„Die wirtschaftliche Lage im Kreis Höxter ist insgesamt angespannt. Industrie und Dienstleistung deuten eine leichte positive Tendenz an, wobei die Aussichten im Handelsbereich stark gedämpft sind. Ein schwieriges Weihnachtsgeschäft im Handel verbunden mit weiter hohen Energiepreisen und Inflationsraten sind Gründe für die Unternehmen im Kreis, bei der Geschäftserwartung vorsichtig zu sein,“ kommentierte IHK-Vollversammlungsmitglied Gerrit Becker die Ergebnisse der Frühjahrs-Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). Die Resultate dieser Mitte Februar abgeschlossenen Untersuchung, an der sich aus dem Kreis Höxter gut 100 Unternehmen mit 8.500 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistung beteiligten, sind tendenziell negativ ausgefallen.
„Die unmittelbaren Auswirkungen des Ukrainekrieges sind hohe Energiekosten und eine hohe Teuerungsrate. Diese Einflüsse wirken sich nicht nur auf die international vernetzte Industrie aus, sondern sie haben natürlich auch mittelbar Auswirkungen auf Handel und Dienstleistung. Insofern stehen die Ergebnisse der Konjunkturumfrage für den Kreis Höxter weiter unter dem Vorbehalt der hohen Unsicherheit im Zusammenhang mit diesen Faktoren“, betonte Gerrit Becker bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Brakel. „Wir können die Risiken wie die Energie- und Rohstoffpreise oder den Fachkräftemangel in ihrer Wirkung und Dauer noch nicht richtig bewerten. Wir meinen aber, dass unsere Konjunkturumfrage trotzdem eine gute Basis für die Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung im Kreis Höxter darstellt“.
Bei den Konjunkturdaten aus der IHK-Untersuchung vom Jahresanfang sind ist nur noch die Industrie im positiven Bereich. Handel und Dienstleistung beurteilen die Lage pessimistischer.
„Der Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lageeinschätzung der Betriebe mit ihren Erwartungen in Relation setzt, ist für den Gesamtindikator über alle drei Sektoren mit 68 Punkten im negativen Bereich“, berichtete der IHK-Geschäftsführer und Leiter der Zweigstelle Paderborn + Höxter, Jürgen Behlke. Die 100-er Linie markiert die Grenze zwischen einer positiven oder negativen Stimmung. Der Wert für die Industrie sei dabei von dem sehr guten Wert im Frühjahr 2022 mit 168 Punkten auf 104 Punkte gesunken. Der Wert für die Dienstleister sei weiter leicht zurückgegangen. Behlke: „Hier sinkt er auf nur noch 34 Punkte, was definitiv mit den negativen Aussichten größerer Unternehmen aus der Gesundheitsbranche zusammenhängt. Der Handels-Index sinkt von 99 auf 56 Punkte, wofür es viele unterschiedliche Gründe gibt. Hier macht besonders die hohe Teuerungsrate den Unternehmen zu schaffen.“
Die momentane Geschäftslage stelle sich in den Sektoren komplett unterschiedlich dar. 85 Prozent der Firmen aus der Industrie betrachten ihre Lage als befriedigend oder gut. Diese Einschätzung spiegele die momentane Produktionsauslastung wider: Nur 13 Prozent – gegenüber 11 Prozent im Frühjahr 2022 – lägen mit der Auslastung ihrer Produktionskapazität unter 80 Prozent. Demgegenüber vermelden 70 Prozent eine Auslastung von über 95 Prozent. Es rechnen sogar 30 Prozent der Befragten in der Industrie mit einer Verbesserung ihrer Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten. Dem stünden 19 Prozent gegenüber, die eine Verschlechterung erwarteten. Beim Handel beschreiben 38 Prozent der Unternehmen ihre Lage als schlecht, dem lediglich 15 Prozent, vornehmlich aus dem Bereich des Großhandels, gegenüberstehen, die ihre jetzige Lage als gut beurteilen.
Bei den Dienstleistern betrachteten 37 Prozent der Unternehmen ihre jetzige Lage als gut. Bei den 22 Prozent, die eine schlechte Beurteilung abgeben, sind viele große Unternehmen der Gesundheitsbranche. Behlke: „Die angespannte Lage in der Ukraine ist in die Bewertungen der Unternehmen natürlich eingeflossen. Dazu kommt die eingetrübte weltwirtschaftliche Lage.“
Bei den Branchen ergibt sich wegen der angespannten Geschäftslage und der unsicheren Zukunft, zusätzlich vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit von Fachkräften, ein unterschiedliches Bild bei der erwarteten Beschäftigtenzahl. Die Industrie erwartet einen Verbleib auf dem jetzigen Niveau, wobei die Dienstleister ein Wachstum erwarten und der Handel von einem Sinken der Mitarbeiterzahlen ausgeht. Die Konjunkturrisiken sind branchenübergreifend mit unterschiedlicher Ausprägung gleich. Es dominiert das Risiko der Energie- und Rohstoffpreise, dicht gefolgt vom Personalmangel, wobei die Energie- und Rohstoffpreise als Risiko von fast 100 Prozent der Industrieunternehmen genannt werden. Im Bereich des Handels kommt noch die Befürchtung stark steigender Arbeitskosten hinzu.
Im Jahr 2022 betrug der Gesamtumsatz des Verarbeitenden Gewerbes im Kreis Höxter 1,918 Milliarden Euro und lag damit um knapp 12 Prozent über dem Vorjahresergebnis. „Dieser Anstieg ist der zweithöchste Anstieg in Ostwestfalen und zeigt, dass die Industrie die Verluste aus 2020 gut ausgeglichen hat.“, führte Behlke aus. „Bei der Beschäftigungsentwicklung verzeichnet der Kreis Höxter mit einem Plus von 3,9 Prozent sogar den höchsten Wert in Ostwestfalen.“
Wichtig im Zusammenhang mit der konjunkturellen Entwicklung sind auch die regionalen Standortfaktoren. Die Unternehmen haben in der aktuellen IHK-Umfrage zur Standortzufriedenheit neben der Fachkräftethematik besonders die Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur angemahnt. Hier muss die Politik noch einiges optimieren, um die von der Wirtschaft geforderten Rahmenbedingungen zu schaffen.