An einer vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin durchgeführten Ausbildungsumfrage nahmen aus Ostwestfalen 471 Unternehmen teil, die knapp 3.100 Ausbildungsplätze anbieten. Deutlich wurde, dass ein größerer Teil der Ausbildungsstellen im Vorjahr unbesetzt blieb: Von den 435 Unternehmen, die diese Frage beantworten, konnten allein 38 Prozent (absolut 166) nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. 710 Ausbildungsstellen sind in diesen Unternehmen offengeblieben. In der letzten Umfrage vor der Pandemie hatten „nur“ 28 Prozent eine Nichtbesetzung von Ausbildungsstellen bemängelt. Hauptgrund war laut der Unternehmen das Fehlen geeigneter Bewerbungen.
Eine sehr klare Absage erteilen die befragten Firmen einer von der Bundesregierung geplanten Ausbildungsgarantie, nach der Jugendliche auch außerhalb von Betrieben ausgebildet werden können. „Diese Haltung ist absolut nachvollziehbar,“ erklärt IHK-Hauptgeschäftsführerin Petra Pigerl-Radtke, „denn eine Ausbildungsgarantie würde die Besetzungsproblematik von Ausbildungsstellen und damit die Fachkräftesicherung in den Unternehmen nur noch weiter verschärfen. Viele Unternehmen leiden immens darunter, dass der Facettenreichtum der 162 IHK-Berufe, in denen in Ostwestfalen ausgebildet wird, bei Schülerinnen und Schülern oft wenig bekannt ist. Eine Ausbildungsgarantie würde ein einseitiges Fokussieren auf die Berufsbilder fördern, die jungen Menschen geläufig sind und interessant erscheinen, aber nicht zwingend dem Bedarf des Arbeitsmarktes entsprechen“.
Die Unternehmen wollen stattdessen ihr Engagement im Bereich Berufsorientierung verstärken. 53 Prozent der Befragten gaben an, die Anzahl der Betriebsbesuche oder Betriebspraktika wieder erhöhen zu wollen, die Pandemie-bedingt heruntergefahren werden mussten. 45 Prozent beteiligen sich an Veranstaltungen, etwa an Ausbildungsbörsen oder am Speeddating, dass die IHK federführend in der Region organisiert. 28 Prozent wollen digitale Informationsangebote ausbauen. „Die sind hervorragende Ergänzungen zu bestehenden Informationsquellen. Die jüngste Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass digitale Angebote persönliche Kontakte und persönliches Erleben in der Berufsfindungsphase keinesfalls ersetzen können“, berichtet Petra Pigerl-Radtke.
Knapp zwei Drittel von 417 Antwortenden gaben an, für flachere Hierarchien in der Ausbildung gesorgt zu haben, und gut die Hälfte der Betriebe hätten in moderne IT für die Ausbildung investiert. Auch Rekrutierungs- und Einstellungsprozesse hätten sich verändert (36 Prozent) und finanzielle Anreizsysteme seien entwickelt worden (34 Prozent), um die Ausbildung zu fördern.
Auch zu den Herausforderungen der beruflichen Weiterbildung äußerten sich die Unternehmen in der DIHK-Umfrage. In rund 35 Prozent der Betriebe fehle angesichts der guten Geschäftslage für Weiterbildung schlicht die Zeit. „Mit Blick auf die Sicherung zukünftiger Wettbewerbsfähigkeit ist das gefährlich“, erläutert IHK-Geschäftsführerin Berufliche Bildung, Ute Horstkötter-Starke. Hinzukomme in 22 Prozent der Unternehmen eine fehlende Motivation für Weiterbildung bei den Beschäftigten. „Das liegt an der guten Lage für Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt, ist aber ebenso kurz gedacht“, gibt Horstkötter-Starke zu bedenken. Auffällig sei, dass rund ein Fünftel Schwierigkeiten äußerte, sich in der Weiterbildungslandschaft zurecht zu finden. Das sei in Anbetracht des sehr ausdifferenzierten Angebotes sicherlich nachvollziehbar, hier helfe beispielsweise die IHK aber mit ihrem Beraterteam unkompliziert weiter, so Horstkötter-Starke.