Prozent). Mehr als ein Viertel aller Betriebe spricht sich für eine Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrages und verbesserte Abschreibungsbedingungen aus. In der Industrie fordern 46 Prozent der Unternehmen wettbewerbsfähige Energiepreise.
Mit finanziellen Hilfsmaßnahmen rechnen eher die vom Teil-Lockdown betroffenen Branchen, vor allem das Gastgewerbe und die Reisewirtschaft. Zwei Drittel aller Betriebe nutzen staatliche Unterstützungsmaßnahmen oder planen dies. An erster Stelle steht das Kurzarbeitergeld vor diversen finanziellen Hilfsprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder der Länder.
„Für einige Branchen wird entscheidend sein, wie schnell die angekündigten Gelder tatsächlich bei den Unternehmen ankommen,“ so Pigerl-Radtke. „Mit Blick auf Weihnachten rückt zudem der Einzelhandel in den Fokus. Angesichts der weiter hohen Infektionszahlen und der ausfallenden Weihnachtsmärkte werden auch viele Händler deutliche Einbußen haben. Auch diese sollten möglichst von den aktuellen Hilfsprogrammen profitieren.“