Industrie, Handel und Dienstleister im Kreis Herford stehen unter Druck. So bezeichnen 60 Prozent der befragten Industrieunternehmen ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht. Im Handel sind es rund ein Drittel der Betriebe. Lediglich bei den Dienstleistern überwiegt mit 25 Prozent die Zahl der Optimisten noch leicht die der Pessimisten.
Die Geschäftsaussichten für die kommenden zwölf Monate sind in allen drei Sektoren trübe. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Herbst-Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die am 9. Oktober in der Sparkasse Herford vorgestellt wurde. Insgesamt haben sich 257 Unternehmen mit 16.678 Beschäftigten an der Umfrage beteiligt.
„Die Industrie im Kreis Herford blickt auf eine massiv angespannte Geschäftslage, ohne große Hoffnung auf Verbesserung in den kommenden zwölf Monaten. Die Ertragslage bremst mögliche Investitionen aus“, fasst IHK-Vizepräsidentin Alexandra Altmann die Stimmung der 71 Industrieunternehmen mit ihren 12.273 Beschäftigten zusammen.
Die gedämpften Erwartungen aus der IHK-Frühjahrsumfrage hätten sich erfüllt. Nur vier Prozent der befragten Unternehmen sprechen gegenwärtig von einer guten Geschäftslage, 60 Prozent von einer schlechten.
„Das ist das schlechteste Ergebnis seit der Herbstumfrage 2014“, verdeutlicht Altmann die Dramatik. Für die kommenden zwölf Monate rechnen lediglich sechs Prozent der Industrieunternehmen im Kreis Herford mit einer verbesserten Geschäftslage, 34 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Als größtes Risiko für die weitere Entwicklung rangiert für 90 Prozent der Befragten auf Platz eins die Inlandsnachfrage, gefolgt von der Auslandsnachfrage (72 Prozent) und den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (67 Prozent).
„Die Konsumzurückhaltung, gestiegene Kosten sowie die Unsicherheit der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind kein guter Nährboden für das notwendige Wirtschaftswachstum“, so Altmann weiter. Auch die Erwartungen an zukünftige Erträge sind weiterhin eingetrübt, so gehen lediglich acht Prozent der Unternehmen von steigenden Erträgen aus.
Dies habe auch Auswirkungen auf die Investitionen. Nur neun Prozent der Unternehmen planen höhere Investitionen. Als Hauptmotiv bei Investitionen insgesamt überwiegen Ersatzbeschaffungen (88 Prozent) und Rationalisierungen (61 Prozent). Knapp ein Fünftel setzt auf Produktinnovationen und lediglich zwölf Prozent auf Kapazitätserweiterung.
Vor diesem Hintergrund ist in den kommenden Monaten auch nicht mit einem Beschäftigungsaufbau zu rechnen. Bei den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden als Risiken an erster Stelle die Bürokratie genannt, gefolgt von der Steuer- und Energiepolitik der aktuellen Regierung sowie geopolitische Risiken.
„Um eine Trendwende einzuleiten, muss die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. Hierfür benötigen wir Impulse durch die verantwortliche Politik“, resümiert die IHK-Vizepräsidentin.
Auch im Handel (72 Unternehmen mit 1.726 Beschäftigten) ist die aktuelle Lage angespannt. Ein Viertel der Händler beurteilt seine Geschäftslage als gut, 32 Prozent beurteilen sie als schlecht. Dabei ist die Stimmung im Großhandel, der zum Teil vom Verarbeitenden Gewerbe abhängig ist, gedämpfter als im Einzelhandel.
Allerdings blicken beide Handelsstufen pessimistisch in die Zukunft. Im Großhandel erwarten lediglich drei Prozent eine bessere, 39 Prozent dagegen eine schlechtere Geschäftslage. Im Einzelhandel gehen zehn Prozent von einer besseren, 35 Prozent von einer schlechteren Lage aus.
Sowohl bei der aktuellen als auch bei der erwarteten Geschäftslage überwiegen die Skeptiker deutlich. Als Hauptrisiken nennen die Händler die Inlandsnachfrage, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die Arbeitskosten.
Bei den Dienstleistern (114 Unternehmen mit 2.679 Beschäftigten) verläuft die aktuelle Geschäftslage noch auf einem positiven Niveau. 25 Prozent der befragten Dienstleister beurteilen die aktuelle Geschäftslage als gut, 21 Prozent als schlecht. Die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate sind hingegen negativ. Sowohl bei den aktuellen als auch bei den erwarteten Erträgen überwiegen die Pessimisten.
Die Arbeitskosten, die Entwicklung der Inlandsnachfrage und die Energiekosten werden von den Dienstleistern als Hauptrisiken der wirtschaftlichen Entwicklung benannt. „Wenn wir die aktuellen Herausforderungen meistern wollen, brauchen wir mehr politischen Mut. Dazu gehören unter anderem der aktive Bürokratieabbau sowie eine wirtschaftsfreundliche Steuer- und Energiepolitik. Es bedarf dringender Wachstumsanreize, um das Investitions- und Konsumklima in Deutschland wieder zu verbessern“, sagt IHK-Vollversammlungsmitglied Peter Becker.
Nach Angaben der amtlichen Statistik ging die Anzahl der Industrieunternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten in den ersten sieben Monaten des Jahres 2024 um sieben Unternehmen auf 133 zurück. Der Gesamtumsatz im sekundären Sektor ist im Vergleichszeitraum um 8,4 Prozent von 4,4 Milliarden (2023) auf 4,0 Milliarden Euro gesunken.
„Das ist ein deutlicher Rückgang auf das Niveau des Jahres 2021“, ordnet IHK-Geschäftsführer Götz Dörmann die Zahlen ein. Bei einer Exportquote von 38,4 Prozent sind die Auslandsumsätze um 3,6 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro rückläufig, die Inlandsumsätze um 11,1 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Mit gut 24.500 Personen befinden sich die Unternehmen aktuell auf dem Beschäftigungsniveau von 2013.
Trotz dieser Zahlen bleibt der Kreis Herford – nach dem Kreis Gütersloh – der beschäftigungsstärkste Industriekreis in Ostwestfalen. So sind knapp 40 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Wittekindkreis in der Industrie tätig (Bund: 26,9 Prozent; NRW: 25 Prozent). Die Gesamtbeschäftigtenzahl im Kreis Herford ist um 1,1 Prozent auf 95.873 im Jahr 2023 zurückgegangen.