IHK-Blitzumfrage und –Gespräch zum Warenverkehr nach Großbritannien
Die mit aufwendiger Bürokratie verbundenen Zollbestimmungen kritisieren ostwestfälische Unternehmen beim aktuellen Warenverkehr mit Großbritannien am meisten. Das ergab eine Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK) unter rund 280 teilnehmenden Unternehmensvertretern am virtuellen ‚Breakfast-Talk Logistik‘.
„Einen guten Monat nach dem Austritt Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt und dem Zollabkommen machen sich ernste Folgen beim Warenverkehr bemerkbar“, erklärte Harald Grefe, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer und dort für das internationale Geschäft verantwortlich.
„Für uns war das Grund genug, mit diesem Online-Erfahrungsaustausch den Fokus auf die mit dem Brexit verbundenen Logistikprobleme zu richten“. Mit dem virtuellen Gespräch machte die IHK den Anfang zu ihren Informationsveranstaltungen rund um die Auswirkungen des Brexits, die 2021 noch geplant sind.
Im Vorfeld der Veranstaltung wurden die IHK-Unternehmen in der Blitzumfrage befragt. „Das Ergebnis ist eindeutig, die Ausmaße sind erschreckend. Es ruckelt gewaltig!“. Der Start in die Zeit nach dem Brexit verlaufe alles andere als störungsfrei. Insbesondere die britischen Unternehmen und Zollbehörden seien teilweise völlig unvorbereitet. „Trotz allem: die Unternehmen halten am britischen Markt fest, auch wenn es schwieriger wird“, unterstrich Grefe.
Umgekehrt hätten sich die deutschen Firmen wesentlich besser aufgestellt. „Die Unternehmen in Deutschland haben sich sehr gut vorbereitet, sie haben sich informiert und ihre Lager gefüllt“, erläuterte Horst Kottmeyer, Geschäftsführender Gesellschafter der international tätigen Spedition Kottmeyer GmbH in Bad Oeynhausen. Die exportorientierten Herstellerfirmen hätten ihre Zusammenarbeit mit erfahrenen Logistikern ausgeweitet. Auch Irland habe eine neue Rolle erfahren. Hier seien ebenfalls Lager neu entstanden und geliefert werde nicht mehr über Großbritannien, sondern direkt.
Aus Sicht Kottmeyers sei es besonders problematisch, dass viel von der neuen Bürokratie nun auf die Transporteure abgewälzt werde. „Dass die britische Zoll-IT oft nicht richtig funktioniert, kommt noch verschärfend hinzu. Und die Probleme dürften wachsen, wenn die Transporte in den nächsten Wochen wieder auf ein normales Niveau ansteigen werden.“
Neben Problemen, die ein weiteres politisches Kräftemessen Großbritanniens mit der EU bringen könnten, sind es vor allem die Kosten der Logistik, die Uwe Brackmann von der Goldbeck International GmbH aus Bielefeld stören. „Je nach Produkt werden bis zu 90 Prozent unserer Bauteile auf dem Kontinent gefertigt und dann zu den Baustellen in Großbritannien gebracht. Inklusive der Bürokratiekosten ist dieser Transport jetzt manchmal teurer als das Bauteil selbst.“ Auch würden Just-in-time-Lieferungen nun schwerer planbar.
Insgesamt stellten die Teilnehmer des Breakfast-Talk Logistik viele Fragen zum Warenverkehr, speziell zur Zollabwicklung. Hauptaspekte waren die Notwendigkeit der Zollregistrierung, die Voraussetzungen zur zollfreien Lieferung von Waren und die Zollpapiere, die seit dem 1. Januar 2021 verpflichtend sind. „Da sind schon harte Nüsse zu knacken“, resümierte Grefe. Allein im Januar 2021 habe die IHK zu diesem Thema über 1.100 Beratungsgespräche geführt.
Die IHK hat zum 1. Januar 2021 die neuen Länder-Schwerpunkte "Großbritannien" und "Irland" gemeinsam mit der IHK Nord Westfalen in Münster für alle 16 IHKs in Nordrhein-Westfalen übernommen. Damit stehen beide IHKs allen NRW-Unternehmen mit aktuellen Informationen zur Verfügung und bieten NRW-weit Veranstaltungen an. Aktuelle Informationen dazu gibt es auf einer Sonderseite der IHK im Internet unter www.ostwestfalen.ihk.de.