Die konjunkturelle Lage im Handel und in den meisten Dienstleistungsbranchen ist angespannt, und für die kommenden zwölf Monate rechnen die Unternehmen mit keiner wesentlichen Verbesserung. Zu diesem Ergebnis kommt die Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), an der sich 1.449 Unternehmen aus den Bereichen Handel und Dienstleistung mit 60.661 Beschäftigten beteiligt haben.
„Entscheidend für eine Trendwende wäre die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland. Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung geht zwar in die richtige Richtung, benötigt aber eine höhere Umsetzungsgeschwindigkeit“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke am 1. Oktober bei der Vorstellung der Umfrage in der IHK in Bielefeld.
„Die Stimmung im Handel bleibt unverändert pessimistisch. Die gesamtwirtschaftliche Lage, insbesondere die Industriekonjunktur, drückt auf die Geschäftslage in den einzelnen Handelsstufen. Das Ergebnis ist Konsumzurückhaltung“, fasst Rainer Döring, Vorsitzender des IHK-Handelsausschusses, die Situation zusammen. An der Umfrage haben 587 Handelsunternehmen mit 23.565 Beschäftigten teilgenommen.
So würden 20 Prozent der Handelsunternehmen aktuell von einer guten Geschäftslage sprechen, 31 von einer schlechten. Für die kommenden zwölf Monate erwarten zwölf Prozent eine bessere Geschäftslage, 34 Prozent aber eine schlechtere. „Angesichts fehlender Impulse ist davon auszugehen, dass in den kommenden zwölf Monaten eine Erholung im Handel nicht gelingen wird“, so Döring.
Ein Blick in die einzelnen Handelsstufen verdeutlicht die Entwicklung. Der industrienahe Großhandel bekommt die schwache konjunkturelle Lage im Produzierenden Gewerbe zu spüren. 19 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Lage als gut, ein Drittel als schlecht.
In den kommenden zwölf Monaten rechnen 13 Prozent mit einer besseren Geschäftsentwicklung, 32 Prozent mit einer schlechteren. Sowohl die aktuelle als auch die erwartete Ertragslage fallen negativ aus.
Die Stimmung im Einzelhandel bezeichnet Döring als weiterhin angespannt. 20 Prozent der Einzelhändler sprechen aktuell von einer guten Geschäftslage, 28 von einer schlechten. „Ohne den privaten Konsum als Wachstumstreiber verdüstern sich zudem der weitere konjunkturelle Ausblick und die Erwartungen“, erläutert Döring.
Lediglich zehn Prozent der Einzelhändler gehen von einer besseren Geschäftslage aus, 37 Prozent von einer schlechteren. „Mit einer Trendwende ist in den nächsten Monaten nicht zu rechnen“, zieht der IHK-Handelsausschussvorsitzende Bilanz.
Als größte Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung nennen die Händler die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die Inlandsnachfrage, sowie die Entwicklung der Arbeitskosten und den Personalmangel.
Auch bei den Dienstleistern ist in den kommenden zwölf Monaten mit keinem Stimmungshoch zu rechnen. „Die Konjunkturerwartungen machen eine Seitwärtsbewegung“, sagt Christoph Plass, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Dienstleisterausschusses.
19 Prozent der Unternehmen erwarten eine bessere Geschäftslage, 24 Prozent eine schlechtere. Aktuell verläuft die Geschäftslage auf einem noch leicht positiven Niveau, da 28 Prozent der Befragten von einer guten, 22 Prozent von einer schlechten Entwicklung sprechen.
Allerdings zeigt der Blick in die einzelnen Branchen die durchaus angespannte Lage dort. An der IHK-Umfrage beteiligten sich 862 Unternehmen mit 37.096 Beschäftigten.
Bei den IT-Dienstleistern rechnen 27 Prozent mit einer besseren, 19 Prozent mit einer schlechteren Geschäftslage. Immerhin gehen 54 Prozent von einer gleichbleibenden Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten aus.
„Die Arbeitnehmerüberlassung ist in vielen Fällen ein zuverlässiger Konjunkturindikator. Die Branche hängt im hohen Maße von der konjunkturellen Lage des Verarbeitenden Gewerbes ab und weist nicht selten einen ähnlichen Verlauf auf“, beschreibt Plass die Ausgangssituation in der Teilbranche. Seit dem Sommer 2023 gerät die aktuelle Geschäftslage immer mehr unter Druck.
20 Prozent der Dienstleister in diesem Bereich beurteilen ihre aktuelle Lage als gut, 39 Prozent als schlecht. Für die kommenden zwölf Monate ist mit keiner Verbesserung zu rechnen: 22 Prozent rechnen mit einer besseren, 42 Prozent mit einer schlechteren Geschäftslage. Sowohl die aktuelle als auch die erwartete Ertragslage ist angespannt.
Eine ähnliche Rolle als Konjunkturfrühindikator nimmt der Güterkraftverkehr ein. „Auch der Güterkraftverkehr hängt im entscheidenden Maße von der Auftragslage im Verarbeitenden Gewerbe ab, aber auch vom allgemeinen Konsumklima“, so Plass.
Nur elf Prozent sprechen von einer guten, 89 Prozent von einer befriedigenden oder schlechten aktuellen Geschäftslage. Für die Zukunft gehen fünf Prozent von einer besseren, 31 Prozent hingegen von einer schlechteren Entwicklung aus.
Auch die Dienstleister bewerten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, den Personalmangel, die Entwicklung der Arbeitskosten und die Inlandsnachfrage als Risikofaktoren für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung.
„Für die kommenden zwölf Monate ist mit keinem Stimmungshoch zu rechnen. Leider überwiegt der Pessimismus in vielen Branchen, unter anderem in der Arbeitnehmerüberlassung und dem Güterkraftverkehr.
Die angespannte Ertragslage durch schwache Nachfrage auf der einen und gestiegene Kosten auf der anderen Seite nimmt den Unternehmen zum Teil die Luft zum Atmen, und notwendige Investitionen bleiben aus“, mahnt Plass.