Die Wirtschaft im Wittekindkreis geht zwar konjunkturell gestärkt in die nächsten Monate, doch die Folgen des Ukrainekrieges wie sich noch weiter verschärfende Lieferengpässe und dramatisch steigende Energie- und Rohstoffkosten stellen die gewerbliche Wirtschaft vor große Herausforderungen.
Zu diesem Ergebnis kommt die Frühjahrskonjunkturumfrage der IHK, an der sich von Mitte Januar bis Mitte Februar 282 Unternehmen aus dem Kreis Herford aus Industrie, Handel und Dienstleistung mit 14.809 Beschäftigten beteiligten. Die Ergebnisse stellten IHK-Vizepräsident Dr. Klaus Bockermann, IHK-Vollversammlungsmitglied Tanja Maaß sowie der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe am 22. März 2022 im Denkwerk in Herford vor.
Die angespannte Lage vor dem Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine sei in die Umfrage eingeflossen, die Entwicklungen seitdem aber nicht. Eine ökonomische Bewertung der Auswirkungen des Ukraine-Krieges sei vorerst schwierig. „Die Konjunkturumfrage stellt dennoch eine gute Basis für die Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung im Kreis dar und umreißt die Ausgangslage, aus der wir in diese schwierige Zeit hineingehen“, erläuterte Grefe.
Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der die momentane Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, hat sich für den Kreis von 124 Punkten im Herbst auf derzeit 137 Punkte deutlich verbessert und ist damit sogar höher als der Wert für Ostwestfalen mit 131 Punkten. „Zum Zeitpunkt der Umfrage war die Lage durchaus sehr zufriedenstellend“, erläuterte Bockermann.
„Die aktuelle Geschäftslage der Industrie stellt sich ordentlich dar, die Erwartungen allerdings sind gedämpfter“, so der IHK-Vizepräsident. Die Entwicklungen der Rohstoff- und Energiepreise werden als große Risiken für die Entwicklung eingeschätzt. „Mit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges haben sich die Preise noch einmal drastisch erhöht“, konstatierte Bockermann. Die Aussichten für die Beschäftigungsentwicklung seien sehr positiv eingeschätzt worden; offen bliebe aber die Frage, woher das Personal kommen soll.
Die Herausforderungen für die Politik seien zudem in den vergangenen vier Wochen deutlich gestiegen. Neben den Bemühungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine müsse etwa die Energieversorgung der Wirtschaft zu tragbaren Preisen sichergestellt sein. Die IHK begrüßt die Bemühungen der Politik hierzu ausdrücklich.
Auch Handel und Dienstleistung im Kreis Herford seien von den Auswirkungen des Ukraine-Krieges mittelbar betroffen, berichtete Maaß: „Insofern stehen auch die Befragungsergebnisse dieser Sektoren unter dem Vorbehalt der gewachsenen Unsicherheit“. Die Geschäftslage im Handel sei besser geworden, auch wenn der Einzelhandel die 2G-Regel zu spüren bekommen habe. Die Einschätzungen für die kommenden 12 Monate seien eher defensiv ausgefallen. Die Risiken, speziell steigende Rohstoff- und Energiepreise, Personalmangel und steigende Arbeitskosten, drückten auf die Stimmung und auf die Erträge.
Die Unsicherheit ziehe sich durch alle Handelsstufen. Auch die Dienstleister befänden sich noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau, wobei IT-Dienstleister und Unternehmensberater beispielsweise die Pandemie mittlerweile gut überwunden hätten, das Gast – und Reisegewerbe aber weiterhin leide. Steigende Energiepreise etwa drückten massiv auf die Erträge in Branchen wie dem Güterkraftverkehr. Insgesamt bleibe der Personalmangel ein großes Risiko.
Die Industrie im Wittekindkreis hat 2021 mit 6,9 Milliarden Euro einen neuen Umsatzrekord erzielt und damit ein Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 erwirtschaftet. „Corona scheint keine Rolle mehr zu spielen“, unterstrich Grefe. Die Anzahl der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe im Kreisgebiet betrug 2021 exakt 26.176 Frauen und Männer.