„Neben der angespannten momentanen wirtschaftlichen Lage sind auch die Aussichten der Wirtschaft im Kreis Paderborn für das Jahr 2024 weiterhin stark getrübt. Niedrige Auftragseingänge bei der Industrie, ein gedämpftes Geschäft im Handel, verbunden mit steigenden Arbeitskosten sowie schlechten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, sind Gründe für die Unternehmen im Kreis, die Geschäftserwartung tendenziell pessimistisch zu beurteilen, “ kommentiert Thilo Pahl, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die regionalen Teilergebnisse der IHK-Frühjahrs-Konjunkturumfrage. Die heute (5. März) in Paderborn vorgestellten Resultate dieser Mitte Februar abgeschlossenen Untersuchung sind überwiegend negativ ausgefallen. An der Umfrage hatten sich im Kreis Paderborn gut 300 Unternehmen mit insgesamt fast 17.000 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistung beteiligt.
„Die Auswirkungen der lahmenden Weltkonjunktur, aber auch die Konsumzurückhaltung der Verbraucher infolge hoher Inflationsraten, sowie unsichere politische Vorgaben sind für die schwache deutsche Konjunktur verantwortlich. Diese Einflüsse wirken sich nicht nur auf die international vernetzte Industrie aus, sondern sie haben natürlich auch mittelbar Auswirkungen auf Handel und Dienstleistung. Insofern stehen die Ergebnisse der Konjunkturumfrage für den Kreis Paderborn weiter unter dem Vorbehalt der hohen Unsicherheit im Zusammenhang mit diesen Faktoren“, betont Pahl.
Die Konjunkturdaten aus der IHK-Untersuchung sind für die Dienstleister und den Handel noch im positiven Bereich. Beim Handel sind insbesondere die eher positiv beurteilenden größeren Unternehmen ausschlaggebend für das relativ gute Ergebnis. Die Industrie beurteilt die Lage indes größtenteils pessimistisch.
„Der Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lageeinschätzung der Betriebe mit ihren Erwartungen in Relation setzt, ist für den Gesamtindikator über alle drei Sektoren mit 109 Punkten im positiven Bereich“, berichtet der IHK-Geschäftsführer und Leiter der Zweigstelle Paderborn + Höxter, Jürgen Behlke. Die 100er-Linie markiert die Grenze zwischen einer positiven oder negativen Stimmung. Der Wert für die Industrie ist dabei von 80 Punkten im Frühjahr 2023 nun auf etwas bessere 88 Punkte gestiegen. Dass der Wert weiterhin unter 100 notiert, liegt diesmal sowohl an der schlechten momentanen Lage als auch an den im Saldo schlechten Erwartungen. Der Wert für die Dienstleister ist erfreulicherweise leicht angestiegen, auf 125 Punkte. Behlke: „Die Entwicklung wird durch die positiveren Aussichten größerer Unternehmen beeinflusst, aber auch der relativ guten Lage beispielsweise bei den IT-Dienstleistern oder Unternehmensberatungen.“ Der Handels-Index steigt von 65 auf 103 Punkte. „Dies liegt in erster Linie an den größeren Einzelhändlern und am Lebensmitteleinzelhandel“, so Behlke.
Die momentane Geschäftslage stellt sich in den Sektoren tendenziell ähnlich dar. 16 Prozent der Firmen aus dem Handel, 28 Prozent bei den Dienstleistern und nur 18 Prozent der Industrieunternehmen bewerteten ihre jetzige Lage als gut. In der Industrie betrachten demgegenüber 33 Prozent der Unternehmen die Lage als schlecht. Diese Einschätzung spiegelt die momentane Produktionsauslastung wider: 42 Prozent – gegenüber 17 Prozent im Frühjahr 2023 – liegen mit der Auslastung ihrer Produktionskapazität unter 80 Prozent. Leider rechnen noch 19 Prozent der Befragten in der Industrie mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten. Dem stehen nur zehn Prozent gegenüber, die eine Verbesserung erwarten. Behlke: „Die angespannte Lage bei den Energiepreisen, aber auch bei der Verfügbarkeit von Fachkräften ist in die Bewertungen der Unternehmen natürlich eingeflossen. Dazu kommt die eingetrübte weltwirtschaftliche Lage.“
Nahezu alle Branchen gehen wegen der angespannten Geschäftslage und der unsicheren Zukunft sowie vor dem Hintergrund der knappen Verfügbarkeit von Fachkräften von einem Beschäftigungsabbau aus. Die Konjunkturrisiken sind branchenübergreifend mit unterschiedlicher Ausprägung gleich. Es dominiert das Risiko der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, dicht gefolgt von der Inlandsnachfrage, wobei auch weiterhin der Personalmangel und die hohen Arbeitskosten häufig als Risiken genannt werden.
Im Jahr 2023 betrug der Gesamtumsatz des Verarbeitenden Gewerbes im Kreis Paderborn 5,823 Milliarden Euro und lag damit um 1,8 Prozent über dem Vorjahresergebnis. „Dieser Anstieg ist trotz der momentan wirtschaftlich schlechten Lage erfreulich und zeigt, dass die Industrie die Verluste seit 2020 fast ausgeglichen hat“, führt Behlke aus. „Bei der Beschäftigungsentwicklung verzeichnet der Kreis Paderborn mit einem Plus von 3,3 Prozent den höchsten Wert in Ostwestfalen.“
Wichtig im Zusammenhang mit der konjunkturellen Entwicklung sind auch die Standortfaktoren insbesondere im internationalen Vergleich. Die Unternehmen mahnen neben der Arbeitskräftethematik besonders die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen, die sichere und bezahlbare Energieversorgung, die Komplexität und Höhe der Steuern sowie vor allem die überbordende Bürokratie an. „Hier muss die Politik noch Wesentliches optimieren, um die von der Wirtschaft geforderten besseren Rahmenbedingungen zu schaffen“, betont Pahl.