Mit einem Dämpfer für die Wirtschaftserholung rechnet der aktuelle Lagebericht der Mindener Zweigstelle der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). Die Auswertung statistischer Daten zeige zwar teilweise und zeitweise eine Erholung der Wirtschaft und die krisendämpfende Wirkung der Regelungen zu Kurzarbeit und Insolvenzen und der staatlichen Finanzhilfen.
Erkennbar sei aber auch ein ganzes Sorgenbündel zu den Auswirkungen der niedrigen Impfquote, des Fachkräftemangels, der Rohstoffknappheit und -preise, der Knappheiten bei Zulieferteilen und der Energiepreise. Noch nicht sichtbar seien in den analysierten Statistiken die Auswirkungen der aktuellen coronabedingten Einschränkungen und der Omikron-Coronavirusvariante sowie die Sorgen um die Finanzierung der Versprechungen des neuen Koalitionsvertrages.
Auf Bundesebene hätten die beobachteten Prognoseinstitutionen für das Jahr 2021 im Vergleich zur letzten Erhebung vom März ihre Vorhersagen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,1 bis 2,3 Prozentpunkte gesenkt. Aktuell gingen die Institutionen von einem BIP-Anstieg im Bereich von 2,3 bis 3,5 Prozent im Jahr 2021 aus. Für das Jahr 2022 würde ein Anstieg von 3,6 bis 5,1 Prozent prognostiziert. Diese Vorhersagen wurden um 0,3 bis 2,1 Prozentpunkte erhöht, wobei der Wert in einem Gutachten unverändert blieb.
Die Arbeitslosenquote liege in Minden-Lübbecke wieder auf Vor-Corona-Niveau. Der Arbeitsmarkt habe bisher die Coronakrise besser gemeistert als die seinerzeitige Finanzkrise 2008/2009. Die zeitweise sehr hohen Kurzarbeits-Anmeldungen in den Jahren 2020 und 2021 würden eine deutlich größere Rolle der Kurzarbeit in der Corona-Pandemie als in der Finanzkrise zeigen. Die Gesamtumsätze und die Auslandsumsätze des verarbeitenden Gewerbes hätten sich in den letzten Monaten bis September erholt. Die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen bewege sich in Pandemiezeiten auf einem niedrigen Niveau unter dem Vorkrisenniveau des Jahres 2019, obwohl sie im August und September zugenommen habe.
„Es ist nicht auszuschließen, dass die Insolvenzen nach den längeren Phasen der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht und der Unterstützungen aus öffentlichen Mitteln wieder zunehmen werden,“ erläutert IHK-Zweigstellenleiter Karl-Ernst Hunting. Die Zahl der Gewerbeanmeldungen habe sich im Jahr 2020 – nach Rückgängen während des ersten Lockdowns – und in den ersten Monaten des Jahres 2021 weitgehend normalisiert und liege wieder auf dem Niveau des Jahres 2019.
Für das Jahr 2020 sei mit Gewerbesteuereinnahmen auf dem Niveau des Jahres 2015 ein deutlicher Einbruch um 18,3 Prozent gegenüber 2019 festzustellen. Der Einbruch im ersten Corona-Jahr (-10,1 Milliarden Euro 2020 gegenüber 2019) sei deutlich kräftiger als in der Finanzkrise (-8,6 Milliarden Euro 2009 gegenüber 2008). Für die Jahre 2021 bis 2026 würden in der aktuellen Steuerschätzung vom November 2021 durchgehend jedes Jahr wieder steigende Gewerbesteuereinnahmen und ab 2022 wieder jeweils ein neuer Einnahmerekord prognostiziert.
Bisher wurden im Jahr 2021 für Minden-Lübbecke bei der Industrie- und Handelskammer 5,0 Prozent mehr neue Ausbildungsverträge eingetragen als im gesamten Jahr 2020, ohne aber das Niveau des Jahres 2019 zu erreichen. Hunting: „Zur Abdeckung des hohen Fachkräftebedarfs sind deutlich mehr neue Ausbildungsverträge notwendig.“
Die jährliche Abnahme der Zentralitätskennziffer in Minden seit 2017 von 121,6 auf aktuell 113,1 signalisiere auch nach der erfolgten Fußgängerzonensanierung weiteren Handlungsbedarf zur Steigerung der Innenstadtattraktivität – beispielsweise mit zusätzlichen Werbeaktionen für den Besuch auswärtiger Kundschaft und Sonntagsöffnungen. Handlungsbedarf bestehe auch in Espelkamp, wo die Kennziffer seit 2014 von 109,3 auf aktuell 98,1 gesunken ist. Die Zentralitätskennziffer ist ein Maß für die Attraktivität einer Stadt als Einkaufsort.
Der aktuelle IHK-Lagebericht kann als pdf-Datei bei der IHK-Zweigstelle Minden angefordert werden, Tel. 0571 38538-11, E-Mail zweigstelle.minden(at)ostwestfalen.ihk.de.