Die Wirtschaft im Kreis Paderborn befindet sich besonders wegen der schwieriger gewordenen globalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einer angespannten Lage. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) in ihrer aktuellen Herbst-Konjunkturumfrage, an der sich aus dem Kreis Paderborn 317 Unternehmen mit über 25.000 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistung beteiligten. „Die momentane wirtschaftliche Lage bei den Unternehmen im Kreis befindet sich weiterhin auf einem recht guten Niveau“, betonte IHK-Vizepräsidentin Gabriele Schäfers bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Paderborn. „Die Konjunkturdaten sind in allen Branchen immer noch positiv. Bei der Einschätzung der künftigen wirtschaftlichen Situation geht die Anzahl der Optimisten stark zurück. Hier geht beispielsweise weit mehr als die Hälfte der Industrieunternehmen von einer sich stark verschlechternden Lage aus. Bei Handel und Dienstleistung stellt sich die Situation noch als einigermaßen stabil dar. Die Hauptrisiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sind besonders die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen aber auch die gesunkene Nachfrage. Bei Handel und Dienstleistung spielt immer noch der Fachkräftemangel eine große Rolle.“
„Der Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lageeinschätzung der Betriebe mit ihren Erwartungen in Relation setzt, ist für den Gesamtindikator über alle drei Branchen mit nur 94 Punkten erstmals seit zehn Jahren wieder in einem negativen Bereich“, berichtete der IHK-Geschäftsführer und Leiter der Zweigstelle Paderborn + Höxter, Jürgen Behlke. Die 100-er Linie markiert die Grenze zwischen einer positiven oder negativen Stimmung. Der Wert für die Industrie sei dabei innerhalb eines Jahres von 123 auf 72 Punkte gefallen, was an den im Saldo schlechten Erwartungen an die künftige Geschäftslage liege. Der Wert für die Dienstleister ist leicht gesunken. Behlke: „Hier fällt er leicht von 138 Punkten auf immer noch gute 117 Punkte zurück. Auch der Handel verzeichnet einen Rückgang von 130 auf 118 Punkte.“
Die momentane Geschäftslage stelle sich in den Branchen differenziert dar. 33 Prozent der Firmen aus dem Handel, gut 40 Prozent bei den Dienstleistern aber nur 25 Prozent der Industrieunternehmen betrachteten ihre jetzige Lage als gut. In der Industrie sähen sie allerdings momentan auch nur sieben Prozent als schlecht an. Diese Einschätzung spiegele die momentane Produktionsauslastung wider: Nur noch zwei Prozent – gegenüber sechs Prozent im Vorjahr – lägen mit der Auslastung ihrer Produktionskapazität unter 80 Prozent. Es ist aber eine Verschiebung bei den vollausgelasteten Unternehmen von 40 Prozent im Vorjahr zu 18 Prozent in diesem Jahr festzustellen. Nur fünf Prozent der Befragten in der Industrie rechneten mit einer weiteren Verbesserung ihrer Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten. Dem stünden allerdings sehr hohe 61 Prozent gegenüber, die eine Verschlechterung erwarteten. Schäfers: „Nur der Handel und die Dienstleistung gehen wegen der immer noch guten Geschäftslage von einem leichten Beschäftigungszuwachs aus, der aber immer noch von der Verfügbarkeit der entsprechenden Fachkräfte abhängt. Die Industrie erwartet einen Rückgang bei den Beschäftigtenzahlen“.
Im ersten Halbjahr 2019 betrug der Gesamtumsatz des Verarbeitenden Gewerbes im Kreis Paderborn drei Milliarden Euro und lag damit um 3,6 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. „Dieser Rückgang ist nach dem starken Umsatzanstieg im letzten Jahr leider der höchste Wert in Ostwestfalen“, stellte Behlke heraus. „Bei der Beschäftigungsentwicklung belegt der Kreis Paderborn mit einem Plus von 3,1 Prozent einen Mittelplatz in Ostwestfalen; die Wirtschaft in unserem Kreis und besonders die Industrie gerät momentan unter Druck“. Mit Blick auf die von den Unternehmen angeführten Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die deutsche und damit auch die ostwestfälische Wirtschaft zu unterstützen. „Dazu gehört eine Verminderung des bürokratischen Aufwands für die Unternehmen, aber auch eine weitsichtige Klima- und Energiepolitik, die die Unternehmen nicht über Gebühr belastet und zu Wettbewerbsnachteilen führt. Zum Risiko Fachkräftemangel erwartet die Wirtschaft von Politik und Gesellschaft das klare Bekenntnis zur dualen Ausbildung“, unterstrich der IHK-Geschäftsführer.