Die Wirtschaft im Kreis Paderborn befindet sich wegen der weiter andauernden weltweiten Pandemie in einer angespannten Lage. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) in ihrer aktuellen Herbst-Konjunkturumfrage, an der sich aus dem Kreis Paderborn 290 Unternehmen mit über 17.000 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistung beteiligten. „Die momentane wirtschaftliche Lage bei den Unternehmen im Kreis gibt weiter Anlass zur Sorge“, erklärte IHK-Vizepräsidentin Gabriele Schäfers bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Paderborn. „Die Konjunkturdaten sind in allen Branchen negativ. Bei der Einschätzung der künftigen wirtschaftlichen Situation nimmt die Anzahl der Optimisten allerdings zu. Hier gehen beispielsweise gut 40 Prozent der Industrieunternehmen von einer sich verbessernden Lage aus. Bei Handel und Dienstleistung stellt sich die Situation noch einigermaßen unsicher dar. Die wirtschaftliche Situation ist von großen Unterschieden geprägt. Beispielsweise ist der ganze Lebensmittelbereich kaum betroffen, wogegen die Reisebranche, die Veranstaltungsbranche oder der Hotel- und Gaststättensektor extrem unter der Situation leiden.“
„Der Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lageeinschätzung der Betriebe mit ihren Erwartungen in Relation setzt, ist für den Gesamtindikator über alle drei Branchen mit 97 Punkten knapp im negativen Bereich“, berichtete der IHK-Geschäftsführer und Leiter der Zweigstelle Paderborn + Höxter, Jürgen Behlke. Die 100-er Linie markiert die Grenze zwischen einer positiven oder negativen Stimmung. Der Wert für die Industrie sei dabei von dem historisch schlechten Wert im Sommer mit 49 Punkten wieder auf 101 Punkte gestiegen, was an den im Saldo guten Erwartungen an die künftige Geschäftslage liege. Der Wert für die Dienstleister ist im Vergleich zum Sommer leicht gestiegen. Behlke: „Hier steigt er immerhin von 60 auf 88 Punkte, was aber immer noch nicht sehr optimistisch stimmt. Auch der Handel steigt leicht von 80 auf 98 Punkte.“
Die momentane Geschäftslage stelle sich in den Branchen ähnlich dar. 25 Prozent der Firmen aus dem Handel, 27 Prozent bei den Dienstleistern und nur 17 Prozent der Industrieunternehmen betrachteten ihre jetzige Lage als gut. In der Industrie sähen sie allerdings momentan ein gutes Drittel als schlecht an. Diese Einschätzung spiegele die momentane Produktionsauslastung wider: Knapp die Hälfte – gegenüber zwei Prozent im Herbst 2019 – lägen mit der Auslastung ihrer Produktionskapazität unter 80 Prozent. Allerdings rechnen 42 Prozent der Befragten in der Industrie mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten. Dem stünden 18 Prozent gegenüber, die eine Verschlechterung erwarteten. Schäfers: „Alle Branchen gehen wegen der angespannten Geschäftslage von einem Beschäftigungsrückgang aus. Der Fachkräftemangel, bislang immer eines der am häufigsten genannten Konjunkturrisiken, ist vollkommen in den Hintergrund geraten.“
Im ersten Quartal 2020 betrug der Gesamtumsatz des Verarbeitenden Gewerbes im Kreis Paderborn 1,229 Milliarden Euro und lag damit um 2,2 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. „Dieser Rückgang war schon vor Corona-Zeiten ein Indiz für eine schwächelnde Weltkonjunktur. Wir blicken daher mit Sorge auf die weitere Entwicklung der Umsatzzahlen im Kreis“, führte Behlke aus. „Bei der Beschäftigungsentwicklung belegt der Kreis Paderborn mit einem Minus von drei Prozent den letzten Platz in Ostwestfalen; die Wirtschaft in unserem Kreis und besonders die Industrie ist schon seit Ende letzten Jahres unter Druck“. Mit Blick auf die von den Unternehmen angeführten Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die deutsche und damit auch die ostwestfälische Wirtschaft zu unterstützen. „Dazu gehört weiterhin die notwendige Unterstützung von ohne Schuld in die Krise geratenen Unternehmen, in diesen Zeiten ganz besonders eine Verminderung des bürokratischen Aufwands für die Unternehmen, aber auch eine weitsichtige Klima- und Energiepolitik, die die Unternehmen nicht über Gebühr belastet und zu Wettbewerbsnachteilen führt. Die Unternehmen sehen zwar den Fachkräftemangel nicht mehr als aktuelles wirtschaftliches Risiko, aber es sollte doch aus strategischen Gesichtspunkten die Ausbildung nicht aus dem Auge verloren werden. Wir erwarten daher weiterhin auch von Politik und Gesellschaft das klare Bekenntnis zur dualen Ausbildung“, unterstrich der IHK-Geschäftsführer.