IHK zieht Bilanz für 2021:
„Die Lage am regionalen Ausbildungsmarkt der gewerblichen Wirtschaft hat sich stabilisiert“, bilanziert Petra Pigerl-Radtke, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), das Ausbildungsjahr 2021. Die IHK verzeichnete bei den Neueinträgen der Ausbildungsverhältnisse in Industrie, Handel- und Dienstleistungsberufen im Vorjahresvergleich ein Plus von 0,8 Prozent.
Die Anzahl der gewerblich-technischen Berufe blieb mit einem Zuwachs von 0,1 Prozent auf 2.523 neue Ausbildungsverhältnisse konstant, während die kaufmännischen Berufsbilder sich mit einem Anstieg um 1,2 Prozent auf 4.283 Neueintragungen positiver entwickelten. Mit den 6.806 neu eingetragenen Ausbildungsverträgen im Jahr 2021 sei bei der IHK Ostwestfalen damit das Vor-Corona-Niveau mit 7.717 Neueintragungen von 2019 zwar noch nicht erreicht, die Richtung stimme aber.
Dabei zeigen sich Unterschiede in den einzelnen Regionen des IHK-Bezirkes. Spitzenreiter bei den Neueintragungen sei der Kreis Minden-Lübbecke mit einem Zuwachs von 3,9 Prozent auf 1.334 Ausbildungsverhältnisse. An zweiter Stelle stehe der Kreis Paderborn mit einem Zuwachs von 1,4 Prozent (1.169 Neueintragungen), gefolgt von der Stadt Bielefeld mit plus 0,4 Prozent (1.338 Neueintragungen).
Ein ganz leichter Abwärtstrend sei im Kreis Gütersloh mit -0,4 Prozent (1.606 Neueintragungen) zu verzeichnen sowie in den Kreisen Herford (942 Neueintragungen) und Höxter (413 Neueintragungen) mit einem kleinen Minus von jeweils 0,5 Prozent.
„Trotz anhaltend schwieriger Rahmenbedingungen ist insgesamt ein positiver Trend zu erkennen. Darüber freuen wir uns“, betont Pigerl-Radtke und erläutert: „Insbesondere die Hotellerie und Gastronomie haben aktuell noch hart zu kämpfen. Das wirkt sich natürlich auch auf die Schaffung neuer Ausbildungsplätze aus, aber das Kernproblem ist der Bewerbermangel“.
Gerade in diesen Zeiten sei es wichtiger denn je, dass kein Ausbildungsplatz unbesetzt bleibe, zielt Pigerl-Radtke auf das Passungsproblem auf dem Ausbildungsmarkt ab, denn es hätten deutlich mehr Ausbildungsverhältnisse zustande kommen können. Allein die Mitglieder der IHK-Vollversammlung konnten 11,5 Prozent ihrer gemeldeten Ausbildungsstellen im Vorjahr wegen fehlender Bewerberinnen und Bewerber nicht besetzen. „Ich ermuntere Jugendliche deshalb, auch einmal rechts und links des Traumberufes zu recherchieren, und mit der beruflichen Aus- und Weiterbildung ihre Karriere zu starten“, so der Appell der IHK-Hauptgeschäftsführerin.
Um Jugendlichen bei der beruflichen Orientierung zu helfen, engagiere sich die IHK mit zahlreichen Initiativen, zum Beispiel dem Einsatz beruflicher Bildungslotsen. Sie allein hätten im zurückliegenden Jahr 2.547 Schülerinnen und Schüler über die Berufsbildung informiert. Auch die neue Vermittlungsplattform „Ausbildungschance-owl.de", die die IHK Ostwestfalen gemeinsam mit der Handwerkskammer OWL und der IHK Lippe zu Detmold betreibe, ermögliche es Unternehmen und Bewerberinnen und Bewerbern zusammenzukommen.
Darüber hinaus trägt die IHK mit ihren Weiterbildungsangeboten zur Sicherung des Fachkräftebedarfs bei. Davon haben allein bei der IHK Akademie Ostwestfalen im Vorjahr 6.394 Teilnehmerinnen und Teilnehmer profitiert. „Das ist gegenwärtig umso wichtiger, da bei unserer aktuellen Konjunkturumfrage mit 62 Prozent fast zwei Drittel der Befragten den Fachkräftemangel als Risiko für die weitere Entwicklung des eigenen Unternehmens ansahen.“
Pigerl-Radtke ist nicht überrascht, dass der Fachkräftemangel als sehr großes Konjunkturrisiko bewertet wird: In den nächsten Jahren kommen die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter. Zwar ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im IHK-Bezirk zuletzt von 730.655 (30.06.20) auf 746.402 (30.06.21) um plus 2,2 Prozent sogar noch gestiegen und liegt über dem Landesdurchschnitt (1,7 Prozent). Dennoch dürften die Probleme für die Unternehmen und die Region kurzfristig größer werden: „Etliche Arbeitskräfte werden von heute auf morgen fehlen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in die Rente gehen“, erklärt die IHK-Hauptgeschäftsführerin.
Fast ein Viertel (23,3 Prozent) der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im IHK-Bezirk Ostwestfalen sei mittlerweile 55 Jahre und älter. Darunter seien vor allem Frauen und Männer mit einer betrieblichen Ausbildung, die einen Anteil von knapp 62 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ausmachten. „Umso wichtiger ist es jetzt, dass genügend junge Menschen sich für eine Ausbildung entscheiden und die Unternehmen diese zu Fachkräften der Zukunft aus- und weiterbilden können“, hebt die IHK-Hauptgeschäftsführerin hervor.