Die Konjunktur gewinnt wieder an Fahrt. Zu diesem Ergebnis kommt die Herbstkonjunkturumfrage der IHK, die am 29. September in einem Pressegespräch vorgestellt wurde.
„Insgesamt können wir feststellen, dass die ostwestfälische Wirtschaft - besonders getragen durch die Industrie - den im Frühjahr eingeschlagenen Erholungskurs fortgesetzt hat“, betonte IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven und erläuterte: „Nachdem Corona für eineinhalb Jahre das konjunkturelle Lagebild dominiert hat, ist nun eine deutliche Erholung festzustellen, zumindest in der Industrie.“
Die Umfrage fand von Anfang August bis Mitte September statt. Daran beteiligten sich insgesamt 1.897 Unternehmen mit 124.683 Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung, darunter 338 Industriebetriebe mit 62.995 Beschäftigten.
Der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Einschätzungen der momentanen Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, ist für die gesamte ostwestfälische Wirtschaft seit Frühjahr von 114 auf aktuell 139 Punkte deutlich gestiegen. Die 100er-Linie steht für eine ausgeglichene Stimmung, wenn sich Optimisten und Pessimisten im Saldo die Waage halten.
Für die ostwestfälische Industrie ist der Indexwert sogar noch stärker gestiegen, und zwar von 122 auf 148 Punkte. Für einzelne Handels- oder Dienstleistungsbranchen sehe das Bild, das die Umfrage zeichne, allerdings nicht ganz so positiv aus, obwohl deren Gesamtwerte ebenfalls deutlich angestiegen seien: bei den Dienstleistern von 105 auf 132 Punkte und im Handel von 106 auf 126 Punkte.
Sowohl die Einschätzungen zur momentanen Geschäftslage als auch die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate haben sich in der Industrie gegenüber dem Frühjahr nochmals verbessert. So ist die Zahl derjenigen, die ihre aktuelle Geschäftslage mit „gut“ bewerten, deutlich auf 68 Prozent gestiegen (Frühjahr: 38 Prozent). Die „schlecht“-Bewertungen gingen demgegenüber von 20 Prozent im Frühjahr auf aktuell sieben Prozent zurück.
„Natürlich ist die Lage nicht überall wieder so gut wie vor dem Corona-Ausbruch. Aber das Stimmungsbild ist nach dem tiefen Tal, in dem sich auch die Industrie im vorigen Jahr befunden hat, wieder sehr erfreulich“, unterstrich Meier-Scheuven. Die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate sind zum Herbst erneut angestiegen: 45 Prozent gehen dabei von einer günstigeren Geschäftslage aus (Frühjahr: 37 Prozent), von einer Verschlechterung neun Prozent (Frühjahr: 12 Prozent).
Eine deutliche Entspannung zeige sich auch bei der Beschäftigung. Während im Vorjahr ein größerer Beschäftigungsabbau zu befürchten gewesen sei, überwiege mittlerweile wieder der Anteil der Industriebetriebe, die ihre Beschäftigung ausweiten wollen. Der IHK-Präsident: „Das sind grundsätzlich gute Nachrichten für den Arbeitsmarkt, wenn das gesuchte Personal denn zu finden ist“. Denn eines der größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Industrie ist der Fachkräftemangel (47 Prozent).
Die größten Risiken sind gegenwärtig aber die Lieferengpässe, die das Wachstum ausbremsen, und die Rohstoffpreise. 90 Prozent der Betriebe bezeichnen die Rohstoffpreise als Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. „Das ist ein Wert, den wir noch nie auch nur ansatzweise bei einem der seit 2011 abgefragten Risiken erlebt haben“, erklärte Meier-Scheuven.
„Unverändert mehr als jedes zweite Unternehmen sieht aber auch in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen Risiken für die weitere Entwicklung. Um es ganz deutlich zu sagen, eine solide wirtschaftliche Basis ist der beste Schutz vor Krisen. Je wettbewerbsfähiger die Wirtschaft ist, desto resilienter ist sie auch in schwierigen Situationen.“
Der IHK-Präsident nannte exemplarisch die Themen Mobilität, Gewerbe- und Industrieflächen, Wohnen, Energie, Klima, Steuern und Digitalisierung, in denen die neue Bundesregierung ihre Hausaufgaben machen müsse, um die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht zu erhalten.
„Die in weiten Teilen der Industrie wieder sehr positiv eingeschätzte aktuelle Geschäftslage, kann ich mit Blick auf die Zahlen der amtlichen Statistik bestätigen“, hob IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke bei der Vorstellung der Zahlen zum Verarbeitenden Gewerbe hervor.
Demnach betrugen die Gesamtumsätze der Industrie in Ostwestfalen von Januar bis einschließlich Juli 2021 in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten 26 Milliarden Euro (+ 6,9 Prozent). Die Umsätze seien dabei sowohl im Inland (+ 4,1 Prozent) gestiegen als auch im Ausland (+ 11,2 Prozent).
Im Jahresdurchschnitt waren in Ostwestfalens Industrie mit 169.232 Frauen und Männern nahezu genauso viele wie im Vorjahresvergleichszeitraum beschäftigt.