In einer aktuellen Umfrage hat die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) untersucht, wie Nachfolgeregelungen in ostwestfälischen Unternehmen angegangen werden. „Die Umfrageergebnisse zeigen, dass bereits heute 70 Prozent der über 50-jährigen Unternehmerinnen und Unternehmer ihre Übergabeplanungen gestartet haben und viele von ihnen das 65. Lebensjahr als Marke für Veränderungen empfinden“, erläutert IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke. Bis zur Umsetzung planten sie überwiegend mittel- und langfristig. In NRW stünden jährlich 8.000 Unternehmensnachfolgen an.
27 Prozent der Befragten möchten laut IHK-Umfrage in drei oder fünf Jahren ihren Betrieb ganz oder teilweise übergeben, 23 Prozent später. „Dass für ein Viertel der Betroffenen in den nächsten zwei Jahren die Nachfolge ansteht, bedeutet nicht, dass der Übergabezeitraum kurzfristig ist“, erklärt IHK-Referatsleiter Thomas Mikulsky. „Vieles spricht also dafür, dass in den Unternehmen mehrheitlich wichtige Weichenstellungen rechtzeitig vorgenommen werden und für die Übergabe Zeit benötigt wird“, führt Pigerl-Radtke weiter aus.
Die Umfrageergebnisse zeigten aber auch, dass es zahlreiche gegenteilige Beispiele gebe. Das Risiko, dass eine erfolgreiche Fortführung scheitere, sei in diesen Fällen besonders hoch. Als größte Hindernisse im Übergabeprozess nennen die Unternehmen den Fachkräftemangel, aber auch Bürokratie und Krisen bremsten die Nachfolge aus. Der IHK-Umfrage zufolge schätzen bereits heute gut vier von fünf Teilnehmenden, die einen Verkauf anstreben, die Suche nach einer Käuferin oder einem Käufer als problematisch ein. Die Ergebnisse legten auch nahe, dass die Suche nach einer externen Nachfolgelösung zunehmend schwieriger werde und hiervon in besonderem Maße kleinere Unternehmen betroffen seien. „Umso wichtiger ist es für diejenigen, die einen Verkauf als potenzielle Exit-Variante anstreben oder anstreben müssen, frühzeitig mit den Übergabeplanungen zu starten“, betont die IHK-Hauptgeschäftsführerin.
Darüber hinaus beeinflussten die Rahmenbedingungen das Tempo der Nachfolgeregelung in unterschiedlicher Intensität und in Abhängigkeit von der Betriebsgröße. Pigerl-Radtke: „Je kleiner die Betriebe sind, desto belastender werden die bürokratischen Regelungen empfunden. Um den Generationenwechsel in den Unternehmen zu unterstützen, sind Politik und Verwaltung gefordert, bürokratische Hemmnisse zu identifizieren, abzubauen und Maßnahmen zu ergreifen, die die negativen Auswirkungen von Fachkräftemangel und Krisen abfedern.“ Die IHK sieht sich nach Worten ihrer Hauptgeschäftsführerin Pigerl-Radtke in der Pflicht, den Generationenwechsel in ostwestfälischen Betrieben zu unterstützen. Deshalb biete die IHK ein umfassendes Servicepaket dafür an.
Bei der Art der Übernahme sei die Nachfolge innerhalb der Familie noch immer die bei weitem beliebteste Übergabevariante. „Ein Drittel strebt diese Form der Nachfolge an“, unterstreicht Mikulsky. Allerdings seien die familieninternen Übergaben zahlenmäßig rückläufig und der Druck nehme zu, eine externe Lösung zu finden. Es sei ohnehin problematisch einen Nachfolger beziehungsweise Käufer zu finden, denn den demografisch bedingt steigenden Übergaben stünden in den kommenden Jahren Nachfolger aus geburtenschwächeren Jahrgängen gegenüber. „Es droht ein Engpass“, so Mikulsky.
An zweiter Stelle der Übernahmeart liege mit einem Fünftel der Nennungen der Verkauf des Betriebes an ein anderes Unternehmen, gefolgt von der Übernahme durch eine externe Person (15 Prozent). Überdurchschnittlich häufig würden Übernahmen in der Industrie (38 Prozent) und im Handel (32 Prozent) angestrebt. Im Dienstleistungssektor treffe das lediglich auf jede vierte Nachfolge zu. „Die Suche nach einer externen Nachfolge erfordert Geduld“, berichtet Mikulsky, denn 33 Prozent sähen diese Suche als sehr schwierig an und 51 Prozent als eher schwierig.
An der IHK-Umfrage beteiligten sich gut 460 im Handelsregister eingetragene Gewerbetriebe aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistungen mit Hauptsitz in Ostwestfalen. Im Mittelpunkt der Befragung standen Inhaberinnen und Inhaber ab dem 50. Lebensjahr.