„Trotz einer momentan noch relativ guten wirtschaftlichen Lage sind die Aussichten der Paderborner Wirtschaft für das Jahr 2023 getrübt. Ein Rückgang der Auftragseingänge bei der Industrie, ein gedämpftes Weihnachtsgeschäft im Handel, verbunden mit weiter hohen Energiepreisen und Inflationsraten, sind Gründe für die Unternehmen im Kreis, die Geschäftserwartung tendenziell pessimistisch zu beurteilen,“ kommentierte IHK-Vizepräsident Thilo Pahl die Ergebnisse der Frühjahrs-Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). Die Resultate dieser Mitte Februar abgeschlossenen Untersuchung, an der sich aus dem Kreis Paderborn gut 500 Unternehmen mit knapp 22.000 Beschäftigten aus Industrie, Handel und Dienstleistung beteiligten, sind überwiegend negativ ausgefallen.
„Die unmittelbaren Auswirkungen des Ukrainekrieges sind hohe Energiekosten und eine hohe Teuerungsrate. Diese Einflüsse wirken sich nicht nur auf die international vernetzte Industrie aus, sondern sie haben natürlich auch mittelbar Auswirkungen auf Handel und Dienstleistung. Insofern stehen die Ergebnisse der Konjunkturumfrage für den Kreis Paderborn weiter unter dem Vorbehalt der hohen Unsicherheit im Zusammenhang mit diesen Faktoren“, betonte IHK-Vizepräsident Thilo Pahl bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Paderborn. „Wir können die Risiken wie die stockende Inlandsnachfrage oder den Fachkräftemangel in ihrer Wirkung und Dauer noch nicht richtig bewerten. Wir meinen aber, dass unsere Konjunkturumfrage trotzdem eine gute Basis für die Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung im Kreis Paderborn darstellt“.
Die Konjunkturdaten aus der IHK-Untersuchung vom Jahresanfang sind nur noch für die Dienstleistungen im positiven Bereich. Handel und Industrie beurteilen die Lage noch pessimistisch.
„Der Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lageeinschätzung der Betriebe mit ihren Erwartungen in Relation setzt, ist für den Gesamtindikator über alle drei Sektoren mit 94 Punkten leicht im negativen Bereich“, berichtete der IHK-Geschäftsführer und Leiter der Zweigstelle Paderborn + Höxter, Jürgen Behlke. Die 100-er Linie markiert die Grenze zwischen einer positiven oder negativen Stimmung. Der Wert für die Industrie sei dabei von dem sehr guten Wert im Frühjahr 2022 mit 147 Punkten auf 80 Punkte gesunken, was besonders an den im Saldo schlechten Erwartungen liege. Der Wert für die Dienstleister sei nur leicht zurückgegangen. Behlke: „Hier sinkt er auf immer noch sehr gute 120 Punkte, was mit den positiveren Aussichten größerer Unternehmen, aber auch der relativ guten Lage beispielsweise bei den IT-Dienstleistern oder der Immobilienwirtschaft zusammenhängt. Besonders der Handels-Index sinkt von 101 auf 65 Punkte, wofür es viele unterschiedliche Gründe gibt. Hier macht besonders die hohe Teuerungsrate den Unternehmen zu schaffen.“
Die momentane Geschäftslage stelle sich in den Sektoren tendenziell ähnlich dar. 25 Prozent der Firmen aus dem Handel, 39 Prozent bei den Dienstleistern und 30 Prozent der Industrieunternehmen betrachteten ihre jetzige Lage als gut. In der Industrie betrachten vergleichsweise nur 16 Prozent als schlecht. Diese Einschätzung spiegele die momentane Produktionsauslastung wider: 17 Prozent – gegenüber 11 Prozent im Frühjahr 2022 – lägen mit der Auslastung ihrer Produktionskapazität unter 80 Prozent. Leider rechnen 55 Prozent der Befragten in der Industrie mit einer Verschlechterung ihrer Geschäftslage in den nächsten zwölf Monaten. Dem stünden nur zehn Prozent gegenüber, die eine Verbesserung erwarteten. Behlke: „Die angespannte Lage in der Ukraine ist in die Bewertungen der Unternehmen natürlich eingeflossen. Dazu kommt die eingetrübte weltwirtschaftliche Lage.“
Nahezu alle Branchen gehen wegen der angespannten Geschäftslage und der unsicheren Zukunft, vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit von Fachkräften, von einem Beschäftigungsabbau aus. Die Konjunkturrisiken sind branchenübergreifend mit unterschiedlicher Ausprägung gleich. Es dominiert das Risiko der Energie- und Rohstoffpreise, dicht gefolgt vom Personalmangel, wobei die Energie- und Rohstoffpreise als Risiko von über 80 Prozent der Industrieunternehmen genannt werden.
Im Jahr 2022 betrug der Gesamtumsatz des Verarbeitenden Gewerbes im Kreis Paderborn 6,303 Milliarden Euro und lag damit um knapp 10 Prozent über dem Vorjahresergebnis. „Dieser Anstieg ist zum zweiten Mal in Folge sehr hoch und zeigt, dass die Industrie die Verluste aus 2020 gut ausgeglichen hat.“, führte Behlke aus. „Bei der Beschäftigungsentwicklung verzeichnet der Kreis Paderborn mit einem Plus von 2,9 Prozent ebenfalls einen hohen Wert“.
Wichtig im Zusammenhang mit der konjunkturellen Entwicklung sind auch die regionalen Standortfaktoren. Die Unternehmen haben in der aktuellen IHK-Umfrage zur Standortzufriedenheit neben der Fachkräftethematik besonders die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen und geeignetem Wohnraum angemahnt. Hier muss die Politik noch einiges optimieren, um die von der Wirtschaft geforderten Rahmenbedingungen zu schaffen.