IHK-Frühjahrskonjunkturumfrage:
Die Ostwestfälische Industrie geht zwar konjunkturell gestärkt in die nächsten Monate, die Auftragsbücher sind in vielen Firmen gut gefüllt. Doch die Folgen des Ukrainekrieges, sich noch weiter verschärfende Lieferengpässe, Abbruch oder Aussetzung von Geschäftsbeziehungen und dramatisch steigende Energie- und Rohstoffkosten stellen das Verarbeitende Gewerbe vor große Herausforderungen.
Zu diesem Ergebnis kommt die Frühjahrskonjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK), die am 9. März in einem Pressegespräch vorgestellt wurde. IHK-Präsident Wolf D. Meier-Scheuven: „Hinzu kommen die zu bewältigenden Herausforderungen aus der digitalen Transformation, den Klimaschutzanforderungen und der sich verändernden Rolle Chinas in der Weltwirtschaft.“
Die Umfrage fand von Mitte Januar bis Mitte Februar statt. Daran beteiligten sich insgesamt 2.002 Unternehmen mit 146.937 Beschäftigten aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung, darunter 341 Industriebetriebe mit 74.297 Beschäftigten.
„Die angespannte Lage vor der Eskalation in der Ukraine ist in die Bewertungen der Unternehmen zwar schon eingeflossen, die Entwicklungen seit dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine aber nicht. Eine ökonomische Bewertung der Auswirkungen des Krieges auf die ostwestfälische Wirtschaft ist schwierig. Die Konsequenzen für die Unternehmen werden vielfältig sein, ich denke hier an Rohstoff- und Lieferengpässe, Nachfrageausfall und verschiedensten Einfluss auf die Niederlassungen oder Handelspartner unserer ostwestfälischen Unternehmen in der Ukraine und Russland.
Wir können die Folgen und deren Dauer noch nicht abschließend bewerten. Wir meinen aber, dass unsere Konjunkturumfrage trotzdem eine gute Basis für die Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung in Ostwestfalen darstellt“, erklärte Meier-Scheuven.
So ist der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Einschätzungen der momentanen Lage und die Zukunftserwartungen gleichermaßen berücksichtigt, für die gesamte ostwestfälische Wirtschaft von 139 Punkten im Herbst vorigen Jahres auf aktuell 131 gesunken. Die 100er-Linie steht für eine ausgeglichene Stimmung, wenn sich Optimisten und Pessimisten im Saldo die Waage halten. Der Indexwert für die ostwestfälische Industrie ist nur geringfügig von 148 auf 146 Punkte gesunken.
Die Einschätzungen zur momentanen Geschäftslage liegt mit 69 Prozent „gut“-Nennungen im Vergleich zum Herbst unverändert auf einem sehr hohen Niveau. Stark verbessert habe sich in den zurückliegenden zwölf Monaten die Produktionsauslastung: In 46 Prozent der Unternehmen sei die Produktionskapazität zu über 95 Prozent ausgelastet, nur jeder zehnte Betrieb zu unter 80 Prozent. Die Bewertung der derzeitigen Ertragslage bleibt dabei ebenfalls stabil und positiv: 55 Prozent bewerteten sie mit „gut“, zwölf Prozent mit „schlecht“.
Darüber hinaus wollen 55 Prozent der Industriebetriebe ihre Beschäftigung ausweiten, fünf Prozent abbauen. Der IHK-Präsident: „Das sind grundsätzlich gute Nachrichten für den Arbeitsmarkt, wenn das gesuchte Personal denn zu finden ist“. Denn eines der größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung der Industrie ist der Personalmangel (62 Prozent).
Die größten Risiken sind gegenwärtig aber die Lieferengpässe, die das Wachstum ausbremsen, und die Rohstoff- sowie Energiepreise. 88 Prozent der Betriebe bezeichnen die Rohstoffpreise und 76 Prozent die Energiepreise als Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung.
Meier-Scheuven: „Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft werden nicht einfacher. Die Liste der Herausforderungen für die Wirtschaft ist durch den Ukraine-Krieg noch länger geworden. Insofern müssen wir bei allen Entscheidungen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft im Blick behalten. Die bevorstehenden Transformationen bei Digitalisierung und Klimaschutz, aber auch bei Steuern oder Bürokratie werden uns ohnehin auf eine harte Probe stellen.“
„Die in weiten Teilen der Industrie wieder sehr positiv eingeschätzte aktuelle Geschäftslage kann ich mit Blick auf die Zahlen der amtlichen Statistik bestätigen“, hob IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke bei der Vorstellung der Zahlen zum Verarbeitenden Gewerbe hervor. Demnach betrugen die Gesamtumsätze der Industrie in Ostwestfalen 2021 in Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten 45,3 Milliarden Euro (+ 6,3 Prozent).
Motor des Umsatzwachstums sei dabei vor allem der Export gewesen, denn die Auslandsumsätze stiegen um 9,6 Prozent auf gut 18,1 Milliarden Euro an. Die Exportquote in Ostwestfalen betrage damit aktuell 40,0 Prozent. Auch die Inlandsumsätze konnten zulegen, und zwar um 4,2 Prozent auf 27,2 Milliarden Euro. Im Jahresdurchschnitt waren in Ostwestfalens Industrie mit 169.318 Frauen und Männern nahezu genauso viele wie im Vorjahresvergleich beschäftigt.