Fast vier von fünf Bielefelder Unternehmerinnen und Unternehmer bewerten den Standort Bielefeld als gut oder sehr gut. Das ergab die Standortumfrage 2022 der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), an der sich 500 Unternehmen aus den Sektoren Industrie, Handel und Dienstleistungen beteiligten. Rund drei Viertel der befragten Betriebe würden sich auch wieder für Bielefeld als Standort entscheiden, zwei Drittel den Standort Bielefeld anderen Unternehmen weiterempfehlen. Besonders zufrieden zeigten sich die hiesigen Unternehmen mit der Erreichbarkeit ihrer Betriebsstandorte insgesamt und per Automobil. Besonders kritisch bewertete die Bielefelder Wirtschaft hingegen die Höhe der Gewerbesteuern und - trotz der guten Erreichbarkeit der Betriebe - die kommunale Verkehrspolitik.
„Die Gesamtbeurteilung ist grundsätzlich überwiegend positiv für Bielefeld, aber im ostwestfälischen Vergleich relativiert sich dieses Bild“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke bei der Vorstellung der Ergebnisse. Im Vergleich mit den anderen Kreisen Ostwestfalens schneide Bielefeld unterdurchschnittlich ab, denn im ostwestfälischen Mittel seien es 82 Prozent, die ihren Standort mit sehr gut beziehungsweise gut bewerteten. Im Nachbarkreis Gütersloh betrage der Wert sogar 89 Prozent. Sowohl bei der Wiederwahl als auch bei der Weiterempfehlung liege Bielefeld ebenfalls unterhalb der ostwestfälischen Durchschnittswerte von 80 (Bielefeld: 76) beziehungsweise 73 (Bielefeld: 66 Prozent).
Die Erreichbarkeit ihres Betriebes in Bielefeld sehen 69 Prozent der Befragten als wichtig oder sehr wichtig an und sind damit zufrieden oder sehr zufrieden, so die Umfrage. Trotzdem stehe die kommunale Verkehrspolitik ganz oben auf der Kritikliste (71 Prozent). „Die Stadtverwaltung versucht nicht in ausreichendem Maße Lösungen zu finden, die wirtschaftliche Belange berücksichtigen“, erläuterte IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven und bezog sich dabei auf den Ausbau des Jahnplatzes und den geplanten Rückbau der Artur-Ladebeck-Straße.
Der wichtigste Standortfaktor ist für die Bielefelder Unternehmen laut Umfrage die Breitbandversorgung (94 Prozent). Allerdings sind demnach nur 40 Prozent damit zufrieden oder sehr zufrieden. „Es muss das Ziel sein, in allen Stadtbezirken und Gewerbegebieten schnellstmöglich die Voraussetzung für schnelles Internet zu schaffen“, forderte Meier-Scheuven. Auf der Kritikliste weit oben steht auch die Gewerbesteuer. Sie sei zwar ein wichtiger Standortfaktor, ihre Höhe in Bielefeld aber schlicht zu hoch. „Das geht auch anders“, betonte der IHK-Präsident und führte aus: „In Schloß Holte-Stukenbrock halten 85 Prozent der Befragten die Gewerbesteuer für wichtig und auch in der Höhe für angemessen, in Verl sind dies 80 Prozent. In Bielefeld sind das nur 21 Prozent.“ Beim Blick auf die Stadtverwaltung würden insbesondere lange Genehmigungsverfahren und das Baustellenmanagement kritisiert.
Positive Punkte Bielefelds sind hingegen die Nähe zu Kunden und Absatzmärkten, die Zusammenarbeit in Netzwerken sowie die Nähe zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen. „Hier spielt sicherlich die stark diversifizierte Wirtschaftsstruktur der gesamten Region eine Rolle. Als Dienstleistungszentrum profitiert Bielefeld von der industriestarken Umgebung in Ostwestfalen, und die Region profitiert von Bielefeld“, erklärte der IHK-Präsident. „Auch Kulturangebote, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten sowie Erholungs- und Grünraumangebote werden sehr positiv bewertet“, ergänzte Pigerl-Radtke.
Die repräsentative Studie wurde von der rc – research & consulting GmbH aus Bielefeld im Auftrag der IHK in den 54 Kommunen Ostwestfalens durchgeführt und wissenschaftlich begleitet. Bei der Umfrage konnten die Unternehmen 46 Faktoren aus den Themengebieten Infrastruktur, Region, Bildung und Arbeitskräftepotenzial, Lebensqualität, Verwaltung sowie Steuern und Abgaben bewerten sowie die Wirtschaftsfreundlichkeit von Politik und Verwaltung beurteilen.