Die Wirtschaft im Kreis Gütersloh befindet sich weiterhin auf einem sehr hohen Niveau, es stellt sich aber die Frage, ob der Gipfel überschritten ist. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) in ihrer Herbstkonjunkturumfrage, an der sich 354 Unternehmen mit 41.713 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistungen beteiligten. „In der Industrie und bei den Dienstleistern sind Verunsicherungen mit Blick auf die kommenden Monate spürbar“, erklärte IHK-Vizepräsident Dr. Markus Miele heute (10.10.2018) bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Einschätzungen der momentanen Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, ist gegenüber dem Frühjahr gesunken. Für alle Branchen im Kreis Gütersloh fiel er deutlich von 147 auf 131 Punkte, wobei die 100er-Linie für eine ausgeglichene Stimmung stehe.
Aktuell sieht die Wirtschaftslage immer noch sehr gut aus: 64 Prozent der befragten Industriebetriebe bezeichnen ihre aktuelle Geschäftslage als „gut“ (Frühjahr: 80 Prozent) und nur ein Prozent bewertet sie als „schlecht“ (Frühjahr: 0,1 Prozent). „Das Stimmungshoch aus den vorherigen Umfragen hat sich also – wenn auch abgeschwächt – fortgesetzt“, erklärte Miele. Die Unsicherheit spiegele sich in den Erwartungen wider, denn „nur noch“ 21 Prozent der Unternehmen gehen von einer Verbesserung der Geschäftslage aus (Frühjahr: 30 Prozent), zehn Prozent von einer Verschlechterung (Frühjahr: fünf Prozent).
„Seit mehreren Umfragen beobachten wir eine erstaunliche konjunkturelle Robustheit - trotz internationaler Turbulenzen“, hob der IHK-Vizepräsident hervor. „Doch beim Ausblick auf die kommenden zwölf Monate hat der Optimismus der Industriebetriebe im Kreis Gütersloh nun Federn gelassen. Die Gefahr eines unkontrollierten Brexits, wirtschaftliche Unsicherheiten in einigen Schwellenländern und der Türkei, weiter schwelende internationale Handelskonflikte mit Zöllen, Gegenzöllen und Sanktionsdrohungen fordern nun offenbar ihren Tribut.“
Auch deshalb ist aus Sicht der Befragten das Risiko der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen deutlich von 38 Prozent der Nennungen im Frühjahr auf aktuell 67 Prozent gestiegen. Sie sind gemeinsam mit dem Fachkräftemangel mit ebenfalls 67 Prozent der Nennungen das Risiko Nummer eins. Zudem sind die Risiken Inlandsnachfrage (aktuell 66 Prozent, Frühjahr: 25 Prozent) und die Auslandsnachfrage (aktuell 61 Prozent, Frühjahr: 11 Prozent) stark gewachsen. „Wir sollten uns selbstkritisch fragen, welches Bild Deutschland von sich in die Welt sendet. Auch Wirtschaft kann nur erfolgreich sein, wenn wir einen gesellschaftlichen Grundkonsens sichern“, appellierte Dr. Miele an alle Bürger, aktiv für ein weltoffenes Deutschland einzutreten.
Im Handel befinde sich die aktuelle Lage noch auf einem guten Niveau, die Erwartungen seien etwas schlechter. „Bei den Dienstleistern haben sich die aktuelle Lage und die Erwartungen eher verschlechtert“, so der IHK-Vizepräsident.
Nach Angaben von IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden sind die Gesamtumsätze des Verarbeitenden Gewerbes von Januar bis Juli im Kreis im Vorjahresvergleich um 3,1 Prozent auf 11,2 Milliarden Euro gestiegen, einem neuen Rekordwert. Die Exportquote für den Kreis betrage aktuell 42,7 Prozent, der ostwestfälische Spitzenwert. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag 2017 bei 175.734 Personen, 6.086 Beschäftigte oder 3,6 Prozent mehr als im Vorjahr.