„Aus Sicht der ostwestfälischen Wirtschaft ist nach Abwägung aller Vor- und Nachteile die Egge für eine Nationalparkentwicklung ungeeignet“, bekräftigt Jürgen Behlke, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen (IHK) und Leiter der Zweigstelle Paderborn + Höxter, vor der Entscheidung der Kreistage über eine Bewerbung als Nationalparkregion. Nach Umfrage unter rund 9000 Unternehmen sowie Begutachtung und Betrachtung mehrerer Branchen und Aspekte hatte die IHK für die Nationalparkeinrichtung bereits im Dezember folgendes Fazit gezogen: „Der Tourismus in der Region würde insbesondere durch einen Marketing-Effekt einer Nationalparkregion OWL deutlich profitieren. Dabei ist aufgrund der räumlichen Nähe allerdings nicht entscheidend, ob ein Nationalpark im Gebiet der Egge, der Senne, des Teutoburger Waldes oder des Torfmoores in Minden-Lübbecke eingerichtet würde. Die Forst- und Holzwirtschaft sowie die Windenergiebranche hingegen befürchten negative Auswirkungen durch einen möglichen Nationalpark in der Egge“, ergänzt Behlke. Auch weitere einzelunternehmerische Betroffenheiten jenseits der drei genannten Branchen dürften nicht vergessen werden. Hier drohe ein nennenswerter wirtschaftlicher Verlust im Fall einer Nationalparkausweisung in der Egge.
Zwar würde auch nach aktueller Planung in der Region eine Windkraftnutzung im Wald, also im Kerngebiet der Egge, unabhängig von einer Nationalparkentwicklung nicht möglich sein, jedoch lasse sich mit Blick auf den Nationalpark Eifel erkennen, dass sich Konflikte um bestehende und geplante Anlagen im Umfeld ergeben. Im Umkreis von 1.200 Metern um die Egge gibt es derzeit 81 Windräder, die rechnerisch immerhin fast 100.000 Haushalte mit Strom versorgen können. Schutzabstände könnten die langfristige Nutzung dieser Anlagen gefährden.
Das Umweltministerium NRW hat im Prozess zur Findung einer Nationalparkkulisse explizit benannt, dass sich eine Region mit jeder geeigneten Fläche im Verfahren einbringen kann. Die Einbeziehung der sechs großen Waldgebiete in NRW, wie unter anderem der Egge oder des Arnsberger Waldes, ist aus Sicht des Landesumweltministers keine zwingende Voraussetzung. Die umfassende Betrachtung Ostwestfalens durch die IHK hat ergeben, dass die Unternehmen insgesamt einem Nationalpark in unserer Region positiv und aufgeschlossen gegenüberstehen, sich dabei allerdings die Gebietskulisse des Großen Torfmoores in Minden-Lübbecke als eher geeignet anbietet – auch wegen geringerer negativer wirtschaftlicher Auswirkungen. „Die ostwestfälische Wirtschaft würde eine Prüfung der naturschutzfachlichen und wirtschaftlichen Machbarkeit des Großen Torfmoores und bei positivem Ergebnis eine Umsetzung begrüßen“, fasst Behlke die Position der IHK zusammen.