IHK-Sonderkonjunkturumfrage 2020 zur Corona-Pandemie
Der Handel und die Dienstleistungsbranchen in Ostwestfalen sind durch die Coronavirus-Epidemie seit April regelrecht eingebrochen. Zu diesem Ergebnis kommt die entsprechende Sonderkonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die am 26. Juni beim Pressegespräch in der IHK in Bielefeld vorgestellt wurde. „In der Dienstleistung ist der IHK-Konjunkturklimaindex, der die momentane Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, um 36 Punkte von 112 im Frühjahr auf aktuell 76 gefallen, im Handel fiel er sogar um 53 Punkte, und zwar von 122 auf 69.
Solche Einbrüche haben wir selbst in der Finanzkrise 2008/2009 nicht erleben müssen“, betonte der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe. Sämtliche Werte lägen weit unterhalb der 100er-Linie, die für eine ausgeglichene Stimmung steht, wenn sich Optimisten und Pessimisten im Saldo die Waage halten. Die Befragung fand von Mitte Mai bis Anfang Juni statt. Daran beteiligten sich 1.229 Unternehmen mit 48.750 Beschäftigten aus den Bereichen Handel und Dienstleistung.
„Die Stimmung in den Dienstleistungsbranchen hat sich nach Jahren einer ausgesprochen guten Konjunktur deutlich verschlechtert“, resümierte Oliver Flaskämper, stellvertretender Vorsitzender des IHK-Dienstleisterausschusses. 19 Prozent der Befragten beurteilten die aktuelle Lage mit gut, 39 Prozent mit schlecht. Die deutsche Wirtschaft befände sich in einer Ausnahmesituation, deren Ausmaß in all ihren Facetten noch gar nicht abzusehen sei.
„Fakt ist, dass wir in den nächsten Monaten mit weiteren Umsatzeinbrüchen in allen Dienstleistungsbranchen rechnen müssen“, hob Flaskämper hervor und erläuterte, dass 42 Prozent bis Ende des Jahres eine schlechtere und nur 15 Prozent eine bessere Geschäftslage erwarten. „Ob dies die Struktur der Dienstleister in Ostwestfalen nachhaltig verändert, wird man erst in einigen Monaten sehen. In jedem Fall ist mit einem deutlichen Personalabbau bei den Dienstleistern in diesem Jahr zu rechnen, speziell in Werbung und Kreditwirtschaft“, bezog er sich auf die Umfrageergebnisse.
„Die wirtschaftliche Lage im Handel ist deutlich angespannt, die Auswirkungen des Lockdown betreffen weite Teile des Einzelhandels. Vor allem die Erwartungen bleiben skeptisch und auch ein Personalabbau ist zu befürchten“, fasste Rainer Döring, Vorsitzender des IHK-Handelsausschusses die Ergebnisse der Umfrage für diesen Sektor zusammen und belegte es mit diesen Umfragezahlen: 41 Prozent der Händler beurteilten die aktuelle Geschäftslage als schlecht, 23 Prozent als gut; 45 Prozent rechneten bis Ende des Jahres mit einer schlechteren Geschäftslage, 15 Prozent mit einer besseren; im Großhandel planten 8 Prozent Personalaufbau und 31 Prozent Personalabbau sowie im Einzelhandel 9 Prozent Personalaufbau und 26 Prozent Personalabbau.
Die Konsumlust der Bevölkerung sei durch die massive Ausweitung der Kurzarbeit und die Sorgen vieler Beschäftigter um ihren Arbeitsplatz in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen, ergänzte Döring. Hinzu komme, dass die Maskenpflicht im Einzelhandel nicht verkaufsfördernd sei. Und die Mehrwertsteuersenkung, die als Konsumschub gedacht sei, „ist ein gutes Signal der Politik, stellt aber viele Unternehmen bei der temporären Begrenzung und der unterjährigen Umstellung vor große Herausforderungen.“ Spürbare Effekte seien hierbei eher bei hochwertigen Gebrauchsgütern zu erwarten.
„Darüber hinaus werden wir in den kommenden Monaten auch Veränderungen der Handelslandschaft wahrnehmen. Die Schließung der Galeria-Karstadt-Filialen wird nicht nur die Handelslandschaft der Städte verändern, sondern auch die Stadtentwicklung in der Zukunft prägen. Für Bielefeld und Gütersloh ist dies ein herber Schlag“, betonte Döring. Der Druck auf Politik und Verwaltung werde steigen, stadtprägende Konzepte für diese Flächen zu entwickeln, damit die Städte weiterhin ihre Attraktivität für die Bevölkerung behielten.