„Aufgrund einer schlechten momentanen wirtschaftlichen Lage verbunden mit einer eher verhaltenen Erwartung sind die Aussichten der Paderborner Wirtschaft für das Jahr 2024 stark getrübt. Ein weiterer Rückgang der Auftragseingänge bei der Industrie, ein gedämpftes Geschäft im Handel, verbunden mit weiter hohen Energiepreisen und schlechten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, sind Gründe für die Unternehmen im Kreis, die Geschäftserwartung weiterhin pessimistisch zu beurteilen,“ kommentiert Jürgen Behlke, IHK-Geschäftsführer und Leiter der Zweigstelle Paderborn + Höxter, die Ergebnisse der IHK-Herbst-Konjunkturumfrage. An der Untersuchung, an der sich aus dem Kreis Paderborn knapp 300 Unternehmen mit insgesamt gut 15.000 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistung beteiligten, sind überwiegend negativ ausgefallen.
„Die anhaltende Investitionsschwäche, die weiterhin hohen Energiepreise und das immer noch hohe Zinsniveau wirken sich nicht nur auf die international vernetzte Industrie aus, sondern sie haben auch mittelbar Auswirkungen auf Handel und Dienstleistung. Insofern sind die Ergebnisse der Konjunkturumfrage für den Kreis Paderborn weiter auf niedrigem Niveau“, betont Behlke bei der heutigen (10. Oktober) Vorstellung der Umfrageergebnisse in Paderborn. „Wir können die Risiken wie die stockende Inlandsnachfrage, den Fachkräftemangel aber auch die immer schlechter werdenden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in ihrer Wirkung und Dauer nicht mit 100-prozentiger Sicherheit einschätzen. Wir meinen aber, dass unsere Konjunkturumfrage trotzdem eine gute Basis für die Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung im Kreis Paderborn darstellt“.
Die Konjunkturdaten aus der IHK-Untersuchung sind für die Dienstleistungen und den Handel noch im positiven Bereich. Beim Handel sind der positiv beurteilende Lebensmitte-leinzelhandel, sowie die eher optimistischeren größeren Unternehmen ausschlaggebend für das relativ gute Ergebnis. Die Industrie beurteilt die Lage eher pessimistisch.
„Der Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lageeinschätzung der Betriebe mit ihren Erwartungen in Relation setzt, ist für den Gesamtindikator über alle drei Sektoren mit 106 Punkten noch leicht im positiven Bereich“, berichtet Jürgen Behlke. Die 100-er Linie markiert die Grenze zwischen einer positiven oder negativen Stimmung. Der Wert für die Industrie sei dabei von dem schon relativ schlechten Wert im Herbst 2023 mit 88 Punkten auf nunmehr 84 Punkte gesunken. Der Wert unter 100 liege besonders an der im Saldo immer noch sehr schlechten momentan Lage. Der Wert für die Dienstleister ist leicht gesunken. Behlke: „Hier gibt der Wert leicht auf 114 Punkte nach. Diese noch einigermaßen gute Situation hängt mit den positiveren Aussichten größerer Unternehmen, aber auch der einigermaßen guten Lage beispielsweise bei den IT-Dienstleistern oder Unternehmensberatungen, zusammen. Der Handels-Index verharrt auf ordentlichen 121 Punk-ten, was in erster Linie an der noch guten Lage im Lebensmitteleinzelhandel liegt.“
Die momentane Geschäftslage stelle sich in den Sektoren tendenziell ähnlich dar. 13 Prozent der Firmen aus dem Handel, 26 Prozent bei den Dienstleistern und 21 Prozent der Industrieunternehmen betrachteten ihre jetzige Lage als gut. In der Industrie betrachten demgegenüber 48 Prozent der Unternehmen die Lage als schlecht. Diese Einschätzung spiegele die momentane Produktionsauslastung wider: 47 Prozent – gegenüber 40 Prozent im Herbst 2023 – lägen mit der Auslastung ihrer Produktionskapazität unter 80 Prozent. 14 Prozent der Befragten in der Industrie rechnen mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten. Dem stünden 10 Prozent gegenüber, die eine Verbesserung erwarten. Behlke: „Die angespannte Lage bei der Inlandsnachfrage, aber auch die schlechten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind in die Bewertungen der Unternehmen natürlich eingeflossen. Dazu kommt die eingetrübte weltwirtschaftliche Lage.“
Nahezu alle Branchen gehen wegen der angespannten Geschäftslage und der unsicheren Zukunft, auch vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit von Fachkräften, von einem Beschäftigungsabbau aus. Die Konjunkturrisiken sind branchenübergreifend mit unterschiedlicher Ausprägung gleich. Es dominiert das Risiko der Inlandsnachfrage, dicht gefolgt vom Personalmangel, wobei verstärkt auch wieder die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko genannt werden.
Im ersten Halbjahr 2024 betrug der Gesamtumsatz des Verarbeitenden Gewerbes im Kreis Paderborn 3,466 Milliarden Euro und lag damit um sechs Prozent unter dem Vorjahresergebnis. „Dieser Rückgang zeigt die schwierige wirtschaftliche Lage der gesamten Industrie in unserer Region“, führt Behlke aus. „Bei der Beschäftigungsentwicklung verzeichnet der Kreis Paderborn allerdings mit einem Plus von 1,6 Prozent den höchsten Anstieg in Ostwestfalen“.
Wichtig im Zusammenhang mit der konjunkturellen Entwicklung sind auch die Standortfaktoren insbesondere im internationalen Vergleich. Die Unternehmen mahnen in der aktuellen IHK-Umfrage neben der Fachkräftethematik besonders die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen, die sichere und bezahlbare Energieversorgung, die Komplexität und Höhe der Steuern und vor allem die überbordende Bürokratie an. „Hier muss die Politik noch Wesentliches optimieren, um die von der Wirtschaft geforderten guten Rahmenbedingungen zu schaffen“, so Behlke.