Ostwestfalens Wirtschaft bewegt sich weiterhin auf einem recht hohen Niveau, aber die Erwartungen der Unternehmen, insbesondere in der Industrie, haben sich deutlich eingetrübt – zu diesem Ergebnis kommt die Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). An der Befragung haben 1.694 Unternehmen mit 142.953 Beschäftigen aus Industrie, Handel und Dienstleistung teilgenommen. Auf die Industrie entfielen 384 Betriebe mit 79.287 Beschäftigten.
„Die Gefahr einer Rezession sehen wir momentan nicht, aber das bisherige Wachstum dürfte einen Dämpfer erhalten“, sagt IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven bei der Präsentation der Ergebnisse heute (14. März) in der IHK in Bielefeld. So sei der IHK-Klimaindikator, der die Einschätzungen der momentanen Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, gesunken. Der Indexwert für die gesamte ostwestfälische Wirtschaft ging von 132 auf 120 Punkte zurück. Für die ostwestfälische Industrie liegt der aktuelle Indexwert bei 113 Punkten, nach 132 im vergangenen Herbst und 148 Punkten im Frühjahr 2018. Aktuell bezeichnen 37 Prozent der Industrieunternehmen ihre Geschäftslage als „gut“, weitere 60 Prozent als „befriedigend“. Bei der erwarteten Geschäftslage ändert sich das Bild: nur noch 14 Prozent der Unternehmen erwarten eine weiter verbesserte Geschäftslage, vor einem Jahr waren es noch 35 Prozent. 69 Prozent der Firmen rechnen mit einer gleichbleibenden Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten. Der Anteil der Pessimisten ist von 15 auf 18 Prozent gestiegen. „Das langjährige Wachstum der ostwestfälischen Wirtschaft dürfte sich deutlich verlangsamen“, so Meier-Scheuven im Ausblick auf die kommenden zwölf Monate. „Jahrelang waren wir insbesondere vom Exportwachstum sehr verwöhnt.“ So erwarten zwar noch 48 Prozent der befragten Unternehmen steigende Auslandsumsätze, aber 19 Prozent gehen von sinkenden Umsätzen in den kommenden zwölf Monaten aus. Das ist der schwächste Saldo seit der Finanz- und Wirtschaftskrise vor gut zehn Jahren. „Wir kommen in deutlich raueres Fahrwasser, vor allem durch den Brexit und die Handelskonflikte mit den USA“, prognostiziert der IHK-Präsident. Meier-Scheuven forderte von der Bundesregierung, die hohe Steuerbelastung der Unternehmen zu senken, da sie sonst im internationalen Wettbewerb ins Hintertreffen geraten könnten. „Wachstum ist kein Selbstläufer: Wir müssen wieder entschlossen an der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts arbeiten. Vom Ausbau der Energienetze über eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser und 5G bis hin zu schnelleren Plan- und Genehmigungsverfahren – es gibt viel zu tun.“
Nach Angaben von IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Niehoff stiegen die Gesamtumsätze des Verarbeitenden Gewerbes in Betrieben mit 50 und mehr Beschäftigen um drei Prozent auf 44,4 Milliarden Euro. Erstmals seit 2012 liegt das Inlandswachstum (+3,1 Prozent auf 27,5 Milliarden) über dem des Auslands (+2,9 Prozent auf knapp 17 Milliarden Euro). Mit einem Umsatzplus von drei Prozent liegt Ostwestfalen minimal vor NRW (2,9 Prozent) und Deutschland (2,3 Prozent). Die Exportquote beträgt aktuell 38,1 Prozent. Im Verarbeitenden Gewerbe in Ostwestfalen waren im vergangenen Jahr 167.967 Personen beschäftigt, ein Plus von vier Prozent (NRW + 2,2 Prozent, Deutschland +2,6 Prozent). Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kletterte auf 718.465 Personen (Stand 30.6. 2018), ein Plus von 16.472 Beschäftigten (+2,3 Prozent).