Schritt für Schritt zum Berufsabschluss: Wie Teilqualifikationen (TQ) Unternehmen dabei helfen können, Fachkräfte zu gewinnen und zu entwickeln, und welche Perspektiven sie An- und Ungelernten eröffnen, hat jetzt eine gut besuchte Informationsveranstaltung der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) verdeutlicht. „2,86 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren haben keinen formalen Berufsabschluss. Das kann sich unser Land – ein Land, in dem das Gold in den Köpfen und Händen der Menschen liegt – eindeutig nicht leisten“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke. Man wolle Menschen ohne Berufsabschluss dabei unterstützen, Arbeitsmarktchancen durch Teilqualifikationen zu verbessern und sich persönlich weiterzuentwickeln. Der Bedarf an Fachkräften sei deutlich höher als das Angebot. Das erschwere die Produktionsbedingungen für die heimische Wirtschaft sehr. „Es sind also kreative und flexible Maßnahmen gefragt, um alle vorhandenen Arbeitskräfteressourcen optimal zu nutzen", so Pigerl-Radtke.
„Teilqualifikationen bieten eine praxisnahe und flexible Möglichkeit, Fachkräfte zu qualifizieren und den Anforderungen des sich wandelnden Arbeitsmarktes gerecht zu werden", erläuterte Stephanie Schmidt von der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit aus Düsseldorf. Sie stellte Fördermöglichkeiten der Bundesagentur für Arbeit sowie Wege und Möglichkeiten der Beschäftigtenqualifizierung vor. „Teilqualifizierung ist zukünftig ein wichtiger Baustein zur Fachkräftesicherung“, fasste sie zusammen.
Roman Wink, Senior Project Manager der Bertelsmann Stiftung aus Gütersloh, berichtete in seinem „Teilqualifikationen etablieren – Kompetenzen erkennen“ betitelten Vortrag, dass die Beschäftigung von Menschen ohne Berufsabschluss wieder leicht steige. „Sie profitieren von der allgemeinen positiven Arbeitsmarkt-entwicklung.“ Ein großer Teil erledige nicht einfache Tätigkeiten, sondern sei in Facharbeiterfunktion tätig. Mit beruflicher Weiterbildung könnte diese Gruppe stärker zur Fachkraftsicherung herangezogen werden. Um die Bildungsbeteiligung von Menschen ohne Berufsabschluss zu erhöhen, seien allerdings strukturelle Anpassungen notwendig. Wink: „Teilqualifikationen sind am Arbeitsmarkt nachgefragt, ermöglichen frühzeitige Job-Einstiege und flexible, schrittweise Wege bis zum Berufsabschluss.“
Alexander Finke-Stieren, Ausbilder und Industriemeister bei der Benteler Steel/Tube GmbH aus Paderborn, berichtet von seinen bisherigen Erfahrungen mit Teilqualifizierzungen. Er stellte dabei die Voraussetzungen vor, die die Absolventen von Teil- und Zusatzqualifikationen benötigten. Alljährlich würden bei Benteler in Paderborn rund 20 Personen an derartigen Maßnahmen teilnehmen. Die Qualifizierung in der Metalltechnik dauere drei Monate, die Kombiqualifizierung Metalltechnik und Fachsprache Deutsch vier Monate und die Fertigungsvoraussetzungen mit Teil- und Zusatzqualifikationen (TQ 1) fünfeinhalb Monate. Daran schließe sich häufig eine Umschulung oder Ausbildung zum Verfahrenstechnologen oder Maschinen- und Anlagenführer an. „Dabei kann ein Teil der Qualifikationen angerechnet werden“, unterstrich Finke-Stieren. Seinen Worten zufolge ermöglichten TQs Mitarbeitenden, schrittweise berufliche Kenntnisse zu erwerben und einen anerkannten Berufsabschluss zu erreichen mit der Option, sich auch danach weiterzubilden. Für Unternehmen stellten sie eine wertvolle Strategie dar, um an- und ungelernte Mitarbeitende auf die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt vorzubereiten.
Die Veranstaltung fand anlässlich des Starts der bundesweiten TQ-Aktionstage statt, in dessen Verlauf 19 IHKs deutschlandweit mit einem vielfältigen Programm über Teilqualifikationen als Weg zur Fachkräftesicherung informierten.