Die aktuelle Geschäftslage der Unternehmen im Kreis Herford ist angespannt und auch die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate lassen nicht auf eine großflächige Verbesserung hoffen. Zu diesen Ergebnissen kommt die Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die am 7. März in Herford vorgestellt wurde.
Insgesamt 288 Unternehmen mit 11.779 Beschäftigten haben an der Befragung teilgenommen, darunter 73 Industrieunternehmen mit 7.046 Beschäftigten, 86 Handelsunternehmen mit 1.996 Mitarbeitenden sowie 129 Unternehmen aus dem Dienstleistungsbereich mit 2.737 Beschäftigten.
„Die im Herbst geäußerten Erwartungen sind leider eingetreten. Die konjunkturelle Lage ist aktuell nicht besonders rosig. Und auch die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate passen nicht zum bevorstehenden Frühlingsanfang“, sagt Alexandra Altmann, IHK-Vizepräsidentin.
Als Gründe für die insgesamt angespannte Stimmung in der Wirtschaft nennt sie die geopolitischen Krisen wie den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, die Spannungen zwischen den USA und China, Sparmaßnahmen im Bundeshaushalt, innenpolitische Differenzen innerhalb der Regierung, die hohen Energiepreise und den Arbeitskräftemangel.
Die gegenwärtige Geschäftslage in der Herforder Industrie bezeichnet Altmann als weiterhin angespannt. Lediglich zwölf Prozent der Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage als gut, 40 Prozent als schlecht. Die Auslastung der Produktionskapazitäten hat sich zwar wieder etwas verbessert - 29 Prozent der Unternehmen berichten von einer Auslastung von über 95 Prozent, im Herbst 2023 waren es nur 16 Prozent.
Allerdings schlägt sich diese Entwicklung nicht in den Erwartungen für die kommenden zwölf Monate nieder. So rechnen lediglich fünf Prozent der Unternehmen mit einer günstigeren Geschäftslage, 43 mit einer schlechteren.
„Seit dem Frühjahr 2022 ist die Zahl der Pessimisten immer weiter angestiegen. Gegenüber der Umfrage im Herbst 2023 nun sogar um zwölf Prozentpunkte“, zeichnet Altmann die Entwicklung nach. Nur acht Prozent der Industrieunternehmen rechnen mit steigenden Erträgen in den kommenden zwölf Monaten, 63 Prozent gehen von sinkenden Erträgen aus. „Das ist in der Betrachtung der vergangenen 20 Jahre, neben dem Ergebnis der Corona-Umfrage im Sommer 2020, das schlechteste Ergebnis“, bilanziert die IHK-Vizepräsidentin.
Sinkende oder fehlende Gewinnerwartungen wirken sich negativ auf die Investitionsbereitschaft aus. Lediglich 13 Prozent wollen in den nächsten zwölf Monaten ihre Investitionen ausweiten, 41 Prozent planen sinkende Investitionen. „Das primäre Investitionsmotiv bleibt ‚Ersatzbeschaffung‘. Wachstum sieht an dieser Stelle anders aus“, sagt Altmann.
Auch das Umfrage-Fazit für den Handel fällt negativ aus: „Im Handel ist die aktuelle Geschäftslage, und auch die Erwartungen weiter eingebrochen. Diese Entwicklung macht vor keiner Handelsstufe halt“, sagt Rainer Döring, Vorsitzender des IHK-Handelsausschusses.
So beurteilen 17 Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als gut, 33 als schlecht. Und auch die erwartete Geschäftslage weist einen negativen Saldo auf: lediglich zehn Prozent der Handelsunternehmen rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer besseren Geschäftslage, 35 Prozent mit einer schlechteren.
„Seit der Umfrage im Herbst 2019 sind die Erwartungen im Handel, mit Ausnahme vom Frühjahr 2022, durchgehend im Saldo negativ“, so Döring. Auch bei der Ertragslage steht der Handel massiv unter Druck; so hat sich für 16 Prozent die Ertragslage verbessert, für 49 Prozent verschlechtert.
„In diesem Zusammenhang ist von keinen großartigen Investitionen auszugehen. Nur elf Prozent wollen in den kommenden Monaten mehr investieren, 43 Prozent planen dagegen, ihre Investitionen zurückzufahren“, so Döring weiter.
Bei den Dienstleistern im Kreis Herford hat sich die aktuelle Situation leicht erholt. 30 Prozent der teilnehmenden Unternehmen sprechen von einer guten, 20 Prozent von einer schlechten Geschäftslage. Auch die Erwartungen an die kommenden zwölf Monate sind wieder leicht positiv und folgen der gegenwärtigen Bewertung.
„In der aktuellen Konjunkturlage kann das schon fast als Zeichen der Hoffnung bezeichnet werden“, meint Döring. So erwarten 21 Prozent der Dienstleister eine bessere Geschäftslage, 19 Prozent eine schlechtere. Das Ergebnis täuscht aber über abweichende Ergebnisse in einzelnen Branchen hinweg, deren Geschäftslage deutlich negativ ist.
„Branchen, deren Geschäftsmodell auf der Digitalisierung basiert, laufen überwiegend stabil. Die Stimmung in mit dem Verarbeitenden Gewerbe verbundenen Branchen wie Arbeitnehmerüberlassung und Güterkraftverkehr ist dagegen eher pessimistisch“, so Döring.
Nach Angaben der amtlichen Statistik ist die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten im Kreis Herford von 2022 zu 2023 von 142 auf 139 gesunken. Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Beschäftigten um 618 auf 25.491 Beschäftige zurückgegangen, ein Minus von 2,4 Prozent.
Der Gesamtumsatz im Kreis Herford hat sich um 1,6 Prozent auf 7,61 Milliarden Euro reduziert. Dabei sanken die Auslandsumsätze um 0,8 Prozent auf 2,84 Milliarden Euro, die Exportquote beträgt 37,4 Prozent. Beim Inlandsumsatz musste ein Minus von 2,1 Prozent auf 4,77 Milliarden Euro verbucht werden. Im Vergleich dazu lag der Rückgang in Ostwestfalen bei 1,8 Prozent, auf NRW-Ebene bei 2,5 Prozent und auf Bundesebene bei 1,5 Prozent.
39,8 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Kreis Herford sind im Verarbeitenden Gewerbe tätig. In Ostwestfalen sind es 34,1 Prozent, im Bund 27,1 Prozent und auf NRW-Ebene 25,2 Prozent. „Der Wittekindkreis ist und bleibt ein bedeutender Industriestandort, den es auch für die Zukunft zu sichern gilt“, betont Götz Dörmann, IHK-Geschäftsführer und Regionalbetreuer für den Kreis Herford.